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Zwischen den Welten

Ethnotourismus in Westneuguinea

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ohne dass diese zur Bedrohung seines<br />

Lebensraumes wer<strong>den</strong>.<br />

AUF DER SUCHE NACH<br />

AUTHENTIZITÄT<br />

Den Besuchern kann es nicht nahe<br />

genug sein, sie möchten die ‚Magie der<br />

Nähe zum Frem<strong>den</strong>‘ erfahren. Sie<br />

möchten Teil der örtlichen Lebenswelt<br />

sein, dort angenommen wer<strong>den</strong> und<br />

dazu gehören (vgl 13). Sie möchten die<br />

Praktiken einer anderen Kultur aus erster<br />

Hand erleben (17) und sind dabei auf<br />

naiver Suche nach Authentizität.<br />

Die Einfachheit des modernen Reisens hat uns<br />

masslos gemacht. (4)<br />

Die Besucher sind keine Urlauber, die<br />

sich nur Ausgleich und Erholung und<br />

damit einen Gegenpol zur Arbeitswelt<br />

erhoffen. Sie sind vielmehr Ethnotouristen,<br />

die sich eine lustvolle<br />

I<strong>den</strong>titätserweiterung erwarten (19). Ihr<br />

Ziel ist der Aufenthalt bei einer ethnisch<br />

frem<strong>den</strong>, scheinbar noch unberührten,<br />

politisch und ökonomisch marginalen,<br />

oft tribalen Gemeinschaft (1). Die Exotik<br />

und die Einzigartigkeit der Menschen<br />

sowie die traditionellen Aktivitäten der<br />

Gastkultur stehen im Mittelpunkt, egal<br />

ob diese vor <strong>den</strong> Touristen inszeniert<br />

wer<strong>den</strong> oder nicht (vgl 2). Im Gegensatz<br />

zu anderen Reiseformen, bei <strong>den</strong>en die<br />

Einheimischen lediglich als Arbeitskräfte<br />

eingesetzt wer<strong>den</strong>, ist hier die lokale<br />

Bevölkerung nicht einfach austauschbar<br />

(19).<br />

Das Fremde hat es so an sich, dass es<br />

fremder aussieht als es ist. Je weniger<br />

man von dem Frem<strong>den</strong> und<br />

Unbekannten weiß, desto größer wird<br />

die Furcht sein, umso zurückhaltender<br />

der Umgang und umso geringer der<br />

Aktionsraum. Die Annäherung an das<br />

Fremde beginnt mit dem ständigen<br />

Vergleich. Die Gegensätzlichkeit und<br />

damit die unvermeidliche Anziehungskraft<br />

von Eigenem und Fremdem,<br />

Bekanntem und Vorgestelltem liegen in<br />

der menschlichen Natur. Das eigene<br />

Bezugssystem, die eigene kulturelle<br />

Ordnung dient als Bezugsrahmen, das<br />

Gewohnte als Maß der Dinge (vgl 20).<br />

Der Ethnotourist färbt sich die Welt<br />

schön. Ingrid Thurner hat diese Aussage<br />

in ihrem Artikel etwas überspitzt<br />

zusammengefasst: „So haben keineswegs<br />

alle indigenen Gesellschaften die<br />

Aussicht, zum Zielgebiet zu wer<strong>den</strong>. Ihre<br />

Eigenständigkeit muss sichtbar und<br />

fotografierbar sein, sie soll fremd, aber<br />

auf keinen Fall befremdlich wirken.<br />

Fischerdörfer sind wegen der Gerüche<br />

weniger geeignet. Auch sollen die<br />

bereisten Gemeinschaften ihre Ehen<br />

nicht arrangieren und ihre Töchter nicht<br />

beschnei<strong>den</strong>. Ferner möchten Ethnotouristen<br />

keine Wellbleche auf <strong>den</strong><br />

Häusern sehen, keinen Schmutz, keinen<br />

Müll. Die Reisen<strong>den</strong> bedauern, dass die<br />

Menschen in diesen Dörfern keine<br />

medizinische Versorgung haben. Und<br />

dass die Kinder nicht zur Schule gehen,<br />

ist ein Skandal. Praktisch wäre es, wenn<br />

einer von ihnen zumindest Englisch<br />

spräche. Er könnte erzählen, wie schön<br />

es ist, arm, aber glücklich zu sein. Von<br />

Sozialromantik zum Sozialkitsch ist nur<br />

ein kleiner Schritt.“ (5)<br />

Der Ethnotourismus lebt von der<br />

Illusion, ganz nah an <strong>den</strong> Alltag des<br />

Reiselandes heranzukommen. Er bietet<br />

seinen Kun<strong>den</strong> keine konventionell<br />

konfektionierte Ferienwelt, die<br />

Annehmlichkeiten der westlichen<br />

Zivilisation in die Fremde exportiert hat,<br />

sondern das Versprechen einer<br />

interkulturellen Begegnung mit hoher<br />

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