Typographie der Natur - Lahor Jakrlin
Typographie der Natur - Lahor Jakrlin
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Frutiger<br />
Rüegsegger<br />
ypographie <strong>der</strong> <strong>Natur</strong><br />
MUSEUMSNACHT BERN 2004
Das Konzept: Schrift und Sprache, Malerei und Multimedia<br />
Die Trauben hingen hoch – wie würden wir <strong>der</strong> Vorjahresaktion mit Franz<br />
Gertsch gerecht? Nun, zum Glück ist Bern reich. Reich an Kunst und<br />
Kunstschaffenden. Weltbekannten und solchen, die noch in den<br />
Startpflöcken stehen. So gesehen ists nicht schwer, Ideen mit Ideen zu<br />
verknüpfen und attraktive Ausstellungen zu konzipieren.<br />
Wie 2003 bleiben wir dem Thema <strong>Natur</strong> treu. Die Inspiration kam von den<br />
Zeichen, die überall in <strong>der</strong> <strong>Natur</strong> zu finden sind – das Motto «Typografie<br />
<strong>der</strong> <strong>Natur</strong>» war geboren. Der BOGA widmet die MuNaBe Buchstaben,<br />
Schrift und Sprache.<br />
Wer an Typografie denkt o<strong>der</strong> an Sprache in <strong>der</strong> Malerei stellt fest, dass<br />
Bern an diesen Themen ein gewisses Monopol hat. Da ist zum einen<br />
Adrian Frutiger. Niemand hat die Schriftkultur <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne so geprägt<br />
wie <strong>der</strong> Mr. Universum des Schriftdesigns (erlauben Sie dieses Superlativ,<br />
es ist keine Übertreibung). Und in <strong>der</strong> Malerei ist, wenn Sprache mitspielt,<br />
Mumprecht omnipräsent. Auch Markus Raetz und M.S. Bastian fallen sofort<br />
ein. Alles Berner! Aber es gibt noch mehr. Mit büro destruct bestimmt ein<br />
Pool das Schriftdesign des neuen Jahrtausends mit. O<strong>der</strong> eben Artworker<br />
wie René Rüegsegger, die Grafik, Typo und IT zu Multimedia verbinden.<br />
Auf diesem Fundus entstand das Konzept und danach die Frage: Würden<br />
Frutiger und Mumprecht mitmachen? Und wenn Ja, würde das Duo auch<br />
Ja sagen zu einem Trio aus Schriftdesign, Malerei und Multimedia? Beide<br />
sagten spontan zu. Eine Motivation mag gewesen sein, dass sie sich seit<br />
Jahrzehnten kennen, gemeinsame Jahre in Frankreich verbrachten, doch<br />
noch nie zusammen aufgetreten sinds! Und <strong>der</strong> zwei Generationen jüngere<br />
Rüegsegger wurde ohne Zögern akzeptiert; Mumprecht und Frutiger waren<br />
von Rüegseggers Schriften auf Anhieb begeistert.<br />
Wir waren am Ziel. Aber wir hatten noch nicht genug. Schon lange wollte<br />
ich mit <strong>der</strong> Knorr-Buchstabensuppe etwas machen. Darauf angesprochen,<br />
stimmte Unilever (Knorr) zu, man würde 3000 Faksimile-Tüten einer<br />
BOGA-Knorr-Buchstabensuppe-Faksimile produzieren. Als dann alles für<br />
die Druckvorstufe stand, kam unerwartet das Aus: Die Herstellung von<br />
Druckzylin<strong>der</strong>n würde finanziell zu stark belasten, beschied man uns.<br />
Henusode. Dafür wars einfacher die Musik auszuwählen: Leroy An<strong>der</strong>son<br />
(1908-1975) mit <strong>der</strong> legendären Komposition «The Typewriter»; wohl die<br />
musikalische Illustration für «Büro». Und Bo Katzman mit «I’m in Love<br />
with my Typewriter» (1983).<br />
Die meisten, die mit <strong>der</strong> Idee «Typografie <strong>der</strong> <strong>Natur</strong>» konfrontiert wurden,<br />
stellten die gleiche Frage: Warum nur für eine Nacht? Dafür gibt es organisatorische<br />
Gründe: Wer finanziert die Bewachung? Und technische Gründe:<br />
Die Schauhäuser sind (immer noch) nicht dicht. Und ein gutes Argument:<br />
Es handelt sich immerhin um Berns längste (Kultur-) Nacht.<br />
<strong>Lahor</strong> <strong>Jakrlin</strong><br />
Buchstaben sind <strong>Natur</strong>.<br />
Zum Begriff «Buchstabe»<br />
gibt es verschiedene<br />
etymologische Definitionen.<br />
Eine stammt aus den<br />
Anfängen des Druckens<br />
– die Lettern wurden negativ<br />
auf Stäbe aus Buchenholz<br />
geschnitzt; damit wurden<br />
das Setzen und Vervielfältigen<br />
möglich.<br />
Typo – Begriff für Schriftart, vermutlich<br />
aus dem Englischen Verb to type, tippen.<br />
Typografie – Schriftgestaltung und<br />
Umgehen mit <strong>der</strong> Schrift.
MuNaBe.04*: Welt-Premiere für eine BOGA-Nacht<br />
* MuNaBe – Museumsnacht Bern<br />
Der Botanische Garten <strong>der</strong> Universität Bern BOGA ist ein Treffpunkt für<br />
Wissenschaft und Publikum. Das Schöne daran: Alle profitieren! Schulen, Uni,<br />
Öffentlichkeit, Tourismus, Stadt, Kanton, Land. Vor vier Jahren noch drohte<br />
die Schliessung! Dank <strong>der</strong> Initiative von Politik, BOGA-Leitung und <strong>der</strong> grossen<br />
Donation <strong>der</strong> Familie Styner blüht es weiter. Wir lassen im «Internationalpark»<br />
BOGA über 6000 Pflanzen wachsen und sichern Forschung und Lehre vermehrt<br />
Platz ein. Aber auch die Meisterschaft von Kunstschaffenden spriesst in diesem<br />
traditionsreichen Fantasie-Biotop und verwandelt den BOGA regelmässig zur<br />
Kulturbühne. An <strong>der</strong> MuNaBe 2003 überraschten wir mit <strong>der</strong> Gastausstellung<br />
des GertschMuseums Burgdorf – Tausende strömten zu den grossen Franz<br />
Gertsch-Werken im Sukkulentenhaus. Wie viele betraten wohl dabei erstmals<br />
BOGA-Boden?<br />
Frutiger und Mumprecht erstmals zusammen – Premiere und Ehrung<br />
Mit <strong>der</strong> MuNaBe.04 führen wir das Konzept starker Berner Kunst weiter:<br />
Adrian Frutiger und Rudolf Mumprecht, von Schrift und Sprache beseelt, stellen<br />
erstmals gemeinsam aus! Flankiert werden sie vom Grafiker und Multimedia-<br />
Designer René Rüegsegger.<br />
Fasziniert von <strong>der</strong> Vielfalt, die diese Kulturschaffenden in sich vereinigen, konnten<br />
wirs nicht auf diesem One-night stand beruhen lassen und fangen mit diesem<br />
Prospekt die BOGA-Nacht vom 19. auf den 20. März 2004 für die Erinnerung ein.<br />
Wir danken allen, die sich dafür eingesetzt haben. Ganz beson<strong>der</strong>s den<br />
Unternehmen Stauffacher und Westiform, und allen voran <strong>der</strong> Benteli Hallwag<br />
Druck AG, sie hat die vorliegende Dokumentation erst möglich gemacht..<br />
Susanne Bommeli Klaus Ammann<br />
Präsidentin BOGA-Stiftung Direktor BOGA
Adrian Frutiger<br />
«Auf meinem<br />
Berufsweg lernte ich zu<br />
verstehen,<br />
dass die Schönheit und<br />
die Lesbarkeit (und bis<br />
zu einem gewissen Grad<br />
die Banalität) sehr nahe<br />
beieinan<strong>der</strong> liegen: Die<br />
gute Schrift ist diejenige,<br />
die sich aus dem<br />
Bewusstsein des Lesers<br />
zurückzieht, um dem<br />
Geist des Schreibenden<br />
und dem Verstehen des<br />
Lesenden alleiniges<br />
Werkzeug zu sein.»<br />
MUSEUMSNACHT<br />
BERN 04<br />
1928 in Unterseen geboren, lernte Adrian Frutiger Schriftsetzer in Interlaken<br />
und studierte an <strong>der</strong> Kunstgewerbeschule Zürich Schrift und Grafik. Mit seiner<br />
Diplomarbeit «Die Entwicklung des lateinischen Alphabets», einer Holzschnittfolge<br />
auf acht Tafeln, begeisterte er seine Lehrer und die Pariser Firma Deberny<br />
& Peignot, die ihn 1952 als Schriften-Entwerfer zu sich holte.<br />
Er arbeitete bei <strong>der</strong> Konstruktion <strong>der</strong> ersten Fotosetzmaschine Europas mit und<br />
zeichnete klassische Schrifttypen für die «Lumitype» um. Anfang <strong>der</strong> sechziger<br />
Jahre gründete Adrian Frutiger in Paris sein eigenes Typografie- und Designstudio.<br />
Fortan arbeitete er als freier Schriftgestalter für Firmen wie Linotype, IBM,<br />
Air France und Electricité de France. Er blieb drei Jahrzehnte in Paris, entwickelte<br />
neue Schriften, entwarf Logotypes und Erscheinungsbil<strong>der</strong>, Zeichen, Strassenleit-<br />
und Beschriftungssysteme – er hat die Typografie des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
geprägt wie kein an<strong>der</strong>er.<br />
Heute lebt Adrian Frutiger in Bremgarten bei Bern.<br />
Er ist zweifellos <strong>der</strong> wichtigste Schriftdesigner <strong>der</strong> Neuzeit. Wohin man geht,<br />
man begegnet ihm tagtäglich und weltweit. In Beschriftungen im öffentlichen<br />
Raum. Er entwarf Schriften, Marken und Corporate Designs für die Post,<br />
Museen, Institutionen, Flughäfen, Metros, Autobahnen. In jedem PC und Mac,<br />
und das sind Abermillionen, sind seine Schriften installiert. Er passte Bewährtes<br />
an neue Bedürfnisse an – und wagte Neues: mit <strong>der</strong> Univers wurde zum ersten<br />
Male in <strong>der</strong> Geschichte des Drucks eine reich verzweigte Schriftenfamilie<br />
von Beginn an konsequent planmäßig aufgebaut und logisch nummeriert.<br />
Diese für den Foto- und Bleisatz bedeutendste Entwicklung auf dem Gebiet<br />
<strong>der</strong> Typografie machte Frutiger weltweit zum Star. Endgültig zum Klassiker<br />
<strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne wurde er durch die OCR-B, die 1973 von <strong>der</strong> Computerindustrie<br />
<strong>der</strong> Industrielän<strong>der</strong> zum Weltstandard erklärt wurde, sowie durch die nach ihm<br />
benannte Frutiger, die er für die Beschil<strong>der</strong>ung des Pariser Aéroports Charles<br />
de Gaulle geschaffen hatte. Bereits kurz nach ihrer Einführung wurde sie zur<br />
viel genutzten Schrift für Drucksachen und Orientierungssysteme wie die<br />
Autobahnbeschil<strong>der</strong>ung in Frankreich und <strong>der</strong> Schweiz.<br />
Adrian Frutigers Ruf drang nach Asien. Als es darum ging, die sakrale indische<br />
Schrift Devanagari zu vereinfachen und zu mo<strong>der</strong>nisieren, wurde er beigezogen.<br />
Mit Respekt vor <strong>der</strong> Kultur und <strong>der</strong> religiösen Tradition Indiens und einem<br />
ge-sunden Mass an Skepsis gegenüber unserer okzidentalen Unbekümmertheit<br />
tastete er sich an die Lösung heran – mit Erfolg. Gibt es eine grössere Anerkennung<br />
für Genie und Feinfühligkeit eines Schrift-Designers? (sus)
Méridien<br />
Univers<br />
Egyptiene<br />
Wie zu einer Kette, reiht sich Letter an Letter,<br />
Worte und Sätze bildend.<br />
Die Zeichenformen gleichen einem<br />
Kranz von reifen Früchten.<br />
Raum: Im präzisen Wechselspiel von schwarzen Linien<br />
und weissen Innen- und Zwischenräumen liegt das<br />
Gesetz <strong>der</strong> Lesbarkeit.<br />
Des Lesers Auge gleitet darüber – Zeile um Zeile.<br />
Der Geist ist gebannt vom Inhalt.<br />
In seinem Unterbewussten aber,<br />
klingt eine gut proportionierte Schrift wie ein Lied.<br />
Wie durch einen Wald wandelt sein Gefühl.<br />
Lichtstrahlen fallen ein von oben.<br />
Wun<strong>der</strong>schöne Räume zwischen fein gewölbten<br />
Baumstämmen, gekrönt vom filigranen Geäst,<br />
führen ihn in eine Kathedrale.<br />
Tief im Innern des Lesers schwingt eine Melodie.<br />
Adrian Frutiger<br />
Versailles<br />
Vectora<br />
Frutiger<br />
Serifa<br />
Avenir<br />
Im Herbst 2003, für die Berner Museumsnacht<br />
Centennial<br />
2004 im BOGA<br />
Gesetzt in Méridien
Schriften und ihre Lesbarkeit<br />
Als Präzisionsteile eines höchst empfindlichen Instrumentariums haben sich<br />
die Buchstaben unseres Alphabets durch Jahrhun<strong>der</strong>te langen Gebrauch einan<strong>der</strong><br />
angeglichen und gegeneinan<strong>der</strong> ausgewogen. Sie ermöglichen es heute,<br />
durch bewusstes Zusammensetzen <strong>der</strong> sechsundzwanzig Figuren Millionen von<br />
Wortgebilden lesbar zu glie<strong>der</strong>n.<br />
Eine Studie über die Formgemeinschaft <strong>der</strong>jenigen klassischen Textschriften,<br />
welche heute am meisten gelesen werden, ergab unten stehendes Diagramm.<br />
Es entstand durch das Übereinan<strong>der</strong>schichten von verschoben gerasterten<br />
Buchstabenformen verschiedener Schriftarten.<br />
Legt man die meistgelesenen Schriften <strong>der</strong> Welt – unterschiedlich schraffiert –<br />
übereinan<strong>der</strong>, ergibt sich eine Art Elementarform mit <strong>der</strong> besten Leserlichkeit.<br />
Die engen Punzen <strong>der</strong> ältesten Schrift, <strong>der</strong> Garamond, kommen klar zum<br />
Vorschein: Der horizontale Strich im e hat sich in ständiger Konfrontation zwischen<br />
Ästhetik und Lesbarkeit zur Normallage in die Mitte des Buchstabens<br />
gesenkt. Ein ähnlicher Prozess kann in <strong>der</strong> unteren Schlaufe des a verfolgt werden.<br />
Es geht aus diesem Experiment klar hervor, dass die dunkleren Werte, in<br />
welchen sich alle Figuren überdecken, eine Art Grundskelett <strong>der</strong> heutigen<br />
Schriftwerkzeuge bilden. Diese Silhouetten haben sich als eine Art Elementarform<br />
ins Unterbewusstsein des Lebens eingraviert. Wie an einer Testform lässt<br />
sich daran erkennen, innerhalb welcher Grenzen <strong>der</strong> Elementarformen sich die<br />
Gestaltung zu bewegen vermag, indem die verschiedenen Buchstabenformen<br />
am Ende <strong>der</strong> Satzproben übereinan<strong>der</strong> gedruckt wie<strong>der</strong>gegeben sind.<br />
➔ ➔<br />
Diese Skelettform ist wie ein<br />
Schlüsselloch im Erinnerungsbereich<br />
des Lesers eingraviert. Der<br />
gelesene Buchstabe ist wie ein<br />
Schlüssel, <strong>der</strong> sein Loch sucht<br />
und findet. Wenn die Fantasie des<br />
Schriftenentwerfers von <strong>der</strong> zentralen<br />
Grundform abweicht, kommt es<br />
zu einer Reibung, einer Frustration<br />
o<strong>der</strong> einer Unlesbarkeit.<br />
Die Arbeit des Schriftentwerfers<br />
gleicht <strong>der</strong>jenigen eines Couturiers,<br />
welches den unverän<strong>der</strong>ten nackten<br />
Körper bekleidet.<br />
Adrian Frutiger<br />
Im Herbst 2003, zusammengefasst für die<br />
Berner Museumsnacht 2004 im BOGA<br />
Gesetzt in Frutiger
Schriften für die Welt Adrian Frutiger: Leitsysteme<br />
Von Adrian Frutiger entwickelte Schriften, die heute<br />
in jedem PC und Mac installiert sind. Zuunterst<br />
die von ihm vereinfachte und den Bedürfnissen<br />
des mo<strong>der</strong>nen Indiens angepasste Sanskrit-Schrift<br />
Devanagari.<br />
Méridien<br />
Univers<br />
Egyptiene<br />
Versailles<br />
Vectora<br />
Frutiger<br />
Serifa<br />
Avenir<br />
Centennial<br />
Das Beschriftungssystem des Flughafens<br />
Charles de Gaulle in Paris<br />
Départs<br />
Departures<br />
Schweizer Strassensignale<br />
6<br />
Bern<br />
Zürich<br />
Basel<br />
Die Beschriftung <strong>der</strong> Pariser Métro<br />
➔<br />
Vols intérieurs<br />
Domestic flights<br />
Enregistrement<br />
Check in<br />
➔<br />
GALLIENI–PONT DE LEVALLOIS<br />
MIROMESNIL<br />
CARREFOUR PLEYEL . PORTE DE CLICHY<br />
Die Schweizerische Post<br />
Büren a. A.<br />
SORTIE ➔
«Die Zeichen,<br />
die ich höre<br />
die Melodien,<br />
die ich sehe»<br />
MUSEUMSNACHT<br />
BERN 04<br />
Rudolf Mumprecht<br />
1918 in Basel geboren, wuchs Rudolf Mumprecht in <strong>der</strong> Stadt Bern auf. Nach<br />
langjährigen Aufenthalten in Paris lebt und arbeitet <strong>der</strong> Künstler heute in Köniz-<br />
Bern und Brione-Locarno. Die Werke Mumprechts sind in öffentlichen und<br />
privaten Sammlungen vertreten. Der Künstler wurde mit bedeutenden Preisen<br />
für sein unverwechselbares, zeichnerisches und malerisches Gesamtwerk<br />
ausgezeichnet.<br />
Der Zeichner und Wortschöpfer Mumprecht ist ein wichtiger Vertreter einer<br />
skripturalen Kunst. Seine künstlerische Entwicklung verläuft von <strong>der</strong> Figuration<br />
über die Abstraktion zum Sprachbild. Die Liebe zum Wort begleitet den Künstler<br />
seit Jahren. Sein Œuvre ist von einer grossen Kontinuität geprägt und überschreitet<br />
in seiner Mehrsprachigkeit kulturelle Grenzen.<br />
Seine Bil<strong>der</strong> offenbaren ein Leben aus Zeichen – eine Welt voller Sprache.<br />
Eine Gestaltungsgrundlage ist das Zeichnen von Sprache: «Ich schreibe nicht<br />
Buchstaben, ich zeichne Sprache – ich bin Zeichner – ich versuche, diesen<br />
Begriff aufzuwerten, auf den Urbegriff des Zeichens zurückzuführen.»<br />
Diese seine Zeichen sind lesbar geworden: «pain et paix – today – miracolo –<br />
rote rose rot – cielo». Seine Wort- und Zahlenbil<strong>der</strong> öffnen sich zu einem Feld<br />
voller poetischer Sprachklänge mit unbegrenzten Assoziationsmöglichkeiten:<br />
«voir ce que l’on voit».
nomen est omen<br />
1994 Kat.Nr. 623<br />
Acryl auf Leinwand<br />
190 x 150 cm
feuer flamme glut und asche<br />
1981 Kat.Nr. 425<br />
Dispersion auf Leinwand<br />
195 x 195 cm
Du ich wir Da-Sein<br />
1982 Kat.Nr. 487<br />
Dispersion auf Baumwolle<br />
190 x 240 cm
«The medium is the<br />
message»<br />
Marshall McLuhan<br />
1911-1980<br />
MUSEUMSNACHT<br />
BERN 04<br />
René Rüegsegger<br />
1963 in Bern geboren liess sich Rüegsegger zum technischen Zeichner ausbilden.<br />
Schon während <strong>der</strong> Lehre wurde seine Passion zu gestalten und designen<br />
immer stärker. Er tauschte die Buntstifte <strong>der</strong> Kindheit gegen die Spraydose und<br />
profilierte sich als Pionier <strong>der</strong> Graffiti-Szene im Raum Bern. Der erste Schritt<br />
zum Schriftgestalter war getan. Schnell in <strong>der</strong> Szene bekannt, engagierten ihn<br />
Bars, Discos, Cafés und In-Läden (z. B. OLMO, Lollypop) zum Gestalten ihrer<br />
visuellen Auftritte. Zusätzlich schlug er sich als Freelancer für bekannte Berner<br />
Werbeagenturen durch, reiste viel und jobbte in Zürich. Mit dem ersten «Mac»<br />
boten sich ihm neue Gestaltungswelten; er eröffnete ein Graphikatelier und kreierte<br />
Plakate, Schriften und Marken.<br />
Gleichzeitig besuchte er die Multimediadesign-Schule in Bern (1996-98) und<br />
arbeitet seither wie<strong>der</strong> in bekannten Agenturen und Designstudios in.<br />
Rüegseggers Schriftgestaltung basiert auf den digitalen Möglichkeiten <strong>der</strong><br />
plakativen Anwendung: Die Art und Weise, wie Buchstaben sich zu Bil<strong>der</strong>n<br />
formen, bestimmt die Aussage, Texte sind primär Gestaltungselemente.<br />
Erst in einem zweiten Schritt wird ein Alphabet entwickelt, wird die Lesbarkeit<br />
zum Thema. Rüegsegger spielt mit allen Mitteln <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Technik und<br />
nimmt damit auch das Tempo unserer Zeit auf.
Typografie in Bewegung<br />
* Videos/Multimedia ab 20. März 2004 auch im Internet unter<br />
www.boga-stiftung.ch/events/MuNaBe04/projections<br />
Typoflower<br />
Gewidmet dem<br />
BOGA-Palmenhaus<br />
Digital-Video-Projektion 2004*<br />
Talking Types<br />
Schriften sprechen, tonlos laut<br />
und tonlos leise<br />
Digital-Video-Projektion 2004*<br />
Letterman<br />
Typografie im aufrechten Gang<br />
Digital-Video-Projektion 2004*<br />
Heraldik New Century
Formula One Finish 2003<br />
Flyer für einen Event <strong>der</strong> Berner Dampfzentrale<br />
Schrift macht Bild<br />
Frontpage-Cover für eine CD-Rom eines grafischen<br />
Unternehmens<br />
Illustration und Schriften<br />
Nicht selten dominiert eine geeignete Typografie an<strong>der</strong>e figürliche<br />
Objekte – Schriften sind Formen und gestalten Flächen, Räume und<br />
Vorstellungen. Die Grafiken links demonstrieren das vortrefflich.<br />
Rüegseggers Schriften (unten, jeweils in ihrer Benennung gesetzt)<br />
beeindrucken durch Ausgewogenheit und Konsequenz, die daraus<br />
entstehenden Wortbil<strong>der</strong> durch Klarheit und Authentizität.<br />
Die Schriften können im Internet unter www.onezero.tv kostenlos<br />
heruntergeladen werden – für Mac und PC.
Die Stiftung für den Botanischen Garten <strong>der</strong> Universität Bern und die BOGA-Leitung<br />
danken diesen Projektpartnern ganz herzlich für ihre Unterstützung und Mitwirkung: