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08 GROSSPROJEKT KAISER-WILHELM-DENKMAL | 09<br />
BESUCHERZENTRUM AM DENKMAL<br />
INTERVIEW MIT LWL-DIREKTOR MATTHIAS LÖB ZUR<br />
WIEDERERÖFFNUNG DES KAISER-WILHELM-DENKMALS<br />
GESCHICHTE WIRD LEBENDIG<br />
GRAFIK: LWL<br />
Wer braucht heute noch ein Kaiser-Wilhelm-<br />
Denkmal?<br />
Matthias Löb: Kein Mensch. Aber es geht ja auch<br />
nicht darum, dem Kaiser <strong>zu</strong> alter Herrlichkeit <strong>zu</strong> verhelfen.<br />
<strong>Das</strong> wollte ja sein Enkel Wilhelm II. Wir wollen<br />
zwei Dinge: erstens das Denkmal einordnen – wo ist<br />
sein Platz in der Geschichte? Und zweitens Touristen<br />
in die Region ziehen.<br />
Wie ordnet man denn so ein Denkmal ein?<br />
Mit einem Besucherzentrum. Da erzählen wir die<br />
ganze Geschichte: von den Römern in Germanien<br />
über Preußens Pathos bis <strong>zu</strong>m Elend der Zwangsarbeiter<br />
während des Zweiten Weltkrieges in den<br />
Stollen direkt unter dem Monument. Da<strong>zu</strong> kommt<br />
die Naturgeschichte und die Geschichte der Orte<br />
rund um die Porta Westfalica, alles auf 270 Quadratmetern.<br />
LWL-DIREKTOR MATTHIAS LÖB<br />
HAT GRUND ZUM STRAHLEN<br />
BLICK INS BESUCHERZENTRUM<br />
Kaum einer, der den Kaiser Wilhelm von der<br />
Autobahn oder aus dem Zug sieht, kennt die<br />
dunkle Seite des Denkmals.<br />
<strong>Das</strong> ändern wir, garantiert: die Nazizeit und die<br />
KZ-Außenlager, also die Zwangsarbeiter, die die<br />
Stollen in den Jakobsberg getrieben haben, die Rüstungsproduktion,<br />
die unmenschlichen Bedingungen,<br />
unter denen die Gefangenen untergebracht waren<br />
und arbeiten mussten. <strong>Das</strong> zeigen wir alles, mit Hilfe<br />
der Vereine vor Ort, die schon länger an diesen finsteren<br />
Teil der Geschichte erinnern.<br />
Sind nationale Denkmäler überhaupt noch nötig?<br />
Spannende Frage. Wir zeigen Antworten aus<br />
anderen Ländern und fragen auch unsere Besucher.<br />
LWL-Besucherzentrum<br />
Es ist eine<br />
historische<br />
Ereignislandschaft, das<br />
Minden-Lübbecker Land, sagt<br />
Carsten Reuß. Und die Porta bildet<br />
mit dem Kaiser-Wilhelm-Denkmal<br />
die Landmarke, verweist der Leiter des<br />
<strong>neue</strong>n LWL-Preußenmuseums in Minden auf<br />
eines der größten Nationaldenkmäler in Deutschland.<br />
Der „Wilhelm“ steht auf Platz drei der Monumentenliste.<br />
Nach dem Völkerschlachtdenkmal<br />
in Leipzig und dem Kyffhäuserdenkmal im thüringischen<br />
Steinthaleben.<br />
„Wir finden hier bei uns historische preußische<br />
Befunde auf engstem Raum von der frühen<br />
Zeit bis ins 20. Jahrhundert“, sagt Carsten Reuß.<br />
Lange Zeit sei die Bedeutung des Kaiser-Wilhelm-<br />
Denkmals unter Wert gehandelt worden und<br />
man habe vergessen, dass dieses Monument<br />
<strong>zu</strong>r Spitzenliga der damaligen Zeit gehörte.<br />
Mit der Wiedereröffnung des Denkmals nach der<br />
umfangreichen Sanierung der Ringterrasse und<br />
der Einrichtung des Besucherzentrums, wandele<br />
sich dieser Blick nach hinten nun <strong>zu</strong> einem Blick<br />
nach vorne. Denn hier finde sich weitaus mehr<br />
als nur ein Denkmal. Es sei ein Geschichts-,<br />
ein Natur- und ein Freizeitraum, der erlebt und<br />
erfahren werden könne. <strong>Das</strong> Besucherzentrum<br />
sei dabei nicht als Museum oder Belehrungszentrum<br />
<strong>zu</strong> sehen, sondern als Erlebnisraum für<br />
historische Einblicke.<br />
Dabei erinnert Carsten Reuß an Elemente<br />
wie die Margarethenkapelle, historische Vermessungspunkte,<br />
Wallanlagen, die Kreuzkirche oder<br />
auch die <strong>zu</strong> <strong>neue</strong>m Leben erweckte Wittekindsburg.<br />
„Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten in<br />
diesem Erlebnisraum.“<br />
Blickt der Historiker in das Besucherzentrum in<br />
der Ringterrasse des Kaiser-Wilhelm-Denkmals,<br />
kann er auf ein vielschichtiges Informationsangebot<br />
verweisen. Nicht <strong>zu</strong>letzt die Frage „Wie<br />
gehen wir mit dem Denkmal um?“ führt schließlich<br />
<strong>zu</strong> einem historischen und im wahrsten Sinne<br />
des Wortes – oben vom Wittekindsberg aus gesehen<br />
– landschaftlichen Weitblick.<br />
VOM BESUCHERZENTRUM<br />
ZUM LWL-PREUSSENMUSEUM<br />
In Verbindung mit dem <strong>neue</strong>n LWL-Preußenmuseum<br />
geht der Weg in die Geschichte und die<br />
historischen Hintergründe Preußens weiter. Denn<br />
die Porta Westfalica ist quasi die Tür von Preußens<br />
Stammland in Richtung Westen, erinnert<br />
Carsten Reuß.<br />
Minden bildete dabei als Militär- und Verwaltungsstandort<br />
die Schwerpunktregion in Preußens<br />
Westfalen – und dieses spätestens seit dem<br />
17. Jahrhundert. „Wir rücken die bedeutenden<br />
Aspekte der mehr als 300-jährigen brandenburgpreußischen<br />
Geschichte wieder in das Blickfeld<br />
und zeigen, das Preußen mehr ist als Pickelhaube<br />
und Kasernenhof.“<br />
Die Präsentationen zeigen deshalb auch, dass<br />
Bildung, Versicherungen, das Berücksichtigen<br />
des Feuerschutzes beim Bau von Häusern und<br />
vieles mehr das System Preußen ausmachten.<br />
FOTOS: LWL (2), AMTAGE