TheaterCourier Oktober 2018
TheaterCourier Oktober 2018 | Die Kunst- und Kulturzeitung für Sachsen | Neuerfindung Kabarett Breschke & Schuch - Ausstellung Spandlitz - HOPE-Gala - Semperopernball - Erik Lehmann - Maxe Baumann - AUGUST Theater - Comödie Dinner for One - Das Licht auf der Piazza - Theaterkalender - Sonderausstellung Richard-Wagner-Stätten - Sonja Bretschneider - Holger John - Schloss Übigau - DAVE Festival - Kolumne Manuel Schöbel uvm.
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www.theatercourier.de<br />
<strong>Oktober</strong> <strong>2018</strong> | Seite 13<br />
AUSSTELLUNG<br />
Holger John mischt Dresden mit „Die Unbegabten“ auf<br />
... die da Andy Warhol,<br />
Jeff Koons, Keith Haring,<br />
Roy Lichtenstein oder<br />
Gerhard Richter heißen!<br />
Super Future Kid flog extra aus London ein<br />
© Eberlein<br />
Der Titel der Ausstellung in der Neustädter<br />
Galerie ist pure Provokation – und soll<br />
das oft beschauliche Dresdner Publikum<br />
munter machen. Von „beschaulich“ war<br />
zur Vernissage allerdings wenig zu merken.<br />
Vor der Galerie machte der auf dem<br />
Kopf stehende Superman von Markus<br />
Wittmers mit dem Titel „Auch Helden<br />
haben schlechte Tage“ auf sich aufmerksam.<br />
Ebenso der 1959er, fast sechs Meter<br />
lange, chromglänzende Cadillac, die Rollschuh-Mädchen,<br />
das Luftblasen speiende<br />
Glücksmobil und die Live-Musik.<br />
„Alles ist Kunst“, meint Holger John. Er hat<br />
in dieser Ausstellung über 50 Werke von<br />
rund 20 Künstlern – Originale, Plastiken<br />
und Druckgrafiken – teilweise als Leihgabe<br />
von den privaten Sammlern oder zum<br />
Verkauf versammelt. „Es gibt Werke, die<br />
sind etwa ab 1.800 Euro zu kaufen, andere<br />
sind so teuer, dass wir alle zusammenlegen<br />
müssten und das in einem Leben<br />
nicht erarbeiten könnten“, grinst er verschmitzt.<br />
Dazu gehören sicher die vier (!) Druckgrafiken<br />
von Andy Warhol. Auch wenn es<br />
„nur“ Nummer 90 von insgesamt 300 Exemplaren<br />
ist – einen Warhol erkennt man<br />
immer und Marylin Monroe sowieso. Von<br />
Jeff Koons glänzt ein blauer Hund, der wie<br />
ein aufgeblasener und dann abgebundener<br />
Luftballon aussieht, in einer Vitrine.<br />
Gerhard Richter ist mit Schwarz-Rot-Gold<br />
vertreten – der Deutschlandflagge. Selbst<br />
Trump ist da, als Figur mit einer Raketenkappe<br />
auf der unverkennbaren Haartolle<br />
und einer Lunte zum Anzünden – sehr<br />
witzig. Der Weltraum wartet...<br />
Doch nicht nur einzigartige Kunstwerke<br />
von „unbegabten“ Künstlern hat Holger<br />
John versammelt, er hat sie auch noch auf<br />
einem Kunstwerk präsentiert: Die Warhols<br />
wirken auf der silbernen, mit Bananen<br />
verzierten Tapete von Tapeten und<br />
Uhren (ja, so was gibt es in Dresden!) doppelt<br />
gut.<br />
Neben vielen Gästen aus der Kunstszene<br />
waren auch ausstellende Künstler wie<br />
Damian Hirst, Bernd Kirschner, Kosmo<br />
Mars und, extra aus London eingeflogen,<br />
Super Future Kid da. Die junge Ostdeutsche<br />
hat einen ganz eigenen, herrlich<br />
bunten Malstil und ist derzeit auf dem<br />
Unverkennbar ein Warhol<br />
amerikanischen Markt unwahrscheinlich<br />
gefragt. Deshalb: Unbedingt angucken!<br />
Regine Eberlein<br />
„Die Unbegabten“<br />
Galerie Holger John<br />
bis 18.11.18<br />
www.galerie-holgerjohn.com<br />
Infotelefon: 0162 - 4 77 27 39<br />
© Eberlein<br />
Schloss Übigau ist wie eine Schatztruhe mit vielen Überraschungen<br />
Denkmäler bleiben und<br />
erzählen vom Gestern,<br />
Heute und Morgen<br />
Als bei der offiziellen Eröffnungsveranstaltung<br />
des diesjährigen Tag des<br />
offenen Denkmals im Schloss Übigau<br />
der Beatles-Titel „Yesterday“ – das Gestern<br />
– erklang, ging ein Murmeln durch<br />
die vielen Besucher. Ja, hier im Festsaal<br />
vom Barockschloss Übigau ist man von<br />
sehr viel Gestern umgeben – aber mit<br />
dem Blick auf das Heute und Morgen.<br />
Es ist unübersehbar: Endlich, endlich<br />
hat sich etwas getan, der Zahn der Zeit<br />
nagt nicht mehr daran und es gibt Hoffnung<br />
für das ehemalige Lustschloss von<br />
August dem Starken. Die Dresdner lieben<br />
es und haben in den vergangenen<br />
Jahren immer wieder den Finger in die<br />
Wunde gelegt: Was wird damit, kann<br />
die Stadt den jeweiligen Besitzern nicht<br />
mal ordentlich auf die Finger klopfen,<br />
damit dieses einzigartige Zeugnis früherer<br />
Baukunst (1726 von Baumeister<br />
Eosander von Göthe erbaut) nicht noch<br />
mehr verfällt.<br />
Seit kurzem hat es neue Eigentümer, u. a.<br />
den Dresdner Bauunternehmer Frank<br />
Wiesner (ja, der Wiesner, der das Narrenhäusel<br />
wieder aufbauen will). Monatelang<br />
haben Fachleute wie Diplom-<br />
Restaurator Martin Lehmann im Auftrag<br />
des Denkmalschutzamtes die Substanz<br />
untersucht und so manche Überraschung<br />
erlebt: Die Wände waren teilweise<br />
mit bemalten Leinwänden bespannt,<br />
es fanden sich Fragmente von Gemälden,<br />
im Dachgeschoss wurde ein Saal<br />
eingerichtet, der die Form des Daches<br />
veränderte, so dass die beiden Steinvasen<br />
verschwanden und stattdessen zwei<br />
Schornsteine entstanden. Die umlaufenden<br />
Galerien wurden etwa 1845 bis auf<br />
die elbseitige Front zugemauert. August<br />
der Starke hat sich wahrscheinlich kaum<br />
hier aufgehalten, es hatte viele Eigentümer,<br />
u. a. saß Andreas Schubert gleich nebenan,<br />
konstruierte seine „Saxonia“ und<br />
bastelte an einer Dampfmaschine. Später<br />
zog die Betriebsleitung der Schiffswerft<br />
Übigau ein.<br />
„Erstaunlich ist auch, dass wir noch<br />
handgeblasene Fensterscheiben gefunden<br />
haben. Es gibt keinen vergleichbaren<br />
Fund von Barockkultur dieser Größe in<br />
Dresden, an dem so viel Geschichte abzulesen<br />
ist“, so Lehmann.<br />
Deshalb freute sich auch Kulturbürgermeisterin<br />
Annekatrin Klepsch in ihrer<br />
Eröffnungsrede über die Aktivitäten, die<br />
sich allerdings nicht nur auf dieses Objekt,<br />
sondern auf viele andere in und um<br />
Dresden bezogen. „Überall auf der Welt<br />
Schloss Übigau wird bald wieder in neuem Glanz erstrahlen<br />
werden immer wieder Zeugnisse des<br />
Könnens und der Kultur der Menschen<br />
vernichtet, durch Massentourismus,<br />
Klimawandel und religiöse Kriege. <strong>2018</strong><br />
ist das Jahr des kulturellen Erbes und es<br />
ist gut und richtig, dass wir vor Ort diese<br />
kulturellen Einzigartigkeiten bewahren.<br />
Denkmalpflege ist wichtig für kommende<br />
Generationen. Und dazu tragen<br />
vor allem die vielen engagierten ehrenamtlichen<br />
Denkmalpfleger bei, ohne die<br />
das alles gar nicht möglich wäre.“<br />
Fazit: Die vielen interessierten Besucher<br />
konnten sehen, dass ein Anfang<br />
© Eberlein<br />
gemacht wurde. Jetzt werden die neuen<br />
Eigentümer gemeinsam mit den<br />
Denkmalschützern überlegen, wie das<br />
Schloss saniert und restauriert sowie<br />
einer neuen, sinnvollen Nutzung zugeführt<br />
werden kann. Lassen wir uns<br />
überraschen und so viel ist sicher: Der<br />
nächste Tag des offenen Denkmals ist<br />
am Sonntag, 8. September 2019. Und<br />
sollte Schloss Übigau dann wieder für<br />
Besucher offen sein, ist das Interesse<br />
sicher riesengroß.<br />
Regine Eberlein