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Parfümstoffe in kosmetischen Mitteln und ihre Bedeutung für - Herwe

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Allerd<strong>in</strong>gs ist das „Riechhirn“ bzw. das limbische System <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Funktion nicht auf den Geruchss<strong>in</strong>n beschränkt, sondern auch<br />

<strong>für</strong> unsere Gefühlswelt verantwortlich. Dies erklärt die enge Beziehung von Geruchswahrnehmung <strong>und</strong> Gemütsleben beim<br />

Menschen 2 . Man kann sagen, daß Düfte „unter Ausschluß des Verstandes“ direkt auf die Psyche wirken.<br />

Die semantische E<strong>in</strong>ordnung der Geruchse<strong>in</strong>drücke kommt durch den Vergleich mit e<strong>in</strong>em bekannten Geruchsmuster im<br />

Gedächtnisspeicher zustande. Hierzu f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>e Reizübertragung <strong>in</strong> übergeordnete Teile des Gehirns statt. Hochauflösende<br />

Hirnstrommessungen (OERMF- Messungen) zeigen, daß e<strong>in</strong>e direkte Verb<strong>in</strong>dung zwischen primärem Riechzentrum <strong>und</strong> dem<br />

Insularcortex (Neocortex) bestehen. Es wurde festgestellt, daß angenehme <strong>und</strong> unangenehme Gerüche Signale mit unterscheidbarer<br />

Qualität (Amplitude <strong>und</strong> Dauer) im Neocortex erzeugen 10 .<br />

2.2.2 Biochemie des Riechvorgangs<br />

Die Auslösung der sensorischen Reize kommt nach heutigen Erkenntnissen durch direkten Kontakt e<strong>in</strong>es Geruchsstoffes mit<br />

Elementen der Rezeptormembran <strong>in</strong> den Riechhaaren (Zilien) zustande. Als Rezeptoren dienen aller Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit nach<br />

membranständige Glykoprote<strong>in</strong>e vom Typ gp95, die e<strong>in</strong>e variable Molekülregion an der Membranaußenseite tragen <strong>und</strong> nichtkovalente<br />

B<strong>in</strong>dungen mit dem jeweiligen - speziell „passenden“ - Riechstoff e<strong>in</strong>gehen (siehe auch 2.3). Der entstehende reversible<br />

Rezeptor-Riechstoffkomplex bewirkt e<strong>in</strong>e Änderung der Struktur des Rezeptors an der Membran<strong>in</strong>nenseite, wodurch e<strong>in</strong>e mehrstufige<br />

Reaktionskaskade ausgelöst wird. Diese endet schließlich <strong>in</strong> der Öffnung von Ionenkanälen, die den elektrischen<br />

Nervenreiz bewirkt. Beim Ablauf e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>zigen Enzymkaskade können tausende von Ionenkanälen geöffnet werden, was zu e<strong>in</strong>er<br />

Signalverstärkung führt 4 .<br />

Die Unterscheidbarkeit e<strong>in</strong>er praktisch unbeschränkten Zahl von Riechstoffen legt e<strong>in</strong>e mechanistische Ähnlichkeit mit dem<br />

Erkennen von Antigenen durch das Immunsystem nahe. Es wurden bereits e<strong>in</strong>ige Rezeptorprote<strong>in</strong>e des Riechepithels identifiziert,<br />

die bestimmte Riechstoffe b<strong>in</strong>den 11 .<br />

Heute geht man davon aus, daß es m<strong>in</strong>destens 100 verschiedene Geruchsrezeptoren geben muß. Dies wird aus der Tatsache<br />

geschlossen, daß es bis heute ca. 100 def<strong>in</strong>ierte Anosmietypen gibt, d.h. 100 verschiedene Typen e<strong>in</strong>er spezifischen „Geruchsbl<strong>in</strong>dheit“<br />

(vgl. 12 ). Vermutlich besitzt jede Riechzelle nur e<strong>in</strong>en bzw. wenige Arten von Rezeptoren, so daß es viele spezialisierte<br />

Riechs<strong>in</strong>neszellen gibt, die jeweils nur e<strong>in</strong>zelne Riechstoffstrukturen erkennen können (vgl. 7 ).<br />

Für die Regulation der Riechstoffzufuhr zu den Rezeptoren der Riechmembran sche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong> spezielles B<strong>in</strong>dungsprote<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e wichtige<br />

Rolle zu spielen, das „odorant b<strong>in</strong>d<strong>in</strong>g prote<strong>in</strong>“ (OBP) 4 . OBP ist im olfaktorischen Sekret der lateralen Nasendrüsen enthalten<br />

<strong>und</strong> fängt möglicherweise die Riechstoffe stöchiometrisch ab, um sie an die Rezeptoren heranzutragen. Es gibt aber auch<br />

H<strong>in</strong>weise da<strong>für</strong>, daß OBP bei sehr hohen Konzentrationen e<strong>in</strong>es Riechstoffmoleküls die Rezeptoren vor Übersättigung schützt 13 .<br />

2.3 Chemische Struktur <strong>und</strong> Geruch<br />

Riechstoffe haben geme<strong>in</strong>same Merkmale, die sie von olfaktorisch <strong>in</strong>aktiven Verb<strong>in</strong>dungen unterscheiden. So weisen sie e<strong>in</strong>en<br />

hohen Dampfdruck auf <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d daher leichtflüchtig. E<strong>in</strong>hergehend damit s<strong>in</strong>d sie relativ unpolar <strong>und</strong> / oder von ger<strong>in</strong>gem<br />

Molekulargewicht (maximal 294) 4 . Zur Durchdr<strong>in</strong>gung der Schleimschicht müssen Duftstoffe e<strong>in</strong>e h<strong>in</strong>reichende Wasserlöslichkeit<br />

aufweisen. Um <strong>in</strong> die lipidhaltige Membran der olfaktorischen Zellen oberflächlich e<strong>in</strong>zudr<strong>in</strong>gen, ist zusätzlich e<strong>in</strong>e gewisse<br />

Fettlöslichkeit erforderlich 5 .<br />

Die chemische Reaktivität e<strong>in</strong>es Moleküls steht dagegen nicht <strong>in</strong> direktem Zusammenhang mit se<strong>in</strong>er Riechstoffeigenschaft.<br />

Voraussetzung ist lediglich e<strong>in</strong> schwach polarer <strong>und</strong> e<strong>in</strong> lipophiler Molekülteil. Der polare Anteil ist von entscheidender <strong>Bedeutung</strong><br />

<strong>für</strong> die sensorische Aktivität <strong>und</strong> wird deshalb auch als osmophore Gruppe bezeichnet 4 . Die osmophoren Gruppen können dabei<br />

chemisch sehr unterschiedlich se<strong>in</strong>, d.h. <strong>für</strong> die Geruchsstoffeigenschaft e<strong>in</strong>es Moleküls s<strong>in</strong>d nicht nur bestimmte funktionelle<br />

Gruppen verantwortlich. Daher s<strong>in</strong>d, wie Tabelle 1 an e<strong>in</strong>igen Beispielen zeigt, Vetreter verschiedenster chemischer Stoffklassen<br />

olfaktorisch wirksam.<br />

Tabelle 1: Beispiele <strong>für</strong> Riechstoffe mit verschiedenen funktionellen Gruppen<br />

Stoffgruppe Beispiel - Strukturformel Duftbeschreibung<br />

Aldehyde Benzaldehyd Bittermandel<br />

Alkohole α-Terp<strong>in</strong>eol Flieder<br />

Carbonsäuren Buttersäure muffig, ranzig<br />

Ester <strong>und</strong> Lactone χ-Decalacton fruchtig, Pfirsich<br />

Ether Resorc<strong>in</strong>dimethylether scharf, fruchtig<br />

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