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Karrierewege und Rekrutierungsmuster bei Regierungsmitgliedern ...

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-1876 das Reichspostamt<br />

-1877 das Reichsjustizamt<br />

-1879 das Reichsschatzamt<br />

Jedoch waren diese Institutionen keine eigenständige Ressorts. Dem Reichskanzler unterge-<br />

ordnet, wurden sie in der Regel von Staatssekretären geleitet (vgl. Pünder 1963). Bismarck<br />

sah sich mit Forderungen der liberalen Parteien nach einer verantwortlichen Reichsregierung<br />

konfrontiert: Er lehnte dieses Anliegen jedoch immer wieder ab, denn damit wäre ein ver-<br />

stärkter Einfluss des Reichstages möglich gewesen (vgl. zu den Einzelheiten Morsey 1957:<br />

287ff.).<br />

Bedingt durch die immer größere Ar<strong>bei</strong>tslast erfolgte in den nächsten Jahren einerseits eine<br />

Verlagerung <strong>und</strong> andererseits eine Spezialisierung der Aufgaben: Die Staatssekretäre erlang-<br />

ten dadurch eine gewisse Eigenständigkeit, denn sie konnten „zu ständigen Vertretern des<br />

Reichskanzlers auf ihren jeweiligen Aufgabengebieten bestellt werden“ (Busse 1994: 16). Im<br />

Laufe der Zeit entstanden da<strong>bei</strong> immer komplexere Verwaltungseinheiten. „Der wesentliche<br />

Schritt hin zur Regierung im heutigen Sinne wurde getan, als sich im aufkommenden Konsti-<br />

tutionalismus die Regel durchsetzte, daß rechtmäßige Akte des Monarchen der Gegenzeich-<br />

nung durch einen Minister oder den Ministerpräsidenten bzw. Kanzler bedurften“ (Patzelt<br />

1997: 185). Im Kaiserreich behielt da<strong>bei</strong> der Monarch das alleinige Recht zur Ernennung <strong>und</strong><br />

Entlassung von Ministern, was ihm eine überlegene Stellung im Verfassungsgefüge gab.<br />

Die inhaltliche Struktur des Reichskanzleramtes änderte sich dergestalt, dass es nicht mehr,<br />

wie erst gedacht, das Machtinstrument des Kanzlers für die zentrale Leitung aller politischen<br />

Angelegenheiten war, sondern nur noch „eine den neuen Reichsämtern gleichgestellte<br />

Reichsbehörde“ (Pünder 1963: 1). Das Reichskanzleramt hieß mit kaiserlichem Erlass vom<br />

Dezember 1879 jetzt „Reichsamt des Inneren“ (Morsey 1957: 210). Die Notwendigkeit eines<br />

persönlichen Büros für den Reichskanzler bestand jedoch fort, <strong>und</strong> so wurde schon 1878 eine<br />

Art Zentralbüro für den Kanzler eingerichtet, welches in seinem personellem Ausmaß aller-<br />

dings äußerst bescheiden blieb. Trotzdem erhielt die Reichskanzlei alsbald eine nicht zu un-<br />

terschätzende Bedeutung als ‚Zwischenglied’; das bedeutete, durch die oftmalige Abwesen-<br />

heit des Reichskanzlers in der Hauptstadt wurde eine Person gebraucht, die für die Koordinie-<br />

rung der Politik Sorge trug <strong>und</strong> die politischen Ziele auch gegenüber der Presse vertrat (Mor-<br />

sey 1957: 221f.).<br />

Insgesamt hat es in der Kaiserzeit zehn Leiter der Reichskanzlei gegeben. Erster Chef des<br />

Amtes wurde Landrat Tiedemann aus Mettmann, ein ehemaliger freikonservativer Abgeord-<br />

neter des preußischen Landtages. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die folgende Feststel-<br />

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