Deutschland VET Research Report 2009 - BiBB
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22 Susanne Berger und Matthias Pilz<br />
den bildungsschwächeren Gruppen durch Ausbildung beruflich zu integrieren, tendenziell<br />
einbüßt“ (ebd.).<br />
Beicht et al. (2008(b)) werfen jedoch ein, dass diese Problematik auch hinsichtlich der<br />
Integrationskraft anderer Systeme, vor allem des Schulberufssystems, beleuchtet werden müsse,<br />
und halten fest, dass „obwohl dieses System [das Schulberufssystem] [Anm. d. Verf.] deutlich<br />
weniger von wirtschaftskonjunkturellen Schwankungen abhängig ist, […] [und] sein Beitrag zur<br />
Integration der ‚Schwächeren’ weitgehend [ausbleibt]“. (Beicht et al. 2008(b), S. 308). Die<br />
Aufnahme vollqualifizierender schulischer Bildungsgänge ist formal oft an den<br />
Hauptschulabschluss oder Mittleren Schulabschluss gebunden. Darüber hinaus sind diese<br />
Bildungsgänge stärker im tertiären Sektor verortet und richten sich damit tendenziell eher an ein<br />
höheres Anforderungsprofil (vgl. ebd., S. 308f.). Beicht et al., (2008(b)) bringen demzufolge zum<br />
Ausdruck, dass prinzipiell „die Frage im Raum stehe“, warum in der Vergangenheit das<br />
Schulberufssystem nicht stärker in die Verantwortung gezogen wurde, sich an der Ausbildung<br />
‚benachteiligter’ Jugendlicher zu beteiligen (vgl. ebd.) 15<br />
Als ein möglicher Ansatz zur Verbesserung der Beteiligungsmöglichkeiten von Hauptschülern<br />
im dualen System wird die Einführung von zweijährigen Ausbildungsberufen diskutiert. In einer<br />
Studie im Bereich der Metall‐ und Elektroindustrie untersuchte Weber (2008) u.a. mittels<br />
Experteninterviews mit Ausbildungsverantwortlichen aus 25 Betrieben in Bayern, die im Jahr<br />
2004 innerhalb von zwei Jahren Jugendliche zum Maschinen‐ und Anlageführer im Bereich<br />
Metall‐ und Kunststofftechnik ausgebildet haben, inwiefern diese Ausbildung Jugendlichen mit<br />
Integrationsschwierigkeiten neue Chancen eröffnet (vgl. Weber, 2008, S. 194). Die Ergebnisse<br />
der Studie zeigten, „[…] dass im Vergleich zu den dreieinhalbjährigen Ausbildungsberufen im<br />
Metallbereich überdurchschnittlich viele Jugendliche mit Hauptschulabschluss [mündeten]“<br />
(Ebd., S. 195.). Darüber hinaus verlief auch die Integration der Absolventen an zweiter Schwelle<br />
durchaus positiv: 78% der ausgebildeten Maschinen‐ und Anlageführer wurden von den<br />
Betrieben direkt übernommen oder setzen ihre Ausbildung in einem Anschlussberuf fort. Dessen<br />
ungeachtet muss jedoch auch festgehalten werden, dass einige (leistungsschwächere)<br />
Auszubildende enorme Schwierigkeiten hatten, dem Unterricht in den heterogen<br />
zusammengesetzten Berufsschulklassen zu folgen. Demgemäß fordert auch Weber (2008) in<br />
seinem Fazit, für die als benachteiligt geltenden Jugendlichen mehr zielgruppenspezifische Lehr‐<br />
Lernkonzepte und Unterstützungsmaßnahmen im schulischen Teil der Ausbildung anzubieten<br />
(vgl. ebd., S. 197).<br />
Über die Notwendigkeit differenzierter pädagogischer Förderkonzepte hinaus fordert<br />
Molzberger (<strong>2009</strong>) institutionelle Reformansätze in der Integration benachteiligter Jugendlicher,<br />
die sich auch in den Europäisierungsmaßnahmen der beruflichen Bildung(vgl. Kapitel zu<br />
European Trends) implementieren ließen. Demgemäß sei, nach Molzberger, eine Ausrichtung<br />
der Anerkennung der Kompetenzen, sei es durch den Europäischen Qualifikationsrahmen (EQR)<br />
oder das Europäische Leistungspunktesystem (EC<strong>VET</strong>), die sich primär an den Interessen des<br />
15 Zu den beruflichen Vollzeitschulen vgl. auch Kapitel 2.2.4.2