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Potenziale zum Subventionsabbau in Baden-Württemberg

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7.2 Ökonomische Bewertung der F<strong>in</strong>anzhilfen 45<br />

Auftragsverwaltung des Staates tätig s<strong>in</strong>d. Aufgrund e<strong>in</strong>er älteren Untersuchung zur Kirchenf<strong>in</strong>anzierung<br />

aus dem Jahre 1990 ergibt sich <strong>in</strong>des, dass se<strong>in</strong>erzeit deutschlandweit 9 Mrd. DM von den Gebietskörperschaften<br />

an die Kirchen gezahlt wurden, davon aber höchstens 1 Mrd. DM für karitative<br />

Aufgaben verwendet wurden (Herrmann 1990). Neuere Angaben s<strong>in</strong>d schwer erhältlich, da die Transparenz<br />

der Kirchenf<strong>in</strong>anzierung eher ger<strong>in</strong>g ist (Frerk 2002: 19 f.). Harbrecht (2006: 144) schlüsselt<br />

anhand e<strong>in</strong>es Beispiels e<strong>in</strong>er bayerischen Diözese deren Ausgaben auf. Der Anteile der Ausgaben für<br />

kirchliche E<strong>in</strong>richtungen zur Erbr<strong>in</strong>gung sozialer Dienste beträgt danach <strong>in</strong> der Beispieldiözese<br />

18 Prozent, derjenige für Schule, Bildung, Wissenschaft und Kunst weitere 11 Prozent. Der Rest geht<br />

<strong>in</strong> Seelsorge und Verwaltung, also eher kirchen<strong>in</strong>terne Verwendungen. E<strong>in</strong>e weitere Analyse der Kirchenf<strong>in</strong>anzen<br />

von Frerk (2002: 136–139) weist für Ende der 90er Jahre bundesweit e<strong>in</strong>en Anteil von<br />

26 Prozent der F<strong>in</strong>anzhilfen an die Kirchen für Zwecke von K<strong>in</strong>dergärten, 20 Prozent für Schulen und<br />

14 Prozent für Religionsunterricht aus. 39 Danach werden die staatlichen F<strong>in</strong>anzhilfen an die Kirchen<br />

zwar zu e<strong>in</strong>em nicht unbeträchtlichen Teil für soziale Zwecke vergeben, vollständig kann der Verwendungszweck<br />

die staatliche Subventionierung der großen Kirchen aber nicht rechtfertigen. Zudem ist<br />

hier auf die entsprechenden Ausführungen <strong>in</strong> dieser Arbeit zu den F<strong>in</strong>anzhilfen für K<strong>in</strong>dergärten zu<br />

verweisen: Ihr Subventionscharakter ergibt sich aus der Geme<strong>in</strong>nützigkeit, 40 Objektförderung statt<br />

Subjektförderung aber kann durch mangelnden Wettbewerb verh<strong>in</strong>dern, dass Effizienzpotenziale ausgeschöpft<br />

werden. 41<br />

In diesem Zusammenhang ist allerd<strong>in</strong>gs noch e<strong>in</strong> weiteres Argument von Belang, dass nämlich e<strong>in</strong><br />

Teil der F<strong>in</strong>anzhilfen der Bundesländer darauf beruht, dass es sich um Entschädigungszahlungen für<br />

frühere Enteignungen bzw. Dotationen handelt, die im Rahmen von Konkordaten bzw. Verträgen<br />

zwischen Kirchen und dem Staat vere<strong>in</strong>bart wurden (Frerk 2002: 87–91). Die weitgehend für kirchen<strong>in</strong>terne<br />

Zwecke wie der Besoldung von Geistlichen und zur Aufrechterhaltung der Kirchenverwaltung<br />

gezahlten Mittel beruhen auf Art. 140 GG, der Art 138 I WeimRV <strong>in</strong> weiter geltendes Recht überführte;<br />

diese „Pflichtleistungen“ sollten dazu dienen, „… Unterhaltspflichten gegenüber den durch die<br />

Säkularisation vergangener Jahrhundert ihrer wirtschaftlichen Basis beraubten Kirchen erfüllt werden“<br />

(Marré 1990: 34 f.). In diesem Fall wären die entsprechenden F<strong>in</strong>anzhilfen analog zu den Zahlungen<br />

an das Bundeseisenbahnvermögen zu behandeln, mit denen die Gehalts- und Pensionsansprüche der<br />

früheren Bundesbahnbeamten abgelöst wurden. Damit werden zwar die aktuelle – im Falle der Bundesbahn<br />

nachträglich die frühere – Institution subventioniert, aber aus Gründen der Rechtssicherheit<br />

entziehen sich diese F<strong>in</strong>anzhilfen weitgehend e<strong>in</strong>er Kürzung. Ob dies auf die genannten Posten im<br />

baden-württembergischen Haushalt zutrifft oder nicht, kann im Rahmen dieses Gutachtens nicht<br />

geklärt werden. Im Raum steht dabei noch die Frage, <strong>in</strong>wieweit mit den heutigen Zahlungen tatsächlich<br />

noch Leistungen erbracht werden, die den Kirchen durch die Säkularisation entzogen wurden.<br />

____________________<br />

39 Frerk (2002: 138) weist <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Übersicht 58 nur absolute DM-Beträge aus. Die Prozentangaben wurden anhand<br />

dieser Übersicht errechnet, <strong>in</strong>dem die jeweiligen F<strong>in</strong>anzhilfen auf die Differenz zwischen den gesamten staatlichen<br />

Leistungen e<strong>in</strong>schließlich Steuerermäßigungen und re<strong>in</strong>en F<strong>in</strong>anzhilfen bezogen wurden.<br />

40 Interessanterweise verweisen Kirchenrechtler darauf, dass diese Zahlungen staatliche Subventionen s<strong>in</strong>d und warnen<br />

sogar vor deren schädlichen Wirkungen, etwa im H<strong>in</strong>blick auf die Unabhängigkeit der Kirchen (Marré 1990: 35 f.).<br />

41 Die Arbeitsgruppe „Kultur- und Sozialsteuer“ des Dietrich-Bonhoeffer-Vere<strong>in</strong>s (dbv) (2000) machte <strong>in</strong> diesem<br />

Zusammenhang den <strong>in</strong>teressanten Vorschlag, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er multireligiösen Welt das italienische und spanische Modell e<strong>in</strong>er<br />

Mandatssteuer statt der Kirchensteuer e<strong>in</strong>zuführen, bei dem zwar e<strong>in</strong> gewisser Anteil des E<strong>in</strong>kommens für kirchliche<br />

oder alternativ soziale Zwecke ausgegeben werden muss, der Zensit aber bestimmen darf, welchem konkreten Verwendungszweck<br />

die Zahlung zugutekommen soll.

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