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Integrationshemmnis Leiharbeit - Otto Brenner Shop

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8. Verschlossene Welten? Empfehlungen für einen<br />

verbesserten Zugang zu Migranten<br />

Auf den ersten Blick ist zu vermuten, dass <strong>Leiharbeit</strong>nehmer<br />

aufgrund ihrer prekären Lage in<br />

besonderer Weise Anlass haben, ihrem Unmut<br />

Ausdruck zu verleihen und ihre Rechte öffentlich<br />

einzufordern. Doch das prekäre Leben als<br />

<strong>Leiharbeit</strong>nehmer, insbesondere als Helfer, ist<br />

überwölbt von einem dauerhaften Gefühl der<br />

Unsicherheit. Jeder <strong>Leiharbeit</strong>nehmer weiß,<br />

„daß er keineswegs unersetzbar ist und seine<br />

Arbeit, seine Stelle gewissermaßen ein Privileg<br />

darstellt, freilich ein zerbrechliches und<br />

bedrohtes Privileg“ (Bourdieu 1998: 97). Dieses<br />

tägliche Bangen um den Arbeitsplatz verhindert<br />

nicht nur langfristige Lebensentwürfe<br />

und Zukunftspläne, sondern es erzeugt ein Gefühl<br />

des Ausgeliefertseins, der Ohnmacht und<br />

der Fremdbestimmung. Diese damit verbundene<br />

Entmutigung und Demobilisierung wird äußerlich<br />

sichtbar an einander widersprechenden<br />

Verhaltensweisen und Einstellungen (vgl.<br />

Bourdieu 2000: 103 ff.), am Bedürfnis, sich<br />

nicht festzulegen, keine Verpflichtungen einzugehen,<br />

und einem grundsätzlichen Argwohn<br />

und Misstrauen. Aufgabe der Gewerkschaften<br />

und der Politik ist es daher, diesen Menschen<br />

eine Chance auf die Gestaltung ihres eigenen<br />

Lebens und damit ihrer Zukunft zu geben.<br />

8.1. Die Ausgangslage<br />

Die gegenwärtige Lebenssituation ist für viele<br />

<strong>Leiharbeit</strong>nehmer mit Migrationshintergrund<br />

geprägt von einem schlecht bezahlten, körperlich<br />

anstrengenden und unsicheren Arbeitsplatz<br />

sowie von kurzzeitigen und örtlich wechselnden<br />

Arbeitseinsätzen in einer immer<br />

wieder neuen sozialen Umwelt. Diese Instabilität<br />

wird begleitet von alltäglichen direkten und<br />

indirekten Diskriminierungserfahrungen, destruktiven<br />

betrieblichen Strategien einer der<br />

<strong>Leiharbeit</strong> innewohnenden Dynamik der Desolidarisierung.<br />

Jeder <strong>Leiharbeit</strong>nehmer wird unfreiwillig<br />

zum Einzelkämpfer und ist – auch<br />

zum Leidwesen der Betriebsräte – von kollektiven<br />

Bewältigungsstrategien nahezu ausgeschlossen:<br />

„Ich bin mir nicht sicher, ob unsere <strong>Leiharbeit</strong>er<br />

verstanden haben, warum sie<br />

überhaupt in die IG Metall eingetreten<br />

sind. Bei vielen habe ich bis heute den Eindruck,<br />

dass sie sich dadurch erhofften, dass<br />

der Betriebsrat dann dafür sorgt, dass sie<br />

in die Stammbelegschaft übernommen werden.<br />

Sie haben den Gedanken der Solidarität,<br />

nämlich, dass sie nur als Gruppe stark<br />

sind, nicht verstanden“ (Betriebsrätin Entleiher).<br />

„Von hundert <strong>Leiharbeit</strong>ern kommen<br />

vielleicht einer oder zwei zur Betriebsversammlung“<br />

(Personaldisponent).<br />

Das instabile und prekäre Beschäftigungsfeld<br />

<strong>Leiharbeit</strong> gleicht einem ‚Meer der Unberechenbarkeit‘<br />

und stellt per se eine explizite<br />

Aufforderung an Gewerkschaften und Betriebsräte<br />

dar, hier eine Ankerfunktion zu übernehmen.<br />

Jedoch wird diesen der Zugang sehr erschwert<br />

(vgl. IGM 2009), da viele <strong>Leiharbeit</strong>nehmer<br />

mit Migrationshintergrund in Ländern<br />

und unter politischen Systemen sozialisiert<br />

VERSCHLOSSENE WELTEN?<br />

Gewerkschaften<br />

treffen auf zutiefst<br />

verunsicherte und<br />

misstrauische<br />

Arbeitnehmer<br />

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