Integrationshemmnis Leiharbeit - Otto Brenner Shop
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„Der Glaube, dass Migranten keine Qualifizierung<br />
haben, oder wenn, dann nur eine<br />
sehr geringe, ist auffallend“ (Mitarbeiter,<br />
MigraNet Augsburg).<br />
Ebenso wird vernachlässigt, dass Ethnie/Ethnizität<br />
nicht nur ein soziale, sondern auch eine<br />
kognitive Komponente hat. Daher verfügen Personen<br />
mit Migrationshintergrund über weitaus<br />
vielfältigere und ungesicherte (kontingente)<br />
Beobachtungs- und Deutungsmuster als Einheimische;<br />
diese prägen ihre Verhaltensweisen<br />
als Arbeitsmarktakteure. Tradierte, je nach<br />
Schicht und Ethnie unterschiedlich verankerte<br />
Deutungsmuster (vgl. Oevermann 2001) strukturieren<br />
ihr individuelles Handeln gegenüber<br />
Macht- und Abhängigkeitsstrukturen und machen<br />
sie u. U. anfälliger für Diskriminierung.<br />
„Ich habe den Eindruck, dass vor allem osteuropäische<br />
Migranten gewohnt sind, hart<br />
und zu geringen Löhnen zu arbeiten. Sie<br />
machen alles und sind sehr leidensfähig, ja<br />
rufen teilweise täglich an, ob wir eine Arbeit<br />
haben. Anders ist es mit den türkischen<br />
Arbeitssuchenden. Die meisten sind schon<br />
lange hier und wissen, dass sich die Löhne<br />
in Deutschland verschlechtert haben. Sie<br />
sind nicht bereit, für 6 Euro zu arbeiten, nur<br />
wenn sie es wegen ihres Aufenthaltes unbedingt<br />
müssen“ (Personaldisponentin).<br />
„Mir wurde gesagt, dass ich noch zu wenig<br />
Deutsch kann und dass ich, weil ich eine<br />
Frau bin, sowieso schlecht unterkomme.<br />
Auch meine Ausbildung liegt schon sehr<br />
lange zurück. Ich war froh, dass ich<br />
zumindest als Helferin arbeiten konnte“<br />
(<strong>Leiharbeit</strong>nehmerin mit russischem Migrationshintergrund).<br />
„Ich wusste nicht, dass ich meine Kündigung<br />
unterschreibe. Ich dachte, ich muss<br />
das unterschreiben. Bei uns zu Hause gab<br />
es das nicht. Ich bekam dann noch eine<br />
Sperre beim Arbeitsamt. Als ich wusste,<br />
was los war, habe ich sehr geweint. Ich kenne<br />
Leute, die haben geklagt und wurden<br />
wieder eingestellt, aber ich sah das als aussichtslos<br />
an“ (<strong>Leiharbeit</strong>nehmerin mit russischem<br />
Migrationshintergrund).<br />
Neben den persönlichen Deutungsmustern liegen<br />
die Zugangshindernisse zum Arbeitsmarkt<br />
für Migranten auf der strukturellen (gesetzlichen),<br />
institutionellen (soziales Handeln/institutionalisierte<br />
Verfahren25 bei Behörden, Unternehmen,<br />
Schulen) sowie auf der interpersonalen<br />
Ebene. 26 Alle drei Ebenen stehen in einem<br />
Wechselverhältnis zueinander und bedingen,<br />
dass Menschen mit Migrationshintergrund<br />
überproportional häufig als <strong>Leiharbeit</strong>nehmer<br />
im Hilfskräftebereich beschäftigt sind.<br />
25 Institutionalisierte Verfahren sind solche, die auf immer wiederkehrenden sozialen Prozessen und Handlungen<br />
beruhen („Das machen wir immer so“, „Das brauchen Sie gar nicht zu probieren, da haben Sie sowieso keine<br />
Chance“).<br />
26 Ein Überblick über die Formen der Arbeitsmarktdiskriminierung findet sich bei Peucker 2009: 6.<br />
MIGRANTEN AUF DEM LEIHARBEITSMARKT<br />
Strukturelle,<br />
institutionelle und<br />
inter-personale<br />
Diskriminierung<br />
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