Nr. 22 (III-2018) - Osnabrücker Wissen
Nr. 22 (III-2018) - Osnabrücker Wissen Wir beantworten Fragen rund um die Osnabrücker Region. Alle drei Monate als Printausgabe. Kostenlos! Und online unter www.osnabruecker-wissen.de
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NATUR & UMWELT<br />
Dr. Föcking (rechts) auf der<br />
<strong>Osnabrücker</strong> Veranstaltung<br />
„Zukunftforum Luft“<br />
Ist Staub wirklich so gefährlich?<br />
Die Atemluft ist in der Hasestadt ja schon lange ein Thema, auch wenn es in letzter Zeit fast ausschließlich<br />
um die Emissionen, das berüchtigte Stickstoffdioxid (NO2), durch den Straßenverkehr<br />
geht. Aber es liegt noch viel mehr in der Luft: Jede Menge Stäube, die in ihrer gesundheitsgefährdenden<br />
Wirkung meist komplett unterschätzt werden.<br />
„Hier müssen wir alle zusammen deutlich wachsamer sein.“, erklärte<br />
der Betriebsmediziner Dr. med. Ludwig Föcking auf dem<br />
Zukunftsforum Luft in Osnabrück. Um<br />
die Wichtigkeit seines Anliegens<br />
zu demonstrieren, verwies Dr.<br />
Föcking darauf, dass jeder<br />
Mensch in seinem Leben<br />
durchschnittlich<br />
350.000 Kilogramm<br />
Luft verbraucht. An<br />
Nahrung verbraucht<br />
ein Mensch nur ein<br />
Zehntel, also 35.000<br />
Kilogramm. Luft ist<br />
somit die wichtigste<br />
Grundlage des Lebens,<br />
aber es ist nicht<br />
so gut um sie bestellt.<br />
Jedes Jahr sterben weltweit<br />
3,3 Millionen Menschen vorzeitig<br />
an den Folgen von Luftverschmutzung.<br />
Diese Zahl könnte sich bis 2050 verdoppeln, wenn<br />
die Emissionen ähnlich ansteigen wie bisher, stellten Spezialisten<br />
des Max-Planck-Instituts bereits vor einiger Zeit fest. Die Hauptquellen<br />
für schlechte Luft sind überraschenderweise nicht Industrie<br />
und Verkehr, sondern häusliche Kleinfeuer wie Öfen, Kamine<br />
oder Feuerstellen und die Landwirtschaft.<br />
Als Ursache für die Luftbelastung haben <strong>Wissen</strong>schaftler die<br />
Freisetzung von Ammoniak aus Viehzucht und Düngung identifiziert.<br />
Ammoniak entweiche durch die Zersetzung von Gülle<br />
und durch die Düngung von Nutzpflanzen in die Atmosphäre<br />
und reagiere dort mit anderen anorganischen Stoffen wie Schwefel-<br />
und Salpetersäure zu Ammoniumsulfat und Nitratsalzen.<br />
Hieraus entstehen nun wiederum Feinstaubpartikel. Die Berechnungen<br />
des Max-Planck-Institutes zeigen weiter auf, dass eine<br />
Reduzierung aller landwirtschaftlichen Emissionen um etwa die<br />
Hälfte weltweit eine Abnahme von rund acht Prozent der durch<br />
Luftverschmutzung verursachten vorzeitigen Sterbefälle bewirken<br />
würde.<br />
Würde man die gesamten Ammoniakemissionen stoppen können,<br />
könnten weltweit geschätzte 800.000 Menschen vor dem<br />
Bilder rechts oben / unten / Portrait Hoffmann © Michael Hafemann; Staubwolke © srady, Handwerker links © Photographee.eu, Schleifen © ANNA BERDNIK; fotolia.de<br />
Tod durch Krankheiten bewahrt werden,<br />
die durch Luftverschmutzung ausgelöst<br />
werden. Aber auch in der Produktion, an<br />
den Arbeitsplätzen herrscht „dicke Luft!“.<br />
Die Belastung durch Stäube hat sich in<br />
der jüngsten Vergangenheit deutlich verändert.<br />
Produktions- und technologiebedingt<br />
werden die Staubpartikel immer<br />
kleiner, so Dr. Föcking auf der <strong>Osnabrücker</strong><br />
Veranstaltung. Warnten die Mediziner<br />
vor Jahren noch vor lungengängigen<br />
Stäuben, sind einige Stäube inzwischen<br />
zellgängig, d.h. sie können aufgrund ihrer<br />
geringen Größe Zellwände oder Membranen<br />
durchdringen. Nanomaterialien gelangen<br />
über die Atemwege in den Körper<br />
und überwinden innerhalb des Körpers<br />
wichtige Schutzbarrieren. Schädigungen<br />
am Erbgut, Entzündungen und Organschäden<br />
können die Folge sein. Schon unter<br />
normalen Bedingungen kann Staub je<br />
nach Art, Größe der Partikel und Ort der<br />
Ablagerung zu Reizungen und Erkrankungen<br />
der Atemwege, der Haut und der<br />
Augen führen.<br />
Wie wird die Staubbelastung<br />
ermittelt?<br />
Prof. Dr. Jörg Hoffmann von der <strong>Osnabrücker</strong><br />
Hochschule gilt als führender<br />
Fachwissenschaftler in diesem Bereich.<br />
Auf dem „Zukunftforum Luft“ erklärte<br />
er: „Es wird in Öffentlichkeit und Politik<br />
viel über Staubbelastung gesprochen und<br />
es werden Messergebnisse veröffentlicht<br />
und diskutiert. Und dann damit Politik<br />
gemacht. Aber womit eigentlich? Es gibt<br />
keine standardisierten Messverfahren und<br />
somit keine vergleichbaren Messergebnisse!“<br />
Es existiere somit keine wirkliche wissenschaftliche<br />
Grundlage für politisches<br />
Handeln. Es muss also mehr Forschung<br />
geben, die den politisch<br />
Handelnden Daten<br />
und Erkenntnisse<br />
liefern,<br />
auf deren<br />
«<br />
Grundlagen sie die richtigen Entscheidungen<br />
treffen können.<br />
Die <strong>Osnabrücker</strong> Sozialwissenschaftlerin<br />
Prof. Andrea Lenschow wurde noch<br />
deutlicher und verwies darauf, dass viele<br />
Entscheider in Politik und Verwaltung in<br />
Sachen Luftverschmutzung einen deutlichen<br />
Nachholbedarf in puncto Fachwissen<br />
hätten. Der Grund liege in der fehlenden<br />
Kommunikation zwischen Forschung,<br />
Technik und politischer Verwaltung. Alle<br />
Fachteilnehmer des Zukunftsforums kamen<br />
überein, dass es wichtig wäre, an der<br />
<strong>Wissen</strong>svermittlung zu arbeiten und dass<br />
Osnabrück, sowohl wissenschaftlich als<br />
auf auch von der Unternehmensseite, der<br />
richtige Ort dafür sei. | Michael Hafemann<br />
WISSEN KOMPAKT<br />
WAS IST STAUB?<br />
Wikipedia weiß: Staub (Mehrzahl<br />
Stäube, bei unterschiedlichen<br />
Sorten) ist die Sammelbezeichnung<br />
für feinste feste<br />
Partikel verschiedener Größe<br />
und verschiedenen Ursprungs,<br />
die einen gewissen Zeitraum<br />
in Gasen, insbesondere in<br />
der Luft, suspendiert bleiben<br />
können. Es werden Schwebstaub<br />
und Staubniederschlag<br />
unterschieden. Je nach Notwendigkeit<br />
wird Staub nach der<br />
Partikelgröße oder nach der<br />
Staubart unterteilt. Staubteilchen<br />
können aus organischen<br />
(Blütenpollen, Bakterien, Pilzsporen)<br />
oder anorganischen<br />
Materialien (Gesteinsstaub,<br />
Mineralfasern) bestehen. Eine<br />
allgegenwärtige Form des<br />
Staubes, der aus organischem<br />
und anorganischem Material<br />
besteht, ist Hausstaub.<br />
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