Teil 2 - LimeSim

Teil 2 - LimeSim Teil 2 - LimeSim

17.12.2012 Aufrufe

Der Höllenritt Der Landweg nach Rurrenabaque FietsPad.De – Traum Südamerika – Teil 2 Hatte ich nicht gesagt, dass es immer anders kommt als erwartet?! Genau! Wie sollte es auch anders sein! Früh am Morgen machen Hans, Donat Sindy und ich uns auf den Weg zum Bootsanleger. Der Bootsmann hat sich gestern nicht mehr bei uns blicken lassen, obwohl er uns versprochen hatte vorher noch einmal vorbeizukommen. Ein schlechtes Zeichen. Er steht schon vor dem Punto Entel und teilt uns mit, dass er heute nicht fahren wird. Die Fußballmannschaft hätte angeblich nicht genügend Geld. Natürlich gäbe es noch eine Möglichkeit: Den "Expresso". Wir bleiben beim Verhandeln auf "läppischen" 180 Dollar für die Fahrt beharren, er auf 250 Dollar. Das kann doch nicht wahr sein!!! Innerlich muss ich mich zurückhalten, dass ich jetzt nicht ausraste und ihm aus reinem Unmut kräftig zwischen die Beine trete! Wegen diesem schmierigen Drecksgesicht soll ich drei Tage in diesem Kaff abgesessen haben!? Dann kommt uns der Fußballtrainer über den Weg gelaufen und sagt uns, dass sie heute fahren werden. Aber nur wenn die ganze Mannschaft bis 8 Uhr zusammenkommt. Gut, ich spreche daraufhin wieder den Bootsmann und der antwortet mir nur verächtlich: "Alles Humbug! Der Spinner weiß doch gar nichts!". Daraufhin zeigt er uns stolz seine ungeschliffene Nussschale ohne Motor, die wir wohl heute auf ihrer Jungfernfahrt "eingeweiht" hätten. "Was macht die Fahrt denn so teuer?", frage ich ihn. "Na, das Benzin." "Und wie viele Liter brauchen Sie für die Fahrt?" "300 Liter" Mal ganz davon ab, dass das absolut übertrieben ist bin ich schon kurz davor ihm den Vorschlag zu machen, dass wir ihm ja die 300 Liter besorgen könnten. Das käme dann vielleicht auf 50 Dollar. Doch Donat hält mich zurück. Am besten wär's wir gehen erst einmal frühstücken und lassen den Spinner ein wenig schmoren, sagt er mir. Ich genehmige mir einen "Milchkakao", der nach Öl, Wasser und Mehl schmeckt, aber kein bisschen nach Kakao. Daraufhin habe ich wirklich die Schnauze voll von den Halsabschneidern hier, nehme mir ein wenig Proviant aus meinem Fahrradtaschen und schmiere mir im Restaurant meine eigenen Brote. Sollen sie doch dumm gucken, wie sie wollen! Die Mutter des kleinen Fußballspielers, den wir kennen, sagt uns selbst sehr irritiert, dass das Boot doch heute fahren müsse. So langsam bekommen wir raus, wie der Hase läuft. Der Bootsmann fährt nur, wenn wir die entsprechende Geldleistung bringen - eher bewegt sich hier gar nichts und die Fußballmannschaft kommt auch nirgendwo hin. Schön! Wir sehen aber nicht ein, den Transport für die gesamte Fußballmannschaft und alle möglichen anderen Güter zu bezahlen. Donat geht schon einmal in die "Stadt", um sich über Fahrtmöglichkeiten mit Bus und Jeep schlau zu machen. Danach kommt er zurück und berichtet uns belustigt davon, dass er von jemandem erfahren hat, dass gestern erst ein Boot mit einer Touristengruppe nach "Rurre" gefahren ist. Jetzt beginne ich innerlich zu kochen. Wir verlassen den Bootsanleger und Donat hat noch den Anstand, dem Bootsmann "Bis morgen!" zu sagen. Ich würde im Vorbeigehen am liebsten mein bepacktes Rad auf ihn schmeißen und ihm an die Gurgel springen. Irgendwie scheint er das zu spüren, wenn man seinen Gesichtsausdruck so betrachtet. Schön, dann bin ich wenigstens ein bisschen befriedigt. Wir stellen uns mit unseren Sachen auf die Ladefläche eines altersschwachen Pick-Ups und machen uns auf eine drei Stunden lange Fahrt zurück nach Caranavi - dem einzigen möglichen Landweg nach Rurrenabaque. Mit uns an Bord sind zwei riesige Oxygen-Flaschen, die ständig gegen unsere Füße rollen. Ein paar Bauerndörfer später sind wir mit all dem Gepäck und zwei Rädern 28 (!) Leute, die sich auf dem kleinen Pick-Up festklammern. Das erste Mal auf meiner Reise nieselt es ein wenig und wir können unsere verstaubten Regenjacken überziehen. Erfrischend. In Caranavi haben wir genügend Zeit zum Mittagessen und lassen uns die ganze Zeit durch von einem alten "Robocop"-Streifen beschallen. Erst heute Abend wird ein Bus nach Rurrenabaque fahren. Donat und ich gehen schon einmal Tickets kaufen (die Fahrt über Land kostet alles in allem übrigens nur 7 Euro pro Nase). Man sagt uns, dass wir um halb 6 dort sein sollen, da der Bus um 6 Uhr fährt. - 4 -

FietsPad.De – Traum Südamerika – Teil 2 Deutschunterricht Na ja, nach viel Deutsch-, Spanisch- und Amára-Unterricht, den Donat mit ein paar fröhlichen Kindern macht, sitzen wir um 8 Uhr immer noch in der Busstation. Alle halbe Stunde fragen wir, wann der Bus denn fährt und immer bekommen wir zur Antwort: "In einer halben Stunde, Amigo." Um 9 Uhr abends kommt der Bus dann tatsächlich. Ich treffe Fernando wieder, den Bergführer vom Chacaltaya. Er will mit dem gleichen Bus nach Rurrenabaque. Mühsam hieven wir unsere Räder auf das Dach und der Höllentrip beginnt. Im Reise Know-How steht: "Die Straße zwischen Caranavi und San Borja ist nun gut ausgebaut und asphaltiert, so dass die Piste auch nach schweren Regenfällen passierbar bleibt." Vielleicht bin ich einfach zu empfindlich. Aber es spricht wohl für sich, dass wir die ganze Nacht durch kräftig geschüttelt und bei manchen Schlaglöchern aus unseren Sitzen geschmissen werden. Wir passieren zwei Militärkontrollen, bei denen Soldaten den ganzen Bus nach Drogen durchsuchen. Dummerweise verpasse ich die zweite Kontrolle und somit die Möglichkeit einer zweiten Pinkelpause. Um 5 Uhr morgens hallte ich die ständigen Schläge kaum mehr aus und von rechts kommt die erlösende Beipflichtung von Donat: "Sascha, was hältst Du davon, wenn wir den Busfahrer mal nach einer Pinkelpause fragen?" Ich habe schon befürchtet, dass es nur mir so geht und ganz fix bin ich vorne beim Busfahrer. Mit verkniffenen Gesichtern gehen wir nach draußen und entleeren unsere Blasen. Doch der Busfahrer hupt so ungeduldig, dass ich meine Blase in der kurzen Zeit nicht einmal entleeren kann. Dieses unmenschliche Wesen! Und eine Sache ist mir bis heute unverständlich: Während wir vor Blasendruck allesamt fast "gestorben" wären, hat sich während der Pinkelpause KEINER der bolivianischen Fahrgäste nach draußen bewegt, um demselben Drang nachzugeben! Diese Menschen geben mir Rätsel auf! Früh am Morgen kommen wir in Rurrenabaque an und quartieren uns im Residencial Jazmin ein. Endlich sind wir im Amazonastiefland und die Temperaturen sind moderater als erwartet. Selten steigen sie über 20°C und es regnet an keinem unserer Tage hier. Wir informieren uns bei verschiedenen Tourenanbietern über Exkursionen in das Umland und informieren uns bei den beiden Fluggesellschaften Amaszonas und Transportes Aereos Militares über Rückflüge nach La Paz. Kaum einer von uns möchte noch einmal mit dem Bus zurückfahren. Wir buchen bei "Fluvial" eine dreitägige Tour in die Pampa und bekommen einen Rabatt, der mit 20 Doláres pro Tag 10 Doláres unter dem für US-amerikanische Staatsbürger liegt. Allerdings darf ich das ja gar nicht weitersagen... Der Besitzer eines Restaurants spricht gut Deutsch, da er längere Zeit in Deutschland gelebt hat. Ein Gast von ihm spricht es fließend, da er sogar 21 Jahre in Köln gewohnt hat. Man hört es ihm gar nicht an, dass er eigentlich Brasilianer ist. Jetzt lebt er hier, weil er "keinen Bock" mehr auf Deutschland hat. Er hatte mal drei Restaurants hier in Rurre, bis er auch darauf "keinen Bock" mehr hatte. Und jetzt füllt er sein Leben damit aus, indem er täglich raus auf den Fluss zum Fischen fährt. Diese Freiheit hier genießt er. Wenn er will, kann er ein Haus bauen, - 5 -

Der Höllenritt<br />

Der Landweg nach Rurrenabaque<br />

FietsPad.De – Traum Südamerika – <strong>Teil</strong> 2<br />

Hatte ich nicht gesagt, dass es immer anders kommt als erwartet?! Genau! Wie sollte es auch<br />

anders sein!<br />

Früh am Morgen machen Hans, Donat Sindy und ich uns auf den Weg zum Bootsanleger. Der<br />

Bootsmann hat sich gestern nicht mehr bei uns blicken lassen, obwohl er uns versprochen hatte<br />

vorher noch einmal vorbeizukommen. Ein schlechtes Zeichen. Er steht schon vor dem Punto<br />

Entel und teilt uns mit, dass er heute nicht fahren wird. Die Fußballmannschaft hätte angeblich<br />

nicht genügend Geld. Natürlich gäbe es noch eine Möglichkeit: Den "Expresso". Wir bleiben<br />

beim Verhandeln auf "läppischen" 180 Dollar für die Fahrt beharren, er auf 250 Dollar. Das kann<br />

doch nicht wahr sein!!! Innerlich muss ich mich zurückhalten, dass ich jetzt nicht ausraste und<br />

ihm aus reinem Unmut kräftig zwischen die Beine trete! Wegen diesem schmierigen<br />

Drecksgesicht soll ich drei Tage in diesem Kaff abgesessen haben!?<br />

Dann kommt uns der Fußballtrainer über den Weg gelaufen und sagt uns, dass sie heute fahren<br />

werden. Aber nur wenn die ganze Mannschaft bis 8 Uhr zusammenkommt. Gut, ich spreche<br />

daraufhin wieder den Bootsmann und der antwortet mir nur verächtlich: "Alles Humbug! Der<br />

Spinner weiß doch gar nichts!". Daraufhin zeigt er uns stolz seine ungeschliffene Nussschale<br />

ohne Motor, die wir wohl heute auf ihrer Jungfernfahrt "eingeweiht" hätten. "Was macht die<br />

Fahrt denn so teuer?", frage ich ihn.<br />

"Na, das Benzin."<br />

"Und wie viele Liter brauchen Sie für die Fahrt?"<br />

"300 Liter"<br />

Mal ganz davon ab, dass das absolut übertrieben ist bin ich schon kurz davor ihm den<br />

Vorschlag zu machen, dass wir ihm ja die 300 Liter besorgen könnten. Das käme dann vielleicht<br />

auf 50 Dollar. Doch Donat hält mich zurück. Am besten wär's wir gehen erst einmal frühstücken<br />

und lassen den Spinner ein wenig schmoren, sagt er mir. Ich genehmige mir einen<br />

"Milchkakao", der nach Öl, Wasser und Mehl schmeckt, aber kein bisschen nach Kakao.<br />

Daraufhin habe ich wirklich die Schnauze voll von den Halsabschneidern hier, nehme mir ein<br />

wenig Proviant aus meinem Fahrradtaschen und schmiere mir im Restaurant meine eigenen<br />

Brote. Sollen sie doch dumm gucken, wie sie wollen!<br />

Die Mutter des kleinen Fußballspielers, den wir kennen, sagt uns selbst sehr irritiert, dass das<br />

Boot doch heute fahren müsse. So langsam bekommen wir raus, wie der Hase läuft. Der<br />

Bootsmann fährt nur, wenn wir die entsprechende Geldleistung bringen - eher bewegt sich hier<br />

gar nichts und die Fußballmannschaft kommt auch nirgendwo hin. Schön! Wir sehen aber nicht<br />

ein, den Transport für die gesamte Fußballmannschaft und alle möglichen anderen Güter zu<br />

bezahlen.<br />

Donat geht schon einmal in die "Stadt", um sich über Fahrtmöglichkeiten mit Bus und Jeep<br />

schlau zu machen. Danach kommt er zurück und berichtet uns belustigt davon, dass er von<br />

jemandem erfahren hat, dass gestern erst ein Boot mit einer Touristengruppe nach "Rurre"<br />

gefahren ist. Jetzt beginne ich innerlich zu kochen. Wir verlassen den Bootsanleger und Donat<br />

hat noch den Anstand, dem Bootsmann "Bis morgen!" zu sagen. Ich würde im Vorbeigehen am<br />

liebsten mein bepacktes Rad auf ihn schmeißen und ihm an die Gurgel springen. Irgendwie<br />

scheint er das zu spüren, wenn man seinen Gesichtsausdruck so betrachtet. Schön, dann bin<br />

ich wenigstens ein bisschen befriedigt.<br />

Wir stellen uns mit unseren Sachen auf die Ladefläche eines altersschwachen Pick-Ups und<br />

machen uns auf eine drei Stunden lange Fahrt zurück nach Caranavi - dem einzigen möglichen<br />

Landweg nach Rurrenabaque. Mit uns an Bord sind zwei riesige Oxygen-Flaschen, die ständig<br />

gegen unsere Füße rollen. Ein paar Bauerndörfer später sind wir mit all dem Gepäck und zwei<br />

Rädern 28 (!) Leute, die sich auf dem kleinen Pick-Up festklammern. Das erste Mal auf meiner<br />

Reise nieselt es ein wenig und wir können unsere verstaubten Regenjacken überziehen.<br />

Erfrischend.<br />

In Caranavi haben wir genügend Zeit zum Mittagessen und lassen uns die ganze Zeit durch von<br />

einem alten "Robocop"-Streifen beschallen. Erst heute Abend wird ein Bus nach Rurrenabaque<br />

fahren. Donat und ich gehen schon einmal Tickets kaufen (die Fahrt über Land kostet alles in<br />

allem übrigens nur 7 Euro pro Nase). Man sagt uns, dass wir um halb 6 dort sein sollen, da der<br />

Bus um 6 Uhr fährt.<br />

- 4 -

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!