Integrationshemmnis Leiharbeit - Otto Brenner Shop
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5.3. Beschäftigungsstabilität<br />
<strong>Leiharbeit</strong>sverhältnisse zeichnen sich durch<br />
eine geringe Beschäftigungsstabilität aus. Je<br />
geringer qualifiziert der <strong>Leiharbeit</strong>nehmer eingesetzt<br />
wird, desto kurzfristiger sind die Einsätze<br />
und desto unmittelbarer ist sein Beschäftigungsverhältnis<br />
an konjunkturelle Schwankungen<br />
gekoppelt. Durch die Aufhebung des<br />
Synchronisationsverbotes ist das Arbeitsverhältnis<br />
des <strong>Leiharbeit</strong>nehmers unmittelbar an<br />
die (tägliche) Auftragslage des Verleihers gebunden.<br />
Eine Folge davon ist, dass jedes dritte<br />
Arbeitsverhältnis durch eine Arbeitgeberkündigung23<br />
beendet wird (Promberger 2007: 133).<br />
Damit geht ein häufiger, unfreiwilliger Arbeitsplatz-<br />
oder Betriebswechsel einher, der mit<br />
immer wieder neuen Unsicherheitserfahrungen<br />
und einer Umorganisation des Privatlebens<br />
aufgrund neuer Arbeitskonditionen verbunden<br />
ist (Krämer/Speidel 2004: 132 f.). Diese<br />
zwangsläufige Diskontinuität behindert nicht<br />
nur jegliche Entwicklung von Kompetenz, sondern<br />
macht auch jegliche Souveränität über<br />
das eigene Leben zunichte.<br />
„Die Leute wurden nach Augenschein durch<br />
den Entleiher nach Hause geschickt, weil<br />
sie ihm nicht passten. Teilweise stiegen sie<br />
nicht mal aus dem Bus aus. Von Januar bis<br />
Mai 2010 habe ich bei 90 <strong>Leiharbeit</strong>ern, die<br />
beim Kunden im Einsatz waren, 156 Personen<br />
ein- und ausgestellt. Ich habe es selbst<br />
schon mit der Angst zu tun bekommen“ (Personaldisponentin<br />
Verleiher).<br />
Die Nebenfolgen dieser geringen Beschäftigungsstabilität<br />
in Verbindung mit dem Aufstockerstatus<br />
(ALG-II-Empfänger) stellen wiederum<br />
insbesondere Migranten vor hohe sprachliche<br />
und bürokratische Hürden.<br />
„Viele verstehen den Unterschied zwischen<br />
Arbeitslosengeld I und Arbeitslosengeld II<br />
nicht. Beginnen sie ein <strong>Leiharbeit</strong>sverhältnis,<br />
das möglicherweise nur sehr kurzfristig<br />
ist, erhalten viele zusätzlich noch<br />
Arbeitslosengeld II. Werden sie dann ausgestellt,<br />
beziehen sie beides gleichzeitig,<br />
weil das Arbeitslosengeld I zu gering ist<br />
und sie dies noch mit Arbeitslosengeld II<br />
aufstocken. Sie kommen dann mit jeder<br />
Menge Briefen und Anträgen zu mir ins<br />
Büro und sind der Verzweiflung nahe, weil<br />
sie auch Angst davor haben, etwas falsch<br />
und sich damit strafbar zu machen“ (Migrationslotsin).<br />
Um diesen empfundenen Stress zu umgehen,<br />
neigen Migranten vereinzelt dazu, gar keine<br />
<strong>Leiharbeit</strong> mehr anzunehmen und nur noch auf<br />
400-Euro-Basis zu arbeiten.<br />
„Viele ALG-II-Empfänger haben einen 400-<br />
Euro-Job. Bietet ihnen der Verleiher eine<br />
23 Im Vergleich dazu wird nur jedes siebte Arbeitsverhältnis in der Gesamtwirtschaft durch den Arbeitgeber ohne<br />
betriebsbedingte Kündigungen und ohne Auslaufen befristeter Verträge beendet.<br />
ALS HELFER IN LEIHARBEIT – MEHRFACH PREKÄR<br />
Souveränitätsverlust<br />
und das Gefühl<br />
des Aufgeliefertsein<br />
Dauerhafte<br />
Transferabhängigkeit<br />
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