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Potenziale zum Subventionsabbau in Baden-Württemberg

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42 Kapitel 7 Schwerpunkte der F<strong>in</strong>anzhilfen <strong>in</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

Throsby (2010: 34–41) fasst all diese Argumente zugunsten e<strong>in</strong>er staatlichen Kulturförderung noch<br />

e<strong>in</strong>mal zusammen, wenn er im Bereich von Kunst und Kultur alle Formen von Marktversagen und<br />

sogar die Existenz gewisser Eigenschaften e<strong>in</strong>es öffentlichen Gutes vermutet: Er zählt positive Externalitäten<br />

aufgrund der Freude von Passanten am Genuss historischer Bauwerke auf, während die<br />

Kosten des Erhalts nicht am Markt zu erlösen s<strong>in</strong>d; künstlerische Ideen könnten unter bestimmten<br />

Umständen leicht kopiert werden, ohne dass die Erträge dem Künstler zugutekämen; es gebe auch im<br />

Kulturwesen Skalenerträge und Marktmacht, die zulasten von kle<strong>in</strong>eren Anbietern g<strong>in</strong>gen; weiterh<strong>in</strong><br />

werden asymmetrische Markt- und Produkt<strong>in</strong>formationen vermutet. 34 Kulturförderung wird ferner mit<br />

Verteilungswirkungen gerechtfertigt. Zusätzlich wird auf die Bedeutung dieses Wirtschaftszweiges für<br />

Wachstum, Beschäftigung und als Exporteur von weltweit nachgefragten künstlerischen Leistungen<br />

verwiesen. Schließlich betont Throsby (2010: 42–45) auch die <strong>in</strong>tangiblen gesellschaftlichen Wirkungen<br />

von Kunst und Kultur, angefangen mit Exzellenz und Innovationsfreudigkeit, über die Ausformung<br />

kultureller Identität, die positiven Wirkungen kultureller Diversität bis h<strong>in</strong> <strong>zum</strong> Kulturerbe und<br />

dessen erzieherischer Wirkung. 35<br />

Rechtfertigung von Subventionen dennoch problematisch<br />

Was die gesellschaftspolitische Rolle von Kunst und Kultur angeht, so lassen sich positive Externalitäten<br />

für die Gesellschaft sicherlich nicht grundsätzlich wegdiskutieren. Es fällt <strong>in</strong>des schwer,<br />

wesentliche von unwesentlichen Externalitäten zu trennen. Geme<strong>in</strong>schaftlichkeit beim Kulturkonsum<br />

mag zwar wichtig se<strong>in</strong>, doch ist das vorwiegend e<strong>in</strong>e Aufgabe, die im privaten Sektor des Geme<strong>in</strong>wesens<br />

anfällt. Intakte Familien und Freundeskreise haben e<strong>in</strong>e sehr viel stärkere Integrationsfunktion,<br />

als es beispielsweise e<strong>in</strong>em staatlich geförderten Theaterbesuch zukommt. Wollte der Staat umfassende<br />

Integrationspolitik betreiben, müsste er im Extremfall sogar Familienfeste oder andere private<br />

Feiern f<strong>in</strong>anziell fördern.<br />

Was die behaupteten externen Vorteile im Konsumbereich anbelangt, so ist gegenüber Bewertungen,<br />

die aus Konsumenten- oder Wählerbefragungen gewonnen werden, Vorsicht angebracht. Soweit<br />

der E<strong>in</strong>zelne glaubt, se<strong>in</strong>e bekundete „Wertschätzung“ sei für ihn kostenlos, ist e<strong>in</strong> Bias bei den Antworten<br />

zugunsten e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>tensiveren Förderung nicht auszuschließen. Zwar kann man mit modernen<br />

statistisch-ökonometrischen Methoden, die auf die Befragungsergebnisse angewandt werden, zusätzliche<br />

Informationen zu den Präferenzen und zur potenziellen Zahlungsbereitschaft von Nachfragern<br />

nach Kulturdienstleistungen gew<strong>in</strong>nen, die häufig tatsächlich auf grundsätzliche Zustimmung der<br />

Befragten für die Kultursubventionen schließen lassen (Last 2010: 5–20). Solange es aber nur um<br />

theoretische statt um bei den Befragten unmittelbar kassenwirksam werdende Zahlungsbereitschaften<br />

geht, s<strong>in</strong>d die Ergebnisse mit Vorsicht zu behandeln.<br />

Auch die Begründungen der Kulturförderung mit externen Effekten im Produktionsbereich s<strong>in</strong>d<br />

problematisch. Das Kreativitätsargument spricht für Kunstunterricht an den Schulen; e<strong>in</strong>e weiterführende<br />

Kunst- und Kulturförderung lässt sich daraus nicht zw<strong>in</strong>gend ableiten. Das Argument, Touristenströme<br />

würden angelockt, mag regional von gewisser Bedeutung se<strong>in</strong>; es kann aber kaum Kulturförderung<br />

auf breiter Front begründen. Wenn schließlich die Innovationsaktivität des Kunst- und<br />

Kultursektors gefördert werden soll, dann bietet sich das Urheberrecht als Internalisierungs<strong>in</strong>strument<br />

an (Pommerehne und Frey 1993: 205).<br />

Insgesamt s<strong>in</strong>d die auf behauptetem Marktversagen beruhenden Begründungen für Kunst- und<br />

Kulturförderung wenig überzeugend. H<strong>in</strong>zu kommt, dass der staatlichen Kunst- und Kulturförderung<br />

Staats- und Bürokratieversagen anhaftet. So ist der Kunst- und Kultursektor für rent-seek<strong>in</strong>g anfällig,<br />

____________________<br />

34 Interessanterweise wird im Kulturwesen selten geleugnet, dass man Subventionen bezieht. Diese werden als solche<br />

anerkannt und mit den vermuteten Marktmängeln gerechtfertigt (Throsby 2010: 35).<br />

35 Vgl. außerdem die kurze Zusammenfassung bei Gerlach-March (2010: 16 f.) und die dort angegebenen weiteren<br />

Literaturquellen.

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