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ZAP-2018-20

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Fach 11, Seite 1460<br />

Elternunterhalt<br />

Familienrecht<br />

Der Unterhaltsbedarf eines im Pflegeheim lebenden Elternteils mit Hörbehinderung erstreckt sich auch<br />

auf den durch die Unterbringung in einer Gehörlosenwohngruppe bedingten Mehrbedarf. Der gehörlosen<br />

Hilfeempfängerin ist eine barrierefreie, aktivierende Pflege zuzugestehen, die der Gefahr ihrer Vereinsamung<br />

entgegenwirkt und insbesondere auch ihre Bedürfnisse nach Kommunikation berücksichtigt<br />

(OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.6.<strong>20</strong>17 – II-1 UF 34/17, FamRZ <strong><strong>20</strong>18</strong>, 103).<br />

Wenn das unterhaltspflichtige Kind selbst die Auswahl des Heims beeinflusst hat, kann es ebenfalls<br />

nicht auf die Möglichkeit einer kostengünstigeren Unterbringung verweisen (Verbot widersprüchlichen<br />

Verhaltens; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.6.<strong>20</strong>17 – II-1 UF 34/17, FamRZ <strong><strong>20</strong>18</strong>, 103). Hat sich das<br />

unterhaltspflichtige Kind nicht an der Suche nach einem Heimplatz beteiligt, begründet allein dieser<br />

Umstand nicht die Verpflichtung, überhöhte Kosten zu tragen.<br />

b) Zusätzlicher Bedarf<br />

Dem im Heim lebenden Elternteil steht zudem ein zusätzlicher Barbetrag für die Bedürfnisse des<br />

täglichen Lebens zu (BGH, Urt. v. 21.11.<strong>20</strong>12 – XII ZR 150/10, NJW <strong>20</strong>13, 301 = FamRZ <strong>20</strong>13, <strong>20</strong>3 m. Anm.<br />

HAUß). Dazu gehört auch der nach § 35 SGB XII gezahlte Bar- und der nach § 133a SGB XII gewährte<br />

Zusatzbetrag, der Heimbewohnern, die einen Teil der Kosten des Pflegeheims aus eigenen Mitteln<br />

zahlen können, vom Sozialleistungsträger, der die nicht gedeckten Heimkosten übernimmt, gewährt<br />

wird (BGH FamRZ <strong>20</strong>10, 1535).<br />

3. Exkurs: Unterhaltspflicht des Ehegatten bei Pflegebedürftigkeit (Heimunterbringung)<br />

Die Frage der unterhaltsrechtlichen Haftung für einen pflegebedürftigen Angehörigen kann sich auch<br />

beim Ehegattenunterhalt stellen. Pflegebedürftig wird ein Ehegatte, dessen eigene Einkünfte nicht<br />

ausreichen, die Heimkosten zu decken. Auch hier stellen die Heimkosten den unterhaltsrechtlichen<br />

Bedarf dar (BGH, Beschl. v. 27.4.<strong>20</strong>16 – XII ZB 485/14, NJW <strong>20</strong>16, 2122 m. Anm. REINKEN = FamRZ <strong>20</strong>16, 12<strong>20</strong><br />

m. Anm. MAURER).<br />

Hinweis:<br />

Zum unterhaltsrechtlichen Bedarf eines getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten können auch die<br />

Kosten des betreuten Wohnens gehören (OLG Hamm, Beschl. v. 30.6. <strong>20</strong>17 – 6 WF 105/17, FUR <strong><strong>20</strong>18</strong>, 98;<br />

REINKEN jurisPR-FamR 25/<strong>20</strong>17 Anm. 5).<br />

Es stellt sich die Frage, ob der Ehegatte, der Rente bezieht und noch in der Ehewohnung verblieben ist,<br />

auf Zahlung von Unterhalt in Anspruch genommen werden kann (BGH, Beschl. v. 27.4.<strong>20</strong>16 – XII ZB<br />

485/14, NJW <strong>20</strong>16, 2122 m. Anm. REINKEN = FamRZ <strong>20</strong>16, 12<strong>20</strong> m. Anm. MAURER). Auch hier richtet sich –<br />

wie beim Elternunterhalt (s. oben 2. a) – der Bedarf nach den Heimkosten.<br />

Problematisch ist allerdings die Anspruchsgrundlage. Ein Anspruch auf Trennungsunterhalt nach § 1361<br />

Abs. 1 S. 1 BGB scheidet aus, da die Ehegatten trotz der getrennten Wohnung nicht im Rechtssinne<br />

getrennt leben. Denn die häusliche Gemeinschaft bezeichnet damit nur einen äußeren, freilich nicht<br />

notwendigen Teilaspekt dieser Gemeinschaft (BGHZ 149, 140). Eine eheliche Lebensgemeinschaft kann<br />

daher auch dann bestehen, wenn die Ehegatten einvernehmlich eigenständige Haushalte unterhalten.<br />

Der Anspruch auf Familienunterhalt aus § 1360 BGB richtet sich aber regelmäßig nicht auf Zahlung<br />

einer für den Empfänger frei verfügbaren Geldrente, sondern ist als Anspruch auf Teilhabe an dieser<br />

Lebensgemeinschaft ausgestaltet und gerichtet. Hieraus ergibt sich daher regelmäßig keine<br />

Leistungsfähigkeit zur Zahlung von Unterhalt (BGH, Urt. v. 12.12.<strong>20</strong>12 – XII ZR 43/11, NJW <strong>20</strong>13, 686<br />

= FamRZ <strong>20</strong>13, 363).<br />

Wird ein Ehegatte allerdings stationär pflegebedürftig, so entsteht ihm ein besonderer persönlicher<br />

Bedarf, der vor allem durch die anfallenden Heim- und Pflegekosten bestimmt wird. In diesem Fall<br />

1054 <strong>ZAP</strong> Nr. <strong>20</strong> 24.10.<strong><strong>20</strong>18</strong>

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