ZAP-2018-20
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Fach 18, Seite 1614<br />
Rechtsprechungsübersicht – 1. Hj. <strong><strong>20</strong>18</strong><br />
Sozialrecht<br />
halten objektiv verantwortungsbewusst und trägt dem Umstand Rechnung, dass mit dem Betrieb eines<br />
Kraftfahrzeugs immer, insbesondere bei Glätte, Gefahren für ihn und andere Verkehrsteilnehmer verbunden<br />
sind. Seine Prüfung hätte ggf. das Ergebnis haben können, nach Rücksprache mit dem Arbeitgeber die Fahrt<br />
auf einen späteren Zeitpunkt bzw. auf den Folgetag zu verschieben oder aber den Weg mit öffentlichen<br />
Verkehrsmitteln anzutreten.<br />
IV.<br />
Schwerbehindertenrecht<br />
1. GdB: Feststellung/Rechtsschutzbedürfnis<br />
Die Klägerin beantragte im Klageverfahren, die Feststellung eines Grads der Behinderung (GdB) mit<br />
„mindestens <strong>20</strong>“ festzustellen und führte hierzu aus, die bei ihr bestehenden und im Einzelnen von ihr<br />
angegebenen Behinderungen einschließlich der hiermit einhergehenden erheblichen Schmerzen<br />
rechtfertigten einen GdB von 30. Im Verfahren gab der Beklagte ein Teilanerkenntnis über einen<br />
GdB von <strong>20</strong> ab, welches die Klägerin nicht annahm. Das SG wies die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses<br />
ab. Die Berufung war erfolgreich im Sinne einer Aufhebung und Zurückverweisung an das<br />
SG. Dieses habe, so das LSG, zu Unrecht keine Sachentscheidung getroffen. Die Klägerin habe ersichtlich<br />
von Anfang an mit ihrer auf Feststellung eines GdB von „mindestens <strong>20</strong>“ gerichteten Klage einen GdB<br />
von 30 erreichen wollen. Die Revision des Beklagten blieb erfolglos (BSG, Urt. v. 14.6.<strong><strong>20</strong>18</strong> – B 9 SB 2/16<br />
R). Der konkrete Antrag der Klägerin umfasst, so das Gericht, auch die Feststellung eines GdB von 30.<br />
Unter Berücksichtigung der Ausführungen in der Klagebegründung war das Begehren auf eine<br />
Feststellung eines GdB von 30 gerichtet. Diese tatsächliche Zielrichtung ist nach dem Teilanerkenntnis<br />
des Beklagten unverändert geblieben, da die Klägerin die Klage aufrechterhalten hat.<br />
Die Revision hatte zur Stützung ihrer Ansicht auf eine frühere Entscheidung (BSG, Urt. v. 9.8.1995 –<br />
9 RVs 7/94) abgehoben, die bei einem auf einen Mindest-GdB gerichteten Antrag das Fehlen eines<br />
weiteren Begehrens annimmt. Diese Entscheidung hat jedoch, wie das BSG nunmehr klarstellend<br />
ausführt, für die Auslegung von Anträgen im Schwerbehindertenverfahren nur insofern Bedeutung, als<br />
es ausschließlich um die Beurteilung eines Klageantrags mit einem Mindest-GdB-Wert geht, bei dem<br />
sich aber aus den weiteren Umständen des Falls, insbesondere der Klagebegründung, kein höheres<br />
Klagebegehren erkennen lässt.<br />
Hinweis:<br />
Die Entscheidung belegt, dass allein durch einen bloßen auf einen Mindest-GdB gerichteten Klageantrag kein<br />
Klagebegehren hinsichtlich eines höheren GdB erfolgt, wenn sich nicht insofern deutliche Hinweise ergeben.<br />
Einzelheiten zur Feststellung der Behinderung, die nur auf Antrag erfolgt, finden sich seit 1.1.<strong><strong>20</strong>18</strong> in § 152<br />
SGB IX. Der GdB stellt die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft fest,<br />
er erfolgt abgestuft nach Zehnergraden ab einem GdB von wenigstens <strong>20</strong>, § 152 Abs. 1 S. 5, 6 SGB IX. Ab einem<br />
GdB von 30 – und einem GdB von weniger als 50 – kommt ein Anspruch auf Gleichstellung nach § 2 Abs. 3<br />
SGB IX in Betracht, über den auf Antrag die Bundesagentur für Arbeit entscheidet, § 151 Abs. 2 S. 1 SGB IX. Die<br />
Gleichstellung führt dazu, dass den Betroffenen mit Ausnahme des Rechts auf Zusatzurlaub (§ <strong>20</strong>8 SGB IX)<br />
und dem Anspruch auf unentgeltliche Beförderung (§§ 228 ff. SGB IX) die gleichen Rechte und Ansprüche<br />
wie schwerbehinderten Menschen zukommen (zur neueren Rechtsprechung des BSG zur Gleichstellung s.<br />
SARTORIUS/PATTAR <strong>ZAP</strong> F. 18, S. 1409 ff., 1421 ff. m.w.N.). Ab einem GdB von 30 besteht auch – nach weiterer<br />
Maßgabe von § 33b Abs. 2 EStG – ein Vorteil bei der Einkommensteuer in Form eines Pauschbetrags, § 33b<br />
Abs. 3 S. 2 EStG.<br />
2. Blindheit bei cerebralen Schäden ohne spezifische Störung des Sehvermögens<br />
Das BSG setzt seine Rechtsprechung (BSG v. 11.8.<strong>20</strong>15 – B 9 BL 1/14 R; DAU jurisPR-SozR 10/<strong>20</strong>16 Anm. 5)<br />
zum Bestehen von Blindheit bei cerebralen Schäden, ohne dass eine spezifische Störung des<br />
Sehvermögens vorliegt, fort (BSG, Urt. v. 14.6.<strong><strong>20</strong>18</strong> – B 9 BL 1/17 R). Im vorliegenden Fall hatte das<br />
1072 <strong>ZAP</strong> Nr. <strong>20</strong> 24.10.<strong><strong>20</strong>18</strong>