6472 Erstfeld Hofstatt 3 Ausstellung - SAC-Gotthard
6472 Erstfeld Hofstatt 3 Ausstellung - SAC-Gotthard
6472 Erstfeld Hofstatt 3 Ausstellung - SAC-Gotthard
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
aUS Der StaMMSeKtioN<br />
matterhorn n-Wand im sommer 1969<br />
im herrlichen Sommer 969 ist es nicht<br />
leicht, kurzfristig einen tourenkameraden<br />
zu finden. Sie sind auf grossen touren oder<br />
sind gerade von solchen zurückgekehrt. Wieder<br />
andere haben alle hände voll arbeit,<br />
denn das Wort «rezession» existiert erst<br />
in der theorie. aber da ist ja noch edy Furger.<br />
Seine tourentätigkeit beschränkt sich<br />
zwar auf ein paar Skitouren und hie und da<br />
eine Sektionstour. als SBB-angestellter hat<br />
er eben nur wenige Sonntage im Jahr frei,<br />
ausserdem nimmt ihn die arbeit mit seinen<br />
vielen Bienen, honigbienen natürlich, sehr<br />
in anspruch.<br />
Vor sieben Jahren habe ich mit ihm eine<br />
Klettertour gemacht, und ich wäre blind gewesen,<br />
wenn ich nicht gesehen hätte, dass<br />
er ein so genanntes talent ist. er ist vier<br />
Jahre älter als ich, und ich kenne ihn seit<br />
meiner frühesten Jugend. Wir haben uns immer<br />
sehr gut verstanden.<br />
edy hat zufällig drei tage frei und ist sofort<br />
bereit mit mir in die Matterhorn-Nordwand<br />
zu steigen. Nachts um ein Uhr verlassen wir<br />
die hörnlihütte. Die Fahne auf dem Vorplatz<br />
flattert kräftig nach Süden. «ein gutes zeichen»,<br />
sagt edy, der sehr naturverbunden<br />
ist. Wir brauchen etwas viel zeit, den Bergschrund<br />
zu überschreiten, doch dann geht es<br />
bei günstigen Verhältnissen gut vorwärts.<br />
auf dem Matterhorngletscher bemerken wir<br />
ein paar Bergsteiger, die zum zmuttgrat gehen.<br />
Plötzlich verlässt einer die gruppe in<br />
richtung Nordwand, scheint im Bergschrund<br />
zu verschwinden und folgt wenig später unseren<br />
Spuren. Bald holt er uns ein. er ist ein<br />
Japaner, das Seil hat er über seine Schultern<br />
gehängt. obwohl keine überholungsschwierigkeiten<br />
bestehen, bleibt er hinter<br />
uns. am ende des eisfeldes queren wir nach<br />
rechts in die riesige Verschneidung, die im<br />
In der Matterhorn N-Wand 1969<br />
30<br />
mittleren teil der Wand parallel zum hörnligrat<br />
verläuft und, etwas unzutreffend, auch<br />
Schrägcouloir genannt wird. in dieser Verschneidung<br />
ist man vor Steinschlag ziemlich<br />
sicher, denn sie neigt sich nach rechts<br />
und wird links durch grosse überhänge begrenzt.<br />
an ihrem ende jedoch ziehen steile<br />
und schrecklich brüchige rinnen fächerartig<br />
gegen die Schulter. hier sind die objektiven<br />
gefahren sehr gross. Noch nie habe<br />
ich mich in einer derart ungastlichen gegend<br />
aufgehalten.<br />
Unser neuer Freund aus dem land der aufgehenden<br />
Sonne steht etwa hundert Meter<br />
unter uns. Nach dem eisfeld musste er sich<br />
manchmal sichern, was für einen alleingänger<br />
natürlich sehr aufwändig ist. eine äusserst<br />
gefährliche Querung über zwei Seillän-