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SUGGESTIONEN Ausgabe 2018

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50 Quantum-Mind-Hypothese<br />

Quantum-Mind-Hypothese<br />

751<br />

verraten nicht, wie die Reize, die<br />

sie ausgelöst haben, gestaltet<br />

sind. Erst die Aufnahme der Signale,<br />

ihre räumliche Verteilung, die<br />

Kombination verschiedener Signale<br />

und ihre Einbettung in vorhandene<br />

Strukturen bilden den<br />

neuronalen Code, auf dem sensorische<br />

Wahrnehmungen basieren,<br />

sodass sie irgendwie verstanden,<br />

eingeordnet und benutzt werden<br />

können (Schlüsselbegriff: verkörperte<br />

Intelligenz).<br />

Es bleibt die Frage, wie das subjektive<br />

Verständnis (Qualia) eines<br />

neuronalen Signals genau zustande<br />

kommt und ob quantenphysikalische<br />

Prozesse an der<br />

Funktionsweise des Gehirns beteiligt<br />

sind und wenn ja, wie und<br />

in welchem Ausmaß? Die Verteilung<br />

der Spikes nach Durchlaufen<br />

eines Axons kann Eigenschaften<br />

aufweisen, die nur quantenphysikalisch<br />

erklärbar sind, wenn die<br />

parenchymischen Dimensionen<br />

eines Axons, einer Synapse oder<br />

eines Mikrotubulus für die an der<br />

Depolarisation beteiligten Ionen<br />

genügend klein sind.<br />

Die geschätzten Quanteneffektgrößen<br />

der Ionen, die an der Bildung<br />

und Fortpflanzung der obengenannten<br />

Spikes beteiligt sind,<br />

zeigen, dass mindestens ein Teil<br />

der Informationsverarbeitung in<br />

den Nervenleitungen auf quantenphysikalischen<br />

Prozessen basiert<br />

(Schmid 2016).<br />

Denkprozesse können also teilweise<br />

auf Quanteneffekte zurückgeführt<br />

werden, falls der<br />

Ort eines versteckten Beobachters<br />

anatomisch lokalisiert werden<br />

kann. Die Frage ist nun: wo<br />

steckt der versteckte Beobachter<br />

im menschlichen Organismus?<br />

Quantum-Mind Hypothese zur<br />

Entstehung des Bewusstseins:<br />

Das psychogene In vivo(?)<br />

Doppelspalt-Experiment<br />

Wenn ein Axon einen Impuls<br />

durchgibt, wird er über die Axonterminale<br />

aufgeteilt und weitergeleitet.<br />

Jedes durch das Axon<br />

geleitete Bit präsynaptischer Information<br />

(Nervenimpulse), muss<br />

sich für eine von mehreren, verzweigten<br />

Nervenendigungen des<br />

Axons “entscheiden”, bevor es in<br />

die Synapse austritt und sich wieder<br />

“entscheidet”, durch welche<br />

Synapse und in welchen der vielen<br />

Dendriten des nächsten Neurons<br />

es eintreten wird. Ich frage<br />

mich, nach welchen phänomenologischen<br />

Prinzipien diese Verteilungen<br />

bestimmt werden?<br />

Es ist umstritten, ob das Gehirn<br />

Quantenrechnungen direkt unterstützt.<br />

Damit diese auftreten,<br />

muss ein System von der thermodynamischen<br />

Umgebung zeitweise<br />

isoliert werden, da sonst Wechselwirkungen<br />

mit der Umwelt<br />

Quantensuperpositionen sofort in<br />

klassische Zustände überführen.<br />

Wie könnte das Gehirn dies ermöglichen?<br />

Die Quantum-Mind Hypothese<br />

Folgende Hypothese habe ich zur<br />

Entstehung des Bewusstseins im<br />

menschlichen Organismus postuliert<br />

(Schmid 2015c):<br />

“Der versteckte Beobachter, der<br />

sich […] im Informationsverarbeitungsnetzwerk<br />

des Organismus<br />

verbirgt, initiiert und erhält das<br />

Bewusstsein durch die Regulierung<br />

eines dynamischen Gleichgewichts<br />

zwischen Interferenz […]<br />

und Dekohärenz [...] während der<br />

[…] Übertragung von […] Signalen<br />

aufrecht.”<br />

Die «Quantum-Mind Hypothese»<br />

bietet eine anatomische Grundlage<br />

für<br />

• Interferenz oder Nicht-Interferenz<br />

zu evozieren, d. h. das<br />

wellenartige oder teilchenartige<br />

Verhalten der Signalübertragung<br />

über In vivo Quantendoppelspalt-Phänomenen,<br />

die in dynamisch interaktiven<br />

physikalischen Strukturen («it»)<br />

des Organismus stattfinden;<br />

• die Dekohärenz der Quantenwellenfunktion<br />

Ψ des Gehirns<br />

für ausreichend lange Zeiträume<br />

zu verhindern, d. h. die<br />

Kohärenz für eine ausreichend<br />

lange Zeit aufrechtzuerhalten<br />

und<br />

• ein dynamisches Gleichgewicht<br />

zwischen Interferenz (I)<br />

und Dekohärenz (II) während<br />

Übertragung von dichotomen<br />

(«bit») Signalen zu regulieren.<br />

Laut dieser Hypothese ist der<br />

Zusammenbruch von Quantenüberlagerungszuständen<br />

mit dem<br />

Auftreten eines sich selbst wahrnehmenden<br />

Bewusstseins verbunden.<br />

Ein Signal interferiert entweder<br />

mit sich selbst oder wird<br />

“gezwungen”, sich für den einen<br />

oder den anderen von mehreren<br />

möglichen Signalkanälen zu<br />

“entscheiden”:<br />

• innerhalb des Axons vor der<br />

Verzweigung in die Axon-<br />

Terminals und<br />

• innerhalb der Synapse<br />

zwischen den Axon-Terminals<br />

und den Dendriten des<br />

nächsten Neurons und<br />

• innerhalb des Zellkörpers des<br />

nächsten Neurons<br />

jenseits seiner Dendriten.<br />

Einerseits könnte ein durch das<br />

Axon vermittelter, intraneuronaler<br />

Impuls sich entscheiden, nur<br />

an einer Nervenendung und danach<br />

in der Synapse nur an einem<br />

Dendriten-Terminal des nächsten<br />

Neurons anzukommen; andererseits<br />

könnte der Impuls sich diese<br />

„Entscheidung“ irgendwie über<br />

das ihm vorliegende Nervenendungs-<br />

bzw. Dendriten-Areal verteilen<br />

(ganz zu schweigen von der<br />

interneuralen Konnektivität solcher<br />

Impulse im ganzen Gehirn).<br />

Solch ein Signal manifestiert sich<br />

entweder als “Teilchen” oder als<br />

“Welle”, abhängig davon, ob und<br />

wie ein (versteckter) Beobachter<br />

diesen Prozess begleiten kann.<br />

So lässt sich vermuten, dass der<br />

aus der Hypnotherapie wohlbekannte<br />

versteckte Beobachter<br />

letztendlich an jeder Verzweigung<br />

in den astrozytären Rezeptoren<br />

versteckt ist.<br />

So wie die Synapsen die Neuroplastizität<br />

des Gehirns und somit<br />

das Lernen wesentlich mitbestimmen,<br />

könnten die Nervenendungen<br />

von jedem einzelnen Axon,<br />

die Synapsen zwischen diesen<br />

Nervenendungen und den Dendriten<br />

des nächsten Neurons das<br />

Bewusstsein ermöglichen.<br />

Zusammengefasst lässt sich<br />

meine Quantum-Mind<br />

Hypothese wie folgt formulieren:<br />

“Durch ein quantenphysikalisches<br />

Zusammenspiel von komplexen<br />

dichotomen Entscheidungsprozessen<br />

taucht das Bewusstsein<br />

asymptotisch aus einer rekursiv<br />

konvergierenden Reihe von «versteckten<br />

Beobachtern» innerhalb<br />

der physikalischen Struktur des<br />

Organismus auf, währenddem<br />

dieser gleichzeitig zum bewussten<br />

Erleben erweckt wird.”<br />

Der aus der Hypnotherapie bekannte<br />

versteckte Beobachter<br />

wäre also letztendlich in den gliären<br />

(astrozytären) Rezeptoren versteckt,<br />

wodurch die empirische<br />

Tatsache erklärt werden könnte,<br />

dass die Selbstbeobachtung die<br />

Selbstheilung (und den psychogenen<br />

Tod) beeinflussen kann.<br />

Ausklang<br />

Wie ich gezeigt habe (Schmid<br />

2016), ist nachvollziehbar, dass<br />

ein Teil unseres Denkens sich<br />

auf Quanteneffekte zurückführen<br />

lässt.<br />

Was können wir daraus ableiten?<br />

Könnte es sein, dass eine vorwiegend<br />

quanten-physikalische Verarbeitung<br />

der Botenstoffe kaum<br />

zu erwarten wäre, da wir uns ansonsten<br />

subjektiv vorwiegend in<br />

einer Quantenwelt statt in einer<br />

klassischen Welt erleben würden,<br />

was uns in psychologischen<br />

Widerspruch zu unserem alltäglichen<br />

Erleben führen würde?<br />

Man kann zum Beispiel anhand<br />

der Glia-Entwicklung im Gehirn<br />

des Kleinkinds bis zum Alter von<br />

circa 18 Monaten argumentieren,<br />

dass die Quantenwelt die subjektive<br />

Welt des Kleinkinds ist<br />

(Schmid 2015a).<br />

Das Erlangen von Bewusstsein ist<br />

ein Prozess in der psychophysiologischen<br />

Entwicklung des Kleinkinds<br />

und konkret-operationell<br />

feststellbar.<br />

Im Sinne eines wissenschaftlich-spekulativen<br />

Erklärungsversuchs<br />

nehme ich an, dass die<br />

Quantenphysik die Basis des Bewusstseins<br />

sein muss, also notwendig<br />

für die Entstehung des<br />

Bewusstseins ist. Veränderungen<br />

der anatomischen Verhältnisse<br />

auf mikroskopischer Ebene würden<br />

eine Veränderung der „Dosis<br />

Quantenphysik“ nach sich ziehen<br />

und das Bewusstsein beeinflussen.<br />

Bewusstsein jenseits des<br />

menschlichen Körpers?<br />

Bisher gibt es keine allgemein akzeptierte<br />

Definition von Bewusstsein.<br />

Ist es die Fähigkeit, über sich<br />

selbst nachzudenken und innere<br />

Symbole für die eigene Existenz<br />

zu finden? Es ist genauso wenig<br />

ein Ding, wie die Farbe blau ein<br />

Ding ist.<br />

Es ist ein besonderer, selbstreferentieller<br />

Zustand des Körper-Geists.<br />

Könnte das Bewusstsein die<br />

Begrenzung auf das Gehirn oder<br />

den Körper überschreiten?<br />

Die Hypothese, inwiefern das<br />

im Sinne einer Art Quanten-verschränkung<br />

des Bewusstseins<br />

geschehen könnte, ist gewagt,<br />

doch berechtigt. Noch spekulativer<br />

scheinen die Behauptungen<br />

zur Aufnahmefähigkeit des Wassers<br />

für Informationen, dargestellt<br />

in unterschiedlichen Kristallbildungen,<br />

die suggerieren, Wasser<br />

könne Träger von “Bewusstsein”<br />

sein.<br />

Sicher aber ist “Bewusstsein” ein<br />

viel umfassenderer Begriff als unsere<br />

anthropozentrische Vorstellung<br />

davon.

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