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Integrationshemmnis Leiharbeit - Otto Brenner Shop

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INTEGRATIONSHEMMNIS LEIHARBEIT<br />

Zwar auf Abstieg<br />

eingestellt, aber ...<br />

64<br />

Russe (m), 55 Jahre, Mathematiklehrer und<br />

Ökonom (2 Diplome); ehemaliger Leiter einer<br />

landwirtschaftlichen Produktion. Seit 2003 in<br />

Deutschland, seit 2003 in <strong>Leiharbeit</strong>. Aktuelles<br />

Einkommen 950 Euro im Dreischichtbetrieb in<br />

einer Druckerei:<br />

„Zwischen den <strong>Leiharbeit</strong>ern besteht kein<br />

Unterschied mehr, egal ob deutsch oder<br />

russisch, aber zwischen den Kindern von<br />

Leuten aus dem Büro und mir. Denn diese<br />

Kinder kommen als Praktikanten in unsere<br />

Abteilung und haben keine Ahnung, ich lerne<br />

sie an der Maschine an, und sie verdienen<br />

9 Euro pro Stunde als Aushilfe, und ich<br />

erhalte 7,35 Euro pro Stunde. Komisch, ja?<br />

Unregelmäßig, d. h. in besonderen Situationen,<br />

wie z. B. zu einer Beerdigung, schicke<br />

ich davon etwas nach Hause zu Freunden<br />

und Familie.<br />

Wir werden im Entleihbetrieb zu Betriebsversammlungen<br />

und Betriebsfesten<br />

als Gäste eingeladen … das Verhältnis zu<br />

den Kollegen der Stammbelegschaft ist<br />

sehr gut, da wir uns schon sehr lange kennen<br />

und wir schon sehr lange zusammenarbeiten.<br />

Die Erfahrungen mit meiner Verleihfirma<br />

sind insgesamt positiv, nur der niedrige<br />

Lohn ist negativ … Wir haben auch keinen<br />

Betriebsrat im Verleihbetrieb, und Sprechstunden<br />

im Entleihbetrieb werden auch nicht<br />

angeboten. Aufgrund meiner Schichtarbeit<br />

kann ich mir auch nichts dazuverdienen. Ich<br />

erhielt noch nie eine Weiterbildung.<br />

Die ersten paar Jahre wollte ich immer<br />

wieder kündigen, der Anfang war sehr<br />

schwer. Ich erhielt damals in der Probezeit<br />

im Jahr 2003 nur 5,88 Euro pro Stunde, und<br />

die Arbeit war unregelmäßig. Ich bin in das<br />

Büro meiner Firma gegangen und habe dort<br />

angefragt. Dann hat es sich ein bisschen<br />

verbessert, und die Arbeit wurde mehr …<br />

In unserer Familie wird <strong>Leiharbeit</strong> als Arbeit<br />

akzeptiert, da es keine andere Möglichkeit<br />

gibt und ‚arbeiten wir zusammen‘.<br />

Ich habe mich auch schon oft woanders beworben,<br />

aber ich bin 55 Jahre alt, das ist<br />

schwer. Ich habe mich schon darauf eingestellt,<br />

dass ich hier nicht mehr in meinem<br />

alten Beruf arbeiten kann und dass ich hier<br />

in einer Fabrik arbeite. Aber ich dachte, ich<br />

hätte einen festen Arbeitsplatz und nicht<br />

wie jetzt in <strong>Leiharbeit</strong>. Wenn ich einen festen<br />

Stammarbeitsplatz hätte, dann wäre<br />

vieles leichter, dann könnte ich an den Kauf<br />

einer eigenen Wohnung oder eines eigenen<br />

Hauses denken … Zum 15. Juli 2010 habe ich<br />

eine Rentenauskunft erhalten. Meine Rente<br />

beträgt 75,14 Euro, d. h., meine Zukunft ist<br />

die Sozialhilfe. Seit 1. Juli 2010 kriegt meine<br />

Familie noch ergänzende Sozialhilfe,<br />

weil meine Frau jetzt nur 165 Euro verdient.<br />

Auf die Frage, ob er in schwierigen Situationen<br />

schon einmal Hilfe erhalten hat, antwortet er:<br />

„Manchmal vom Sozialamt“; auf die Frage, welche<br />

Erwartungen er an Gewerkschaften, Betriebsräte<br />

habe: „Nichts“, und wie häufig er Kontakt<br />

zu Einheimischen habe: „Außer im Betrieb<br />

treffe ich nur sehr wenig auf Einheimische.“

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