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Deutschland VET Research Report 2009 - BiBB

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60 Ingrid Wilkens<br />

Mehrere Studien (Burkert et al. 2008; Brück‐Klingberg et al. 2008; Beicht et al. <strong>2009</strong>) weisen<br />

darauf hin, dass auch volkswirtschaftliche Entwicklungen eine Rolle spielen. In den letzten<br />

Jahren war in <strong>Deutschland</strong> ein massiver Abbau sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung vor<br />

allem in der Industrie – dem traditionellen Arbeitsfeld vieler Migranten – zu verzeichnen, der mit<br />

einer Verringerung des Ausbildungsplatzangebots einherging. In der Industrie hat die Zahl der<br />

ausländischen Auszubildenden seit 1995 um 62% abgenommen. Dass ihre Zahl auch im<br />

Dienstleistungssektor um 22% gesunken ist, ist allerdings ein Hinweis darauf, dass Tertiarisierung<br />

und berufsstruktureller Wandel die Verschlechterung der Chancen von Migranten im<br />

Berufsbildungssystem lediglich zum Teil erklären können.<br />

In der Diskussion kaum beleuchtet wird dagegen der Aspekt, dass auch rechtliche<br />

Regelungen des Arbeits‐ und Ausbildungsstellenmarktes Ausländer benachteiligen können.<br />

Durch die Erweiterung der EU wurden etliche Arbeitsmigranten und ihre Nachkommen ohne<br />

deutsche Staatsangehörigkeit zu EU‐Bürgern und erhielten Zugang zum Arbeitsmarkt. Ein großer<br />

Teil der ausländischen Jugendlichen hat jedoch die türkische Nationalität und zählt damit zu den<br />

„Drittstaatlern“, für die z. T. Beschäftigungsbeschränkungen bestehen. Von gewerkschaftlicher<br />

Seite wird darauf hingewiesen, dass „Betriebe […] bürokratische Verfahren [fürchten] und […]<br />

von vornherein Jugendliche aus[schließen], die in ihrer Bewerbung nicht auf das Vorhandensein<br />

einer Daueraufenthaltserlaubnis verweisen“ (Roßocha 2008: 20).<br />

Bildungsdefizite und Diskriminierung im vorgelagerten Schulsystem<br />

Im Zentrum der Debatte um die Chancen von Migranten im Bildungssystem steht der Aspekt<br />

der häufig vorhandenen sprachlichen Defizite (zur sprachlichen Selbsteinschätzung von<br />

Migranten s. Frick/Wagner 2001; Schweigard 2007b) und mangelnden schulischen und<br />

familiären Bildungsvoraussetzungen (Beauftragte 2007b). Auf dem Ausbildungsstellenmarkt<br />

befinden sich Jugendliche ohne und mit Schulabschlüssen verschiedener Art und Güte. Junge<br />

Leute mit einem mittleren Bildungsabschluss oder Abitur haben deutlich bessere Aussichten auf<br />

einen Ausbildungsplatz als Hauptschulabsolventen (Eberhard et al. 2005; s.a. Ulrich 2008; zum<br />

besseren Verständnis der möglichen Übergänge s. Abb. 3). Die Schüler mit ausländischer<br />

Staatsbürgerschaft bzw. Migrationshintergrund konnten in den letzten Jahren ihre schulischen<br />

Vorqualifikationen verbessern. Sie sind jedoch bundesweit immer noch in den Realschulen leicht<br />

und auf den Gymnasien stark unterrepräsentiert, an den Hauptschulen dagegen übermäßig<br />

vertreten (zu den Bildungsabschlüssen nach Nationalitäten s. Tab. 3; zu den Bildungschancen<br />

von Migrantenkindern z.B. von Below 2003; Fuchs et al. 2008). Allerdings sind hier erhebliche<br />

Unterschiede zwischen den Bundesländern und vor allem auch nach Herkunftsland zu<br />

beobachten (Konsortium Bildungsberichterstattung 2006; Autorengruppe<br />

Bildungsberichterstattung 2008); insbesondere Kinder und Jugendliche mit türkischem<br />

Migrationshintergrund haben Schwierigkeiten in der Schule (Konsortium<br />

Bildungsberichterstattung 2006). Schüler, deren Eltern einen geringen Bildungshintergrund<br />

haben bzw. schulisch nicht in <strong>Deutschland</strong> sozialisiert worden sind, gelten als tendenziell<br />

benachteiligt (ebda.). Viele Eltern können weder die Bedeutung einer beruflichen Ausbildung<br />

einschätzen noch ihre Kinder bei der Ausbildungsplatzsuche unterstützen (Schreier 2008;

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