Integrationshemmnis Leiharbeit - Otto Brenner Shop
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INTEGRATIONSHEMMNIS LEIHARBEIT<br />
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gern, da sie weder im Verleih- noch im Entleihbetrieb<br />
Gelegenheit haben, längerfristige und<br />
stabile Sozialkontakte aufzubauen. Damit wird<br />
insbesondere Migranten die für eine weitreichende<br />
soziale Integration wichtige und verstärkende<br />
Beziehungspflege vorenthalten. Die<br />
der <strong>Leiharbeit</strong> innewohnende „Atomisierung“<br />
hat zudem eine entsolidarisierende und isolierende<br />
Funktion, wodurch sich auch die Gefahr<br />
erhöht, Ziel von Diskriminierung und Ungleichbehandlung<br />
zu werden. Um dieser Gefahr und<br />
auch der Instabilität zu entfliehen, ziehen Migranten<br />
vereinzelt eine schlechter bezahlte, jedoch<br />
stabile Tätigkeit einem <strong>Leiharbeit</strong>sverhältnis<br />
vor.<br />
Im Hilfskräftebereich treffen überdurchschnittlich<br />
viele Migranten aus unterschiedlichsten<br />
Kulturen aufeinander. Dies verlangt<br />
den Betroffenen nicht nur eine mehrfache kulturelle<br />
(sprachliche, habituelle) Anpassungsleistung<br />
(cross-cultural) ab, sondern es kann im<br />
Einzelfall auch zu einer Verschlechterung der<br />
bis dahin erworbenen deutschen Sprachkenntnisse<br />
führen.<br />
Migranten mit geringer Qualifikation haben<br />
weniger hohe Erwartungen an den Berufseinstieg<br />
in Deutschland und kommen mit der<br />
Beschäftigung als <strong>Leiharbeit</strong>nehmer physisch<br />
und psychisch bisweilen besser zurecht, da sie<br />
mit schwerer körperlicher und statusniedriger<br />
Arbeit vertraut sind. Für gut qualifizierte Migranten<br />
hingegen ist die Hilfskrafttätigkeit mit<br />
einem hohen Statusverlust verbunden, der<br />
nachhaltige psychische Belastungen für die<br />
Betroffenen und ihre Familien mit sich bringt.<br />
Insbesondere innerhalb der ethnischen Com-<br />
munity geht diese Statusabwertung zusätzlich<br />
mit Scham einher.<br />
<strong>Leiharbeit</strong> als finanziell prekäre<br />
Beschäftigung<br />
Der geringe Verdienst von Hilfskräften untergräbt<br />
die tradierte männliche Ernährerrolle<br />
(sog. Bread-Winner-Status, vgl. Kap. 6.4.), so<br />
dass insbesondere männliche Migranten bestrebt<br />
sind, dieses Niedrigeinkommen durch<br />
einen Zweit- und Drittjob und/oder eine hohe<br />
Überstundenanzahl auszugleichen. Dadurch<br />
entstehen neben Konflikten mit der Stammbelegschaft<br />
auch gesundheitliche Probleme, weil<br />
notwendige Erholungsphasen fehlen.<br />
Hilfstätigkeiten sind gering entlohnt (Aufstocker-Status),<br />
häufig nur kurzfristig (tage-/<br />
wochenweise) und wechseln sich mit Zeiten der<br />
Arbeitslosigkeit ab. Diese sich wiederholende<br />
Änderung des Arbeitsmarkt- und Sozialversicherungsstatus<br />
(Aufstocker, ALG-I-Empfänger)<br />
und der damit einhergehende Behördenkontakt<br />
ist für viele Migranten nachhaltig belastend<br />
(Angst vor Strafe, Angst vor Ausweisung,<br />
Angst vor ALG-Kürzungen). Zusätzliche finanzielle<br />
Engpässe entstehen durch zeitliche Verzögerungen<br />
bei der Datenübermittlung (Abrechnung<br />
mit dem Verleihbetrieb, An- und Abmeldung<br />
bei der Arbeitsagentur), was das Überschuldungsrisiko<br />
erhöht. Da insbesondere<br />
Neuzugewanderte und Geringverdiener von<br />
deutschen Bankinstituten kaum Kredite erhalten,<br />
erhöht sich die Gefahr, in Abhängigkeit<br />
von Freunden und nahen Familienangehörigen<br />
oder auch von unseriösen Geldverleihern zu<br />
geraten.