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Potenziale zum Subventionsabbau in Baden-Württemberg

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Anhang 2: Fundamentalreform der F<strong>in</strong>anzverfassung statt Korrekturen<br />

des F<strong>in</strong>anzausgleichs<br />

In der politischen Föderalismusdiskussion steht meist der F<strong>in</strong>anzausgleich zwischen reichen und ärmeren<br />

Bundesländern im Zentrum. Die drei Geberländer <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>, Bayern und Hessen fordern<br />

Korrekturen des derzeitigen Systems, weil es leistungsfe<strong>in</strong>dlich ist und weil sie es für ungerecht<br />

halten. Es wirkt nämlich wie e<strong>in</strong>e extrem hohe Strafsteuer für wirtschaftlich erfolgreiche Länder. Auch<br />

ist es für Regierungen der Nehmerländer fiskalisch kaum lohnend, wachstumsorientierte Politik zu<br />

betreiben. Denn wenn die Steuerquellen stärker sprudeln, werden die Hilfen entsprechend gekürzt, so<br />

dass kaum Mehre<strong>in</strong>nahmen verbleiben.<br />

Bayern und Hessen, die 3 Mrd. Euro bzw. 1,7 Mrd. Euro <strong>in</strong> den Umverteilungstopf e<strong>in</strong>zahlen<br />

(Stand 2010), erwägen gegen dieses ökonomisch fehlkonstruierte System e<strong>in</strong>e Klage beim Bundesverfassungsgericht.<br />

Die Nehmerländer dagegen laufen dagegen Sturm, allen voran Berl<strong>in</strong>, das mit etwa<br />

3 Mrd. Euro die meisten Hilfen des Ausgleichsvolumens von <strong>in</strong>sgesamt rund 7 Mrd. Euro kassiert. Sie<br />

qualifizieren den Protest der Geberländer als „unsolidarisch“ ab und berufen sich auf das im Grundgesetz<br />

genannte Pr<strong>in</strong>zip der „E<strong>in</strong>heitlichkeit der Lebensverhältnisse“. Mit dieser Norm gehen hohe<br />

Kosten e<strong>in</strong>her, weil Effizienz und somit Wohlstand auf der Strecke bleiben. Was nutzt Gleichheit,<br />

wenn <strong>in</strong> diesem System nicht nur die reichen, sondern auch die ärmeren Regionen absolut schlechter<br />

gestellt s<strong>in</strong>d als sie es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em System wären, das mehr Differenzierung zulässt und das auf Wettbewerb<br />

zwischen den Ländern setzt?<br />

<strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> will den Klageweg nicht gehen und setzt auf Verhandlungen und Überzeugungsarbeit.<br />

Die Regierenden sollten dabei sehen, dass es ökonomisch weniger um das Feilen am<br />

Ausgleichsystem geht, sondern um e<strong>in</strong>e Fundamentalreform der deutschen F<strong>in</strong>anzverfassung. Die<br />

sogenannte Föderalismusreform aus dem Jahr 2006 hat hier nur marg<strong>in</strong>ale Verbesserungen gebracht,<br />

nicht den fundamentalen Durchbruch, der nötig ist, um wachstumsorientierte Politik zu betreiben, die<br />

auch e<strong>in</strong>en beherzten <strong>Subventionsabbau</strong> mit e<strong>in</strong>schließt.<br />

Das Pr<strong>in</strong>zip der E<strong>in</strong>heitlichkeit der Lebensverhältnisse, das seit der E<strong>in</strong>führung des Art. 91a GG im<br />

Jahre 1969 als Muss-Regelung <strong>in</strong>terpretiert wird, 50 verstellt den Weg <strong>in</strong> Richtung auf e<strong>in</strong>e optimale<br />

F<strong>in</strong>anzverfassung. Es wird sich wohl kaum e<strong>in</strong>e qualifizierte Mehrheit f<strong>in</strong>den, um diese Norm aus dem<br />

Grundgesetz zu tilgen. Gleichwohl könnte bei guter Überzeugungsarbeit möglicherweise e<strong>in</strong> zusätzliches<br />

Postulat mehrheitsfähig se<strong>in</strong>. Es müsste gesetzlich verankert werden, dass die Regelwerke für die<br />

Staatswirtschaft dem Pr<strong>in</strong>zip des effizienten Wirtschaftens und der Mehrung von Wohlstand verpflichtet<br />

se<strong>in</strong> müssen. Dies würde den Weg frei machen für e<strong>in</strong>e F<strong>in</strong>anzverfassung, die diesen Namen<br />

verdient, für Subventionskürzungen auf breiter Front und für effizientere Formen der regionalen Hilfen,<br />

wenn diese denn se<strong>in</strong> müssen. Zu denken ist etwa an e<strong>in</strong>e Regelung, dass die Geberländer bestimmen<br />

dürfen, für welche Zwecke die Regionaltransfers e<strong>in</strong>zusetzen s<strong>in</strong>d. Das wären wohl <strong>in</strong>vestive<br />

Verwendungen, die das Wachstum fördern und durch die weitere Zahlungen unnötig werden würden.<br />

<strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> sollte an die ökonomische Vernunft aller Beteiligten appellieren. Es sollte als<br />

Vorreiter für diese Ideen werben, damit der gordische Knoten durchtrennt werden kann.<br />

____________________<br />

50 Bis 1969 wurde zur Untermauerung des Pr<strong>in</strong>zips der E<strong>in</strong>heitlichkeit der Lebensverhältnisse Art. 72 GG herangezogen,<br />

der jedoch überhaupt ke<strong>in</strong>en <strong>in</strong>haltlichen Auftrag enthielt, die Lebensverhältnisse materiell tatsächlich anzugleichen.<br />

Stattdessen war es e<strong>in</strong>e Handlungsermächtigung, die es dem Bund ermöglichte, die Gesetzgebungskompetenz an<br />

sich zu ziehen, sofern <strong>in</strong> bestimmten Fällen e<strong>in</strong> Bedarf zur Angleichung der Lebensverhältnisse entstanden se<strong>in</strong> sollte.<br />

Erst durch die E<strong>in</strong>führung des Art. 91a GG hat das Pr<strong>in</strong>zip der Angleichung mehr Gewicht erhalten und wird seither <strong>in</strong><br />

Politik und Gesetzgebung eher materiell verstanden (Boss, Klodt et al. 2011: 50, Fn. 27).

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