Typographie der Natur - Lahor Jakrlin
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Adrian Frutiger<br />
«Auf meinem<br />
Berufsweg lernte ich zu<br />
verstehen,<br />
dass die Schönheit und<br />
die Lesbarkeit (und bis<br />
zu einem gewissen Grad<br />
die Banalität) sehr nahe<br />
beieinan<strong>der</strong> liegen: Die<br />
gute Schrift ist diejenige,<br />
die sich aus dem<br />
Bewusstsein des Lesers<br />
zurückzieht, um dem<br />
Geist des Schreibenden<br />
und dem Verstehen des<br />
Lesenden alleiniges<br />
Werkzeug zu sein.»<br />
MUSEUMSNACHT<br />
BERN 04<br />
1928 in Unterseen geboren, lernte Adrian Frutiger Schriftsetzer in Interlaken<br />
und studierte an <strong>der</strong> Kunstgewerbeschule Zürich Schrift und Grafik. Mit seiner<br />
Diplomarbeit «Die Entwicklung des lateinischen Alphabets», einer Holzschnittfolge<br />
auf acht Tafeln, begeisterte er seine Lehrer und die Pariser Firma Deberny<br />
& Peignot, die ihn 1952 als Schriften-Entwerfer zu sich holte.<br />
Er arbeitete bei <strong>der</strong> Konstruktion <strong>der</strong> ersten Fotosetzmaschine Europas mit und<br />
zeichnete klassische Schrifttypen für die «Lumitype» um. Anfang <strong>der</strong> sechziger<br />
Jahre gründete Adrian Frutiger in Paris sein eigenes Typografie- und Designstudio.<br />
Fortan arbeitete er als freier Schriftgestalter für Firmen wie Linotype, IBM,<br />
Air France und Electricité de France. Er blieb drei Jahrzehnte in Paris, entwickelte<br />
neue Schriften, entwarf Logotypes und Erscheinungsbil<strong>der</strong>, Zeichen, Strassenleit-<br />
und Beschriftungssysteme – er hat die Typografie des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
geprägt wie kein an<strong>der</strong>er.<br />
Heute lebt Adrian Frutiger in Bremgarten bei Bern.<br />
Er ist zweifellos <strong>der</strong> wichtigste Schriftdesigner <strong>der</strong> Neuzeit. Wohin man geht,<br />
man begegnet ihm tagtäglich und weltweit. In Beschriftungen im öffentlichen<br />
Raum. Er entwarf Schriften, Marken und Corporate Designs für die Post,<br />
Museen, Institutionen, Flughäfen, Metros, Autobahnen. In jedem PC und Mac,<br />
und das sind Abermillionen, sind seine Schriften installiert. Er passte Bewährtes<br />
an neue Bedürfnisse an – und wagte Neues: mit <strong>der</strong> Univers wurde zum ersten<br />
Male in <strong>der</strong> Geschichte des Drucks eine reich verzweigte Schriftenfamilie<br />
von Beginn an konsequent planmäßig aufgebaut und logisch nummeriert.<br />
Diese für den Foto- und Bleisatz bedeutendste Entwicklung auf dem Gebiet<br />
<strong>der</strong> Typografie machte Frutiger weltweit zum Star. Endgültig zum Klassiker<br />
<strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne wurde er durch die OCR-B, die 1973 von <strong>der</strong> Computerindustrie<br />
<strong>der</strong> Industrielän<strong>der</strong> zum Weltstandard erklärt wurde, sowie durch die nach ihm<br />
benannte Frutiger, die er für die Beschil<strong>der</strong>ung des Pariser Aéroports Charles<br />
de Gaulle geschaffen hatte. Bereits kurz nach ihrer Einführung wurde sie zur<br />
viel genutzten Schrift für Drucksachen und Orientierungssysteme wie die<br />
Autobahnbeschil<strong>der</strong>ung in Frankreich und <strong>der</strong> Schweiz.<br />
Adrian Frutigers Ruf drang nach Asien. Als es darum ging, die sakrale indische<br />
Schrift Devanagari zu vereinfachen und zu mo<strong>der</strong>nisieren, wurde er beigezogen.<br />
Mit Respekt vor <strong>der</strong> Kultur und <strong>der</strong> religiösen Tradition Indiens und einem<br />
ge-sunden Mass an Skepsis gegenüber unserer okzidentalen Unbekümmertheit<br />
tastete er sich an die Lösung heran – mit Erfolg. Gibt es eine grössere Anerkennung<br />
für Genie und Feinfühligkeit eines Schrift-Designers? (sus)