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Kochbuch_Hamburg_Cool_Cuisine.Vorschau

Zu Gast in den angesagten Restaurants der Hansestadt. Über 60 Rezepte, zahlreiche Einkaufs- und Insidertipps, regionale Produzenten

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Alster Wagyus<br />

Das Leben der Rinder ist ein glückliches. Im Sommer stehen der<br />

Herde 50 Hektar Weideflächen zur Verfügung, die sie ganztägig<br />

durchstreifen. Bei schlechtem Wetter warten zwei Ställe mit<br />

Tageslicht, dicker Strohdecke und offenen Türen. – Viel Bewegungsfreiheit,<br />

die das Fleisch muskulös werden lässt.<br />

Das ist Premiumqualität für die ganz große Küche. Das wissen<br />

auch <strong>Hamburg</strong>er Gastronomen, denen die Schleswig-Holsteinerin<br />

das vortreffliche Fleisch liefert.<br />

Neben dem Haupthaus, direkt an der Alster, liegt die Geburtsweide,<br />

auf der die Kälber geboren werden. „Unsere Kälber werden<br />

neun Monate von den Mutterkühen gestillt. Baby Beef verkaufe<br />

ich nicht.“<br />

Auf der Wiese darf auch manche Oma-Kuh weiterleben. Das<br />

schafft Vertrauen. Mit 13 Jahren sind die Oldies nicht nur Rinder-Rentner.<br />

Gerade haben Spitzenköche diese alten Milchkühe<br />

als besonders delikat entdeckt.<br />

Geschlachtet wird einmal im Monat. Die Züchterin begleitet das<br />

Rind auf seiner letzten Fahrt. „Dann ist es drei Jahre alt, hat<br />

zwei bis drei Sommer auf den Weiden genossen, eine kräftige<br />

Muskulatur und ein fein marmoriertes Fleisch entwickelt.“<br />

Nach Hammoor zum Schlachter ist es nur eine halbe Stunde, die<br />

Fahrt im Anhänger ist das Tier gewöhnt. Bei der Ankunft gibt es<br />

ein Brötchen, im nächsten Moment ist es auch schon vorbei.<br />

Immer mehr Menschen kaufen bei den Landwirten ihres Vertrauens<br />

ein, am besten regional von der Weide nebenan. Weil<br />

sie sich fragen, woher das Fleisch kommt, was auf ihren Tellern<br />

liegt und wie die Tiere gelebt haben.<br />

Per Newsletter erfahren die Kunden, dass ein Tier geschlachtet<br />

wurde und können im beigefügten Bestellformular ihre<br />

Wunschfleisch vorbestellen. „Meist ist das Fleisch innerhalb<br />

von 4-5 Stunden verkauft“, sagt die Züchterin. Bis es beim Kunden<br />

eintrifft, dauert es einige Zeit, denn nach der Schlachtung<br />

reift das Fleisch. Vier Wochen am Knochen und in kontrolliertem<br />

Klima, bis es mürbe ist. Heute nennt man das Dry-Aging, früher<br />

einfach „gut abgehangen“.<br />

Anna Butz möchte bald einen eigenen Schlachtraum, direkt neben<br />

dem Stall und einsehbar. Damit Kunden vor Ort sehen können,<br />

wie die Tiere zerlegt und aus Teilen davon erlesene Wurst<br />

hergestellt wird. Grillwurst im Sommer, Rindermettwurst das<br />

ganze Jahr. – Für die Aussicht auf gutes Fleisch.<br />

Die Veganerin Anna Butz<br />

denkt pragmatisch. „Ich<br />

kann nicht verhindern,<br />

dass die Leute Fleisch<br />

essen. Aber ich kann dafür<br />

sorgen, dass sie Fleisch<br />

essen, das auf möglichst<br />

optimale Weise gewachsen<br />

ist.“<br />

In Kayhude, einen Katzensprung vom <strong>Hamburg</strong>er Stadtleben entfernt, hat Anna Butz den stärksten<br />

Kerl weit und breit an ihrer Schulter. Obelix, ein 9-jähriger Mischlingsbulle mit 1.400 Kilo Lebendgewicht<br />

und verschmust bis in die Hornspitzen. Er gehört zum festen Kern in Annas Rinderherde, die<br />

Wagyu, Chianina, Pinzgauer, Angus und Aubrac umfasst.<br />

„Ich habe den Wagyu-Bullen Ito und einen Chianina-Bullen. Letzterer ist für seine Mädels zuständig,<br />

während alle anderen Kühe von Ito gedeckt werden. Ich werde also in zwei Jahren nur noch Tiere<br />

haben – abgesehen von den reinrassigen Chianina – die mindestens zu 50 Prozent Wagyu sind.“<br />

Chianina sind etwa Besonderes, die größte Rinderrasse der Welt, Arbeitstiere aus Italien. Nach dem<br />

berühmten Chianina-Bistecca, ein Kotelett schon mal mehr als ein Kilo schwer, müssen Gourmets<br />

sonst lange suchen. Im norddeutschen Flachland finden sie es.<br />

Anna Butz will jedoch nicht nur die vermeintlich feinen Stücke verkaufen, sondern das ganze Tier. „Ich<br />

kann nicht verhindern, dass Menschen Fleisch essen, aber ich kann dafür sorgen, dass es artgerecht<br />

entsteht.“ Artgerecht, das heißt bei ihr vom ersten bis zum letzten Atemzug.<br />

70 foodhunter <strong>Hamburg</strong><br />

foodhunter <strong>Hamburg</strong> 71

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