Deutschland VET Research Report 2009 - BiBB
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Transitions 127<br />
konjunkturellen oder demografischen Gründen knapp oder sehr knapp ist. Damit verpasst auch<br />
diese Personengruppe den Einstieg in den Erfolg versprechenden beruflichen Bildungsweg –<br />
obwohl diese Personengruppe aufgrund der teilweise sehr erfolgreichen individuellen<br />
Schullaufbahnen den bis dahin üblichen Ansprüchen gerecht geworden ist, die sie in einem<br />
Bildungssystem erlernt haben, das den meritokratischen Prinzipien gehorcht. Trotz der Erfüllung<br />
dieser Ansprüche, und zwar durch den Erwerb hochwertiger schulischer Abschlüsse, an der 1.<br />
Schwelle dennoch erfolglos um attraktive Formen der beruflichen Erstausbildung werben zu<br />
müssen, ist den jungen Erwachsenen kaum zu erklären.<br />
Die berufliche Ausbildung im Dualen System, also das Lernen im betrieblichen und<br />
aufgabenbezogenen Arbeits‐ und Sozialisationszusammenhang, genießt in <strong>Deutschland</strong> ein Maß<br />
der Reputation, das im internationalen Vergleich als ausgesprochen hoch einzuschätzen ist. Die<br />
Wahl einer betrieblich‐dualen Berufsausbildung an der 1. Schwelle ist für die jungen<br />
Erwachsenen hoch attraktiv. Zusätzlich votiert eine hohe Anzahl derjenigen, die eine allgemeine<br />
Hochschulzugangsberechtigung in der höheren Allgemeinbildung erworben haben, ebenfalls für<br />
eine solche Form der beruflichen Ausbildung. Dies nun wiederum führt dazu, dass die<br />
Konkurrenz zwischen den Schulabsolventen und Absolventinnen um attraktive betriebliche<br />
Ausbildungsstellen sehr stark ausgeprägt ist, so dass die Absolventen und Absolventinnen der<br />
Sekundarstufe I in Zeiten knapper Ausbildungsstellenangebote schlechte Chancen auf einen<br />
Ausbildungsplatz und faktisch keine Chance des Einstiegs in die gefragten und attraktiven<br />
Ausbildungsvarianten erhalten. So besitzen die Auszubildenden beispielsweise in den<br />
Ausbildungsberufen im kaufmännisch‐verwaltenden Bereich mittlerweile überwiegend die<br />
allgemeine Hochschulzugangsberechtigung (BMBF 2008).<br />
Weitere zentrale Thesen von hoher Bedeutung zur Erklärung der Passungsprobleme an der<br />
1. Schwelle zielen auf die Nachfragebedingungen, so vor allem auf die Frage der<br />
Berufsorientierung in der Allgemeinbildung sowie die Ausbildungsreife der jungen Erwachsenen:<br />
1) Es existiert in der schulischen Allgemeinbildung in den verschiedenen Bundesländern<br />
vergleichsweise wenig berufsorientierender Fachunterricht. Daher ist die individuelle<br />
Ausbildungsberufswahl relativ unsicher. So können Untersuchungen zeigen (vgl. Krewerth u. a.<br />
2004), dass die Bezeichnung des Ausbildungsberufes eine gewichtige Bedeutung im Rahmen der<br />
Ausbildungsplatzwahl besitzt, ohne dass die Schulabgänger wissen, welche Anforderungen und<br />
Kompetenzen in diesem Ausbildungsberuf vermittelt werden. Insgesamt ist der<br />
Ausbildungsberufsfindungsprozess an der 1. Schwelle in <strong>Deutschland</strong> in einem hohen Maße<br />
durch die externe Bedingungslage geprägt und bestimmt. Individuelle Interessenlagen können in<br />
den ausbildungsplatzknappen Zeiten nur diejenigen Jugendlichen realisieren, die vergleichsweise<br />
die höchsten schulischen allgemein bildenden Abschlüsse nachweisen können oder über<br />
wichtige soziale Kontakte verfügen.<br />
2) Im Zuge der Suche nach Erklärungen für die – scheinbar – sinkende einzelbetriebliche<br />
Ausbildungsbereitschaft rückt häufig und in unterschiedlichen Befragungen der Unternehmen<br />
das Argument der „mangelnden“ Ausbildungsreife der Bewerber und Bewerberinnen in den<br />
Vordergrund. Es sei schwierig, kompetente Auszubildende zu finden (vgl. BDA 2003; DIHK 2005;