Deutschland VET Research Report 2009 - BiBB
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88 Sandra Bohlinger<br />
durch die Akkreditierung von Bildungsgängen und ‐institutionen ex ante erzeugt werden kann<br />
oder ob diese Akkreditierung immer auch durch die Evaluation tatsächlich erworbener<br />
Lernergebnisse ex post gesichert werden muss. Und wie kann man dabei – als Kern der Frage der<br />
Qualitätssicherung – eine objektive, zuverlässige und vergleichende Feststellung von<br />
Lernergebnissen und Kompetenzen theoretisch und methodisch absichern? Diese Frage führt<br />
auch zu einem eher vernachlässigten Problem der Qualitäts‐ und Effektivitätsdebatte, nämlich<br />
jener nach der Qualität der Qualitätssicherung, die im letzten Kapitel gesondert behandelt<br />
werden soll.<br />
2.1 Qualitäts‐ und Effektivitätsverständnis<br />
In den Referenzjahren 2005‐<strong>2009</strong> finden sich nur wenige Studien, die den Qualitäts‐ und<br />
Effektivitätsbegriff allgemeingültig zu definieren versuchen. Die Omnipräsenz der beiden<br />
Begriffe und die damit verbundene Selbstverständlichkeit mag ein Grund für die begriffliche<br />
Unschärfe sein, ein anderer liegt unzweifelhaft in der Vielzahl der vorhandenen Auffassungen,<br />
Verfahren und Instrumente, die einer kohärenten Definition entgegensteht. In der beruflichen<br />
Bildung wird „Qualität“ meist als relativistischer Ansatz aufgefasst, d.h. als kontextbezogen,<br />
relational und als eine im Idealfall auf Konsens beruhende Zuschreibung, die de facto allerdings<br />
meist durch rechtliche oder ordnungspolitische Machtpositionen diktiert und dabei durch<br />
Teilaspekte von Qualität festgelegt und evaluiert wird. Im (berufs‐)schulischen Bereich wird<br />
Qualität dagegen eher als multidimensionales Konzept verstanden, das sich in die Bereiche<br />
Orientierung, Struktur, Qualität, Outcomes und Organisation/Management gliedert, die<br />
wiederum evaluiert werden können und den Ausgangspunkt für konkrete Qualitätsentwicklung<br />
und ‐sicherung bieten. Insofern – und an dieser Stelle stimmen die Qualitätsauffassungen<br />
wiederum überein – bedürfen Qualitätsfeststellungen zunächst einer impliziten Setzung von<br />
Gütekriterien, die nachvollziehbar legitimiert und objektivierbar sein müssen, bevor<br />
evaluationsbezogene Aussagen zu erreichten Qualitätsniveaus getroffen werden können. Dies<br />
gilt auch für die Qualitätssicherung der Qualitäts‐ und Effektivitätsforschung, die im<br />
Qualitätsdiskurs eine Sonderstellung einnimmt.<br />
Noch schwieriger als der Qualitätsbegriff verhält es sich mit dem Begriff „effectiveness“, den<br />
die deutsche Berufsbildungsdebatte weitgehend auszugrenzen versucht. Er verschwand<br />
spätestens nach dem Scheitern des Bildungsgesamtplans weitgehend aus bildungspolitischen<br />
Debatten und hielt erst wieder im Rahmen von Leistungsvergleichsstudien und den<br />
europäischen Meilensteinen Bologna, Lissabon und Brügge‐Kopenhagen Einzug in die<br />
bildungswissenschaftliche Agenda. Eine Ausnahme bildet dabei der Bereich öffentlich<br />
finanzierter beruflicher (Weiter‐)Bildungsmaßnahmen (konkret: Maßnahmen aktiver<br />
Arbeitsmarktpolitik, ALMP) an der Schnittstelle zur Arbeitsmarktforschung und ‐politik. Hier<br />
herrscht eine langjährige Tradition in der Evaluation dieser Maßnahmen mit dem Ziel, die<br />
Ausgabe öffentlicher Mittel zu rechtfertigen. „Effektivität“ und „Qualität“ werden dabei<br />
mehrheitlich am Merkmal der (Re‐)Integration in den Arbeitsmarkt und an der Verweildauer in<br />
Lohnsubventionen gemessen, während der Lern‐ bzw. Bildungsprozess von untergeordneter<br />
Bedeutung ist.