ZAP-2018-20

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Fach 16, Seite 470 Urheberrechtsverletzung: Öffentlich zugängliches WLAN Urheberrecht es nicht mildere Mittel als das der Sperrung gibt. Die Sperrung wird als „ultima ratio“ angesehen. Im Gesetzentwurf (BT-Drucks, a.a.O., S. 12) wird als milderes Mittel der Versuch des Vorgehens gegen den eigentlichen Rechtsverletzer oder den Hostanbieter genannt. Der Rechteinhaber müsse vorrangig zumutbare Anstrengungen unternommen haben, gegen diejenigen Beteiligten vorzugehen, die die Rechtsverletzung selbst begangen oder zur Rechtsverletzung durch die Erbringung von Dienstleistungen beigetragen haben. Nur dann, wenn die Inanspruchnahme dieser Beteiligten scheitere oder ihr jede Erfolgsaussicht fehle und daher eine Rechtsschutzlücke entstehen könne, sei die Inanspruchnahme des Zugangsvermittlers zumutbar. Diese Subsidiaritätsprüfung kann damit im Einzelfall schwierige Fragen tatsächlicher und/oder rechtlicher Art aufwerfen. Auch die weiteren Merkmale wie die Zumutbarkeit (der Sperrung) und die Verhältnismäßigkeit (der Sperrung) stellen bekanntlich Anforderungen dar, die der Auslegung und Anwendung durch die Rechtsprechung im Einzelfall bedürfen. Pauschale Aussagen, unter welchen Umständen eine Sperrung zumutbar sowie verhältnismäßig sein dürfte, sind nicht möglich. Die Gesetzesbegründung fordert die technische Möglichkeit der Sperrung und begrenzt die Frage der Zumutbarkeit auf die wirtschaftliche Zumutbarkeit (BT-Drucks, a.a.O., S. 12). Ferner sei stets eine Interessenabwägung im Einzelfall erforderlich, bei der z.B. ein Gericht die grundrechtlich geschützten Interessen aller Betroffenen sowie das Telekommunikationsgeheimnis angemessen berücksichtigen müsse. Sollte sich hiernach im Einzelfall herausstellen, dass eine Sperrung als „ultima ratio“ erforderlich sei, muss ferner entschieden werden, welche Sperrmaßnahmen im Einzelfall geeignet sind. Der BGH hat diesbezüglich ausgeführt, dass die im Gesetzentwurf ausdrücklich genannten Sperrmaßnahmen nicht abschließend seien, sondern dass als solche auch eine Verschlüsselung des Zugangs mit einem Passwort und die vollständige Sperrung des Zuganges denkbar seien. Der Gesetzgeber betont hingegen, dass eine Sperrmaßnahme nicht zum „Overblocking“ führen und „über ihr Ziel hinausschießen“ dürfe (BT-Drucks, a.a.O., S. 12). Trotzdem wurde nun höchstrichterlich ausgeführt, dass die Gesetzgebungsmaterialien nicht abschließend sind, sondern dass vielmehr die Gerichte im Einzelfall – darüber hinausgehend – weitere geeignete Sperrmaßnahmen definieren können. Man mag damit darüber streiten können, ob die – durch die TMG-Neuregelungen – von dem Gesetzgeber beabsichtigte Rechtssicherheit und Rechtsklarheit tatsächlich eingetreten sind oder ob die im Einzelfall zu klärenden Rechtsfragen nicht lediglich „verschoben“ worden sind, und zwar weg von den Grundsätzen der Störerhaftung bei den Betreibern öffentlichen WLANs hin zu den im Einzelfall durchaus komplexen Fragestellungen des Anspruchs auf Sperrung von Zugang zu Informationen. Dass der BGH in seiner ersten Entscheidung zu den neuen Regelungen die Regelung des § 7 Abs. 4 S. 1 TMG sogleich auf Zugangsvermittler, die keine Betreiber öffentlichen WLANs sind, analog angewendet hat, macht die Gesamtsituation ferner nicht übersichtlicher. Für Anspruchsteller wird sich damit in Zukunft die Situation insbesondere dahingehend ändern, dass sie im – neuen – Antrag i.S.d. § 7 Abs. 4 S. 1 TMG die begehrten Sperrmaßnahmen ausdrücklich benennen müssen (Anspruch auf ein aktives Tun). Auch die Antragsgegner werden darauf hoffen müssen, dass die Rechtsprechung die Vorgaben der neuen Regelungen präzisiert, um dadurch (weitere) Rechtsklarheit zu schaffen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der BGH aufgrund der neuen Gesetzeslage das Verfahren zum Berufungsgericht zurückverwiesen hat, damit die Klägerin im wiedereröffneten Berufungsverfahren ihre Klageanträge zum Anspruch auf Sperrung anpassen kann. Gegebenenfalls haben damit das OLG Düsseldorf und vielleicht erneut der BGH die Möglichkeit, in diesem Verfahren für Präzisierung zu sorgen. 1062 ZAP Nr. 20 24.10.2018
Sozialrecht Fach 18, Seite 1605 Rechtsprechungsübersicht – 1. Hj. 2018 Rechtsprechung Rechtsprechungs- und Literaturübersicht zum Sozialrecht – 1. Halbjahr 2018 Von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Sozialrecht und für Arbeitsrecht DR. ULRICH SARTORIUS, Breisach Inhalt I. Existenzsicherungsrecht 1. Mehrbedarf wegen dezentraler Warmwassererzeugung 2. Keine Abweichung vom Kopfteilprinzip bei Leistungsversagung wegen fehlender Mitwirkung nach § 66 SGB I 3. Höhe des Arbeitslosengelds II nach Umzug von einem Unter-25-Jährigen 4. Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung II. Arbeitsförderungsrecht 1. Sperrzeit: Mehrfache Arbeitsablehnung in engem zeitlichen Abstand 2. Berufliche Weiterbildung: Arbeitslosengeld/Verfügbarkeit 3. Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs bei Entlassungsentschädigung 4. Rückzahlung von SGB II-Leistungen: Verzugsschaden? III. Unfallversicherungsrecht 1. Projektarbeit von Schülern im privaten Bereich 2. Prüfung der Fahrbahn auf Glätte vor Fahrtantritt IV. Schwerbehindertenrecht 1. GdB: Feststellung/Rechtsschutzbedürfnis 2. Blindheit bei cerebralen Schäden ohne spezifische Störung des Sehvermögens V. Status- und Beitragsrecht VI. Verfahrensrecht 1. Wiedereinsetzung bei Versäumen der Klagefrist wegen Störung des Telefaxeingangs bei Gericht 2. Wiedereinsetzung bei Verletzung gerichtlicher Hinweispflichten 3. Einverständnis zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung und Verlegungsantrag I. Existenzsicherungsrecht 1. Mehrbedarf wegen dezentraler Warmwassererzeugung Der alleinstehende Kläger bewohnt eine Zweizimmerwohnung, die mit Kohle beheizt wird. Die Warmwassererzeugung erfolgt mittels eines elektrischen Durchlauferhitzers, dessen Verbrauch nicht gesondert erfasst wird. Das beklagte Jobcenter bewilligte dem Kläger für den streitbefangenen Zeitraum Arbeitslosengeld II unter Berücksichtigung u.a. des Regelbedarfs und des pauschalierten Mehrbedarfs für dezentrale Warmwassererzeugung, nicht aber eines abweichenden Bedarfs nach der 1. Alternative des § 21 Abs. 7 S. 2 Hs. 2 SGB II. Die Klage blieb in den ersten beiden Rechtszügen ohne Erfolg. Das LSG vertrat die Auffassung, ein abweichender Bedarf sei nur anzuerkennen, wenn eine technische Einrichtung die konkrete Ermittlung erlaube, was hier nicht möglich sei. Mit seiner vom BSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 21 Abs. 7 S. 2 Hs. 2 SGB II. Zu Unrecht habe das LSG das Bestehen eines abweichenden Bedarfs von dem Vorhandensein einer technischen Einrichtung abhängig gemacht. Das begründe eine unberechtigte Übertragung der Beweisführungslast auf ihn und eine Ungleichbehandlung ZAP Nr. 20 24.10.2018 1063
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