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Botin aus der Buckligen Welt Oktober 2018 - Nr 199

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SERIE<br />

Auf den Spuren <strong>der</strong> jüdischen Geschichte in <strong>der</strong> <strong>Buckligen</strong> <strong>Welt</strong> und im Wechselland<br />

Baron Popper-Podhragy als Gönner fü<br />

Elisabeth Pollice begab sich für<br />

das Forschungsprojekt zur jüdischen<br />

Geschichte im Land <strong>der</strong><br />

1.000 Hügel auf Spurensuche in<br />

die Gemeinde St. Corona, wo<br />

sie auf das großzüge Wirken<br />

von Baron Leopold Popper-Podhragy<br />

stieß. Einen Auszug ihrer<br />

Forschungen gibt es an dieser<br />

Stelle zu lesen. Ab nächstem<br />

Jahr ist ihre Arbeit im Museum für<br />

Zeitgeschichte in Bad Erlach zu<br />

sehen und in einem neuen Buch<br />

zum Forschungsprojekt zu lesen.<br />

Als im Jahr 2016 das Projekt<br />

„Jüdische Geschichte in<br />

<strong>der</strong> Region“ gestartet wurde,<br />

suchten die Initiatoren bzw.<br />

Historiker Johann Hagenhofer,<br />

Werner Sulzgruber und Gert<br />

Dressel Mitarbeiter für die Bearbeitung<br />

<strong>der</strong> einzelnen Gemeinden.<br />

Dabei stießen sie<br />

auch auf Elisabeth Pollice, die<br />

am Gymnasium Sachsenbrunn<br />

nicht nur Geschichte, son<strong>der</strong>n<br />

auch Sozialkunde, Politische<br />

Bildung sowie Geografie und<br />

Wirtschaftskunde unterrichtet.<br />

Ihre Forschungsaufgabe lag<br />

darin, das Leben des Barons<br />

in <strong>der</strong> Gemeinde St. Corona zu<br />

untersuchen.<br />

„Nach ersten Nachforschungen<br />

durch Gespräche in <strong>der</strong><br />

Gemeinde und im Internet habe<br />

ich erfahren, dass in <strong>der</strong><br />

Gemeinde St. Corona Gut und<br />

Schloss Unternberg einst dem<br />

<strong>aus</strong> einer jüdischen Familie<br />

stammenden Baron Leopold<br />

Wappendarstellung mit Schloss<br />

Unternberg an <strong>der</strong> Kirchenfront<br />

in St. Corona / Foto: Elisabeth Pollice<br />

Turmuhrweihe 1928 in St. Corona: Baron Popper-Podhragy steht in <strong>der</strong> 2. Reihe mittig mit Trachtenjanker; in <strong>der</strong><br />

1. R. die 3. von re. ist seine erste Frau, die Opernsängerin Maria Jeritza / Foto: Hans Hantich<br />

Popper-Podhragy gehörten.<br />

Weitere Detailinformationen<br />

konnte ich durch Interviews mit<br />

Menschen gewinnen, die in <strong>der</strong><br />

Nachbarschaft des Barons in<br />

Unternberg lebten bzw. die viel<br />

mit ihm zu tun hatten, etwa bei<br />

<strong>der</strong> Feuerwehr, als Hotelbesitzer<br />

o<strong>der</strong> als Taxiunternehmer“, erinnert<br />

sich Frau Pollice an ihre<br />

Forschungsarbeit. Weiteres Material<br />

fand sie in den Pfarrarchiven<br />

St. Corona und Kirchberg,<br />

im Gemeindearchiv St. Corona,<br />

im Grundbuch Neunkirchen und<br />

in <strong>der</strong> Literatur.<br />

Industriellen-Familie<br />

Leopold Freiherr (Baron)<br />

Popper von Podhragy wurde<br />

am 17. September 1886 als ältester<br />

Sohn des jüdischen Holzindustriellen<br />

Alexan<strong>der</strong> Freiherr<br />

Popper von Podhragy und<br />

seiner Frau, <strong>der</strong> französischen<br />

Konzert- und Opernsängerin<br />

Blanche Elisabeth Marchesi, in<br />

Wien geboren. Er war damit ein<br />

„Halbjude“. Sein Großvater väterlicherseits,<br />

Leopold Popper,<br />

wurde als größter Holzindustrieller<br />

<strong>der</strong> Habsburgermonarchie<br />

1869 in den ungarischen Adelsstand<br />

mit dem Prädikat „von<br />

Podhragy“ erhoben und erhielt<br />

ein Wappen. 1882 wurde ihm<br />

<strong>der</strong> Freiherrenstand verliehen.<br />

Leopold Popper-Podhragy<br />

war nach dem 1. <strong>Welt</strong>krieg nicht<br />

nur ein Mitglied <strong>der</strong> höchsten<br />

gesellschaftlichen Kreise in<br />

Wien, er gehörte damals auch zu<br />

den reichsten Österreichern. Von<br />

seinem Vater und seinem Onkel<br />

hatte er gemeinsam mit seinen<br />

beiden Brü<strong>der</strong>n ein riesiges<br />

Vermögen (1923 neun Milliarden<br />

Goldkronen) geerbt, das er<br />

durch Geschäftstüchtigkeit noch<br />

vermehren konnte.<br />

Schloss Unternberg<br />

Dieser finanzkräftige Mann<br />

<strong>aus</strong> <strong>der</strong> gehobenen Wiener Gesellschaft<br />

kam 1924 nach St.<br />

Corona am Wechsel. Hier kaufte<br />

<strong>der</strong> Baron 1924 den abgewirtschafteten<br />

„Hatzlhof“ in Unternberg.<br />

Bürgermeister Josef<br />

Fahrner trat dabei als Vermittler<br />

auf. Die Gebäude des Bauernhofes<br />

ließ er in den Folgejahren<br />

neu bauen und als Meierhof<br />

von Pächtern bewirtschaften.<br />

Auf <strong>der</strong> Wiese oberhalb des<br />

Bauernh<strong>aus</strong>es ließ <strong>der</strong> Baron<br />

eine schlossartige Villa in historischem<br />

Stil errichten, die später<br />

„Schloss Unternberg“ genannt<br />

wurde. Für die junge Gemeinde<br />

St. Corona (Gemeindegründung<br />

1925 durch Trennung von<br />

<strong>der</strong> Gemeinde Feistritz) war das<br />

Auftreten von Baron Popper<br />

ein großer Glücksfall. Mit ihm<br />

und seiner ersten Frau, Maria<br />

Jeritza, erhielt die Gemeinde<br />

große Gönner. Der Schlossbau<br />

brachte für viele Einheimische<br />

gute Verdienstmöglichkeiten in<br />

einer wirtschaftlich schweren<br />

Zeit. Es wurden viele Handwerker,<br />

etwa Maurer und Zimmerer,<br />

gebraucht. Die Bauern konnten<br />

Holz absetzen und machten<br />

Fuhrwerksdienste.<br />

Schloss Unternberg heute<br />

Foto: Elisabeth Pollice<br />

12 Bote <strong>Botin</strong> <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Buckligen</strong> <strong>Welt</strong> | | April <strong>Oktober</strong> <strong>2018</strong> <strong>2018</strong>

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