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Karrierewege und Rekrutierungsmuster bei Regierungsmitgliedern ...

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Herzog stellte fest: „Die Analyse politischen Personals sollte nicht von der Analyse ihres ge-<br />

sellschaftlich-institutionellen Handlungskontexts getrennt werden. Das gilt auch im umge-<br />

kehrten Sinne; die Analyse politischer Institutionen oder Organisationen bedarf der Berück-<br />

sichtigung der in ihnen tätigen Akteure“ (Herzog 1993b: 125).<br />

Für den Ansatz von Borchert/Golsch sind die Parlamente in Anknüpfung an Herzog das ent-<br />

scheidendende Untersuchungsobjekt: „Das Konzept der politischen Klasse findet hier seinen<br />

genuinen Anwendungsbereich: Es dient zur Analyse der Prozesse, die das Selbsterhaltungsin-<br />

teresse professioneller Politiker unter den gegebenen institutionellen Bedingungen umsetzen<br />

in die (Um-)Gestaltung eben dieser Bedingungen“ (Borchert/Golsch 1995: 617). Zu einem<br />

solchen Ergebnis kommen Borchert/Golsch aufgr<strong>und</strong> der Auswertung der Sek<strong>und</strong>ärliteratur<br />

vor allem zur amerikanischen Kongressforschung. In der amerikanischen Politikwissenschaft<br />

dominiert da<strong>bei</strong> ein akteurszentrierter Ansatz, welcher den einzelnen Politiker als ‚eigenstän-<br />

digen Unternehmer’ für seine politische Laufbahn sieht (vgl. etwa Ehrenhalt 1991; Loomis<br />

1988; Schlesinger 1966). Bei den Bedingungen des politischen Systems in den Vereinigten<br />

Staaten mit seinen schwachen Parteistrukturen ist das nicht überraschend. Es gibt einen gro-<br />

ßen Dienstleistungssektor für politische Zwecke <strong>und</strong> Wahlkampfspenden erfolgen in viel<br />

stärkerem Maß durch private Geldgeber.<br />

Bei der deutschen Parlamentsforschung wird die Zentrierung auf staatsrechtliche Kategorien<br />

kritisiert: „Ihr könnte eine Perspektive, die den Abgeordneten als Akteur in der Institution<br />

Parlament <strong>und</strong> innerhalb des Institutionensystems sieht, nur zugute kommen [...]“ (Bor-<br />

chert/Golsch 1995: 624f.). Durch die Einbeziehung der Akteursebene einerseits <strong>und</strong> politisch-<br />

soziologischer Kriterien andererseits könne der Sprung von Institutionalismus alter Prägung<br />

zu einem „sozialwissenschaftlich aufgeklärten Neo-Institutionalismus“ gelingen. 4 In diesem<br />

Kontext steht das Konzept der politischen Klasse im Sinn von Borchert/Golsch. Der Nutzen<br />

des Konzeptes liege in seiner integrativen Kraft sowie dem Wert für die historische <strong>und</strong> ver-<br />

gleichende Forschung politischer Systeme. Indem es den einzelnen Abgeordneten, das Parla-<br />

ment <strong>und</strong> das politische Institutionensystem miteinander verbinde, könne es helfen, besser zu<br />

verstehen, warum der Staat so sei wie er ist (vgl. Borchert/Golsch 1995: 625; Borchert 2003:<br />

131).<br />

Borchert (1999a) versucht mit diesem Konzept in vergleichender Perspektive anhand von<br />

sechs Untersuchungsmerkmalen 5 die politische Klasse von Berufspolitikern in 19 westlichen<br />

4 Damit bezieht Borchert auf einen Beitrag von Kathleen Thelen <strong>und</strong> Sven Steinmo (1992: 1ff.).<br />

5 Da<strong>bei</strong> handelt es sich um den historischen Prozess politischer Professionalisierung, die institutionellen Rahmenbedingungen,<br />

die Ausdehnung <strong>und</strong> die Strukturmerkmale der politischen Klasse, die typischen Rekrutie-<br />

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