Potenziale zum Subventionsabbau in Baden-Württemberg
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7.2 Ökonomische Bewertung der F<strong>in</strong>anzhilfen 41<br />
Kulturbegriffs im Bereich der öffentlichen Haushalte Deutschlands orientiert sich an der eng gefassten<br />
Def<strong>in</strong>ition der Haushaltssystematiken. Sie umfasst die Abbildung der Aufgabenbereiche Theater,<br />
Musikpflege, nichtwissenschaftliche Bibliotheken und Museen, Denkmalschutz, Sonstige Kulturpflege<br />
sowie die Verwaltung für kulturelle Angelegenheiten“ (Statistische Ämter des Bundes und der Länder<br />
2010: 18).<br />
Gerechtfertigt wird die Kulturförderung mit e<strong>in</strong>er Reihe von Argumenten, die allerd<strong>in</strong>gs meist<br />
wenig operational formuliert s<strong>in</strong>d. Im Geleitwort <strong>zum</strong> bereits zitierten Kulturf<strong>in</strong>anzbericht betonen<br />
Spaenle et al. (2010: 4):<br />
„E<strong>in</strong>e lebendige, weltoffene und <strong>in</strong>novative Gesellschaft ist nur schwer vorstellbar ohne die zahlreichen<br />
Impulse, die sie durch Kunst und Kultur erhält. Deren Bedeutung zeigt sich e<strong>in</strong>erseits bei<br />
der Entwicklung <strong>in</strong>dividueller und kollektiver Identitäten sowie bei der Herausbildung e<strong>in</strong>es verlässlichen,<br />
Orientierung gebenden Wertekanons. Andererseits zeigt sich die Bedeutung von<br />
Kunst und Kultur aber auch im Wirtschaftlichen. Vor dem H<strong>in</strong>tergrund e<strong>in</strong>er zunehmend auch<br />
durch Kultur und Kreativität vorangetriebenen Globalisierung speisen sich Innovationskraft und<br />
Wettbewerbsstärke moderner Wissensgesellschaften <strong>in</strong> steigendem Maße auch aus künstlerischkulturellen<br />
Quellen. Ausgaben für die Kultur s<strong>in</strong>d somit Investitionen <strong>in</strong> die Zukunftsfähigkeit<br />
Deutschlands.“<br />
Damit wird <strong>zum</strong> e<strong>in</strong>en auf die gesellschaftspolitische Rolle der Kultur verwiesen, ihr wird e<strong>in</strong>e<br />
erzieherische Aufgabe bei der Bildung von Grundwerten <strong>zum</strong>essen. Ferner wird postuliert, die<br />
Integration der Gesellschaft werde durch geme<strong>in</strong>schaftliche Kulturerlebnisse vorangetrieben und es<br />
wird die These vertreten, der Geist der Freiheit als Grundlage für Demokratie und Marktwirtschaft<br />
könne sich besonders gut entfalten, wenn der Staat e<strong>in</strong>e breite Kulturförderung bereitstelle. Zum anderen<br />
wird <strong>in</strong> der zitierten Begründung auf verschiedene Arten von positiven Externalitäten abgestellt,<br />
die die Kultur auf die Wirtschaft ausübe und wie sie im Fachgebiet der cultural economics ausführlich<br />
diskutiert werden.<br />
„Cultural economics“ betonen externe Nutzen<br />
Die Rechtfertigung staatlicher E<strong>in</strong>griffe zugunsten von Kunst und Kultur nimmt <strong>in</strong> der cultural<br />
economics e<strong>in</strong>en breiten Raum e<strong>in</strong>. So werden diverse externe Vorteile von Kunst und Kultur für die<br />
Gesellschaft behauptet, die bei fehlender Kulturförderung die Gefahr der Unterversorgung implizieren<br />
würden. Pommerehne und Frey (1993: 20) nennen an e<strong>in</strong>zelnen externen Nutzen im Konsumbereich<br />
(i) den Prestigewert, (ii) den Existenzwert, (iii) den Vermächtniswert, (iv) den Optionswert und (v)<br />
den Bildungswert von Kunst und Kultur. Der Prestigewert ist der immaterielle Nutzen, Mitglied e<strong>in</strong>er<br />
Kulturnation zu se<strong>in</strong>, der Existenzwert der Nutzengew<strong>in</strong>n aus der täglichen Präsenz von Kulturgütern,<br />
der Vermächtniswert der vermutete Nutzen für künftige Generationen, der Bildungswert der Vorteil,<br />
den e<strong>in</strong>ige daraus ziehen, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er auch kulturell gebildeten Gesellschaft zu leben. (vi) Ferner wird der<br />
re<strong>in</strong>en Möglichkeit, e<strong>in</strong>e Kulture<strong>in</strong>richtung grundsätzlich nutzen zu können ohne es aktuell zu tun, e<strong>in</strong><br />
Eigenwert – der Optionswert – beigemessen.<br />
Im Produktionsbereich werden ebenfalls externe Effekte vermutet. So wurde schon früh die These<br />
vertreten, Kunst und Kultur förderten die Kreativität des Faktors Arbeit (Baumol und Bowen 1966:<br />
385). Zudem wird die Ausstattung mit Kulture<strong>in</strong>richtungen als e<strong>in</strong> wichtiger weicher Standortfaktor<br />
angesehen, der bedeutsam für die Ansiedlung von Unternehmen sei, weil diese entsprechend qualifiziertes<br />
Personal vorfänden. Ferner wird argumentiert, Kulturausgaben hätten e<strong>in</strong>e Umwegrentabilität,<br />
weil sie Touristenströme anlocken würden. Weiterh<strong>in</strong> wird postuliert, Kunst sei <strong>in</strong>novativ; deshalb sei<br />
das Risiko zu missl<strong>in</strong>gen hoch, und es bestünde die Gefahr, dass im Erfolgsfall Imitatoren kostenlos<br />
auf das Trittbrett sprängen (Peacock 1979: 148). Die Europäische Union, die sich selbst ebenfalls <strong>in</strong><br />
die Kulturpolitik e<strong>in</strong>schaltet, stellt schließlich sogar e<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung zur Lissabon-Agenda zur europäischen<br />
Wettbewerbsfähigkeit her (Kulturpolitische Gesellschaft 2012).