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Potenziale zum Subventionsabbau in Baden-Württemberg

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44 Kapitel 7 Schwerpunkte der F<strong>in</strong>anzhilfen <strong>in</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

Schließlich ist <strong>in</strong> diesem Zusammenhang e<strong>in</strong> Argument zu beachten, das Champarnaud et al. (2008)<br />

diskutieren: Grundsätzlich wäre es selbst angesichts positiver Externalitäten von Kunst und Kultur<br />

möglich, statt der Förderung der Künste selbst die Kunsterziehung zu <strong>in</strong>tensivieren. Dadurch wären<br />

theoretisch Kürzungen bei den direkten Subventionen möglich, weil Interesse an Kunst geweckt wird,<br />

das zu e<strong>in</strong>er verstärkten Nachfrage nach Kunstleistungen führen würde. In ihrem Mehrgenerationenmodell<br />

können Champarnaud et al. (2008: 112 und 118–120) zeigen, dass <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er „first best“-<br />

Modellumgebung mit optimaler Kulturerziehung, aber mit nicht-altruistisch agierenden Eltern die<br />

Kulturerziehung die Kultursubventionierung zwar nicht vollständig ersetzen kann, aber auf jüngere<br />

Generationen beschränkt werden sollte. Wenn jedoch nur e<strong>in</strong>e „second best“-Kunsterziehung unterstellt<br />

wird, was nach den Autoren <strong>in</strong> Europa üblicherweise der Fall ist, wird e<strong>in</strong>e Intensivierung der<br />

Kunsterziehung bei gleichzeitiger Kürzung der Kultursubventionen zur überlegenen Lösung. In diesem<br />

Fall tritt auch der Wohlfahrtseffekt e<strong>in</strong>, dass die Konsumenten selbst und nicht der Staat entscheiden<br />

können, welche Art von künstlerischen Aktivitäten sie fördern wollen.<br />

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass es unrealistisch wäre zu erwarten, dass sich e<strong>in</strong>e<br />

deutsche Gebietskörperschaft völlig aus der Kunstsubventionierung zurückziehen würde. Es gibt aber<br />

H<strong>in</strong>weise darauf, dass es auch bei diesen F<strong>in</strong>anzhilfen grundsätzlich e<strong>in</strong> Kürzungspotenzial gibt.<br />

Transfers an Kirchen und Religionsgeme<strong>in</strong>schaften<br />

Kirchen und Religionsgeme<strong>in</strong>schaften erhalten <strong>in</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> im Jahr 2011 <strong>in</strong>sg. 129,2 Mill.<br />

Euro an F<strong>in</strong>anzhilfen. Diese bilden zwar nur den zweitkle<strong>in</strong>ste Gesamtposten unter den allokationsverzerrenden<br />

Transfers, enthalten aber neben zahlreichen kle<strong>in</strong>eren Posten, die meist <strong>in</strong> die Sanierung<br />

e<strong>in</strong>zelner Kirchen gesteckt werden, vier größere Zahlungen (Tabelle A2): Die evangelische Kirche<br />

<strong>Württemberg</strong>s erhält e<strong>in</strong>e Pauschalleistung von 38,3 Mill. Euro, diejenige <strong>Baden</strong>s von 14 Mill. Euro,<br />

die Diözese Rottenburg Stuttgart und die Erzdiözese Freiburg, ihre katholischen Pendants jeweils<br />

26 Mill. Euro.<br />

Angesichts der offiziellen Trennung von Kirche und Staat ersche<strong>in</strong>en F<strong>in</strong>anzhilfen an die Kirchen<br />

<strong>zum</strong><strong>in</strong>dest fraglich. Problematisch kann etwa der Umstand se<strong>in</strong>, dass Kirchen als ausgewählte Religionsgeme<strong>in</strong>schaften<br />

Staatszuschüsse erhalten, die F<strong>in</strong>anzierung aber vom allgeme<strong>in</strong>en Steuerzahler<br />

ungeachtet dessen eigener Religionszugehörigkeit erfolgt. Dies könnte im Widerspruch zur Neutralität<br />

des Staates gegenüber allen ausgeübten Religionen stehen, sofern nicht besondere Gründe außerhalb<br />

des kirchlichen Bereichs für die Zuwendung sprechen. 38<br />

Karitative Aktivitäten der Kirchen<br />

Ökonomisch pr<strong>in</strong>zipiell gerechtfertigt werden könnten F<strong>in</strong>anzhilfen an die Kirchen, wenn sie vorwiegend<br />

dazu dienen, karitative und mildtätige Aktivitäten zu fördern und die Kirchen dabei quasi als<br />

____________________<br />

38 Dabei wird <strong>in</strong> diesem Zusammenhang davon abstrahiert, dass <strong>in</strong> Deutschland der Staat für die großen christlichen<br />

Kirchen e<strong>in</strong>en bedeutenden Teile von derer E<strong>in</strong>nahmen über die Kirchensteuer e<strong>in</strong>treibt, soweit die Steuerpflichtigen<br />

nicht aus ihrer Kirche ausgetreten s<strong>in</strong>d. Wie selbst die Katholische Kirche (O.J.) auf der Internetseite e<strong>in</strong>es ihr zuzurechnenden<br />

Nachrichtenportals dokumentiert, s<strong>in</strong>d Kirchensteuern <strong>in</strong> anderen Ländern eher die Ausnahme als die<br />

Regel. In Österreich erhebt die Kirche selbst e<strong>in</strong>en obligatorischen Kirchenbeitrag, ist dabei aber mit den Erhebungskosten<br />

belastet – im Umkehrschluss heißt das, dass man bei der deutschen Kirchensteuer <strong>zum</strong><strong>in</strong>dest diejenigen Transaktionskosten<br />

als Subvention ansehen kann, die über die Erstattung durch die Kirchen h<strong>in</strong>ausgehen, was von Frerk<br />

(2002: 93 f.) für 1999 auf 2 Milliarden DM beziffert wurde. In Italien besteht bei e<strong>in</strong>er fixen Abgabe Wahlfreiheit, ob<br />

die Mittel der Kirche oder anderen sozialen, humanitären oder kulturellen Zwecken zugutekommen soll. Dieses Modell<br />

wurde auch <strong>in</strong> Spanien e<strong>in</strong>geführt (Arbeitsgruppe „Kultur- und Sozialsteuer“ des Dietrich-Bonhoeffer Vere<strong>in</strong>s<br />

(dbv) 2000: 74 f.). In Frankreich stammen 75 Prozent der E<strong>in</strong>nahmen aus Sammlungen und Spenden, der Rest aus<br />

e<strong>in</strong>em freiwilligen Beitrag. In den Niederlanden gibt es neben Kollekten e<strong>in</strong>en freiwilligen Kirchenbeitrag <strong>in</strong> Höhe von<br />

1 bis 3 Prozent des E<strong>in</strong>kommens, der zwei Drittel des E<strong>in</strong>kommens ausmacht. In den USA f<strong>in</strong>anzieren sich die<br />

Kirchen ausschließlich über Kollekten und Spenden (Katholische Kirche o.J.).

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