ZAP-2018-20
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Fach 18, Seite 1616<br />
Rechtsprechungsübersicht – 1. Hj. <strong><strong>20</strong>18</strong><br />
Sozialrecht<br />
erfolgsabhängiges Entgelt aufgrund der Eigenheiten der zu erbringenden Leistungen nicht zu erwarten.<br />
Dies gelte auch dann, wenn die Honorare nicht frei ausgehandelt, sondern in Form gebräuchlicher Sätze<br />
festgelegt werden (BSG, a.a.O., Rn 48). Erstmals misst das BSG der Honorarhöhe maßgebliche<br />
Bedeutung zu, wenn es in Rn 50 der Entscheidung heißt, es sei ein gewichtiges – wenn auch nur eines<br />
von u.U. vielen in der Gesamtwürdigung zu berücksichtigende – Indiz für eine selbstständige Tätigkeit,<br />
wenn das vereinbarte Honorar deutlich über dem Arbeitsentgelt eines vergleichbar eingesetzten<br />
sozialversicherungspflichtig Beschäftigten liegt und dadurch Eigenfürsorge zulässt.<br />
Hinweis:<br />
Lesenswert ist ferner die Entscheidung des LSG Baden-Württemberg zur selbstständigen Tätigkeit einer<br />
Bilanzbuchhalterin/Lohnbuchhalterin (Urt. v. 23.9.<strong><strong>20</strong>18</strong> – L 4 R 21<strong>20</strong>/15 ZVW, ASR <strong>20</strong>17, 24).<br />
Der 12. Senat des BSG hat am 14. März <strong><strong>20</strong>18</strong> über insgesamt sechs Revisionen aus dem Versicherungsund<br />
Beitragsrecht entschieden. Über drei dieser Urteile wird nachfolgend berichtet:<br />
1. Status eines Opernchorsängers<br />
Der Kläger war als Opernchorsänger in verschiedenen Theatern und Opernhäusern mehrwöchig oder tageweise<br />
tätig. An zwei Tagen wurde er als Aushilfe im Opernchor der Beigeladenen Ziff. 1 gegen ein Bruttoentgelt<br />
von jeweils 344 € eingesetzt. Der Kläger war weder zu allgemeinem Dienst noch zur Chorprobe<br />
verpflichtet. Unmittelbar vor seinen Auftritten erhielt er eine kurze szenarische (Sicherheits-)Einweisung und<br />
Kenntnis von der musikalischen Strichfassung. Die Beigeladene zu 1 vertrat die Auffassung, es handele sich um<br />
eine versicherungspflichtige Beschäftigung. Die beklagte Deutsche Rentenversicherung stellt im Rahmen<br />
eines Anfrageverfahrens nach § 7a SGB IV Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung fest.<br />
Das BSG (Urt. v. 14.3.<strong><strong>20</strong>18</strong> – B 12 KR 3/17 R) billigt die Auffassung der Vorinstanz, dass eine abhängige<br />
Beschäftigung nicht vorlag. Nach den tatsächlichen Gegebenheiten war der Kläger gegenüber der<br />
Beigeladenen zu 1 nicht weisungsgebunden und nicht in deren Arbeitsorganisation eingegliedert. Die mit<br />
dem Auftritt zwingend einhergehende zeitliche und örtliche Abhängigkeit sowie eine gewisse Vorgabe der<br />
künstlerischen Darbietung ergeben sich aus der „Natur der Tätigkeit“. Ein von der Notwendigkeit des<br />
Zusammenwirkens im Ensemble und der damit verbundenen Festlegung gewisser Eckpunkte der<br />
Aufführungen unabhängiges Weisungsrecht lag nicht vor. Auch bestand keine Eingliederung in die<br />
Arbeitsorganisation des Theaters. Im Vordergrund stand nicht der Einsatz der Arbeitskraft als Opernchorsänger,<br />
sondern vor allem die mit der Kurzfristigkeit seines Einsatzes einhergehende besondere<br />
gesangliche, künstlerisch-gestaltende Fähigkeit. Dieser Beurteilung steht auch nicht der Aspekt eines<br />
fehlenden Unternehmerrisikos entgegen, da aufgrund der Eigenheiten der erbrachten künstlerischen<br />
Leistung weder ein erfolgsabhängiges Entgelt noch der Einsatz eigenen Kapitals zu erwarten war.<br />
2. Tätigkeit eines Einzelunternehmers als Datenbank-Administrator<br />
Die Klägerin betreibt ein IT-Service-Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen. Der Beigeladene zu 1, ein<br />
Datenbank-Administrator, bietet entsprechende Leistungen als Einzelunternehmer an und war im streitigen<br />
Zeitraum ausschließlich für die Klägerin tätig. Seine Tätigkeit erfolgte im Rahmen von mehreren zeitlich<br />
begrenzten Einsätzen bei Drittunternehmen, den sog. Endkunden der Klägerin. Den Einsätzen lagen jeweils<br />
schriftliche, als „Beauftragung“ bezeichnete Einzelvereinbarungen zwischen der Klägerin und dem dort als<br />
„freier Mitarbeiter“ bezeichneten Beigeladenen zugrunde, in denen u.a. der Einsatzort und der geplante<br />
zeitliche Umfang festgehalten wurden. Die Projektleitung oblag bei allen Aufträgen einem IT-Unternehmen,<br />
mit dessen Betriebssystem die Endkunden ausgestattet waren. Der Beigeladene beantragte bei der<br />
Deutschen Rentenversicherung (DRV) die Feststellung, hinsichtlich seiner bei der Klägerin ausgeübten<br />
Tätigkeit liege ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht vor. Die Beklagte stellte hingegen<br />
gegenüber Beigeladenem und Klägerin fest, die Tätigkeit werde in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis<br />
ausgeübt. Das LSG hat die dagegen gerichtete Klage in vollem Umfang abgewiesen.<br />
Die Revision führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung. Das BSG beanstandet<br />
zunächst, das LSG habe nicht ausreichend ausgeführt, welche Tatsachen es seiner Entscheidung zugrunde<br />
1074 <strong>ZAP</strong> Nr. <strong>20</strong> 24.10.<strong><strong>20</strong>18</strong>