Potenziale zum Subventionsabbau in Baden-Württemberg
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30 Kapitel 7 Schwerpunkte der F<strong>in</strong>anzhilfen <strong>in</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />
regelmäßige Ausgleichszahlungen verlassen können, dann nehmen die Anreize zu e<strong>in</strong>er effizienten<br />
Leistungserstellung ab (Boss und Rosenschon 2000: 45).<br />
H<strong>in</strong>zu kommt das Argument, dass h<strong>in</strong>ter e<strong>in</strong>er weitreichenden flächendeckenden Versorgung mit<br />
ÖPNV-Leistungen die Idee der Gleichverteilung wirtschaftlicher Aktivitäten im Raum und der E<strong>in</strong>heitlichkeit<br />
der Lebensverhältnisse stehen. Aus raumwirtschaftlicher Sicht ist e<strong>in</strong> Ausgleich von E<strong>in</strong>kommensunterschieden<br />
zwischen Ballungszentren und peripheren Regionen dann fragwürdig, wenn<br />
diese sich aus der räumlichen Arbeitsteilung ergeben haben. Dann kann es angeraten se<strong>in</strong>, von denjenigen<br />
Bürgern, die sich <strong>in</strong> größerer Entfernung von den Agglomerationszentren ansiedeln, e<strong>in</strong>en<br />
Aufschlag auf die Mobilitätskosten zu verlangen (Boss und Rosenschon 2000).<br />
Unter diesen Umständen wird man den F<strong>in</strong>anzhilfen für den ÖPNV zwar pr<strong>in</strong>zipiell nicht ihre<br />
Berechtigung absprechen können, aber doch e<strong>in</strong> Kürzungspotenzial vermuten können.<br />
F<strong>in</strong>anzierung von Eisenbahn<strong>in</strong>frastruktur: Vorf<strong>in</strong>anzierung von Subventionen an die DB AG<br />
Mit der letzten dem Verkehrssektor zuzurechnenden F<strong>in</strong>anzhilfe aus Tabelle 20, der Position Nr. 15<br />
„an die Deutsche Bahn AG für die Neubaustrecke Wendl<strong>in</strong>gen-Ulm“ wird allerd<strong>in</strong>gs noch e<strong>in</strong> Sachverhalt<br />
berührt, der weit über die Zweckbestimmung der sonst die F<strong>in</strong>anzhilfen für Verkehrszwecke <strong>in</strong><br />
<strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> dom<strong>in</strong>ierenden ÖPNV-Hilfen h<strong>in</strong>ausgeht. Zunächst ist festzuhalten, dass zu den<br />
hier für 2011 als Soll verbuchten 55,1 Mill. Euro weitere 16,5 Mill. Euro kommen, die auch an die<br />
Deutsche Bahn fließen sollen, und zwar für den umstrittenen Bahnhofsneubau Stuttgart 21 (vgl.<br />
Anhangtabelle A2). Beide F<strong>in</strong>anzhilfen s<strong>in</strong>d im Verbund zu sehen, weil die Umwandlung des alten<br />
Stuttgarter Kopfbahnhofes <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Durchgangsbahnhof vor allem im Zusammenhang mit der Eröffnung<br />
der Schnellbahnstrecke S<strong>in</strong>n macht.<br />
Mit beiden F<strong>in</strong>anzhilfen beteiligt sich das Land <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> an Investitionen <strong>in</strong> Schienenverkehrsstrecken<br />
der bundeseigenen Deutschen Bahn AG. In diesem Zusammenhang s<strong>in</strong>d zwei<br />
Aspekte von Belang, die grundsätzliche Frage nach dem Subventionscharakter von Schienen<strong>in</strong>frastruktur<strong>in</strong>vestitionen,<br />
und der Umstand, dass aus dem Landeshaushalt e<strong>in</strong>e Beihilfe für e<strong>in</strong> Unternehmen<br />
geleistet wird, für dessen Subventionierung normalerweise der Bund zuständig ist.<br />
Was die grundsätzliche Frage nach dem Subventionscharakter der Investitionen <strong>in</strong> das Schienennetz<br />
angeht, so könnte an dieser Stelle e<strong>in</strong>gewendet werden, dass die Abgrenzung der Verkehrssubventionen<br />
im S<strong>in</strong>ne der Subventionsberichte des Instituts für Weltwirtschaft von alternativen E<strong>in</strong>schätzungen<br />
abweicht, die häufig <strong>in</strong> der umwelt- und verkehrspolitischen Debatte geäußert werden.<br />
Diese betreffen meist Fragen, ob Ausgaben für Infrastruktur<strong>in</strong>vestitionen – <strong>in</strong>sbesondere für die Eisenbahn<br />
– Subventionen se<strong>in</strong> können und welche Verkehrsträger wirklich subventioniert werden –<br />
Straße oder Schiene. Die wesentlichen Argumente zugunsten e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>beziehung der Infrastrukturbeihilfen<br />
für die Eisenbahn <strong>in</strong> die Subventionsdef<strong>in</strong>ition lauten: Bei der Eisenbahn ist die Durchsetzung<br />
des Ausschlusspr<strong>in</strong>zips technisch wie organisatorisch problemlos möglich, mith<strong>in</strong> stellt die Eisenbahn<br />
e<strong>in</strong> „privates Gut“ im S<strong>in</strong>ne der Wohlfahrtstheorie her. Anders beim Straßenverkehr, wo es für das<br />
Gesamtnetz kaum flächendeckend möglich ist, das Ausschlusspr<strong>in</strong>zip zur Geltung zu br<strong>in</strong>gen – hier<br />
kann es bei allen Fortschritten <strong>in</strong> der Bemautung eher nur bei Teilstrecken oder geschlossenen Netzen<br />
zur Geltung kommen. Und was positive Externalitäten angeht, etwa bei der verkehrlichen Erschließung<br />
des Raumes, so wird diese kaum mehr durch die Eisenbahn, sondern eher durch das Straßennetz<br />
gewährleistet. 20<br />
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20 Vgl. zu dieser Diskussion Laaser, Rosenschon (2001: 55–63), Laaser und Sichelschmidt (2000: 117–143) und<br />
Laaser und Jakubowski (2003: 278–291). Sollte sich im Zeitablauf e<strong>in</strong>e völlige Maut- bzw. Gebührenf<strong>in</strong>anzierung des<br />
gesamten Straßennetzes als s<strong>in</strong>nvoll erweisen, dass würde das eher dafür sprechen, entsprechende Leistungen an Betreiber<br />
von Infrastrukture<strong>in</strong>richtungen ebenfalls <strong>in</strong> die Subventionsberichterstattung e<strong>in</strong>zubeziehen statt die Leistungen<br />
an die Eisenbahn nicht zu berücksichtigen.