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ZAP-2018-20

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Urheberrecht Fach 16, Seite 469<br />

Urheberrechtsverletzung: Öffentlich zugängliches WLAN<br />

Der BGH verwies ferner darauf, dass der Anspruch auf Sperrung nach § 7 Abs. 4 S. 1 TMG nicht auf<br />

bestimmte Sperrmaßnahmen beschränkt sei, insbesondere nicht auf die in der Begründung des<br />

Regierungsentwurfs ausdrücklich genannten Sperrmaßnahmen. Unter Berücksichtigung der Vorgaben<br />

des EuGH (vgl. Urt. v. 15.9.<strong>20</strong>16 – C-484/14 – McFadden/Sony Music) handele es sich auch bei der<br />

Verschlüsselung des Zugangs mit einem Passwort oder – im äußersten Fall – der vollständigen Sperrung<br />

des Zugangs um Maßnahmen i.S.d. § 7 Abs. 4 S. 1 TMG.<br />

Hinweis:<br />

Infolge der Zurückverweisung an die Berufungsinstanz muss nunmehr die Klägerin die begehrten<br />

Sperrmaßnahmen im – auf positive Leistungen gerichteten – Klageantrag benennen.<br />

III. Anmerkung<br />

Die mit Wirkung zum 13.10.<strong>20</strong>17 neu eingefügten Regelungen des § 7 Abs. 4 TMG sowie des § 8 Abs. 1 S. 2<br />

TMG haben ihre Grundlage im Gesetzentwurf der Bundesregierung betreffend den „Entwurf eines<br />

Dritten Gesetzes zur Änderung des Telemediengesetzes“ vom 28.4.<strong>20</strong>17 (BT-Drucks 18/12<strong>20</strong>2). Dieser<br />

zielte u.a. darauf ab, den Betreibern öffentlich zugänglichen WLANs so weit wie möglich Rechtssicherheit<br />

zu verschaffen, um dem gestiegenen Bedürfnis nach einem öffentlichen Zugang zum Internet<br />

auch unter Nutzung von WLAN zu entsprechen (BT-Drucks, a.a.O., S. 1). Die neu eingefügten Regelungen<br />

betreffen die Betreiber öffentlich zugänglichen WLANs, z.B. Kommunen, Einzelhändler, die<br />

Betreiber von Bahnhöfen, Flughäfen, Verkehrsgesellschaften, Hotels, Krankenhäusern, und sollten nicht<br />

an die „als unübersichtlich und unvorhersehbar empfundene Rechtsprechung zur Störerhaftung“ (BT-<br />

Drucks, a.a.O., S. 10) anknüpfen, sondern vielmehr Rechtsklarheit und Rechtssicherheit herbeiführen.<br />

Diese gesetzgeberischen Vorgaben setzt der BGH mit seiner vorstehend dargestellten Entscheidung<br />

teilweise um, insbesondere indem er der Anwendung der Grundsätze der Störerhaftung auf die<br />

Betreiber öffentlich zugänglichen WLANs eine Absage erteilt, andererseits betont er aber anstelle dieser<br />

Störerhaftung einen neuen Anspruch, nämlich den aus § 7 Abs. 4 S. 1 TMG resultierenden Anspruch auf<br />

Sperrung von Informationen. Dieser Anspruch solle eine europarechtskonforme Anwendung der neuen<br />

Regelung des § 8 Abs. 1 S. 2 TMG sicherstellen. Diesen Anspruch auf Sperrung erweitert der BGH in<br />

analoger Anwendung des § 7 Abs. 4 S. 1 TMG sogar auf Zugangsvermittler, die nicht öffentliche WLAN-<br />

Betreiber sind.<br />

Der urheberrechtliche Unterlassungsanspruch auf Grundlage der Störerhaftung mag damit zwar<br />

„überholt“ sein, gleichzeitig wird jedoch ein neuer Anspruch erschaffen. Die Rechtslage mag damit für<br />

öffentliche WLAN-Betreiber und andere Zugangsvermittler nicht unbedingt einfacher, sondern lediglich<br />

„anders“ werden.<br />

Bei dieser „Andersartigkeit“ sind vor allem die Voraussetzungen des Anspruchs auf Sperrung nach § 7<br />

Abs. 4 S. 1 und S. 2 TMG zu berücksichtigen, nämlich:<br />

• Inanspruchnahme eines Telemediendienstes durch einen Nutzer zwecks Verletzung eines Rechts am<br />

geistigen Eigentum eines Anderen,<br />

• Sperrung der Nutzung von Informationen als einzige Möglichkeit („keine andere Möglichkeit“) des<br />

Rechtsinhabers, um der Verletzung seines Rechts abzuhelfen,<br />

• Zumutbarkeit der Sperrung sowie<br />

• Verhältnismäßigkeit der Sperrung.<br />

Von diesen Voraussetzungen dürfte das erstgenannte Merkmal (Inanspruchnahme eines Telemediendienstes<br />

durch einen Nutzer) in rechtlicher Hinsicht wohl noch einfach zu beurteilen sein.<br />

Die weitere Anforderung betreffend die Sperrung als einzige Möglichkeit zur Verhinderung weiterer<br />

Rechtsverletzungen stellt ein Subsidiaritätsmerkmal dar, so dass im Einzelfall beurteilt werden muss, ob<br />

<strong>ZAP</strong> Nr. <strong>20</strong> 24.10.<strong><strong>20</strong>18</strong> 1061

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