Der indische Diamant im Billigautosegment - Universität Würzburg
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in ärmlichen Verhältnissen. Und obwohl auch die Mitglieder der unteren Mittelschicht den<br />
Wunsch nach einem eigenen Auto verspüren, gibt es keine Garantie, dass sie den Nano auch<br />
tatsächlich kaufen werden. 93 Darüber hinaus stellte die Entwicklung des Nano zu dem von<br />
Ratan Tata festgesetzten Preis von 100.000 INR (2.094 US-Dollar) eine Herausforderung dar.<br />
So drohte das Projekt unter anderem aufgrund steigender Preise für Rohstoffe zu scheitern. 94<br />
Ratan Tata nahm also scheinbar enorme unternehmerische Risiken in Kauf.<br />
Bei genauerer Betrachtung basiert sein wagemutiges Denken und Handeln jedoch auf einer<br />
weiteren Eigenschaft eines unternehmenderen Unternehmers nach MISES: dem Weitblick. „We<br />
have to take some risks so that we can have a much larger scale of consumption of that product<br />
in India or elsewhere” 95 , begründete Ratan Tata sein Vorgehen in einem Interview. Er war<br />
sich der Chancen, die der Nano seinem Unternehmen bietet, bewusst. Das Billigauto tangiert<br />
nicht nur den höherpreisigen Motorrad- und Rollermarkt, sondern schafft eine äußerst rentable<br />
Nische, welche bis dahin nicht bedient worden war. Für den <strong>indische</strong>n Entrepreneur kristallisierte<br />
sich in Folge dessen die Entstehung eines neuen Marktsegments heraus - das sogenannte<br />
Billig(st)autosegment. 96 Außerdem bedachte Ratan Tata die Mitglieder ähnlicher Einkommensschichten<br />
in anderen Schwellen- und Entwicklungsländern. Ein Export des Nano dorthin<br />
dürfte hohe Erfolgsaussichten versprechen. Darüber hinaus ist ein Export einer technisch erweiterten<br />
Version des Nano in Industriestaaten geplant. Denn auch in Ländern wie Deutschland<br />
existieren Bevölkerungsgruppen, welche ein derartiges Auto nachfragen würden. 97 Für<br />
den Nano bestehen daher auch über die Landesgrenzen Indiens hinaus große Absatzchancen.<br />
Ratan Tatas Verhalten entspricht ferner einer effektiven Unternehmensführung nach DRU-<br />
CKER. Im Zentrum der Strategie steht es, die richtigen Dinge zu tun. Das Ziel besteht darin,<br />
Innovationen zu tätigen. Dies umfasst, Chancen statt Risiken in den Mittelpunkt der Überlegungen<br />
zu stellen. 98 DRUCKER formuliert diesen Anspruch wie folgt: Unternehmer müssen<br />
“the resources and the efforts (…) toward opportunities for economically significant results“<br />
lenken. 99 Dies wird von Managern jedoch häufig mit dem Grundsatz der Effizienz verwechselt.<br />
Jener Grundsatz zwingt Unternehmen, sich bereits vorhandenen Innovationen anzupassen,<br />
ohne zu deren eigentlicher Entstehung beigetragen zu haben. Demgemäß wird der Leit-<br />
93<br />
Siehe hierzu Kapitel 2.2<br />
94<br />
Vgl. Tata Motors (2007) und (2008a).<br />
95<br />
Tata Motors (2006).<br />
96<br />
Tata Motors (2008a).<br />
97<br />
Vgl. Lamparter/ Petersen (2008); Tata Motors (2009).<br />
98<br />
Vgl. Drucker (1963), S. 54, vgl. Drucker (2004), S. 33.<br />
99<br />
Drucker (1963), S. 54.<br />
18