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Teil 2 - LimeSim

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FietsPad.De – Traum Südamerika – <strong>Teil</strong> 2<br />

Ehemals reiche Leute leben nun dort unten in den Slums und können sich mit ihrer Lage nicht<br />

abfinden. Was sie früher auch hatten, holen sie sich heute eben über den Weg der<br />

Kriminalität...<br />

Die Polizei sieht die Lage schon viel realistischer als das Tourismusamt. Auf der Straße werde<br />

ich von zwei schwer bewaffneten Polizisten angehalten. "¿Tu conoces Caracas?" fragt mich der<br />

stämmige Schwarze mit einem Fingerzeig auf meine Fototasche. "Pues, es mi primer día acá -<br />

Nun ja, es ist mein erster Tag hier" gebe ich ehrlich zu - ziehe aber im gleichen Moment<br />

vorsichtig mein Pfefferspray aus der Hosentasche. "Ok." Er nickt mir kurz mit einem<br />

verschwörerischen Blick zu und lässt mich weitergehen.<br />

Die (politisch) heiße Ecke von Caracas Sonnenuntergang am Parque Central<br />

Mein spärlicher Polyglott-Reiseführer spiegelt nur noch an den wenigsten Stellen die Realität<br />

wieder. Auf Seite 36 heißt es zum Beispiel:<br />

"An der verkehrsreichen Plaza Venezuela kann auch der Springbrunnen die Luft nicht mehr<br />

verbessern. Ruhiger ist die Atmosphäre in der Fußgängerzone des Boulevard de Sabana<br />

Grande zwischen den Metrostationen Sabana Grande und Chacaito. Hier lässt es sich<br />

zwischen zahlreichen Geschäften und Lokalen an Bücherständen ein wenig stöbern, hier<br />

vertiefen sich die Einheimischen ins Schachspiel unter freiem Himmel [...]"<br />

Bücherstände? Ruhe? Stöbern?<br />

Pustekuchen! Die Fußgängerzone ist, wie andere schöne Stadtteile, innerhalb des letzten<br />

halben Jahres zu einem Dreckloch verkommen. Überall liegt Müll und zum gemütlichen<br />

Schlendern lässt man sich nur ungern verlocken. Anstatt der Bücher werden nur noch<br />

Raubkopien von Filmen, DVDs und Software verkauft. Überall wird man von überdrehten<br />

Lautsprechern beschallt und jeder will etwas verkaufen. Selbst viele Venezuelaner lockt es hier<br />

nicht mehr hin. Die Stadt zerstört sich selbst.<br />

Da waren einmal die schönen Zeiten - vor dem Putsch...<br />

Nur in der Metro ist es gelungen die "guten alten Zeiten" zu konservieren (Wenn man einmal<br />

davon absieht, dass die Fahrpreise auf den Automaten seit der letzten großen Inflation<br />

provisorisch um eine Nullstelle erweitert wurden). Die Metro ist schnell sauber und pünktlich.<br />

Dieses Verkehrsmittel ist sogar so beliebt, dass ich mich erst im dritten Zug zu der großen<br />

Menschenmenge hinzuquetschen kann, bevor die Türen wieder schließen.<br />

Ich suche immer noch verzweifelt nach einem guten Reiseführer à la Lonely Planet. In einem<br />

kleinen Buchladen erfahre ich, dass sich im Hilton Hotel ein guter Shop mit Reiseführern<br />

befinden soll. Nun, eigentlich habe ich in so einem Hotel ziemlich wenig verloren. Aber ich<br />

mache mir einfach mal den Spaß und tue so als ob. Es wird ja kaum jemand wissen, dass ich<br />

dort keines der Zimmer (die "schon" ab 250 US$ pro Nacht zu bekommen sind) gemietet habe.<br />

Allerdings finde ich auch dort im Buchladen keinen guten Reiseführer über Venezuela. Der<br />

nette Señor verweist mich auf die Rezeption, die hätten angeblich einen dort liegen. Ok, warum<br />

nicht? Jetzt darf nur keiner merken, dass ich hier nichts zu suchen habe. Allerdings kann die<br />

nette Dame an der Rezeption auch keinen Lonely Planet unter ihrem goldverkanteten Tisch<br />

finden. Ich genieße noch ein wenig die klimatisierte Empfangshalle des Hilton, muss mich dann<br />

aber wohl oder übel auf den Rückweg zu meinem Hotel machen...<br />

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