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Das Magazin von ERF – Der Sinnsender
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<strong>ERF</strong> THEMA<br />
Auf der Suche<br />
nach Glück<br />
Viel Geld verträgt sich nicht gut mit zwischenmenschlicher<br />
Nähe, so der Wissenschaftsautor Bas Kast. Und egal,<br />
wie viel Geld da ist: Es macht nicht glücklich genug. Die<br />
menschliche Psyche reagiert also empfi ndlich auf Geld.<br />
Wie gut damit umgehen? Ein Streifzug durch die Welt des<br />
Besitzens und Teilens.<br />
Von Thomas Woschnitzok<br />
Besitz: ein Thema für jeden<br />
Kürzlich bin ich in Mittelhessen auf ein Schnäppchen-Center<br />
gestoßen, auf dessen Außenwand ein<br />
Sprayer mit folgendem Spruch seine Meinung kund<br />
tut: „Wetten, dass ... Dein Wohlstand auf der Ausbeutung<br />
anderer beruht?“ Mit diesem anonymen Sprayer<br />
wäre ich gerne ins Gespräch gekommen.<br />
Denn mit seiner Aussage sind wir mitten im Thema:<br />
Kein Mensch kann sich in seinen Lebensumständen<br />
dem Besitzen entziehen. Entweder geht man mit<br />
Dingen um, die man selbst besitzt, oder aber mit Dingen,<br />
die jemand anderem gehören. Wenn ich <strong>hier</strong> in<br />
Deutschland ein Hemd im Schnäppchenmarkt kaufe,<br />
dann hat irgendwo anders ein Mensch dieses Hemd genäht<br />
und wurde dafür bezahlt – hoffentlich. Besitz fällt<br />
nicht vom Himmel: Er muss produziert, erwirtschaftet<br />
und gekauft werden. Und in einer globalisierten Welt<br />
hat mein Besitz nicht nur mit mir zu tun, sondern steht<br />
in einem globalen Zusammenhang.<br />
Milchmann Tevje im berühmten Musical „Anatevka“<br />
seine Sehnsucht, wie schön es wäre, reich zu sein.<br />
Daran merkt man schon: Nicht das Geld an sich ist<br />
das Problem. Der frühere Vorstand der Evangelischen<br />
Kreditgenossenschaft Dr. Dietrich Bauer sagt: „Ohne<br />
Geld ist unsere Welt nicht vorstellbar. Geld ist Getriebeöl<br />
jeder Wirtschaft. Geld ist Recheneinheit, Zahlungsmittel<br />
und <strong>Wer</strong>taufbewahrungsmittel. Geld ist zuerst<br />
einmal ein wertfreies ‚Lebens-Mittel‘. Entscheidend ist<br />
die Frage, was wir Menschen mit dem Geld machen,<br />
welchen Stellenwert wir dem Geld beimessen.“<br />
Diesen Stellenwert spürt man besonders, <strong>wen</strong>n wir<br />
betrachten, wie Besitz verteilt ist. Das reichste Prozent<br />
der Weltbevölkerung besitzt nach Berechnungen der<br />
Nothilfe- und Entwicklungsorganisation Oxfam mehr<br />
Vermögen als die anderen 99 Prozent zusammen. Die<br />
Hälfte der Weltbevölkerung lebt von nur zwei bis zehn<br />
Seltsam ist allerdings, dass wir meist viel mehr besitzen,<br />
als wir brauchen. Hier kommt die menschliche<br />
Psyche ins Spiel. Schon der Schriftsteller Ludwig Börne<br />
machte die Beobachtung: „Reichtum macht das Herz<br />
schneller hart als kochendes Wasser.“<br />
Geld und die menschliche Psyche<br />
„Wenn ich einmal reich wär, alle Tage wär‘ ich wi di<br />
bum, wäre ich ein reicher Mann! Brauchte nicht zur<br />
Arbeit ... Ich bau‘ den Leuten dann ein Haus vor die<br />
Nase <strong>hier</strong> in die Mitte uns’rer Stadt ...“ So besingt der<br />
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