Integrationshemmnis Leiharbeit - Otto Brenner Shop
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INTEGRATIONSHEMMNIS LEIHARBEIT<br />
Arbeitstugenden,<br />
Umgangsformen und<br />
Regeln des Herkunftslandes<br />
bestimmen das<br />
Arbeitsverhältnis<br />
72<br />
Ethnische Verleiher werden je nach individuellen<br />
Chancen auf dem formellen Arbeitsmarkt<br />
und den gewonnenen Arbeitsmarkterfahrungen<br />
unterschiedlich beurteilt. Ist ein Arbeitsplatz<br />
nur eine Zuverdienstmöglichkeit, eine vorübergehende<br />
Jobmöglichkeit, oder wurden die Betroffenen<br />
wegen ihrer Nationalität oder ihrer<br />
Sprache diskriminiert, wird diese Tätigkeit<br />
eher positiv bewertet.<br />
„Das war schon okay. Ich habe das ein paar<br />
Mal gemacht, doch die Arbeit war mir zu<br />
dreckig“ (ehemaliger <strong>Leiharbeit</strong>nehmer).<br />
„Dort arbeiten nur Russen; die meisten sind<br />
zudem <strong>Leiharbeit</strong>er bei einer anderen Firma<br />
und verdienen sich dort am Wochenende<br />
auf 400-Euro-Basis noch was dazu“ (Integrationslotsin).<br />
Bei sehr geringen Arbeitsmarktchancen von<br />
Migranten in der <strong>Leiharbeit</strong> (Frauen, Ältere,<br />
Ungelernte, Straffällige) birgt dieses Arbeitsverhältnis<br />
eine hohe Gefahr der Abhängigkeit,<br />
da die Beschäftigten gezwungenermaßen Arbeitsbedingungen<br />
akzeptieren, die noch weit<br />
unter dem Durchschnitt der bereits prekären<br />
<strong>Leiharbeit</strong>sbranche liegen. Treffen zusätzlich<br />
vermeintliche ethnische Loyalität und ein tradierter<br />
Ehrenkodex zusammen, erhöhen sie<br />
das Risiko für eine Ausbeutung der <strong>Leiharbeit</strong>nehmer<br />
um ein Vielfaches (vgl. Bonacich 1993).<br />
Der Preisdruck im Hilfskräftebereich<br />
einerseits und die ethnische soziale Welt bei<br />
diesen Verleihern andererseits können dazu<br />
führen, dass Gesetze und Abgabenpflichten zu-<br />
lasten der <strong>Leiharbeit</strong>nehmer umgangen werden,<br />
um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben<br />
(vgl. Volery 2007). Denn im Vergleich zu anderen<br />
Bereichen des Ethnic Business (Ärzte, Supermärkte,<br />
Rechtsanwälte), die meist gegründet<br />
wurden, um die spezifischen Bedürfnisse<br />
der eigenen ethnischen Community zu erfüllen,<br />
und die auf einen festen Kundenstamm zurückgreifen<br />
können, müssen ethnische Verleiher<br />
ihre Kunden (Entleiher) am ‚öffentlichen Markt‘<br />
rekrutieren. Um diese zusätzlichen Probleme<br />
(geringe Deutschkenntnisse der <strong>Leiharbeit</strong>nehmer)<br />
zu umgehen, wird auch informell Akquise<br />
betrieben oder nach Entleihern mit derselben<br />
Ethnie gesucht.<br />
„Der Chef der Leihfirma ist ein ehemaliger<br />
Mitarbeiter unserer Reinigungsfirma. Er<br />
kannte bereits die Geschäftsleitung und ist<br />
so an den Auftrag gekommen“ (ehemalige<br />
Betriebsrätin Entleiher).<br />
Die Verleiher profitieren von spezifisch „ethnischen<br />
Ressourcen“ (vgl. Goldberg/Sen 1997),<br />
die sich u. a. auf das allgemeine Verständnis<br />
von Arbeit (Arbeitsauffassung, Arbeitstugenden)<br />
beziehen, aber ebenso tradierte, aus dem<br />
Herkunftsland übernommene Umgangsformen<br />
(zwischen Geschlechtern, Altersgruppen), Arbeitsregeln<br />
(mündliche Absprachen, kein öffentliches<br />
Recht) und Disziplinierungsregeln<br />
umfassen. Dies scheint allerdings auch ein<br />
Grund dafür zu sein, dass, ähnlich wie <strong>Leiharbeit</strong>nehmer,<br />
Verleiher mit ethnischem Hintergrund<br />
eine Reduzierung auf die eigene Ethnie<br />
strikt ablehnen: