16.12.2012 Aufrufe

Karrierewege und Rekrutierungsmuster bei Regierungsmitgliedern ...

Karrierewege und Rekrutierungsmuster bei Regierungsmitgliedern ...

Karrierewege und Rekrutierungsmuster bei Regierungsmitgliedern ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

dungsrecht kam ihm erst <strong>bei</strong> der Abstimmung über die Vertrauensfrage zu“ (Gusy 1997: 131).<br />

Gefragt waren jetzt Abgeordnete, die sich mit den immer anspruchsvolleren ar<strong>bei</strong>tsteiligen<br />

Anforderungen einer parlamentarischen Demokratie auskannten. Allerdings hielt dieser Zu-<br />

stand nur bis zur Agonie der Weimarer Republik ab 1930 an. In den Kabinetten der Spätphase<br />

der ersten deutschen Demokratie dominierte ein Kartell der sogenannten Fachleute, die in<br />

ihrer Mehrzahl parteilos waren (Best 1989: 220). Das Parlament stand der Regierung als „un-<br />

verb<strong>und</strong>enes Handlungsfeld“ (Best 1989: 194) gegenüber: Die Trennung war stärker, als sie<br />

je im Kaiserreich hätte sein können. Bedingt wurde dies durch den Aufstieg von systemfeind-<br />

lichen Parteien <strong>und</strong> die Unfähigkeit der demokratischen Parteien zur Zusammenar<strong>bei</strong>t. Der<br />

Rückgriff auf die Notstandsrechte in Art. 48 der Weimarer Reichsverfassung sorgte in der<br />

Endphase der Weimarer Republik für einen Bedeutungsverlust der Legislative: Es ermöglich-<br />

te <strong>bei</strong> der Regierungsbildung ein „Regieren ohne das Parlament <strong>und</strong> schließlich auch gegen<br />

das Parlament“ (Gusy 1997: 108).<br />

Die Ablösung des absoluten Mehrheitswahlrechts durch ein reines Verhältniswahlrecht be-<br />

wirkte folgendes: Es wurde die Kontrollmöglichkeit der Parteiführung durch die eben jetzt<br />

erforderliche Aufstellung der Kandidatenlisten gestärkt <strong>und</strong> damit einhergehend zweitens ei-<br />

nem „enormen Zentralisierungseffekt“ (Borchert/Golsch 1999: 117) Vorschub geleistet. Da-<br />

durch war die Kandidatenauswahl von bürokratisch-hierarchisch organisierten Parteizentralen<br />

bestimmt <strong>und</strong> einer gewissen lokalen ‚Autonomie’ zunehmend die Gr<strong>und</strong>lage entzogen wor-<br />

den.<br />

Nach wie vor übten die Verbände <strong>und</strong> Gewerkschaften Einfluss aus. In der Weimarer Natio-<br />

nalversammlung waren 62 Prozent der Abgeordneten entweder gewerkschaftlich oder in Un-<br />

ternehmerverbänden organisiert. Interessanterweise wurde dieser Anstieg vor allem von den<br />

nichtsozialistischen Fraktionen ausgelöst (Best 1989: 192). Dieses Bild änderte sich gegen<br />

Ende der Weimarer Republik wieder: Die Abgeordneten der NSDAP hatten eine nur geringe<br />

Verbindung zum Verbändewesen aufzuweisen. Hier offenbarte sich auch die – schon ange-<br />

sprochene – politische Blockierung der Weimarer Demokratie, denn das Parlament hatte mit<br />

der Anwendung der Notverordnungen ab 1930 kaum noch politische Gestaltungskraft.<br />

Im Gegensatz dazu stieg der Anteil von Parteifunktionären <strong>und</strong> Parteijournalisten stetig an:<br />

„After the November election of 1932, 44 Percent of the Centre Party, 46 Percent of the<br />

NSDAP, and 62 Percent of the Communist parliamentary party´s seats were taken by party<br />

journalists and functionaries [...]” (Best/Hausmann/Schmitt 2000: 168). Durch ihre berufliche<br />

Stellung waren diese Abgeordneten weitgehend abhängig von den Parteizentralen. Die politi-<br />

sche Professionalisierung ging in diesem speziellen zeitgeschichtlichen Kontext einher mit<br />

27

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!