ZAP-2018-20
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Fach 11, Seite 1458<br />
Elternunterhalt<br />
Familienrecht<br />
versicherung rechtzeitig und ausreichend vorsorgen sollte. Die Grundsicherung im Alter (§§ 41 ff.<br />
SGB XII) verdeutlicht weiterhin die Zielvorstellung des Gesetzgebers, bei der Frage, ob und inwieweit<br />
Eltern gegenüber ihren Kindern Unterhaltsansprüche geltend machen können, die Nachrangigkeit<br />
dieses Anspruchs ebenso wie die besondere Belastungssituation des Unterhaltspflichtigen zu beachten<br />
(BVerfG FamRZ <strong>20</strong>05, 1051, 1055 m. Anm. KLINKHAMMER).<br />
Maßgebliche Eckpunkte für jeden Unterhaltsanspruch – und damit auch für den Elternunterhalt – sind<br />
• der Bedarf des Unterhaltsberechtigten (s. III.),<br />
• seine aktuelle Bedürftigkeit aufgrund nicht ausreichender eigener Einkünfte und eigenen Vermögens<br />
(s. IV.),<br />
• die aktuelle Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen, § 1603 BGB.<br />
III. Unterhaltsrechtlicher Bedarf des Elternteils<br />
Der Unterhaltsbedarf von Eltern im Ruhestand umfasst den gesamten Lebensbedarf, wie z.B. die Miete<br />
für die Wohnung, Ernährung, Bekleidung, Beiträge für die Krankenkasse und Pflegeversicherung (BGH,<br />
Urt. v. 19.2.<strong>20</strong>03 – XII ZR 67/00, FamRZ <strong>20</strong>03, 860) und ist i.d.R. im Unterhaltsprozess konkret<br />
entsprechend den individuellen Verhältnissen vorzutragen.<br />
1. Maßstab für den Bedarf<br />
Das Maß des geschuldeten Unterhalts bestimmt sich gem. § 1610 BGB nach der eigenen Lebensstellung<br />
des Elternteils. Der – eigenständige – Bedarf eines unterhaltsberechtigten Elternteils beurteilt sich folglich<br />
in erster Linie nach den persönlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen des betreffenden<br />
Elternteils (BGH, Urt. v. 19.2.<strong>20</strong>03 – XII ZR 67/00, FamRZ <strong>20</strong>03, 860, 861 = NJW <strong>20</strong>03, 1660).<br />
Hinweis:<br />
Dadurch unterscheidet sich der Elternunterhalt deutlich von anderen Unterhaltsverhältnissen. Der Bedarf<br />
des minderjährigen und auch des volljährigen noch in der Berufsausbildung befindlichen Kindes leitet sich<br />
von der Lebensstellung des Unterhaltspflichtigen ab. Auch beim Ehegattenunterhalt wird der Bedarf<br />
entscheidend von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des anderen Ehegatten, also des<br />
Unterhaltspflichtigen bestimmt.<br />
Grundsätzlich führen nachteilige Einkommensveränderungen auch zu einer Änderung der Lebensstellung,<br />
die gem. § 1610 BGB den Unterhaltsbedarf prägt. Folglich scheidet ein Anspruch auf Unterhalt<br />
entsprechend einer früheren Lebensstellung aus. Durch den Eintritt in den Ruhestand werden aber<br />
regelmäßig nachteilige Veränderungen der Einkommensverhältnisse ausgelöst, die auch eine Änderung<br />
der Lebensstellung des Elternteils zur Folge haben. Dessen Lebensstellung bestimmt sich daher nicht<br />
nach dem eigenen Einkommen in „besseren Zeiten“, als er noch erwerbstätig war, sondern nach den<br />
aktuell gegebenen tatsächlichen Verhältnissen. Dies gilt auch dann, wenn die Einkommensverschlechterung<br />
durch den Tod eines Ehegatten bedingt ist (BGH FamRZ <strong>20</strong>06, 935).<br />
Daher können Eltern von ihren Kindern keinen Unterhalt mehr nach einer früheren – besseren – Lebensstellung<br />
verlangen. Ist der Elternteil im Alter sozialhilfebedürftig geworden, beschränkt sich sein angemessener<br />
Lebensbedarf i.d.R. auf das Existenzminimum (BGH, Urt. v. 21.11.<strong>20</strong>12 – XII ZR 150/10, NJW <strong>20</strong>13, 301 =<br />
FamRZ <strong>20</strong>13, <strong>20</strong>3 m. Anm. HAUß; BGH, Urt. v. 19.2.<strong>20</strong>03 – XII ZR 67/00, FamRZ <strong>20</strong>03, 860). Dieses Existenzminimum<br />
des nicht erwerbstätigen Unterhaltsberechtigten von 880 € (Wert der Düsseldorfer Tabelle<br />
<strong><strong>20</strong>18</strong>) bildet jedoch auch beim Elternunterhalt die Untergrenze des Bedarfs (BGH FamRZ <strong>20</strong>03, 860, 861).<br />
Praxishinweis:<br />
Der Bedarf kann bei bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen ohne Auflistung einzelner Bedarfspositionen<br />
zur Vereinfachung auch nur mit dem am sozialhilferechtlichen Existenzminimum orientierten<br />
notwendigen Eigenbedarfssatz, wie er nach den Leitlinien der Oberlandesgerichte (Nr. 21.4, Stand<br />
1052 <strong>ZAP</strong> Nr. <strong>20</strong> 24.10.<strong><strong>20</strong>18</strong>