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Botin aus der Buckligen Welt Oktober 2018 - Nr 199

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BURGEN<br />

überregional<br />

informativ<br />

LAND unabhängig<br />

MITTE<br />

Die Ecke für den<br />

Bezirk Oberpullendorf<br />

Marita Makowitschka an ihrem Arbeitsplatz, dem Ort ihres künstlerischen Schaffens / Foto: Pastorek<br />

„Ich würde alles nochmal gen<strong>aus</strong>o machen“<br />

Marita Makowitschkas beruflicher<br />

Werdegang führte sie vom<br />

süddeutschen Schwarzwald ins<br />

mittlere Burgenland. Hier startete<br />

sie ihre Künstlerkarriere im<br />

Bereich Stoffdesign und schaffte<br />

es bis in die Kreise <strong>der</strong> Haute<br />

Couture. Vor Kurzem feierte sie<br />

ihr 30-jähriges Jubiläum in ihrem<br />

Atelier in Langeck. Ans Aufhören<br />

denkt die Künstlerin noch lange<br />

nicht – zwei wichtige Gründe<br />

sprechen dagegen.<br />

Schon mit 15 Jahren hatte<br />

Marita Makowitschka<br />

großes Interesse an modischem<br />

Design. Ihre Mutter war gelernte<br />

Schnei<strong>der</strong>in – die Stoffe,<br />

die Schnitte, die Farben und<br />

die Farbgestaltung übten eine<br />

einzigartige Faszination auf sie<br />

<strong>aus</strong>. Die größte Hürde, die sich<br />

jedoch zwischen sie und eine<br />

profunde Ausbildung für Modedesign<br />

drängte, war das prophezeite<br />

Dogma <strong>der</strong> damaligen<br />

Zeit „sie würde ohnehin bald<br />

heiraten und Kin<strong>der</strong> kriegen“<br />

– welchem sie sich aber ganz<br />

bewusst wi<strong>der</strong>setzte. Intuitiv<br />

entschied sie sich für eine Ausbildung<br />

in <strong>der</strong> Keramikmanufaktur<br />

Georg Schmie<strong>der</strong> in Zell<br />

a. H. mit dazugehöriger Malerfachschule<br />

– eine goldrichtige<br />

Entscheidung. Denn in diesem<br />

Unternehmen wurde an Lehrlinge<br />

die Jugendstil-Maltechnik<br />

weitergegeben, wodurch Marita<br />

Makowitschka 1987 die Leitung<br />

<strong>der</strong> Abteilung Malerei bei <strong>der</strong><br />

Firma Goldschei<strong>der</strong> in Stoob<br />

übernehmen konnte. Dort war<br />

sie mit <strong>der</strong> Reproduktion von Jugendstilfiguren<br />

betraut. Schon<br />

ein Jahr nach dieser großen<br />

beruflichen und privaten Verän<strong>der</strong>ung<br />

folgte die nächste: <strong>der</strong><br />

Schritt in die Selbstständigkeit.<br />

46 <strong>Botin</strong> <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Buckligen</strong> <strong>Welt</strong> | <strong>Oktober</strong> <strong>2018</strong><br />

„Dem Traum folgte die Idee, <strong>der</strong><br />

Idee ein Entschluss, und als alles<br />

gereift war, ist die Entscheidung<br />

gefallen“, erinnert sich Makowitschka<br />

an den Beginn dieses<br />

ganz neuen Lebensabschnittes<br />

zurück.<br />

Viele Erfolge<br />

„Die allerersten Aufträge habe<br />

ich in Wien an Land gezogen,<br />

doch zeitgleich auch sehr<br />

viele Ausstellungen in meinem<br />

Heimatbezirk Oberpullendorf<br />

gemacht. Das erste Jahr war<br />

sehr arbeitsintensiv, aber es ist<br />

gut gelaufen“, berichtet die Textilkünstlerin<br />

über den Start ihrer<br />

Karriere. Modeschauteilnahmen<br />

im Palais Ferstel und Palais Festetics<br />

in Wien und eine eigene<br />

Modenschau in <strong>der</strong> Freudenau<br />

in Wien folgten. Zudem kann<br />

Makowitschka auf Stoffpräsentationen<br />

in Rom, Genf, Kaltern,<br />

London und Harrogate sowie in<br />

allen Hauptstädten Österreichs<br />

zurückblicken. Ein außergewöhnliches<br />

Projekt startete die<br />

58-jährige vor gut 20 Jahren mit<br />

„sakraler Textilkunst“, als Priester<br />

auf dem Laufsteg im H<strong>aus</strong><br />

St. Stephan in Oberpullendorf<br />

und in <strong>der</strong> Wirtschaftskammer<br />

und dem Landesmuseum Eisenstadt<br />

Messklei<strong>der</strong> und Stolen<br />

<strong>aus</strong> ihren eigens dafür angefertigten<br />

Stoffkreationen zeigten.<br />

„Auf diese Idee hat mich <strong>199</strong>6<br />

eine Dame bei einem Patchworkkurs<br />

gebracht. Zuerst war<br />

ich skeptisch, doch dann dachte<br />

ich mir: ‚Ich probier’s‘“, plau<strong>der</strong>t<br />

die Künstlerin <strong>aus</strong> dem Nähkästchen.<br />

Qualität in Seide<br />

Ihr 30-jähriges Künstlerjubiläum<br />

empfindet die Wahlburgenlän<strong>der</strong>in<br />

als einen <strong>der</strong> allerschönsten<br />

Momente in den<br />

vergangenen drei Jahrzehnten:<br />

„Die Zeit ist so unheimlich<br />

schnell vergangen, da hat man<br />

viel erlebt, und es ist unheimlich<br />

schön auf eine so lange und ereignisreiche<br />

wie auch lehrreiche<br />

und erfolgreiche Zeit zurückblicken<br />

zu dürfen.“ Dass es so ist,<br />

ist kein Zufall. Denn Qualität hat<br />

für die Künstlerin vom ersten<br />

Tag ihres Schaffens oberste Priorität.<br />

Dass sie sich spezialisieren<br />

wollte, war für sie ebenfalls<br />

von Beginn an klar: „Seide ist für<br />

mich ein edler Stoff und einfach<br />

<strong>der</strong> exklusivste. Interessiert habe<br />

ich mich nur für die besten Qualitäten<br />

in 100 Prozent Seide und<br />

die besten Farben – waschen<br />

o<strong>der</strong> reinigen darf sowohl den<br />

Stoffen wie auch Farben nichts<br />

anhaben, sonst überlebt man<br />

die ersten paar Jahre in dieser<br />

Branche nicht. Vierzig <strong>aus</strong> den<br />

insgesamt 3.000 Seidenqualitäten<br />

habe ich für mich <strong>aus</strong>gewählt.“<br />

Bei den Motiven arbeitet<br />

die Künstlerin entwe<strong>der</strong> freihändig<br />

o<strong>der</strong> mit selbst angefertigten<br />

Druckstempeln <strong>aus</strong> Linoleum.<br />

Veredelt werden die Stoffe für<br />

ihre Ponchos, Capes, Tunikas,<br />

Westen o<strong>der</strong> Hals<strong>aus</strong>chnitt-<br />

Stolen auch mit Metallplättchen<br />

o<strong>der</strong> Swarovski-Steinen.<br />

Künstlerische<br />

Freiheit<br />

Inspiration findet die Künstlerin<br />

bei <strong>der</strong> Arbeit selbst o<strong>der</strong> in <strong>der</strong><br />

Natur. Entspannt wird im Garten<br />

– teils mit Gartenarbeit und teils<br />

im Liegestuhl – seit 2016 nimmt<br />

sie an den Gartenschautagen<br />

teil. An den Ruhestand denkt<br />

sie noch überhaupt nicht, dafür<br />

gefällt ihr ihre Arbeit einfach viel<br />

zu gut. Außerdem warten noch<br />

viele Ideen darauf, umgesetzt zu<br />

werden. Die jüngst umgesetzte<br />

ist ihre eigene Taschenkollektion,<br />

welche sie anlässlich ihres<br />

Jubiläums bei einer Modenschau<br />

präsentierte. Aktuell arbeitet<br />

sie an Lampenschirmen,<br />

bei denen sie den Schirm selbst<br />

mit Messingelementen gestaltet.<br />

„Das ist das Schönste für mich<br />

an meinem Beruf – dass ich<br />

alles machen kann, was mir in<br />

den Sinn kommt. In einer Firma<br />

gibt es Vorgaben und Richtlinien<br />

o<strong>der</strong> Trends, die man umsetzen<br />

muss. Abweichungen davon<br />

sind meist gar nicht möglich.<br />

Außerdem bin ich bei meiner<br />

Zeiteinteilung völlig frei. Wenn<br />

es passt, kann ich auch bis spät<br />

in die Nacht arbeiten o<strong>der</strong> erst<br />

mittags anfangen“, beschreibt<br />

die Künstlerin die Vorteile ihrer<br />

Selbstständigkeit.<br />

„An sich selbst und seine Ideen<br />

glauben, etwas Gottvertrauen<br />

haben und vor<strong>aus</strong>schauend mit<br />

seinen Finanzen wirtschaften“,<br />

das sind weitere Eckpfeiler für<br />

Makowitschkas beruflichen<br />

Erfolg. Sorgen bezüglich <strong>der</strong><br />

Zukunft hatte sie trotz Finanzpolsters<br />

nur beim Start in ihre<br />

Selbstständigkeit. Dreißig Jahre<br />

später sagt sie: „Eines Künstlers<br />

Aufgabe ist nicht, sich die Ungewissheit<br />

des Erfolges, Ängste<br />

und Sorgen aufzubürden. Die<br />

Aufgabe eines Künstlers ist, an<br />

eine fertige Sache zu glauben<br />

und daran zu arbeiten, dass sie<br />

fertig wird.“ Dass es dafür auch<br />

ein bisschen an Mut braucht, hat<br />

sie eigentlich nie so empfunden.<br />

„Aber unlängst meinte eine Dame<br />

zu mir: ‚Sie trauen sich was.<br />

Sie haben Mut.‘“, erzählt Marita<br />

Makowitschka stolz, zufrieden<br />

und glücklich.<br />

Cornelia Pastorek

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