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ZAP-2018-20

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Sozialrecht Fach 18, Seite 1611<br />

Rechtsprechungsübersicht – 1. Hj. <strong><strong>20</strong>18</strong><br />

nach dem Tarifvertrag über den Rationalisierungsschutz möglicherweise erschwert gewesen wäre,<br />

hätte dies nicht dazu geführt, einen zeitlich unbegrenzten Ausschluss der ordentlichen Kündigung i.S.v.<br />

§ 143a Abs. 1 S. 3 SGB III a.F. annehmen zu können.<br />

4. Rückzahlung von SGB II-Leistungen: Verzugsschaden?<br />

Die Parteien dieses Rechtsstreits stritten über die Pflicht des Beklagten, den Kläger wegen verspäteter<br />

Lohnzahlung von der Erstattung von Leistungen nach dem SGB II freizustellen (BAG v. 17.1.<strong><strong>20</strong>18</strong> – 5 AZR<br />

<strong>20</strong>5/17, NZA <strong><strong>20</strong>18</strong>,784). Der bei dem Beklagten beschäftigte Kläger erhielt von diesem den Lohn<br />

verspätet. Auf seinen Antrag hin bewilligte ihm das zuständige Jobcenter am 10.7.<strong>20</strong>14 Leistungen zur<br />

Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum Juli bis November <strong>20</strong>14. Nachdem<br />

der Kläger im Juli den Lohn für Mai <strong>20</strong>14 nachgezahlt erhielt, hob das Jobcenter wegen fehlender<br />

Hilfebedürftigkeit für diesen Monat die Bewilligung von Leistungen auf und verlangte vom Kläger<br />

Erstattung von rund 535 €. Über die vom Kläger dagegen nach erfolglosem Widerspruch erhobene<br />

Klage zum SG ist noch nicht entschieden. Der Kläger hat Klage erhoben und von dem Beklagten<br />

Freistellung von der Erstattungsforderung des Jobcenters verlangt. Er vertrat die Auffassung, durch die<br />

Rückforderung von Leistungen nach dem SGB II erleide er einen Vermögensschaden, den ihm der<br />

Beklagte wegen der verspäteten Lohnzahlung für Mai <strong>20</strong>14 ersetzen müsse.<br />

Entscheidungserheblich ist, ob dem Kläger ein Vermögensschaden entstanden ist. Dies bemisst sich<br />

zunächst nach der Differenzhypothese durch Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses<br />

eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne dieses Ereignis bestünde. Die Differenzhypothese ist<br />

aber nur Ausgangspunkt für die Beurteilung, ob ein Schaden eingetreten ist. Sie muss stets einer<br />

normativen Kontrolle unterzogen werden. Erforderlich ist eine wertende Überprüfung des zunächst<br />

gewonnenen Ergebnisses gemessen am Schutzzweck der Haftung und an der Ausgleichsfunktion des<br />

Schadensersatzes. Im Falle des Verzugs des Arbeitgebers mit der Entgeltzahlung hat der Arbeitnehmer<br />

jedoch keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt und zugleich auf die auf dem Verzug beruhenden zusätzlichen<br />

Leistungen nach dem SGB II. Bei zeitlicher Kongruenz von Arbeitsentgelt und Sozialleistung geht der<br />

Anspruch auf Arbeitsentgelt in Höhe der bezogenen Sozialleistung auf den Leistungsträger über, § 115<br />

Abs. 1 SGB X. Bei zeitlicher Inkongruenz entfällt der Anspruch auf die Leistung nach dem SGB II rückwirkend,<br />

sofern der Arbeitnehmer wegen des infolge der Nachbewilligung der Sozialleistung zugeflossenen<br />

Arbeitsentgelts im Bezugszeitraum oder Teilen davon objektiv nicht hilfebedürftig i.S.v. § 9 SGB II war.<br />

Das BAG hält es demnach für ausgeschlossen, eineberechtigte Rückforderung von Leistungen nach dem<br />

SGB II wegen verspätet gezahlten Arbeitsentgelts als Schaden des Arbeitnehmers zu werten.<br />

III.<br />

Unfallversicherungsrecht<br />

1. Projektarbeit von Schülern im privaten Bereich<br />

Schülerinnen und Schüler stehen nach § 2 Abs. 1 Nr. 8b SGB VII während des Besuchs allgemeinbildender<br />

Schulen unter gesetzlichem Unfallversicherungsschutz, der nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch den Weg zur<br />

Schule und von der Schule zurück nach Hause einschließt. Nach ständiger BSG-Rechtsprechung ist der<br />

Versicherungsschutz auf den organisatorischen Verantwortungsbereich der Schule begrenzt. Dieser<br />

erfordert regelmäßig einen unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang zum Schulbesuch,<br />

der dann nicht mehr vorliegt, wenn schulische Aufsichtsmaßnahmen nicht mehr gewährleistet sind.<br />

Versicherungsschutz kann aber auch bestehen, wenn der räumlich-zeitliche Zusammenhang (etwa bei<br />

Klassenfahrten, Museums- und Theaterbesuchen ggf. außerhalb der Unterrichtszeit) oder wirksame<br />

schulische Aufsichtsmaßnahmen (z.B. bei Schülerbetriebspraktika im In- und Ausland) weitgehend<br />

gelockert sind. Demnach kann auch ein außerschulischer Lernort „Ort der Tätigkeit“ und damit zugleich<br />

Start- und Zielpunkt eines nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII versicherten Weges sein. Der Schutzbereich endet<br />

– jedenfalls bei Minderjährigen – dort, wo der elterliche Verantwortungsbereich beginnt, also dann,<br />

wenn Schüler ihre Hausaufgaben zu Hause erledigen.<br />

In dem vom BSG zu entscheidenden Fall, der im Grenzbereich von schulischem und elterlichem<br />

Verantwortungsbereich angesiedelt ist, hatte der Kläger als Schüler einer Realschule im Rahmen des<br />

Musikunterrichts (nach dem erteilten Unterricht über die hierzu benötigten theoretischen Grundlagen)<br />

<strong>ZAP</strong> Nr. <strong>20</strong> 24.10.<strong><strong>20</strong>18</strong> 1069

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