Integrationshemmnis Leiharbeit - Otto Brenner Shop
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INTEGRATIONSHEMMNIS LEIHARBEIT<br />
Investieren heißt<br />
auch Potentiale von<br />
Migranten fördern<br />
84<br />
Stelle immer mehr schwindet. Für viele geht<br />
ihre Tätigkeit in der <strong>Leiharbeit</strong> schon lange<br />
nicht mehr mit den latenten und manifesten<br />
Funktionen einer Erwerbstätigkeit einher (vgl.<br />
Jahoda 1979, 1980), wie etwa einer regelmäßigen<br />
Zeitstruktur, gemeinsamen sozialen Erfahrungen,<br />
kollektiven Zielen und Zwecksetzungen<br />
oder auch sozialem Status. Eine Gefahr<br />
dabei ist, dass, wenn der Arbeitsplatz als Konstruktionsmechanismus<br />
für eine kollektive<br />
Identität ausfällt, sich die ausgegrenzten und<br />
stigmatisierten Arbeitsmarktverlierer neue Widerstandsidentitäten<br />
(vgl. Castells 2003) suchen,<br />
die destruktive Züge annehmen können,<br />
was die Abschottung insbesondere von Migranten<br />
vorantreibt. Die Regierung darf sich nicht<br />
mehr länger diesem Konfliktfeld entziehen und<br />
muss sicherstellen, dass der Primat der Politik<br />
wiedererlangt wird und jegliche Arbeit wieder<br />
eine Chance auf soziale Teilhabe an unserer<br />
Gesellschaft bietet.<br />
(2) Viele Hilfskräfte mit Migrationshintergrund<br />
verfügen über eine qualifizierte Ausbildung<br />
oder haben ein Studium absolviert, das in<br />
Deutschland nicht oder nur nach jahrelangem<br />
bürokratischen Hindernislauf anerkannt wird.<br />
Viele bemühen sich vergebens um eine Nachoder<br />
Weiterqualifizierung und hoffen, dass<br />
ihre Potenziale im Rahmen des nun langsam<br />
sichtbar werdenden Fachkräftemangels anerkannt<br />
und in die Weiterbildung investiert werden,<br />
d. h., dass sie die Chance einer stabilen<br />
Einbindung in den Arbeitsmarkt erhalten. Die<br />
Politik wie auch die Unternehmen scheinen<br />
sich trotz gegenteiliger Verlautbarungen in<br />
dieser Frage zunehmend für den billigeren und<br />
auch unsolidarischen Weg zu entscheiden, indem<br />
sie massiv für eine Rekrutierung von Fachkräften<br />
aus dem Ausland werben. Vernachlässigt<br />
wird dabei die Möglichkeit, Unternehmen<br />
zu verpflichten, sich in die Nach- und Weiterqualifizierung<br />
von bereits hier lebenden hoch<br />
qualifizierten Migranten stärker einzubringen,<br />
um ihnen eine ausbildungsadäquate Teilhabe<br />
am Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Billig ist der<br />
eingeschlagene Weg deshalb, weil die aus dem<br />
Ausland rekrutierten Fachkräfte punktgenau –<br />
ohne weitere Investitionen – für die aktuellen<br />
Erfordernisse des Betriebs rekrutiert und ihre<br />
vorhandenen Potenziale unmittelbar ausgebeutet<br />
werden können. Da es sich zudem meist<br />
um junge Menschen handelt, werden sie mit<br />
günstigen Einstiegsgehältern entlohnt. Als unsolidarisch<br />
erweist sich dieser Weg, weil<br />
dadurch aus anderen, weniger prosperierenden<br />
Volkswirtschaften dort teuer ausgebildete<br />
Nachwuchskräfte abgeworben werden und die<br />
Entwicklung dieser Länder noch weiter abgebremst<br />
wird. An dieser Tendenz wird einmal<br />
mehr deutlich, dass sowohl der Grundwert der<br />
Gleichheit als auch der Wert einer erworbenen<br />
Qualifikation immer aus einer nationalen Perspektive<br />
definiert werden, wodurch in der Folge<br />
auch soziale Ungleichheit (Nichtanerkennung<br />
der mitgebrachten Bildungsabschlüsse) manifestiert<br />
und legitimiert wird (vgl. Beck 2008:<br />
11-15). Bei wirtschaftlich gebotener Notwendigkeit<br />
tritt die bisher gültige Ungleichheitsnorm<br />
(Zweifel am Wert ausländischer Abschlüsse)<br />
problemlos in den Hintergrund.