12.09.2018 Aufrufe

Nr. 22 (III-2018) - Osnabrücker Wissen

Nr. 22 (III-2018) - Osnabrücker Wissen Wir beantworten Fragen rund um die Osnabrücker Region. Alle drei Monate als Printausgabe. Kostenlos! Und online unter www.osnabruecker-wissen.de

Nr. 22 (III-2018) - Osnabrücker Wissen

Wir beantworten Fragen rund um die Osnabrücker Region. Alle drei Monate als Printausgabe. Kostenlos! Und online unter www.osnabruecker-wissen.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

«<br />

NATUR & UMWELT<br />

Dr. Föcking (rechts) auf der<br />

<strong>Osnabrücker</strong> Veranstaltung<br />

„Zukunftforum Luft“<br />

Ist Staub wirklich so gefährlich?<br />

Die Atemluft ist in der Hasestadt ja schon lange ein Thema, auch wenn es in letzter Zeit fast ausschließlich<br />

um die Emissionen, das berüchtigte Stickstoffdioxid (NO2), durch den Straßenverkehr<br />

geht. Aber es liegt noch viel mehr in der Luft: Jede Menge Stäube, die in ihrer gesundheitsgefährdenden<br />

Wirkung meist komplett unterschätzt werden.<br />

„Hier müssen wir alle zusammen deutlich wachsamer sein.“, erklärte<br />

der Betriebsmediziner Dr. med. Ludwig Föcking auf dem<br />

Zukunftsforum Luft in Osnabrück. Um<br />

die Wichtigkeit seines Anliegens<br />

zu demonstrieren, verwies Dr.<br />

Föcking darauf, dass jeder<br />

Mensch in seinem Leben<br />

durchschnittlich<br />

350.000 Kilogramm<br />

Luft verbraucht. An<br />

Nahrung verbraucht<br />

ein Mensch nur ein<br />

Zehntel, also 35.000<br />

Kilogramm. Luft ist<br />

somit die wichtigste<br />

Grundlage des Lebens,<br />

aber es ist nicht<br />

so gut um sie bestellt.<br />

Jedes Jahr sterben weltweit<br />

3,3 Millionen Menschen vorzeitig<br />

an den Folgen von Luftverschmutzung.<br />

Diese Zahl könnte sich bis 2050 verdoppeln, wenn<br />

die Emissionen ähnlich ansteigen wie bisher, stellten Spezialisten<br />

des Max-Planck-Instituts bereits vor einiger Zeit fest. Die Hauptquellen<br />

für schlechte Luft sind überraschenderweise nicht Industrie<br />

und Verkehr, sondern häusliche Kleinfeuer wie Öfen, Kamine<br />

oder Feuerstellen und die Landwirtschaft.<br />

Als Ursache für die Luftbelastung haben <strong>Wissen</strong>schaftler die<br />

Freisetzung von Ammoniak aus Viehzucht und Düngung identifiziert.<br />

Ammoniak entweiche durch die Zersetzung von Gülle<br />

und durch die Düngung von Nutzpflanzen in die Atmosphäre<br />

und reagiere dort mit anderen anorganischen Stoffen wie Schwefel-<br />

und Salpetersäure zu Ammoniumsulfat und Nitratsalzen.<br />

Hieraus entstehen nun wiederum Feinstaubpartikel. Die Berechnungen<br />

des Max-Planck-Institutes zeigen weiter auf, dass eine<br />

Reduzierung aller landwirtschaftlichen Emissionen um etwa die<br />

Hälfte weltweit eine Abnahme von rund acht Prozent der durch<br />

Luftverschmutzung verursachten vorzeitigen Sterbefälle bewirken<br />

würde.<br />

Würde man die gesamten Ammoniakemissionen stoppen können,<br />

könnten weltweit geschätzte 800.000 Menschen vor dem<br />

Bilder rechts oben / unten / Portrait Hoffmann © Michael Hafemann; Staubwolke © srady, Handwerker links © Photographee.eu, Schleifen © ANNA BERDNIK; fotolia.de<br />

Tod durch Krankheiten bewahrt werden,<br />

die durch Luftverschmutzung ausgelöst<br />

werden. Aber auch in der Produktion, an<br />

den Arbeitsplätzen herrscht „dicke Luft!“.<br />

Die Belastung durch Stäube hat sich in<br />

der jüngsten Vergangenheit deutlich verändert.<br />

Produktions- und technologiebedingt<br />

werden die Staubpartikel immer<br />

kleiner, so Dr. Föcking auf der <strong>Osnabrücker</strong><br />

Veranstaltung. Warnten die Mediziner<br />

vor Jahren noch vor lungengängigen<br />

Stäuben, sind einige Stäube inzwischen<br />

zellgängig, d.h. sie können aufgrund ihrer<br />

geringen Größe Zellwände oder Membranen<br />

durchdringen. Nanomaterialien gelangen<br />

über die Atemwege in den Körper<br />

und überwinden innerhalb des Körpers<br />

wichtige Schutzbarrieren. Schädigungen<br />

am Erbgut, Entzündungen und Organschäden<br />

können die Folge sein. Schon unter<br />

normalen Bedingungen kann Staub je<br />

nach Art, Größe der Partikel und Ort der<br />

Ablagerung zu Reizungen und Erkrankungen<br />

der Atemwege, der Haut und der<br />

Augen führen.<br />

Wie wird die Staubbelastung<br />

ermittelt?<br />

Prof. Dr. Jörg Hoffmann von der <strong>Osnabrücker</strong><br />

Hochschule gilt als führender<br />

Fachwissenschaftler in diesem Bereich.<br />

Auf dem „Zukunftforum Luft“ erklärte<br />

er: „Es wird in Öffentlichkeit und Politik<br />

viel über Staubbelastung gesprochen und<br />

es werden Messergebnisse veröffentlicht<br />

und diskutiert. Und dann damit Politik<br />

gemacht. Aber womit eigentlich? Es gibt<br />

keine standardisierten Messverfahren und<br />

somit keine vergleichbaren Messergebnisse!“<br />

Es existiere somit keine wirkliche wissenschaftliche<br />

Grundlage für politisches<br />

Handeln. Es muss also mehr Forschung<br />

geben, die den politisch<br />

Handelnden Daten<br />

und Erkenntnisse<br />

liefern,<br />

auf deren<br />

«<br />

Grundlagen sie die richtigen Entscheidungen<br />

treffen können.<br />

Die <strong>Osnabrücker</strong> Sozialwissenschaftlerin<br />

Prof. Andrea Lenschow wurde noch<br />

deutlicher und verwies darauf, dass viele<br />

Entscheider in Politik und Verwaltung in<br />

Sachen Luftverschmutzung einen deutlichen<br />

Nachholbedarf in puncto Fachwissen<br />

hätten. Der Grund liege in der fehlenden<br />

Kommunikation zwischen Forschung,<br />

Technik und politischer Verwaltung. Alle<br />

Fachteilnehmer des Zukunftsforums kamen<br />

überein, dass es wichtig wäre, an der<br />

<strong>Wissen</strong>svermittlung zu arbeiten und dass<br />

Osnabrück, sowohl wissenschaftlich als<br />

auf auch von der Unternehmensseite, der<br />

richtige Ort dafür sei. | Michael Hafemann<br />

WISSEN KOMPAKT<br />

WAS IST STAUB?<br />

Wikipedia weiß: Staub (Mehrzahl<br />

Stäube, bei unterschiedlichen<br />

Sorten) ist die Sammelbezeichnung<br />

für feinste feste<br />

Partikel verschiedener Größe<br />

und verschiedenen Ursprungs,<br />

die einen gewissen Zeitraum<br />

in Gasen, insbesondere in<br />

der Luft, suspendiert bleiben<br />

können. Es werden Schwebstaub<br />

und Staubniederschlag<br />

unterschieden. Je nach Notwendigkeit<br />

wird Staub nach der<br />

Partikelgröße oder nach der<br />

Staubart unterteilt. Staubteilchen<br />

können aus organischen<br />

(Blütenpollen, Bakterien, Pilzsporen)<br />

oder anorganischen<br />

Materialien (Gesteinsstaub,<br />

Mineralfasern) bestehen. Eine<br />

allgegenwärtige Form des<br />

Staubes, der aus organischem<br />

und anorganischem Material<br />

besteht, ist Hausstaub.<br />

28

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!