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13_2018_news

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informationen für aktive<br />

17. Jahrgang · Nummer <strong>13</strong><br />

29. September <strong>2018</strong><br />

www.verdi-<strong>news</strong>.de<br />

ver.di vereinte<br />

dienstleistungsgewerkschaft<br />

A58247<br />

Gleichberechtigte Teilhabe<br />

mitbestimmung – Schwerbehinderte wählen ihre Vertrauenspersonen<br />

bündnis<br />

100 0000 Unterschriften<br />

„Abrüsten<br />

statt<br />

Aufrüsten”<br />

plant weitere<br />

Aktionen<br />

seite 2<br />

wohnungen<br />

Nur Trippelschritte<br />

Ergebnisse des<br />

Wohngipfels<br />

reichen nicht<br />

aus<br />

seite 3<br />

In Deutschland leben etwa 17 Millionen<br />

Menschen mit einer gesundheitlichen<br />

Beeinträchtigung. Rund<br />

neun Prozent der Menschen hierzulande<br />

sind schwerbehindert, das<br />

sind 7,6 Millionen. Es ist davon auszugehen,<br />

dass ihre Zahl steigen<br />

wird.SchlechteArbeitsbedingungen,<br />

andauernder Stress, einseitig belastende<br />

Arbeitsabläufe, schwere<br />

körperlicheArbeit,hoherLeistungsdruckundunsichereArbeitsverhältnisse<br />

wirken sich negativ auf die<br />

Gesundheit der Beschäftigten aus.<br />

„GleichberechtigteTeilhabeinder<br />

Gesellschaft und im Arbeitsleben<br />

sollte selbstverständlich sein und<br />

nicht – wie so häufig – erst einge-<br />

fordertwerdenmüssen“,sagtver.di-<br />

Bundesvorstandsmitglied Dagmar<br />

König. Die Arbeitslosigkeit Schwerbehinderteristimmernochdeutlich<br />

höheralsbeianderenBeschäftigten,<br />

häufig sind sie auch deutlich länger<br />

ohne Arbeit. Und das, obwohl sie<br />

durchschnittlich besser qualifiziert<br />

sind. Das geht aus einem Bericht<br />

zur Situation Schwerbehinderter<br />

hervor, den die Bundesagentur für<br />

Arbeit im Mai herausgegeben hat.<br />

AbergesundheitlicheBeeinträchtigungen<br />

bedeuten nicht, dass sie<br />

nicht mehr arbeiten können. Viele<br />

wollenundkönnenmitihrerSchwerbehinderung<br />

weiter am Alltag und<br />

damit auch am Arbeitsleben teilhaben.<br />

Das ermöglicht ihnen auch finanzielle<br />

Eigenständigkeit und damitUnabhängigkeit.DagmarKönig<br />

sieht auch für die Unternehmen<br />

Vorteile.„MenschenmitBeeinträchtigungen<br />

sind keine Hemmnisse in<br />

Unternehmen, sie bereichern diese<br />

vielmehrmitihrenunterschiedlichen<br />

Erfahrungen und Herangehensweisen<br />

und tragen so dazu bei, dass<br />

Unternehmen lernen, sich flexibel<br />

unterschiedlichen Anforderungen<br />

erfolgreich zu stellen“, sagt sie.<br />

bedingungen müssen stimmen<br />

Vertrauenspersonen für Schwerbehinderte<br />

sorgen mit dafür, dass<br />

die Bedingungen für Schwerbehinderte<br />

in den Betrieben und Verwaltungen<br />

stimmen. Sie werden alle<br />

vier Jahre gewählt, vom 1. Oktober<br />

bis zum 30. November stehen jetzt<br />

wieder turnusgemäße Wahlen an.<br />

Gewählt werden kann in allen Betrieben<br />

und Dienststellen, in denen<br />

mindestens fünf schwerbehinderte<br />

sicherheit<br />

Einheitlicher<br />

Tarifvertrag<br />

Verhandlungen<br />

sollen Mitte<br />

November<br />

beginnen<br />

seite 4<br />

ryanair<br />

Fotografiert<br />

und überwacht<br />

Arbeitgeber<br />

reagieren mit<br />

Einschüchterungen<br />

seite 5<br />

und gleichgestellte Beschäftigte<br />

nicht nur vorrübergehend arbeiten.<br />

Die Vertrauenspersonen sind zuständig<br />

für alle Menschen mit Behinderungen<br />

im Betrieb und für<br />

diejenigen, die von Behinderung<br />

bedroht sind. Sie beraten, helfen<br />

bei Anträgen und sorgen auch mit<br />

dafür, dass der Arbeitsplatz mit<br />

technischen und anderen Hilfsmitteln<br />

so ausgestattet wird, dass der<br />

oder die Betroffene weiter dort<br />

arbeiten kann. Damit leisten sie<br />

einen wichtigen Beitrag zu deren<br />

dauerhafter Integration. Damit<br />

dieSchwerbehindertenvertretungen<br />

auch in den kommenden Jahren<br />

gute Arbeit leisten können, ist eine<br />

hohe Wahlbeteiligung wichtig. Sie<br />

unterstreicht die Bedeutung dieses<br />

Ehrenamts. Heike Langenberg<br />

https://sbv-wahl.verdi.de<br />

kündigung<br />

Licht am<br />

Ende des<br />

Tunnels<br />

Rückenwind<br />

aus Luxemburg<br />

seite 6<br />

tarifpolitik<br />

Einheitliche<br />

Standards<br />

Neue Broschüre<br />

bildet den<br />

aktuellen<br />

Stand ab<br />

seite 7<br />

m i t t e s e p t e m b e r . . .<br />

... ist das Digitale deutsche<br />

Frauenarchiv (DDF)<br />

online gegangen. Ziel ist<br />

es, ausgewählte Quellen<br />

der Frauenbewegungsgeschichte<br />

in digitalisierter<br />

Form für eine breite<br />

Öffentlichkeit zugänglich<br />

zu machen. Beteiligt<br />

sind zentrale Anlaufstellen<br />

für die Erforschung<br />

der Frauen- und Lesbenbewegung<br />

im deutschsprachigen<br />

Raum, gefördert<br />

wird das Projekt<br />

vom Bundesfamilienministerium.<br />

Recherchiert<br />

werden kann über die<br />

Suche nach Dokumenten<br />

und Begriffen, aber auch<br />

über verschiedene Themenfelder<br />

wie „Arbeit &<br />

Ökonomie“. Noch steckt<br />

das DDF in den Kinderschuhen,<br />

aber es kann<br />

eine interessante Wissenssammlung<br />

zur bewegten<br />

Frauengeschichte<br />

im Netz werden.<br />

hla<br />

www.digitales-deut<br />

sches-frauenarchiv.de<br />

Kampfesmut<br />

„Ich habe hier einen<br />

sehr mutigen und<br />

kämpferischen Mann<br />

besucht.”<br />

Martin Schulz,<br />

Ex-Kanzlerkandidat<br />

der SPD, nach einem<br />

Besuch bei Luiz Inácio<br />

„Lula“ da Silva, dem<br />

verhinderten Präsidentschaftskandidaten<br />

der<br />

brasilianischen Arbeiterpartei,<br />

im Gefängnis


p o l i t i s c h e s p a r k e t t<br />

2 ver.di <strong>news</strong> <strong>13</strong> · 29. September <strong>2018</strong> ·················································································································································<br />

s u r f t i p p<br />

Bürgerbewegung<br />

Finanzwende<br />

(pm) Zehn Jahre nach<br />

dem Ausbruch der Finanzkrise<br />

durch den Untergang<br />

der Lehman<br />

Brothers Investmentbank<br />

stellt die Finanzbranche<br />

neue Forderungen für<br />

eine Deregulierung unter<br />

dem Mantel der Wettbewerbsfähigkeit.<br />

Aus diesem<br />

Anlass hat sich im<br />

Juli der Verein „Bürgerbewegung<br />

Finanzwende“<br />

gegründet. Die Gründungsmitglieder<br />

bilden<br />

ein breites gesellschaftliches<br />

Spektrum ab, mit<br />

dazu zählt auch der DGB.<br />

Die Bürgerbewegung will<br />

den kurzfristigen Profitinteressen<br />

der Finanzbranche<br />

entgegenwirken.<br />

„Wir fordern, dass Finanzmärkte<br />

wieder den<br />

Menschen dienen und<br />

nicht umgekehrt“, heißt<br />

es in einem Appell, der<br />

auf der Website des Vereins<br />

noch gezeichnet<br />

werden kann. Darin werden<br />

fünf Kernforderungen<br />

an Bundesfinanzminister<br />

Olaf Scholz<br />

formuliert, die er als<br />

Maßnahmen zur Überwindung<br />

der Finanzkrise<br />

auf den Weg bringen<br />

soll. Dazu zählt eine Finanztransaktionssteuer<br />

ebenso wie ein Lobbyregister.<br />

„Wir wollen ein<br />

stabiles, widerstandsfähiges<br />

und sozial gerechtes<br />

Finanzsystem, das<br />

nicht auf staatliche Rettungspakete<br />

angewiesen<br />

ist“, sagt der DGB-Vorsitzende<br />

Reiner Hoffmann.<br />

Die Leidtragenden von<br />

solchen Rettungsaktionen<br />

seien oftmals Beschäftigte<br />

sowie Verbraucher/innen.<br />

Auch in<br />

anderen europäischen<br />

Ländern gibt es Bürgerinitiativen<br />

für mehr Gerechtigkeit<br />

und Nachhaltigkeit<br />

im Finanzsystem.<br />

www.finanzwende.de/<br />

100 000 Unterschriften<br />

bündnis – „Abrüsten statt Aufrüsten“ plant weitere Aktionen für Anfang November<br />

(red.) Mehr als 100 000 Unterschriften<br />

hat das Bündnis „Abrüsten statt<br />

Aufrüsten“ bis Mitte September für<br />

seinen Aufruf gegen die geplante<br />

Erhöhung der Rüstungsausgaben<br />

gesammelt. Ende vergangenen<br />

Jahres waren Künstler/innen, Politiker/innen<br />

und Wissenschaftler/<br />

innen mit ihrem Aufruf an die Öffentlichkeit<br />

gegangen. Der ver.di-<br />

Vorsitzende Frank Bsirske zählte zu<br />

den Erstunterzeichner/innen.<br />

rüstungsausgaben sollen<br />

nicht verdoppelt werden<br />

Hintergrund ist die Verabredung innerhalb<br />

der NATO, die Rüstungsausgaben<br />

in den Mitgliedsstaaten<br />

auf zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes<br />

zu erhöhen. Für Deutschland<br />

ist das nahezu eine Verdoppelung.<br />

„Zwei Prozent, das sind<br />

(pm) Der Begriff Prekariat war jahrelang<br />

in aller Munde. Dennoch<br />

existiert bis heute keine allgemeinverbindliche<br />

Definition. Die Hans-<br />

Böckler-StiftunghatjetzteineStudie<br />

gefördert, in der sich ein Forscherteam<br />

um Jutta Allmendinger vom<br />

Wissenschaftszentrum Berlin und<br />

Markus Promberger von der Universität<br />

Erlangen-Nürnberg mit dieser<br />

Fragebeschäftigt.Damitbelegterstmalig<br />

eine Studie, wie groß das Prekariat<br />

in Deutschland ist.<br />

konservatives<br />

messverfahren<br />

DiebeteiligtenForscher/innen haben<br />

eine Reihe sozialer Indikatoren zusammengestellt.Zumeinenbeziehen<br />

sie sich auf das Erwerbsleben. Darin<br />

enthalten sind Niedriglohn, unsicherer<br />

Job oder fehlender Kündigungsschutz.<br />

Zum anderen geht es<br />

um den Haushalt. Armut, beengte<br />

WohnsituationoderÜberschuldung<br />

zählen dazu. Treffen wenigstens<br />

zwei der jeweiligen Faktoren zu,<br />

sprechen die Forscher/innen von einer<br />

prekären Episode. Fallen beide<br />

Episoden länger zusammen, sprechen<br />

sie von verstetigter Prekarität.<br />

mindestens weitere 30 Milliarden<br />

Euro, die im zivilen Bereich fehlen,<br />

so bei Schulen und Kitas, sozialem<br />

Wohnungsbau,Krankenhäusern,öffentlichemNahverkehr,Kommunaler<br />

Infrastruktur, Alterssicherung, ökologischem<br />

Umbau, Klimagerechtigkeit<br />

und internationaler Hilfe zur<br />

Selbsthilfe“, heißt es dazu in dem<br />

Aufruf.<br />

Initiator/innen wie Unterzeichner/<br />

innen fordern stattdessen mehr<br />

Mittel für Konfliktprävention als<br />

Hauptziel der Außen- und Entwicklungspolitik.„MilitärlöstkeineProbleme“,<br />

heißt es in dem Aufruf<br />

weiter. „Eine andere Politik muss<br />

her.“ Symbolisch hatte das Bündnis<br />

bereits Anfang September die bis<br />

dahin gesammelten 90 000 Unterschriften<br />

an die Fraktionen verschiedener<br />

im Bundestag vertretener<br />

Parteien übergeben.<br />

Solidarische Lohn- und Steuerpolitik<br />

studie – 12,3 Prozent der Erwerbsbevölkerung leben prekär<br />

Dies sei ein „konservatives Messverfahren,<br />

das erst bei einem deutlicherenProblemumfang“anschlage,<br />

heißt es dazu in einer Pressemitteilung<br />

der Hans-Böckler-Stiftung.<br />

Doch auch mit diesem konservativen<br />

Verfahren kommen sie zu dem<br />

Ergebnis, dass 12,3 Prozent der Erwerbsbevölkerung<br />

anhaltend in einersolchenHaushaltslagelebt,das<br />

sind rund 4 Millionen Menschen.<br />

Sie sind abgehängt, obwohl sie berufstätigsind.Diemeistenvonihnen<br />

sind Frauen, meist Mütter, die zeitweise<br />

keinen oder einen schlechten<br />

Job hatten. Die zweitgrößte Gruppe<br />

sind Väter, denen es selbst bei dauerhafter<br />

Erwerbstätigkeit nicht gelingt,<br />

gemeinsam mit der Partnerin<br />

Jeder Achte zählt zum Prekariat<br />

Längere prekäre<br />

Beschäftigung<br />

Relative<br />

Sicherheit<br />

12%<br />

62%<br />

Anhaltende<br />

Prekarität<br />

12%<br />

Längere<br />

prekäre<br />

14%<br />

Haushaltssituation<br />

Quelle: Existiert ein verfestigtes „Prekariat“? Working<br />

Paper Forschungsförderung der Hans-Böckler-Stiftung<br />

Nr. 85, September <strong>2018</strong><br />

Von den mittlerweile 100 000 Signaturen<br />

wurden etwa 80 000 offline,<br />

also auf Papier, gesammelt. Sie<br />

sind das Ergebnis von Aktionen, bei<br />

denen Aktive Menschen auf der<br />

Straße, in der Nachbarschaft, im<br />

Verein oder auf der Arbeit angesprochen<br />

haben. Das Bündnis „Abrüsten<br />

statt Aufrüsten“ sammelt<br />

weitere Unterschriften.<br />

Dazu sind unter anderem Anfang<br />

November weitere dezentrale Aktionen,<br />

vielfältige Proteste und Demonstrationen<br />

geplant. Anlass ist<br />

diesmal die 2. und 3. Lesung des<br />

Bundeshaushalts im Bundestag.<br />

Auch zum Antikriegstag am 1. September<br />

hatten zahlreiche Veranstaltungenstattgefunden,beidenen<br />

auf die Folgen der geplanten Erhöhung<br />

der Rüstungsausgaben hingewiesen<br />

wurde.<br />

www.abruesten.jetzt<br />

die Familie zu versorgen. Die dritte<br />

Gruppe sind junge Männer ohne<br />

abgeschlossene Berufsausbildung.<br />

„Das gesamte Risikopotenzial ist<br />

sogar noch größer, wenn man Menschen<br />

einschließt, die kurz- oder<br />

mittelfristigprekärbeschäftigtsind<br />

und vorübergehend in prekären<br />

Haushaltslagen leben“, heißt es<br />

dazu in der Pressemitteilung.<br />

umverteilung in richtung der<br />

geringverdienenden<br />

Die Forscher/innen raten der Politik,<br />

sich intensiver mit dem Prekariat<br />

auseinanderzusetzen. Nachzudenken<br />

sei neben dem Mindestlohn<br />

auch über eine „solidarische LohnundSteuerpolitikmitUmverteilungskomponenten<br />

in Richtung von Geringverdienern“<br />

und ihren Haushalten.<br />

Außerdem gebe es Potenzial<br />

für arbeitsrechtliche Reformen: Einschränkung<br />

von Befristungen, RegelnfürLeiharbeitundWerkverträge,<br />

leichterer Zugang zum Arbeitslosengeld<br />

für Menschen mit regelmäßigen<br />

Erwerbsunterbrechungen.<br />

Die Studie kann heruntergeladen<br />

werden unter www.boeckler.de/<br />

pdf/p_fofoe_WP_085_<strong>2018</strong>.pdf


p o l i t i s c h e s p a r k e t t<br />

······································································································· ver.di <strong>news</strong> <strong>13</strong> · 29. September <strong>2018</strong> 3<br />

Nur Trippelschritte<br />

wohnungen – Ergebnisse des Wohngipfels reichen nicht aus, um Problem zu mildern<br />

(pm/red.) In Deutschland fehlt bezahlbarerWohnraum.Insbesondere<br />

in großen Städten und Ballungsräumen<br />

sind die Mieten in den vergangenenJahrenstarkangestiegen.Das<br />

wird zunehmend auch für Beschäftigte<br />

zum Problem. Von ihrem Nettogehalt<br />

geht ein immer größerer<br />

Anteil für die monatlichen Mieten<br />

drauf. Ist man früher von einem<br />

Anteil von 30 Prozent fürs Wohnen<br />

ausgegangen, ist das nach einer<br />

StudiederHans-Böckler-Stiftungimmer<br />

seltener zu halten.<br />

Die Bundesregierung hatte in der<br />

vergangenen Woche zu einem<br />

Wohngipfel eingeladen. Von einem<br />

„historisch einmaligen Maßnahmenpaket“sprichtdasauchfürBau<br />

zuständige Bundesinnenministerium<br />

nach Abschluss des Gipfels in<br />

einer Pressemitteilung. DGB-Vorstandsmitglied<br />

Stefan Körzell kritisiertjedoch,dassdiebeschlossenen<br />

(hla) Unter dem Hashtag #unteilbar<br />

zieht am <strong>13</strong>. Oktober ein breites gesellschaftlichesBündnisdurchBerlin.<br />

Initiiert wurde die Großdemonstration<br />

unter dem Motto „Solidarität<br />

statt Ausgrenzung – für eine offene<br />

und freie Gesellschaft“ bereits im<br />

Sommer; die ver.di Jugend zählt mit<br />

zu den Erstunterzeichner/innen des<br />

Aufrufs. Mittlerweile haben über<br />

6000 Einzelpersonen, Initiativen<br />

undVereinedenAufrufunterzeichnet.<br />

Dazu gehören von ver.di unter anderemderLandesbezirkBerlin-Brandenburg,derBezirkSüdholstein,der<br />

Bundesmigrationsausschuss oder<br />

Maßnahmen bei weiten nicht ausreichen,<br />

um Wohnen wieder bezahlbar<br />

zu machen. Das hatte die<br />

BundesregierungvorderVeranstaltung<br />

versprochen. „Wer weiter eine<br />

Politik der Trippelschritte macht,<br />

brauchtsichübereinenschwindenden<br />

sozialen Zusammenhalt nicht<br />

zu wundern“, sagte Körzell.<br />

Als Beispiel nannte er die Zusage,<br />

bis zum offiziellen Ende dieser Legislatur<br />

100 000 neue Sozialwohnungen<br />

zu bauen. Der Gewerkschafter<br />

wies darauf hin, dass in<br />

dem genannten Zeitraum allein<br />

150 000 Wohnungen aus der Preisbindung<br />

fallen werden. Also bleibt<br />

unter dem Strich eine weitere Abnahme<br />

an sozialem Wohnraum.<br />

Nach den Vorstellungen der Gipfelteilnehmer/innen<br />

sollen Baukindergeld<br />

für Familien, Steuerabschreibungen<br />

für den Bau von<br />

Mietwohnungen und mehr Geld<br />

(pm)BislangkönnenBezieher/innen<br />

kleiner Renten ihre Bezüge etwas<br />

aufbessern, wenn sie Angehörige<br />

pflegen. Dann zahlen die Pflegekassen<br />

für sie Beiträge zur gesetzlichen<br />

Rentenversicherung. Das<br />

willBundesgesundheitsministerJens<br />

Spahn, CDU, jetzt ändern. „Wer<br />

Menschen, die drei Jahre einen Angehörigen<br />

pflegen, nicht mal 20<br />

Euro mehr Rente zugestehen will,<br />

zeigt der Pflege in den Familien die<br />

kalteSchulter“,kritisiertederver.di-<br />

Vorsitzende Frank Bsirske. Gemeinsam<br />

mit fünf großen Wohlfahrtsverbänden<br />

forderte ver.di den Minister<br />

auf,diegeplanteGesetzesänderung<br />

zurückzunehmen. Wie viele Rentner/<br />

fürdensozialenWohnungsbaudazu<br />

beitragen, dass insgesamt bis zu<br />

1,5 Millionen neue Wohnungen gebautwerden.DasvergrößerteWohnungsangebot<br />

soll dazu beitragen,<br />

dass Mieten gesenkt werden.<br />

maßnahmen reichen nicht<br />

Für eine offene und solidarische Gesellschaft<br />

großdemonstration – #unteilbar zieht am <strong>13</strong>. Oktober durch Berlin<br />

„DiegeplantenMaßnahmenreichen<br />

keinesfalls, um den Bedarf an bezahlbarem<br />

Wohnraum schnell zu<br />

decken, geschweige denn den Anstieg<br />

der Mieten zu bremsen“, so<br />

Körzell.ProJahrmüsstenmindestens<br />

400 000 Wohnungen neu gebaut<br />

werden, davon 100 000 preis- und<br />

belegungsgebundene. Die Mietpreisbremse<br />

sollte flächendeckend<br />

und unbefristet gelten. Gleichzeitig<br />

macht er sich für gesetzliche Sanktionen<br />

stark: Vermieter, die gegen<br />

die Vorgaben verstoßen, müssten<br />

Bußgelder zahlen.<br />

die Deutsche Journalistinnen- und<br />

Journalistenunion (dju) in ver.di.<br />

„Wir treten für eine offene und<br />

solidarische Gesellschaft ein, in der<br />

Menschenrechte unteilbar, in der<br />

vielfältige und selbstbestimmte Lebensentwürfe<br />

selbstverständlich<br />

sind. Wir stellen uns gegen jegliche<br />

FormvonDiskriminierungundHetze.<br />

Gemeinsam treten wir antimuslimischem<br />

Rassismus, Antisemitismus,<br />

Antiziganismus,Antifeminismusund<br />

LGBTIQ-Feindlichkeit entschieden<br />

entgegen“, heißt es in dem Aufruf.<br />

Am <strong>13</strong>. Oktober ist um 12 Uhr Treffpunkt<br />

auf dem Berliner Alexanderplatz<br />

mit einer Auftaktkundgebung.<br />

Von dort aus startet ein Demonstrationszug<br />

zur Siegessäule. An der<br />

Siegessäule werden u. a. die Folk-<br />

BandMightyOaks,dieKabarettistin<br />

Idil Baydar und der Musiker Konstantin<br />

Wecker auftreten. Für die<br />

Anreise aus der ganzen Republik<br />

werdenderzeitFahrgemeinschaften<br />

und Busse koordiniert. Die ver.di<br />

Jugend beteilidgt sich an einen Gewerkschaftsblock,dessenTreffpunkt<br />

noch bekannt gegeben wird.<br />

Der Aufruf, aber auch aktuelle Informationen<br />

zu Anreise und Ablauf<br />

stehen auf www.unteilbar.org<br />

Minister zeigt die kalte Schulter<br />

pflege – ver.di und Wohlfahrtsverbände fordern Rücknahme der geplanten Änderung<br />

innenvondieserRegelungGebrauch<br />

machen, ist nicht bekannt. Im Jahr<br />

<strong>2018</strong> zahlen die Pflegekassen für<br />

alle Pflegeleistungen an die gesetzliche<br />

Rentenversicherung 1,5 Milliarden<br />

Euro. Vermutet wird, dass der<br />

Anteil, der Altersrentner/innen zur<br />

ErhöhungihrerRentenzufließt,deutlich<br />

unter zehn Prozent liegt.<br />

heike langenberg ist<br />

die verantwortliche<br />

redakteurin der<br />

„ver.di <strong>news</strong>“<br />

k o m m e n t a r<br />

Arme Kinder<br />

Rund vier Millionen<br />

Menschen zählen zum<br />

Prekariat. Diese Zahl ist<br />

erschreckend hoch, besonders<br />

wenn man bedenkt,<br />

dass ihrer Berechnung<br />

eine durchaus als<br />

konservativ zu bezeichnende<br />

Definition zu<br />

Grunde liegt. Erschreckend<br />

ist aber auch,<br />

dass vielfach Haushalte<br />

betroffen sind, in denen<br />

Kinder leben. Ob Alleinerziehende,<br />

oftmals<br />

Frauen, oder Haushalte,<br />

in denen das Einkommen<br />

trotz Vollzeitarbeit nicht<br />

reicht, um der Familie<br />

ein auskömmliches Leben<br />

zu ermöglichen – es<br />

sind auch Kinder betroffen,<br />

die schon zu Beginn<br />

ihres Lebens erfahren<br />

müssen, wie es ist, in<br />

prekären Bedingungen<br />

zu leben. Aufgrund der<br />

beschränkten finanziellen<br />

Situation im Elternhaus<br />

ist für sie Teilhabe<br />

am Leben ihrer Altersgenossen<br />

oft nur eingeschränkt<br />

möglich, Bildung<br />

über Vereine,<br />

Ausflüge oder zusätzliche<br />

Angebote können<br />

ihre Eltern für sie oft nur<br />

schwer realisieren. Diese<br />

Erfahrungen fehlen ihnen<br />

in ihrem Lebensverlauf.<br />

Daher sollte es für<br />

die Politik eine vordringliche<br />

Aufgabe zu sein,<br />

hier ebenso wie bei denjenigen,<br />

die von Hartz<br />

IV-Leistungen leben<br />

müssen, Abhilfe zu<br />

schaffen.


4<br />

t a r i f & b e t r i e b<br />

ver.di <strong>news</strong> <strong>13</strong> · 29. September <strong>2018</strong> ·················································································································································<br />

b u c h t i p p<br />

Großmacht Konzern<br />

Einheitlicher Tarifvertrag<br />

flugsicherheit – Verhandlungen sollen Mitte November beginnen<br />

(GL) „Täglich können wir<br />

uns von der destruktiven<br />

Macht der Konzerne<br />

überzeugen“, schreibt<br />

Autor Thilo Bode zur Einführung<br />

in seine Philippika<br />

gegen die Multis. Es<br />

folgen Beispiele aus<br />

zahlreichen Branchen,<br />

die verdeutlichen, dass<br />

die großen weltweiten<br />

Konzerne ihre ökonomische<br />

Macht gegen die<br />

Interessen der Menschen<br />

durchsetzen. Die Palette<br />

reicht von der Autoindustrie<br />

über die Banken,<br />

die Nahrungsmittelgiganten<br />

bis zu Technologiekonzernen.<br />

Bode<br />

schreibt keine Verschwörungstheorien,<br />

sondern<br />

schildert faktenreich die<br />

Praktiken, die Beeinflussung<br />

der Politik durch<br />

die Großkonzerne über<br />

den bislang bekannten<br />

Lobbyismus hinaus. Der<br />

industrielle-politische<br />

Komplex hebelt demokratische<br />

Prinzipien der<br />

Willensbildung aus, so<br />

der Befund des Autors.<br />

Sein Fazit ist beängstigend:<br />

„Die Politik hat ihre<br />

Handlungsfähigkeit<br />

verkauft und verloren.“<br />

Er appelliert: „Wir brauchen<br />

eine Gegenmacht<br />

in der Gesellschaft, die<br />

durch gewaltfreien Widerstand<br />

die Machtfrage<br />

stellt.“ Die sieht er in<br />

einer großen Allianz<br />

über Parteigrenzen hinweg.<br />

thilo bode: die diktatur<br />

der konzerne –<br />

wie globale unternehmen<br />

uns schaden<br />

und die demokratie<br />

zerstören,<br />

s. fischer verlag,<br />

frankfurt/main,<br />

240 seiten, 18 euro,<br />

isbn 978-3103973624<br />

ibm – (pm) Mitte September haben<br />

die Tarifverhandlungen für die<br />

rund 12 000 Beschäftigten der IBM<br />

Deutschlandbegonnen.ver.difordert<br />

Entgeltsteigerungenvon5,5Prozent,<br />

mindestensaber275Euro.Außerdem<br />

möchtever.diKlarheitüberdiePläne<br />

zum Teilverkauf an Bechtle in Neckarsulm.<br />

Betroffen von dem Betriebsübergangwärenrund500Kolleg/innen<br />

aus ganz Deutschland.<br />

www.ich-bin-mehr-wert.de<br />

(pm) ver.di will erstmals einen bundesweit<br />

einheitlichen Aviation-Entgelttarifvertrag<br />

für die rund 23 000<br />

Beschäftigten durchsetzen, die im<br />

Bereich der Sicherheit an Flughäfen<br />

arbeiten. Hauptforderung in den<br />

anstehenden Tarifverhandlungen<br />

mit dem Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen(BDLS)isteine<br />

Erhöhung des Stundenlohns für<br />

Tätigkeiten in allen Kontrollbereichen<br />

der Flughäfen auf 20 Euro pro<br />

Stunde. Das hat die ver.di-Tarifkommission<br />

beschlossen.<br />

Die zwischen den Bundesländern<br />

bestehenden Unterschiede sollen<br />

schnellstmöglichausgeglichenwerden.<br />

Die Tarifverträge in den Bundesländern<br />

führen bislang zu Einkommensunterschieden<br />

von bis zu<br />

drei Euro pro Stunde für gleiche Tätigkeiten.<br />

Auch sind die Tätigkeitsbeschreibungen<br />

nicht einheitlich.<br />

Eine weitere Forderung von ver.di<br />

ist die Vereinheitlichung der ZuschlägeimBereichderLuftsicherheit.<br />

Bundesweit einheitlich sollen ein<br />

Überstunden- und Mehrarbeitszuschlag<br />

in Höhe von 30 Prozent und<br />

einenSonntagszuschlagvon50Prozent<br />

gezahlt werden. „Zur Wertschätzung<br />

der Arbeit gehört auch<br />

die entsprechende finanzielle Anerkennung.AlleredenvonSicherheit,<br />

aber keiner ist bereit, die hierfür erforderlichenMittelbereitzustellen“,<br />

kritisiertendiever.di-Verhandlungsführer<br />

Benjamin Roscher und Peter<br />

Verantwortungsvoller Umgang<br />

real – Metro soll Verantwortung für 32 000 Beschäigte übernehmen<br />

(pm) Im Zusammenhang mit dem<br />

Verkauf des SB Warenhauses Real<br />

durchdieMetroAGhatver.diheftige<br />

Kritik am Management des Metro-<br />

Konzernsgeübt.„ErsthabendieBeschäftigten<br />

auf Lohn verzichtet, um<br />

das Unternehmen zu retten, dann<br />

hat das Unternehmen den bis dahin<br />

gültigen Tarifvertrag geschreddert,<br />

und nun soll Real verkauft werden“,<br />

sagte ver.di-Bundesvorstandsmitglied<br />

Stefanie Nutzenberger. Sie erwartet,<br />

dass die Metro AG wenigstens<br />

jetzt Verantwortung für die<br />

32 000 Beschäftigten übernimmt.<br />

Falsche Entscheidungen und Konzepte<br />

des Managements hätten in<br />

derVergangenheitdieWerthaltigkeit<br />

druckindustrie – Die erste Verhandlungsrundefürdierund<strong>13</strong>4<br />

000<br />

Beschäftigen der Druckindustrie ist<br />

Mitte September ohne Ergebnis beendet<br />

worden. Der Bundesverband<br />

Druck und Medien (bvdm) hat kein<br />

Angebot vorgelegt. Stattdessen kritisierte<br />

er die ver.di-Forderung nach<br />

5,0 Prozent mehr Lohn und Gehalt.<br />

Der stellvertretende ver.di-Vorsitzende<br />

Frank Werneke nannte sie<br />

hingegen „vollkommen angemessen“,<br />

um die Beschäftigten der<br />

Druckindustrie an der allgemeinen<br />

Lohnentwicklungteilhabenzulassen.<br />

Er warnte die Arbeitgeber vor dem<br />

Abbau von Leistungen des Manteltarifvertrags,<br />

der Ende Oktober ausläuft.<br />

Die Verhandlungen sollen am<br />

27. September fortgesetzt werden,<br />

nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe<br />

der „ver.di <strong>news</strong>“. Die Friedenspflicht<br />

endet am 30. September.<br />

Bremme. Die Politik müsse die Bundespolizei<br />

als Auftraggeber der Sicherheitsunternehmen<br />

mit den erforderlichen<br />

Mitteln ausstatten.<br />

zahl der flugreisenden steigt<br />

Die Zahl der Flugreisenden steige<br />

ständig, während die Zahl der Beschäftigten<br />

im Sicherheitsbereich<br />

nicht erhöht werde, heißt es weiter<br />

in der Pressemitteilung von ver.di.<br />

Dasmüssezunächstdurchfinanzielle<br />

Zuschläge ausgeglichen werden.<br />

Die Tarifverhandlungen sollen am<br />

16. Oktober in Berlin beginnen. Bis<br />

zum Jahresende will ver.di den bundesweiten<br />

Entgelttarifvertrag erreicht<br />

haben.<br />

desUnternehmensmassivgefährdet.<br />

„Unser Interesse ist es, dass Real<br />

als Ganzes an ein seriöses Unternehmen<br />

verkauft wird, das verantwortungsvoll<br />

mit der Belegschaft<br />

umgeht“, so die Gewerkschafterin.<br />

Dannkönneeshoffentlichgelingen,<br />

dass wieder Ruhe bei real einkehre.<br />

t a r i f l i c h e s ······························································································<br />

engie – (red.) Für Beschäftigte und<br />

Azubis bei den zum Energieunternehmen<br />

Engie gehörenden Engie<br />

Generation Management, Engie<br />

Kraftwerk Farge, Engie Kraftwerk<br />

Wilhelmshaven Betriebs GmbH, Engie<br />

Kraftwerk Zolling sowie der<br />

Kraftwerksgruppe Pfreimd eine Tarifeinigung<br />

erzielen. Bei einer Laufzeit<br />

von 18 Monaten werden rückwirkend<br />

zum 1. September die Tabellenvergütungen<br />

um 3,0 Prozent<br />

erhöht, Azubis erhalten 90 Euro<br />

mehrproMonat.Sieerhaltenzudem<br />

eineEinmalzahlungvon675Euro.Alle<br />

anderen Beschäftigten bekommen<br />

eine Einmalzahlung von <strong>13</strong>50 Euro.<br />

ave-hessen – (pm) Die Tarifverhandlungenzwischenver.diundder<br />

ArbeitgebervereinigungenergiewirtschaftlicherUnternehmen(AVE)HessensindMitteSeptembergescheitert.<br />

Die von den Arbeitgebern angebotene<br />

Erhöhung der Löhne und Gehälter<br />

um 4,5 Prozent, verteilt auf<br />

26 Monate, reichten der Sondierungskommission<br />

der Tarifkommission<br />

nicht aus. Daher empfahl sie<br />

den Abbruch der Verhandlungen.<br />

Jetzt drohen Warnstreiks.


t a r i f & b e t r i e b<br />

······································································································· ver.di <strong>news</strong> <strong>13</strong> · 29. September <strong>2018</strong><br />

Fotografiert und überwacht<br />

ryanair – Arbeitgeber reagiert mit Einschüchterungen auf Streik<br />

5<br />

(ml) Am 12. September haben die<br />

Kabinenbeschäftigten von Ryanair<br />

bundesweitzumerstenMalgestreikt.<br />

Allein am Flughafen Frankfurt, dem<br />

größten internationalen Drehkreuz<br />

fürFlügeinDeutschland,beteiligten<br />

sich 75 Prozent der Belegschaft an<br />

dem Streik. Während des Streiks hat<br />

dasUnternehmenanmehrerenFlughäfen<br />

Führungskräfte eingesetzt,<br />

dieStreikendefotografiertundüberwacht<br />

haben. Darüber hinaus hat<br />

das Unternehmen alle Streikenden<br />

mit dem Status „unerlaubter Entzug<br />

der Arbeitskraft“ versehen.<br />

ver.di verurteilt angriff<br />

auf die grundrechte<br />

Das Verhalten des Unternehmens<br />

sei ein Angriff auf die Grundrechte<br />

derBeschäftigten,sagtever.di-BundesvorstandsmitgliedChristineBehle<br />

und forderte Ryanair auf, mit<br />

einem verhandlungsfähigen Angebot<br />

an den Verhandlungstisch zu<br />

kommen. Das bislang vorliegende<br />

Entgeltangebot sei völlig indiskutabel.<br />

„Wir fordern Ryanair auf, ein<br />

deutlich verbessertes Angebot auf<br />

denTischzulegen.Undwirerwarten<br />

vonRyanair,unverzüglichdenDruck<br />

auf die Beschäftigten durch Einschüchterungen<br />

und Androhungen<br />

von Disziplinarmaßnahmen sowie<br />

Strafaktionenzuunterlassen“,sagte<br />

Behle vor der dritten Verhandlungsrunde<br />

am 21. September.<br />

ZudenzentralenForderungenvon<br />

ver.di für die Kabinenbeschäftigten<br />

gehört eine substanzielle Entgeltsteigerung,<br />

die das Einkommen für<br />

alle Beschäftigten existenzsicher<br />

und planbar macht. Dazu gehören<br />

unteranderemdieEinführungeines<br />

Basisgehaltes für alle Flugbegleiter,<br />

die Erhöhung dieses Gehaltes und<br />

die Einführung einer Mindeststundengarantie.<br />

Des Weiteren fordert<br />

ver.di eine Kompensation bei VerspätungenunddieEinrichtungeiner<br />

betrieblichen Interessenvertretung.<br />

In den letzten Monaten sind<br />

zunehmend Ryanair-Beschäftigte<br />

ver.di Mitglied geworden, weil ihre<br />

Arbeitsbedingungen so schlecht<br />

Entlastung in letzter Minute<br />

kliniken – ver.di erzielte mehrere Einigungen für mehr Personal<br />

(pm) Wenige Minuten vor Beginn<br />

des unbefristeten Streiks am UniversitätsklinikumdesSaarlands,hat<br />

ver.di eine Einigung erzielt. Kern<br />

des Vertrages zur Entlastung sind<br />

145zusätzlicheVollzeitstellen,davon<br />

15 im nicht-medizinischen Bereich.<br />

Für alle Stationen gibt es Sollzahlen<br />

für die Personalbemessung. Die gefürchtete<br />

„Nacht alleine auf der Station“<br />

ist in fast allen Fällen abgewendet.<br />

Die Vereinbarung soll<br />

innerhalbvon18Monatenumgesetzt<br />

werden,vorhergibtesjedochschon<br />

Sofortmaßnahmen auf etwa zehn<br />

Stationen.<br />

nicht mehr zu lasten der<br />

gesundheit der beschäftigten<br />

„Die Vereinbarung zur Entlastung<br />

ist ein Erfolg der Beschäftigten, die<br />

mit ihrer hohen Streikbereitschaft<br />

Druck gemacht haben. Sie wollen<br />

nicht länger ihre Gesundheit im<br />

Klinikalltag verschleißen lassen“,<br />

sagte ver.di-Bundesvorstandsmitglied<br />

Sylvia Bühler. Als Meilenstein<br />

bezeichnetesiedieEinführungeines<br />

verbindlichen individuellen Belastungsausgleichs.<br />

Beschäftigte, die mehrere Schichten<br />

in Unterbesetzung leisten müssen,<br />

haben zukünftig Anspruch auf<br />

eine Freischicht. Zudem wurde ein<br />

Konsequenzen-Management eingerichtet,<br />

das nachhaltig dafür sorgen<br />

soll, dass die Regelungen eingehalten<br />

werden.<br />

Zuletzt hatte ver.di nach wochenlangen<br />

Streiks Ende August an den<br />

Unikliniken Essen und Düsseldorf<br />

Vereinbarungen zur Entlastung<br />

durchgesetzt („ver.di <strong>news</strong>“ berichtete).AmKlinikumAugsburghaben<br />

Gespräche zur Entlastung bislang<br />

keine Einigung gebracht; deshalb<br />

bereitet ver.di dort Arbeitskampfmaßnahmen<br />

vor.<br />

Erfolgreich verhandelt hat ver.di<br />

auch am SRH-Klinikum Karlsbad-<br />

Langensteinbach in Baden-Württemberg.<br />

Danach wird es mehr Personal<br />

im Pflegebereich und eine<br />

aktionäre bestätigen kurs<br />

von michael o’leary<br />

sind und der Arbeitgeber sich nicht<br />

bewegt. Die Löhne liegen zum Teil<br />

1000 Euro unter denen der Konkurrenz.<br />

Europaweit beschäftigt das<br />

Unternehmen 8000 Flugbegleiter/<br />

innen, davon rund 1000 in Deutschlandunddavonwiederum700Leiharbeiter/innen<br />

mit noch schlechteren<br />

Bedingungen, mit befristeten<br />

Arbeitsverträgen, mit Kettenverträgen.<br />

DerharteKursdesBilligfliegersdürfte<br />

vorerst weitergehen, denn Ryanair-ChefMichaelO’LearywurdeletzteWocheaufderHauptversammlung<br />

in Irland von den Aktionären mit<br />

hoher Zustimmung wiedergewählt.<br />

Europaweit haben indes die Flugbegleiter/innen<br />

schon angekündigt,<br />

erneut die Arbeit niederlegen zu<br />

wollen,umfürbessereBedingungen<br />

zu kämpfen: am 28. September in<br />

Spanien, Italien, Portugal, Belgien<br />

und den Niederlanden.<br />

Mindestbesetzung bei Nachtdiensten<br />

geben. Hier sollen zukünftig<br />

mindestens ein/e Gesundheitsund<br />

Krankenpfleger/in sowie ein/e<br />

Pflegehelfer/indieNachtdienstebesetzen.<br />

Auch sollen StationsassistenzenfüradministrativeAufgaben<br />

eingestellt werden. Zudem soll insbesondere<br />

der praktische Teil der<br />

Ausbildung in der Pflege gestärkt<br />

werden.<br />

ver.di fordert weiterhin verpflichtende<br />

Personalvorgaben durch den<br />

Gesetzgeber in der Pflege. Den vom<br />

BundesgesundheitsministeriumvorgelegtenVerordnungsentwurflehnt<br />

die Gewerkschaft allerdings ab, er<br />

greife nicht weit genug und gelte<br />

nurfüreinigewenigePflegebereiche.<br />

Wolle man für die Sicherheit der Patient/innendurcheineausreichende<br />

Schichtbesetzung sorgen, ist nach<br />

ver.di-Berechnungen ist das Personal<br />

für das laufende Jahr bereits am<br />

22. Oktober aufgebraucht. Daher<br />

hat ver.di für den 23. Oktober zu<br />

einem Aktionstag aufgerufen.<br />

marion lühring ist<br />

redakteurin in der<br />

ver.di-zentralredaktion<br />

k o m m e n t a r<br />

Billig<br />

kommt teuer<br />

Beim Billig-Flieger Ryanair<br />

streiken die Kabinenbeschäftigten<br />

und das<br />

Billig-Busunternehmen<br />

Flixbus bietet an, gestrandete<br />

Passagiere<br />

kostenlos aufzunehmen.<br />

Auf seiner Webseite<br />

lockt es am Streiktag für<br />

eine kostenlose Freifahrt<br />

im Flixbus-Streckennetz.<br />

Doch die Kunden sollten<br />

genau hinsehen: Billig<br />

kommt die Beschäftigten<br />

von Billig-Unternehmen<br />

fast immer teuer zu stehen,<br />

weil deren Arbeitgeber<br />

die Löhne massiv<br />

drücken, um so die Preise<br />

niedrig halten zu können.<br />

Wenn Sozialstandards,<br />

Tariflöhne und<br />

gute Arbeitsbedingungen<br />

durch ungebremsten<br />

Wettbewerb unter die<br />

Räder kommen, dann<br />

rutschen die Menschen,<br />

die in diesen Branchen<br />

arbeiten, langfristig ins<br />

Prekariat und reißen sogar<br />

andere Branchen mit.<br />

Dass sich nun Flugbegleiter/innen<br />

bei Ryanair,<br />

trotz rabiatester Einschüchterungsversuche<br />

des Arbeitgebers, gewerkschaftlich<br />

organisieren<br />

und den Mut für<br />

Streiks finden, zeigt auch,<br />

wie schlecht die Arbeitsbedingungen<br />

schon sind.<br />

Von den Niedriglöhnen<br />

können sie kaum noch<br />

leben. Private Busunternehmen<br />

wie Flixbus sind<br />

da keinen Deut besser.


6<br />

r<br />

e c h t & r a t<br />

ver.di <strong>news</strong> <strong>13</strong> · 29. September <strong>2018</strong> ·················································································································································<br />

auch das noch<br />

Freche Sixt-Anzeige<br />

besteht vor Gericht<br />

(hem/ku) Auch bei Werbeanzeigen<br />

kann das<br />

Grundrecht auf Meinungsfreiheit<br />

Vorrang<br />

haben vor dem Persönlichkeitsrecht<br />

prominenter<br />

Zeitgenoss/innen.<br />

Das musste jüngst auch<br />

Claus Weselsky lernen,<br />

der in den Jahren<br />

2014/2015 bundesweit im<br />

Rampenlicht stand als<br />

Vorsitzender der Gewerkschaft<br />

Deutscher Lokomotivführer<br />

(GDL). Das<br />

Oberlandesgericht Dresden<br />

(OLG) wies laut<br />

Internetplattform<br />

www.kostenlose-ur<br />

teile.de letztinstanzlich<br />

eine Unterlassungsklage<br />

des Gewerkschafters gegen<br />

das Mietwagenunternehmen<br />

Sixt ab. Vor<br />

dem Hintergrund der damaligen<br />

großen Lokführer-Streiks<br />

hatte der für<br />

seine satirisch-frechen<br />

Werbetexte bekannte<br />

Autoverleiher Weselskys<br />

Porträtfoto mit dem Slogan<br />

„Unser Mitarbeiter<br />

des Monats” betextet.<br />

Das OLG stellte letztlich<br />

fest, die Veröffentlichung<br />

des Bildes sei in<br />

diesem Fall nicht „einwilligungsbedürftig“<br />

gewesen,<br />

auch eine Verletzung<br />

von Weselskys<br />

Namensrecht liege nicht<br />

vor. Die Werbung habe<br />

einer fortlaufenden Anzeigenkampagne<br />

der beklagten<br />

Mietwagenfirma<br />

entsprochen. Als entscheidend<br />

sah das Gericht<br />

den wertenden,<br />

meinungsbildenden Inhalt<br />

der Anzeige an.<br />

Die satirisch-spöttische<br />

Anspielung auf den öffentlich<br />

weithin bekannten<br />

Streik gegen die<br />

Deutsche Bahn habe<br />

für den Kläger keinerlei<br />

herabsetzende Wirkung<br />

gehabt.<br />

Aktenzeichen:<br />

4 U 1822/18<br />

Licht am Ende des Tunnels<br />

kündigung – Katholischer Chefarzt in „ungültiger“ Ehe spürt Rückenwind aus Luxemburg<br />

(dgb-rs/red.)NachneunJahrendürfte<br />

der Rechtsstreit zwischen einem<br />

Chefarzt und einem katholischen<br />

Krankenhausträger wohl alsbald<br />

beimBundesarbeitsgericht(BAG)in<br />

Erfurt auf die Zielgerade gehen.<br />

Grundlage dieser Prognose ist eine<br />

Entscheidun, die der Europäische<br />

Gerichtshofes (EuGH) in Luxemburg<br />

am11.September<strong>2018</strong>veröffentlicht<br />

hat.<br />

heilig und unauflöslich?<br />

Die juristische Auseinandersetzung<br />

dreht sich um die Frage, ob die Klinikleitung<br />

einen Arzt entlassen darf,<br />

weil er in einer nach Kirchenrecht<br />

ungültigen Ehe lebt und das ein Verstoß<br />

gegen seine arbeitsvertraglichen<br />

Loyalitätspflichten sei. Die<br />

AuffassungdeskatholischenArbeitgebers:<br />

Das Leben eines leitenden<br />

Mitarbeitersmüssederkatholischen<br />

aktuelle<br />

Glaubens- und Sittenlehre entsprechen.<br />

Nachdem die Sache schon beim<br />

Bundesverfassungsgericht(BVerfG)<br />

und beim Bundesarbeitsgericht<br />

(BAG) anhängig war, stellte das<br />

BAGdemEuGHzuletztverschiedene<br />

komplizierte,demjuristischenLaien<br />

kaum verständliche Fragen, die aus<br />

Luxemburg recht klar beantwortet<br />

wurden: Das Verlangen gegenüber<br />

einem katholischen Chefarzt, den<br />

heiligen und unauflöslichen CharakterderEhenachdemVerständnis<br />

derkatholischenKirchezubeachten,<br />

erscheine dem EuGH nicht als wesentliche,rechtmäßigeundgerechtfertigteberuflicheAnforderung.Zudem<br />

seien ähnliche Arbeitsstellen<br />

an Beschäftigte vergeben worden,<br />

die nicht katholischer Konfession<br />

und damit nicht denselben Anforderungen<br />

unterworfen seien. Das<br />

deutsche Gericht müsse nun prüfen,<br />

ob die Religion bei der ausgeübten<br />

Tätigkeit eine maßgebliche Anforderung<br />

sei.<br />

klare stellungnahme<br />

lässt hoffen<br />

Nach „dieser klaren Stellungnahme<br />

des EuGH“ hofft Hans-Martin Wischnath<br />

vom DGB-Rechtsschutz,<br />

dass das Bundesarbeitsgericht dem<br />

unseligenSpielnuneinEndebereitet<br />

und dass es zu einer zeitgemäßen<br />

Entscheidung im Sinne des klagenden<br />

Chefarztes kommt. Die katholische<br />

Deutsche Bischofskonferenz<br />

hingegen kritisiert die EuGH-Entscheidung<br />

zum kirchlichen Arbeitsrecht<br />

in Deutschland: Laut Grundgesetz<br />

sei es Sache der Kirche und<br />

nichtderGerichte,festzulegen,welche<br />

Loyalitätserwartungen sie an<br />

ihre Mitarbeiter stellten.<br />

Aktenzeichen: C 86/17<br />

buchtipp············································································································<br />

neuregelnfürdenbeschäftigtendatenschutz–(lü)Mittlerweile<br />

sinddietäglichenPanikmeldungen<br />

überdieinallenEU-Mitgliedsstaaten<br />

seitdem25.Mai<strong>2018</strong>geltendeDatenschutz-Grundverordnung<br />

(DSGVO)wieauchdasBombardementmitzurKenntniszunehmenden<br />

Datenschutzerklärungenverebbt.<br />

NeuePflichtenbringtdasDSGVO<br />

unddasBDSG-neuimBetriebvor<br />

allemfürdenArbeitgeberalsden<br />

fürdieDatenverarbeitungVerantwortlichen.<br />

AberauchBetriebs-undPersonalrätemüssensichaufdieneuen<br />

„Spielregeln“einstellen.Somüssen<br />

auchdiebereitsgeltendenBetriebsvereinbarungenüberprüftundeventuellangepasstwerden.Siemüssen<br />

demGrundsatzderTransparenzund<br />

derVerhältnismäßigkeitstriktRechnungtragen.Kurzum:Verlässliche<br />

Ratgebersindnotwendig.Alsdie<br />

habensichdieAutorendesgerade<br />

erschienenenKompaktkommentars<br />

inzahlreichenBeiträgenzurDSGVO<br />

undzumneuenBDSGohnehinprofiliert.<br />

DasdickeBuchunterscheidetsich<br />

vonanderenKommentarenvorallem<br />

dadurch,dassesdenBeschäftigtendatenschutzindenMittelpunkt<br />

stelltundnebeneinerkompakten<br />

urteile·······················································································<br />

privatehandy-nummerbleibt<br />

tabu–(ku)EinArbeitnehmerist<br />

nichtverpflichtet,zurAbsicherung<br />

einesNotfalldienstesaußerhalb<br />

einerRufbereitschaftseineprivate<br />

Mobilfunknummerherauszugeben.<br />

DasThüringerLandesarbeitsgericht<br />

hatdazuentschieden,dasseine<br />

entsprechendeVerpflichtungeinen<br />

erheblichenEingriffindasRecht<br />

aufinformationelleSelbstbestimmungdarstelle.Einkommunaler<br />

ArbeitgeberhattevondenBeschäftigtendieBekanntgabeihrerprivatenHandy-Nummerverlangt,um<br />

sieaußerhalbdesBereitschaftsdienstesimNotfallerreichenzu<br />

können.<br />

Aktenzeichen:6Sa442/17<br />

„tagesmutter“imnachteil–(bag)<br />

Wirdeineselbstständige„Tagesmutter“schwanger,hatsiekeinen<br />

AnspruchaufZuschusszumMut-<br />

EinführungindasneueDatenschutzrechtzahlreicheHinweisefürdie<br />

betrieblichePraxisenthält.Auch<br />

werdenaußerDSGVOundBDSGneuweiteredatenschutzrechtliche<br />

Vorschriftenkommentiert:dasTelemedien-(TMG),dasUnterlassungsklagen-(UKlaG)unddasSicherheitsüberprüfungsgesetz(SÜG).<br />

däubler,wedde,weichert,<br />

sommer:eu-datenschutzgrundverordnungund<br />

bdsg-neu.kompaktkommentar,<br />

bund-verlag,frankfurt/main,<br />

<strong>13</strong>79seiten,99euro,<br />

isbn978-37663661532<br />

terschaftsgeldnachdemMutter-<br />

schutzgesetz,hatdasBundesar-<br />

beitsgerichtentschieden.Sieseikei-<br />

neArbeitnehmerindesbeklagten<br />

Landkreises,derihrnachParagraf<br />

23SGBVIIIproKindundBetreuungsstundeeinensogenanntenAnerkennungsbeitragvon3,90Euro<br />

zahlt.EinAnspruchaufZuschuss<br />

zumMutterschaftsgeldfolgeauch<br />

nichtausUnionsrecht.<br />

Aktenzeichen:5AZR263/17


i n t e r n e s<br />

······································································································· ver.di <strong>news</strong> <strong>13</strong> · 29. September <strong>2018</strong><br />

Einheitliche Standards<br />

tarifpolitische grundsätze – Neue Broschüre bildet den aktuellen Stand ab<br />

7<br />

(hla)DietarifpolitischenGrundsätze<br />

setzen fachbereichsübergreifend in<br />

ver.di die Eckpunkte der tarifpoliti-<br />

schenArbeitindeneinzelnenver.di-<br />

Fachbereichen. Mi diesen einheitlichen<br />

Standards will ver.di die<br />

Konkurrenzsituation zwischen einzelnenUnternehmenoderBranchen<br />

beitariflichvereinbartenRegelungen<br />

eindämmen. Deren Möglichkeiten,<br />

sich durch verschiedene tarifliche<br />

Regelungen gegenseitig zu unterbieten,sollendadurchreduziertwerden.<br />

Auf der anderen Seite tragen<br />

einheitlicheStandardsdazubei,das<br />

tarifpolitische Profil von ver.di zu<br />

stärken.<br />

Ein Beispiel ist der Grundsatz,<br />

sachgrundlose Befristung einzuschränken.<br />

Er geht zurück auf einen<br />

Beschluss des Gewerkschaftsrats<br />

vom März 2017, die Zielrichtung basiert<br />

schon auf den Anträgen A002<br />

und A056, die der ver.di-Bundeskongress<br />

2015 angenommen hat. In<br />

letztgenanntem wurde ver.di aufgefordert,<br />

einen Grundsatz zu entwickeln,nachdemdieOrganisation<br />

keineTarifverträgemehrabschließt,<br />

mit denen die Zeitdauer von BefristungenüberdievomGesetzerlaubte<br />

hinausgeht.<br />

Neben der politischen Diskussion<br />

mit dem Ziel, sachgrundlose Befristungeneinzuschränken,zeigtver.di<br />

hier auch, dass sie diese Forderung<br />

durch eigenes Handeln voranbringen<br />

will. „Dies ist vergleichbar mit<br />

derMindestlohnkampagneunddem<br />

tarifpolitischenGrundsatzzumMindestlohn“,<br />

heißt es in der Begründung.<br />

Der Grundsatz sei ein erster<br />

tarifpolitischer Schritt, sachgrundlose<br />

Befristungen einzudämmen.<br />

Der jetzt vorgelegten 3. überabeiteten<br />

Auflage der Broschüre<br />

„Tarifpolitische Grundsätze“ ist ein<br />

langer Diskussionsprozess vorausgegangen.<br />

Sie wurden im Bundestarifausschuss<br />

erarbeitet, in den<br />

Fachbereichen beraten und dann<br />

erneutimBundestarifausschussberatenunddarüberabgestimmt.Auch<br />

der ver.di-Bundesvorstand und der<br />

Gewerkschaftsratmusstennochzustimmen.<br />

Diese Grundsätze sind<br />

jetzt für die Tarifkommissionen verbindlich.Zusammenmitdenübrigen<br />

Grundsätzen dienen sie der Koordination<br />

und damit dann auch der<br />

Durchsetzung wichtiger gewerkschaftlicher<br />

Positionen in der Tarifpolitik.<br />

Werneke als Bsirske-Nachfolger vorgeschlagen<br />

findungskommission – Kocsis und Behle sollen als Stellvertreterinnen kandidieren<br />

(hla) Der ver.di-Vorsitzende Frank<br />

Bsirskehatangekündigt,beimver.di-<br />

BundeskongressimSeptember2019<br />

nicht mehr für den ver.di-Vorsitz zu<br />

kandidieren. Daher hat der ver.di-<br />

GewerkschaftsratbeiseinerSitzung<br />

im Sommer eine Findungskommission<br />

eingesetzt, die einen Personalvorschlag<br />

für den Vorsitz und die<br />

beiden Stellvertretungspositionen<br />

erarbeiten sollte.<br />

Am 11. September hat die Vorsitzende<br />

des Gewerkschaftsrats (GR),<br />

Monika Brandl, in einem Brief an<br />

dieGR-MitgliederdenPersonalvorschlagderFindungskommissionbekanntgegeben.Derderzeitigestell-<br />

vertretendever.di-VorsitzendeFrank<br />

Werneke, Leiter des Fachbereichs<br />

Medien, Kunst und Industrie, soll<br />

für den Vorsitz kandidieren. Als<br />

Stellvertreter/innen werden ver.di-<br />

Vize Andrea Kocsis, Leiterin des<br />

FachbereichsPostdienste,Speditionen<br />

und Logistik, sowie Christine<br />

Behle, Leiterin des Fachbereichs<br />

Verkehr, vorgeschlagen. In seiner<br />

Sitzung Anfang November wird der<br />

GRüberdiesenVorschlagabstimmen.<br />

In der Sitzung werden sich die Vorgeschlagenen<br />

vorstellen und sich<br />

denFragenderGR-Mitgliederstellen.<br />

Im Herbst kommenden Jahres wählen<br />

die Delegierten des ver.di-Bun-<br />

Räume genutzt<br />

starker einsatz – ver.di-Preis geht an Barbara Rohm und Birgit Gudjonsdottir<br />

(pm) Die Regisseurin Barbara Rohm<br />

und die Kamerafrau Birgit GudjonsdottirsindMitteSeptemberinBerlin<br />

bei der feierlichen Gala des Deutschen<br />

Schauspielerpreises mit dem<br />

ver.di-Preis „Starker Einsatz“ ausgezeichnetworden.Beidehättenes<br />

aufihreWeiseverstanden,dieRäume<br />

zu nutzen, die die #metoo-Debatte<br />

geöffnethat,heißtesinderBegründung<br />

der sechsköpfigen Jury.<br />

Barbara Rohm ist seit 2014 im Vorstand<br />

des heute als „Pro Quote Film“<br />

bekannten Frauennetzwerkes. Sie<br />

warmitdemBundesverbandSchauspiel<br />

(BFFS) und ver.di treibende<br />

Kraft beim Aufbau der überbetrieblichenVertrauensstelle„Themis“für<br />

die Film-, Fernseh- und Theaterbranche.<br />

An Themis können sich in<br />

Zukunft von sexueller Belästigung<br />

und Gewalt Betroffene wenden.<br />

deskongressesdanndenneuenVor-<br />

stand.<br />

InihremSchreibenandieGR-Mitglieder<br />

weist Monika Brandl darauf<br />

hin, dass keine der von der Kommission<br />

angesprochenen Frauen<br />

den Vorsitz angestrebt, wohl<br />

aber Interesse an den Stellvertretungen<br />

geäußert habe. Der Findungskommission<br />

sei es wichtig<br />

gewesen, dass das zukünftige Führungstrio<br />

als Team arbeite. Im Oktober<br />

will sich das Präsidium des<br />

Gewerkschaftsratsmitdenweiteren<br />

Kandidat/innen für die Bundesvorstandsaufgaben<br />

mit Querschnittsbereichen<br />

beschäftigen.<br />

DassQualitätalleinsichnichtdurchsetzt,wennesseltenMöglichkeiten<br />

des Sich-Beweisens gibt, ist eines<br />

der Hauptargumente für den regulativen<br />

Effekt einer Quote. Birgit<br />

Gudjonsdottir wollte solche Möglichkeiten<br />

für ihre Kolleginnen erweitern<br />

und hat deswegen im Jahr<br />

2017einNetzwerkfürKamerafrauen<br />

gegründet,dieCinematographinnen<br />

Deutschland.<br />

b r o s c h ü r e<br />

Tarifpolitische<br />

Grundsätze<br />

(red.) In der Broschüre<br />

„Tarifpolitische Grundsätze“<br />

sind die aktuell<br />

gültigen tarifpolitischen<br />

Grundsätze, die vom<br />

ver.di-Gewerkschaftsrat<br />

und von der Bundestarifkommission<br />

beschlossen<br />

worden sind, zusammengefasst.<br />

Hinzu kommen<br />

die entsprechenden Beschlüsse<br />

der ver.di-Bundeskongresse<br />

seit 2003.<br />

Damit bietet die Broschüre<br />

auf 146 Seiten eine<br />

umfassende Übersicht<br />

über die aktuell geltenden<br />

Leitplanken, an denen<br />

sich die Tarifpolitik<br />

von ver.di ausrichten soll.<br />

Damit ist die Broschüre<br />

insbesondere für die<br />

Mitglieder von Tarifkommissionen<br />

eine wichtige<br />

Grundlage, die ihnen bei<br />

der Erfüllung ihrer Aufgabe<br />

hilft.<br />

Die von ver.di herausgegebene<br />

Broschüre „Tarifpolitische<br />

Grundsätze“<br />

liegt jetzt in der 3. überarbeiteten<br />

Auflage vor.<br />

ver.di-Mitglieder finden<br />

sie im ver.di-Mitgliedernetz<br />

unter https://mit<br />

gliedernetz.verdi.de/<br />

informativ/tarif. Bezogen<br />

werden kann die<br />

146-seitige Broschüre<br />

auch über Bezirke und<br />

Fachbereiche. Die wiederum<br />

können sie über das<br />

Intranet bestellen. Die<br />

tarifpolitischen Grundsätze<br />

sind für haupt- und<br />

ehrenamtliche Funktionsträger/innen<br />

ebenfalls<br />

im Intranet unter<br />

dem Suchbegriff „Tarifpolitische<br />

Grundsätze“<br />

auch einzeln abrufbar.


u n t e w i e s e<br />

8 ver.di <strong>news</strong> <strong>13</strong> · 29. September <strong>2018</strong><br />

klaus steinitz:<br />

zukunftsfähiger sozialismus<br />

im 21. jahrhundert.<br />

herausforderungen<br />

an eine sozialökologisch<br />

nachhaltige<br />

gesellschaftliche produktionsweise,<br />

vsa-verlag, hamburg,<br />

93 seiten, 9,80 euro,<br />

isbn 978-3899658378<br />

ver.di <strong>news</strong><br />

erscheint 14-täglich<br />

herausgeber:<br />

vereinte dienstleistungsgewerkschaft<br />

ver.di,<br />

frank bsirske, vorsitzender<br />

chefredaktion:<br />

dr. maria kniesburges<br />

redaktion: heike langenberg<br />

(verantwortlich), marion<br />

lühring, jenny mansch<br />

layout: helmut mahler<br />

infografik: klaus niesen<br />

cartoon: thomas plassmann<br />

druck: alpha print medien ag,<br />

darmstadt<br />

adresse: redaktion ver.di <strong>news</strong>,<br />

paula-thiede-ufer 10,<br />

10179 berlin,<br />

tel.: 030 / 69 56 1069,<br />

fax: 030 / 69 56 3012<br />

verdi-<strong>news</strong>@verdi.de<br />

www.verdi-<strong>news</strong>.de<br />

hinweis: die ausgabe 14<br />

erscheint am <strong>13</strong>. oktober <strong>2018</strong><br />

www.verdi.de<br />

Plan<br />

„Derzeit ist die<br />

Pflege der am<br />

wenigsten planbare<br />

Beruf, den es gibt.<br />

Bundesgesundheitsminister<br />

Jens Spahn<br />

im Interview mit der<br />

„Augsburger Allgemeinen“<br />

zu den Arbeitsbedingungen<br />

in<br />

der Pflege<br />

Weiter so geht nicht<br />

b u c h t i p p – Klaus Steinitz zeigt, wie Sozialismus zukunsfähig werden kann<br />

NachdemZusammenbruchderUdSSR<br />

in den 1990er Jahren machte die<br />

These vom „Ende der Geschichte“<br />

dieRunde.Etwasverkürztwardamit<br />

derhistorischeSiegdesKapitalismus’<br />

überdenSozialismusgemeint.Vielen<br />

graute vor der Perspektive eines<br />

endlosen real existierenden Kapitalismus.Zuoffensichtlichwarenschon<br />

damalsseineDefizite.Heutekönnen<br />

sie nur noch notorische Realitätsverweigerer<br />

übersehen: Dramatisch<br />

zunehmende Umweltprobleme, extremeUngleichheitbeiChancen,Einkommen<br />

und Vermögen, sich häufendeWirtschafts-undFinanzkrisen,<br />

um nur die wichtigsten zu nennen.<br />

Aufgeradeeinmal93Seitenversucht<br />

Klaus Steinitz darzulegen, dass es<br />

sehr wohl Alternativen zum Kapitalismus<br />

gibt – und es sie auch geben<br />

muss, sonst droht das Ende der Geschichte<br />

als Ende der Menschheit<br />

auf einem selbstzerstörten Planeten.<br />

Am 17. und 18. Oktober findet in<br />

Magdeburg das JAV- und Personalräte-Forum<br />

des ver.di-BundesfachbereichsGemeindenstatt.Dabei<br />

geht es um die Frage, vor welche<br />

Herausforderungen die Digitalisierung<br />

die Interessenvertretungen im<br />

ÖffentlichenDienststellt,insbesondere<br />

mit Blick auf Beschäftigte und<br />

auf die Fachkräfte, die es zu gewinnen<br />

gilt. Mehr Infos: https://ge<br />

meinden.verdi.de/service/veran<br />

staltungen<br />

Die Werkstatt Gute Arbeit von<br />

ver.di findet am 8. und 9. November<br />

in der ver.di-Bundesverwaltung in<br />

Berlin statt. Themenschwerpunkte<br />

sind Interaktionsarbeit und die beteiligungsorientierte<br />

Analyse von<br />

Arbeitsbedingungen. Mehr Infos:<br />

https://innovation-gute-arbeit.<br />

verdi.de/ueber-uns/veranstal<br />

tungen<br />

Mit einem Empfang zu seinem 80.<br />

Geburtstag hat ver.di am <strong>13</strong>. September<br />

<strong>2018</strong> einem Kollegen die Reverenzerwiesen,demgrundsätzlich<br />

solcherlei Honneurs unangenehm<br />

sind, bei denen nicht die politische<br />

Sache, sondern seine Person im Mittelpunktsteht:DetlefHensche,bis<br />

zurver.di-Gründung2001Vorsitzender<br />

der Industriegewerkschaft Medien<br />

– Druck und Papier, Publizistik<br />

und Kunst und damit eine der treibenden<br />

Kräfte auf dem Weg zur<br />

neuenDienstleistungsgewerkschaft,<br />

freute sich an diesem Abend in der<br />

Berliner ver.di-Zentrale dennoch<br />

sichtlich über die hohe Wertschätzung<br />

und freundschaftliche Zuwendung,dieihmeinegroßeGästeschar<br />

entgegenbrachte. Der ver.di-Vorsitzende<br />

Frank Bsirske und der „Papst“<br />

derarbeitnehmerorientiertenRechtswissenschaft,<br />

Professor Wolfgang<br />

Im Buch spiegelt sich die lange Lebenserfahrung<br />

des Autors in zwei<br />

Welten wider: Als Ökonom, der in<br />

derDDRaufgewachsenistundgelebt<br />

hat, der in der staatlichen PlankommissiontätigundalsHochschullehrer<br />

gelehrt hat, befasste sich Steinitz<br />

ausgiebig mit Wirtschaftsreformen<br />

und später mit dem Scheitern des<br />

realen Sozialismus. Seit dem Fall der<br />

Mauer beschäftigt er sich mit den<br />

negativen Folgen des realen Kapitalismus.<br />

Auf dieser Grundlage versucht<br />

er die Rahmenbedingungen<br />

einer „grundlegenden gesellschaftlichen<br />

Transformation“ zu umreißen.<br />

DasknappeFormatdesBuchszwingt,<br />

sich auf zentrale Botschaften zu beschränken.<br />

Insofern ist es eher als<br />

Kompass zu verstehen.<br />

Als roter Faden zieht sich die<br />

Grundüberzeugung durch das Buch,<br />

dass der profitgetriebene Kapitalismus<br />

die eigentliche Ursache der<br />

entstandenen Probleme ist. Notwendig<br />

sei ein Ausbau der Demokratie<br />

auf die Wirtschaft und eine<br />

damitverbundene„gesellschaftliche<br />

Steuerung/Planung grundlegender<br />

Strukturveränderungen“.DabeigelteesdieErfahrungenbeiderSysteme<br />

zunutzen.SteinitzlässtkeinenZweifel<br />

daran, dass an weniger Markt<br />

und mehr Staat und Steuerung kein<br />

Weg vorbeiführt. Und auch daran,<br />

dass eine solche Transformation<br />

eine Herkulesaufgabe ist, die nur<br />

Schritt für Schritt angegangen werden<br />

kann. Probleme erkennt und<br />

benennt er klar und zur Genüge,<br />

ebenso wie ganz systematisch die<br />

Ziele, wo es hingehen muss, und<br />

Wege, die dazu lernend beschritten<br />

werden müssen. Nach wie vor gebe<br />

esjedochimmernochvielzuwenige,<br />

die glauben, „dass es zum Kapitalismus<br />

eine realistische Alternative<br />

gibt“. Klaus Steinitz trägt dazu bei,<br />

dass es mehr werden dürften.<br />

Norbert Reuter<br />

t e r m i n e ························· g r a t u l a t i o n ·······························································<br />

Däubler, skizzierten den Lebensweg<br />

des„intellektuellenQuereinsteigers“<br />

indieGewerkschaftsbewegungund<br />

würdigten mehr als fünf Jahrzehnte<br />

gesellschaftspolitischen Engagementsdes„radikalenDoktors“(„Die<br />

Zeit“) aus Wuppertal. Von 1971 bis<br />

1975 hatte Hensche die Abteilung<br />

GesellschaftspolitikbeimDGB-Bundesvorstand<br />

geleitet, bevor er in<br />

den Geschäftsführenden Hauptvorstand<br />

der IG Druck und Papier berufen<br />

wurde. 1983 folgte die Wahl<br />

zum stellvertretenden Gewerkschaftsvorsitzenden,<br />

1989 die zum<br />

IG-Medien-Vize. 1992 wurde er Vorsitzender<br />

der IG Medien. Eigens zu<br />

seinem80.GeburtstaghattenHolger<br />

Menze und Daniel Manns einen<br />

eindrucksvollenFilmproduziert,der<br />

zeithistorische Aufnahmen mit aktuellen<br />

Kommentaren des Jubilars<br />

verbindet.<br />

(hem)

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