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Karrierewege und Rekrutierungsmuster bei Regierungsmitgliedern ...

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ten müssten „Veränderungen institutioneller Faktoren“ (Golsch 1998: 55) eindeutig mit dem<br />

Agieren eines „kollektiven Akteurs“ (Borchert 1999a: 10) erklärt werden können.<br />

In vergleichender Perspektive (Borchert 1999a) wird die Kategorie der politischen Klasse<br />

zwecks Bündelung <strong>und</strong> Strukturierung historischer Entwicklungen von nationalen Führungs-<br />

gruppen eingeführt: So könne eine Möglichkeit entstehen, die unterschiedlichen Entwick-<br />

lungslinien in den einzelnen Ländern aufzuzeigen. Es stellt sich nur die Frage, ob es hierfür<br />

des Begriffes der politischen Klasse bedarf oder ob der Elitebegriff nicht schon vollständig<br />

den Untersuchungsgegenstand abdeckt. Die einzelnen Beiträge des Bandes legen diese Ver-<br />

mutung nahe.<br />

Die Gr<strong>und</strong>frage bleibt, ob die Analyse der Professionalisierung von Politik 7 des Konzeptes<br />

der politischen Klasse bedarf. In einer Antwort auf seine Kritiker verweist Borchert darauf,<br />

dass Stammer seinen Funktionselitenbegriff vor allem deswegen eingeführt habe, um „Demo-<br />

kratie <strong>und</strong> die Rolle von Eliten miteinander zu versöhnen“ (Borchert 2003: 98). Damit wird<br />

mehr oder weniger der Vorwurf erhoben, dass Stammer die Gefahr des Fehlverhaltens von<br />

politischen Eliten nicht zur Kenntnis nehmen will. Das trifft nicht zu, denn sehr wohl geht<br />

Stammer auf diese Problematik ein (vgl. Stammer 1951: 521ff.).<br />

Ein weiterer Schwachpunkt des Konzeptes der politischen Klasse im Sinne von Bor-<br />

chert/Golsch ist die Zentrierung auf die nationalen Parlamente. So fragt denn auch Herzog:<br />

„Welche Bedeutung kommt der Regierung, der Ministerialbürokratie, bestimmten föderativen<br />

Institutionen oder bestimmten gesellschaftlichen Machtgruppen zu ?“ (Herzog 2000b: 740).<br />

Genau an diesem Punkt gerät die Kategorie der politischen Klasse in Erklärungsnot, denn die<br />

Benennung der ‚Grauzonen’ ist ungenügend. Die oft zitierte „Kolonialisierung der Gesell-<br />

schaft durch den Parteienstaat“ (Beyme 1993: 58; vgl. auch Borchert 1999a: 25f.) kann nicht<br />

eindeutig nachgewiesen werden. Golsch spricht <strong>bei</strong> der Benennung der Grauzonen davon,<br />

dass „ein Teil der politischen Beamten in der Exekutive“ zur politischen Klasse gehöre<br />

(Golsch 1998: 38). 8 Eine genauere Definition unterbleibt. Nun kann man argumentieren, dass<br />

diese Eingrenzungsproblematik natürlich auch <strong>bei</strong>m Funktionselitenbegriff besteht. Der Un-<br />

terschied besteht aber darin, dass <strong>bei</strong>m Begriff der politischen Klasse im Sinne von Bor-<br />

chert/Golsch (1995) ein ambitioniertes Konzept verfolgt wird, um Veränderungen des institu-<br />

tionellen Umfeldes festzustellen. Solchen weitgehenden Interpretationen auf unsicherer<br />

Gr<strong>und</strong>lage enthält sich Stammer (1951).<br />

7 Der Fragekomplex Professionalisierung <strong>und</strong> Politik wird im nächsten Kapitel behandelt.<br />

8 Nur im Frankreich-Kapitel von Borchert (1999a) wird die französische Ministerialbürokratie als Teil der politi-<br />

schen Klasse behandelt.<br />

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