Integrationshemmnis Leiharbeit - Otto Brenner Shop
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Da Migranten in jeweils sehr heterogenen ethnischen<br />
Netzwerken agieren, die allesamt über<br />
institutionelles Wissen verfügen, sollte es das<br />
Ziel der Gewerkschaften sein, stabile und verlässliche<br />
Kommunikationsstrukturen sowie informelle<br />
Kontakte zu Vorbildern und Autoritätspersonen<br />
in den jeweiligen Communitys aufzubauen.<br />
Dies können u. a. sein: Unternehmer,<br />
Rechtsanwälte, Ärzte, <strong>Leiharbeit</strong>nehmer, die<br />
sich gegen unlautere Praktiken von Ver- und<br />
Entleihern gewehrt haben, Stammbeschäftigte,<br />
die mit der Betriebsratsarbeit und mit Gewerkschaften<br />
vertraut sind, aber auch Personen,<br />
welche im Herkunftsland als Autoritätspersonen<br />
galten, wie Lehrer, Ärzte usw. Letztere, so<br />
zeigen Erfahrungen, sind häufig bereit, sich für<br />
die Community zu engagieren, auch um den mit<br />
der Emigration erfahrenen Statusverlust<br />
zumindest in geringen Teilen auszugleichen.<br />
Auch gelingt es durch Betriebsräte, die<br />
selbst einen Migrationshintergrund haben, einen<br />
Zugang zu Arbeitnehmern mit Migrationshintergrund<br />
zu erhalten. Durch eine Ansprache<br />
in der Muttersprache verringert sich nicht nur<br />
der soziale Abstand, sondern Betriebsräte mit<br />
Migrationshintergrund können häufig auch die<br />
Sorgen und Nöte der Betroffenen besser verstehen<br />
und profitieren von einem Vertrauensvorschuss.<br />
Im Einzelfall allerdings kann sich<br />
jedoch genau dieser Vorteil in eine soziale Distanz<br />
umkehren, da der gleiche ethnische Hintergrund<br />
seitens der Arbeitnehmer mit bestimmten<br />
Befürchtungen verbunden ist (vgl.<br />
Kap. 7.2.). Zugleich muss berücksichtigt werden,<br />
dass das Bemühen um Integration gleich-<br />
zeitig mit einer Distanzierung gegenüber der<br />
eigenen Ethnie einhergehen kann.<br />
„Migranten wollen hier ankommen und integriert<br />
werden. Warum sollen sie also<br />
dann ihre eigenen Landsleute als Betriebsräte<br />
wählen? Vielleicht wegen der Sprache,<br />
ja. Aber wenn jemand schon selbst gut qualifiziert<br />
ist und keine Sprachschwierigkeiten<br />
hat, wird er eher einen Deutschen wählen,<br />
weil er sich doch eher an den Einheimischen<br />
orientiert, denn er will ja einer von<br />
ihnen werden“ (Betriebsrat mit Migrationshintergrund).<br />
8.3. Resümee<br />
Die Gewerkschaften sollten die Umbruchsituation<br />
der Arbeitsgesellschaft, für die <strong>Leiharbeit</strong><br />
und eine hohe Unsicherheitserfahrung exemplarisch<br />
ist, zum Anlass nehmen, ihre Angebote<br />
für prekär Beschäftigte auszuweiten und ihre<br />
Ressourcen verstärkt für Beziehungsarbeit,<br />
Kooperation und Kommunikation einzusetzen.<br />
Gerade im Falle von <strong>Leiharbeit</strong>nehmern mit Migrationshintergrund<br />
stehen Gewerkschaften<br />
mehrfach verunsicherten Arbeitnehmern gegenüber,<br />
die aufgrund von Sprachschwierigkeiten,<br />
Zeitmangel, Misstrauen und Resignation<br />
über die herkömmlichen Strategien und<br />
Kampagnen kaum erreichbar sind.<br />
Daher sollten Gewerkschaften die Vernetzung<br />
mit Migrantenselbstorganisationen intensivieren,<br />
um deren Wissen in politischer und<br />
rechtlicher Hinsicht zu vertiefen und sie als zi-<br />
VERSCHLOSSENE WELTEN?<br />
Hybride Strategien<br />
sind zukunftsfähig<br />
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