Pädagogisch-didaktisches Schulpraktikum Schulpädagogischer ...
Pädagogisch-didaktisches Schulpraktikum Schulpädagogischer ... Pädagogisch-didaktisches Schulpraktikum Schulpädagogischer ...
Pädagogisch-didaktisches Schulpraktikum Schulpädagogischer Schwerpunkt (§ 34 Abs. 1 Satz Nr. 3 LPO I) Handreichung für die Lehrämter Grundschule, Hauptschule, Gymnasium Lehrstuhl Lehrstuhl für für Schulpädagogik Schulpädagogik Prof. Prof. Dr. Dr. Norbert Norbert Seibert Seibert Name:__________________________________________________Matrikelnummer: _________________ Anschrift:_______________________________________________________________________________ Telefon:__________________________E-Mail_________________________________________________ Lehramt: _________________________Studiensemester: ______________ Fachsemester:____________ Fächerkombination: ______________________________________________________________________ Tutor an der Universität: __________________________________________________________________ Zeitraum des Praktikums: von:___________________ _bis:_____________________________________ Praktikumsschule: _________________________________Ort: __________________________________ Bei Erstellung mittels PC sollte die äußere Form eingehalten werden. Vier Wochen nach Abschluss des Praktikums ist die Handakte am Lehrstuhl für Schulpädagogik (PhIL Zi 481) abzugeben.
- Seite 2 und 3: Handreichung für das pädagogisch-
- Seite 4 und 5: Vorbemerkungen Liebe Studierende! D
- Seite 6 und 7: Wenn Sie sich nun für die Beobacht
- Seite 8 und 9: T h e o r i e t e i l 1. Unterricht
- Seite 10 und 11: Im Beispiel C könnte er erfahren,
- Seite 12 und 13: Offener Unterricht: _______________
- Seite 14 und 15: 2. Erziehung < Wir stellen Ihnen dr
- Seite 16 und 17: ten, Überprüfen, das gewünschte
- Seite 18 und 19: scher erziehen ihre Kinder streng,
- Seite 20 und 21: Um diesen theoretischen Teil abzusc
- Seite 22 und 23: c) Planung und Analyse von Lehr-Ler
- Seite 24 und 25: 2. E r z i e h u n g Erziehung kann
- Seite 26 und 27: 3.2 Differenzierung Die Berücksich
- Seite 28 und 29: Erarbeitungsphase Übungsphase Name
- Seite 30 und 31: 3.4 Arbeitstechniken und Sozialform
- Seite 32 und 33: 5.Reflexion Auf dieser letzten Seit
- Seite 34: Weber, E.: Pädagogik. Neuausgabe B
<strong>Pädagogisch</strong>-<strong>didaktisches</strong> <strong>Schulpraktikum</strong><br />
<strong>Schulpädagogischer</strong> Schwerpunkt<br />
(§ 34 Abs. 1 Satz Nr. 3 LPO I)<br />
Handreichung für die Lehrämter<br />
Grundschule, Hauptschule, Gymnasium<br />
Lehrstuhl Lehrstuhl für für Schulpädagogik<br />
Schulpädagogik<br />
Prof. Prof. Dr. Dr. Norbert Norbert Seibert<br />
Seibert<br />
Name:__________________________________________________Matrikelnummer: _________________<br />
Anschrift:_______________________________________________________________________________<br />
Telefon:__________________________E-Mail_________________________________________________<br />
Lehramt: _________________________Studiensemester: ______________ Fachsemester:____________<br />
Fächerkombination: ______________________________________________________________________<br />
Tutor an der Universität: __________________________________________________________________<br />
Zeitraum des Praktikums: von:___________________ _bis:_____________________________________<br />
Praktikumsschule: _________________________________Ort: __________________________________<br />
Bei Erstellung mittels PC sollte die äußere Form eingehalten werden. Vier Wochen nach Abschluss des<br />
Praktikums ist die Handakte am Lehrstuhl für Schulpädagogik (PhIL Zi 481) abzugeben.
Handreichung für das<br />
pädagogisch-didaktische<br />
<strong>Schulpraktikum</strong><br />
für die Lehrämter<br />
Grundschule, Hauptschule, Gymnasium
Inhaltsverzeichnis:<br />
Inhaltsverzeichnis:<br />
Vorbemerkungen 3<br />
Theorieteil 7<br />
1. Unterricht 7<br />
2. Erziehung 13<br />
3. Bildung 16<br />
Praxisteil 20<br />
1. Schulleben/Klassenatmosphäre 22<br />
2. Erziehung 23<br />
3. Unterricht 24<br />
4. Eigene Unterrichtsversuche 30<br />
5. Reflexion 31<br />
6. Literaturverzeichnis 32<br />
2
Vorbemerkungen<br />
Liebe Studierende!<br />
Der Begleiter durch das pädagogisch-didaktische <strong>Schulpraktikum</strong> wurde nochmals abgeändert.<br />
Wir haben zwei wichtige Zielsetzungen:<br />
1. Jede praktische Erfahrung durch eigenes Tun und handelnden Umgang hat Vorrang<br />
vor einem bloßen Theoretisieren. Qualitative Beobachtungen sind uns wichtiger als<br />
eine reine Aufzählung von Fakten.<br />
2. Durch die Begegnung mit der Praxis sollen aber auch theoretische Kenntnisse aufgefrischt<br />
werden. Dabei beschränken wir uns auf die notwendigen Voraussetzungen, die<br />
Sie zur Beobachtung des Unterrichts benötigen.<br />
Das pädagogisch-didaktische <strong>Schulpraktikum</strong> ist das erste Praktikum, das in Ihre universitäre<br />
Ausbildung eingebunden ist. Damit sind Vorteile und Nachteile verbunden.<br />
Von Vorteil ist sicher, dass Sie bald nach Beginn Ihres Studiums mit der Unterrichtswirklichkeit<br />
konfrontiert werden: Sie erproben sich in ersten Versuchen, überprüfen sich, ob<br />
Sie einen Zugang zu den Schülern finden, erfahren, wie vielfältig Schülerinteressen sind<br />
und Sie fühlen auch, wie anstrengend eine Unterrichtsstunde sein kann, obwohl Sie zuhause<br />
am Schreibtisch alle Schritte bestmöglich vorgedacht haben. Sie werden sensibel<br />
für die Anliegen der Schüler1 und verstehen vielleicht besser, warum der Lehrer ein großes<br />
theoretisches Repertoire zur Verfügung haben muss, um im direkten Umgang mit den<br />
Schülern und der Sache spontan richtig handeln zu können. Interessant dürfte auch die<br />
Erkenntnis sein, dass das wenige theoretische Wissen aus den Veranstaltungen an der<br />
Universität bis zu diesem Zeitpunkt nicht problemlos auf die Klassen- und Schülersituation<br />
übertragen werden kann und darf. Es gibt zu viele Bedingungsvariablen, die eine einfache<br />
Übertragung eines Unterrichtsmodells erschweren, so z.B.: die Lehrerpersönlichkeit,<br />
die Zusammensetzung der Klasse, der Anspruch, der in der Sache selbst liegt, die<br />
Zusammensetzung der Klasse, Ihre momentane Gefühlslage, die Größe und Ausstattung<br />
des Klassenzimmers, Ihr pädagogisches Geschick und Ihr didaktisch-methodisches Können<br />
...<br />
Sie merken erstmals vor Ort, und nicht mehr aus der Schülerperspektive, dass Unterricht<br />
zwar planbar ist, aber nicht verplant werden kann. Vielleicht fühlen Sie auch, dass Ihr<br />
Motivierungsversuch nicht so ankommt, dass Unruhe entsteht, Schüler andere, als die<br />
beabsichtigten Tätigkeiten ausführen!<br />
Das ist der Unterrichtsalltag!<br />
Von Nachteil ist unter einem anderen Aspekt, dass das pädagogisch-didaktische Schul-<br />
1 Mit Gebrauch der maskulinen Form wird umständlichen Formulierungen vorgebeugt.<br />
3
praktikum schon so früh stattfindet. Was wissen Sie bereits bis zu diesem Zeitpunkt von<br />
der Heterogenität der Lernvoraussetzungen Ihrer Schüler, von der Vermittlung der Lerntechniken,<br />
der didaktischen Gestaltung eines Tafelbildes oder eines Arbeitsblattes, der<br />
Gesprächsführung mit einem erziehungsschwierigen Schüler, einem Elternberatungsgespräch,<br />
dem Einsatz von Impulsen und differenzierenden Maßnahmen?<br />
Hätten Sie sich dieses Wissen über die exemplarisch angezeigten Bereiche vor Ihrem ersten<br />
Praktikum angeeignet, hätte es durchaus sein können, dass der eine oder andere Unterrichtsversuch<br />
positiver gewertet würde. Aber selbst nach einem erfolgreichen Universitätsstudium<br />
und einem fundierten Wissen über didaktisch-methodische Möglichkeiten<br />
gibt es noch keine Garantie für "guten" Unterricht. Entscheidend sind Ihre Einstellung zu<br />
Ihrem Beruf, Ihr Engagement und Ihr Wohlwollen gegenüber den Ihnen anvertrauten<br />
Schülern.<br />
Wissen und Können - Einstellungen und Haltungen, beide Bereiche sollten möglichst<br />
gleichwertig im erziehungswissenschaftlichen Studium angestrebt werden.<br />
Da vor allem unsere erste Zielsetzung, Beobachtungsaufträge zum bzw. erste Erfahrungen<br />
im handelnden Umgang mit den Schülern, der wichtigste Inhalt im pädagogischdidaktischen<br />
<strong>Schulpraktikum</strong> sein soll, können Sie manche Fragestellungen übergehen,<br />
wenn Sie uns dafür Alternativen anbieten. Berichten Sie von einem interessanten Schülergespräch<br />
oder einer Streitsituation am Pausenhof. Schreiben Sie Ihre Gedanken über<br />
einen erziehungsschwierigen Schüler nieder - warum ist er Ihrer Meinung nach schwierig,<br />
oder ist er bereits eine "werdende Persönlichkeit", der zu seiner Meinung steht, sich nicht<br />
kritiklos unterordnet etc.<br />
Wie viele Fragen Sie aus unserem Angebot in Alternativangebote umändern, steht in<br />
Ihrer Entscheidung. Bieten Sie uns nicht weniger an, aber sprengen Sie bitte auch nicht<br />
den Rahmen.<br />
Erlauben Sie uns noch ein paar Vorbemerkungen zur Unterrichtsbeobachtung, zu der<br />
auch die Beobachtung eines einzelnen Schülers gehört:<br />
Stimmen Sie sich unbedingt vorher mit der zuständigen Lehrkraft ab, dass Sie sich Notizen<br />
machen wollen! Die Lehrkraft hat die Verantwortung für das Geschehen während<br />
des Unterrichts und das "Hausrecht" im Klassenzimmer. Somit benötigen Sie für Ihre Notizen<br />
die Zustimmung der entsprechenden Lehrkraft!<br />
Versuchen Sie, alle Vorurteile (Sympathie/Antipathie) abzulegen. Diese Gefühle oder<br />
Einstellungen hindern Sie, Ihr "Beobachtungsobjekt" objektiv zu beobachten. Notieren<br />
Sie keine Wertungen und halten Sie Ihre Beurteilung eines bestimmten Verhaltens oder<br />
Handelns zurück. Erst eine ausreichende Zahl von unterschiedlichen Beobachtungen in<br />
unterschiedlichsten Situationen zu unterschiedlichsten Zeitpunkten berechtigt Sie, sich<br />
"ein Bild" von einem Schüler zu machen. Denken Sie daran, dass auch Sie unterschiedliche<br />
Leistungsniveaus haben, dass es gute und schlechte Tage gibt!<br />
4
Wenn Sie sich nun für die Beobachtung eines Schülers entschieden haben, reflektieren<br />
Sie, warum Sie gerade diesen Schüler ausgewählt haben: Ist er besonders auffällig (aktive<br />
Mitarbeit, motiviert und engagiert, rücksichtsvoll und ordentlich oder: ist er unkonzentriert<br />
und aggressiv? Vorsicht! Sie bewerten bereits ein Verhalten, das Sie vielleicht nicht<br />
systematisch einordnen können. Eine systematische Evaluation eines Schülerhandelns<br />
schließt seine Familiensituation, seine biographische Entwicklung, seine soziale Stellung<br />
im Klassenverband, seine Interessen und Vorlieben und auch seine Sympathie und Antipathie<br />
gegenüber Lehrenden mit ein. Erst wenn Sie möglichst umfassend informiert sind,<br />
sind sie sicher, dass Sie den Schüler in seinem Handlungsfeld annähernd gerecht werden.<br />
Halten Sie auch Distanz zum Schüler, sonst fehlt Ihnen der Überblick, denn wenn man<br />
zu nah am Objekt seiner Beobachtung ist, kann man das Umfeld nicht mehr im Auge<br />
behalten, sondern sieht nur noch einen kleinen Ausschnitt.<br />
Was für die Schülerbeobachtung gilt, gilt in gleicher Weise für das didaktisch-methodische<br />
Handeln Ihrer Praktikums - bzw. Betreuungslehrkraft. Was Sie beobachten, nehmen<br />
Sie aufgrund Ihres Vorwissens und Ihrer Erfahrungen sehr subjektiv wahr. Auch in<br />
Ihre Unterrichtsbeobachtung fließt Ihre individuelle Biographie, Ihr Idealismus, Schule<br />
gestalten zu wollen, Ihre Vorstellungen von Unterricht und Erziehung, kurzum: Ihr ganzes<br />
Engagement, warum Sie sich zum Lehramtsstudium entschlossen haben, mit ein. Diese<br />
Sichtweisen müssen nicht deckungsgleich sein. Vielleicht lehnen Sie Frontalunterricht<br />
ab, legen nur geringen Wert auf den Einsatz des Schulbuches oder möchten einfach nur<br />
noch mehr Aktivität im Unterricht. Denken Sie aber auch daran, dass die Praktikums-<br />
bzw. Betreuungslehrkraft ihre Klasse kennt, weiß, dass leistungsschwächere Schüler die<br />
gelenkte Unterstützung der Lehrerkraft brauchen, dass Ruhe- und Entspannungsphasen<br />
ebenso notwendig sind wie Zeiten geballter Aktivität. Sie weiß sicher auch, dass Strenge<br />
und das Vorhandensein eines demokratischen Regelsystems notwendig sind für die Disziplin<br />
der Klasse - wiederum als Schutz für ablenkungsbereite Schüler.<br />
Sie werden während Ihrer Zeit des pädagogisch-didaktischen <strong>Schulpraktikum</strong>s viele Fragen<br />
haben, warum etwas so und nicht anders gemacht wurde. Fragen Sie und hören Sie<br />
auf die Hintergrundinformationen. Suchen Sie gemeinsam nach Alternativen in didaktischen<br />
und pädagogischen Belangen und Sie werden ein aktives Praktikum erleben, das<br />
mit möglichst vielen eigenen praktischen Versuchen abgelegt werden sollte. Jede praktische<br />
Erfahrung sensibilisiert Sie für weitere theoretische Begründungszusammenhänge,<br />
weil es nicht die Methode geben kann, die jedem Schüler gerecht werden kann. Die Verschiedenartigkeit<br />
der Schüler ist eine Herausforderung, die Sie mit dem Beginn Ihres Universitätsstudiums<br />
aufgenommen haben.<br />
5
Aktualisierung des Vorwissens:<br />
Um eventuell einem möglichen Nachteil des früh anberaumten pädagogischdidaktischen<br />
<strong>Schulpraktikum</strong>s begegnen zu können, möchten wir auch auf das babylonische<br />
Sprachgewirr in der Schulpädagogik aufmerksam machen:<br />
"Wenn die Begriffe nicht stimmen, stimmen die Worte nicht,<br />
stimmen die Worte nicht, kommen die Werke nicht zustande,<br />
gedeihen Moral und Kunst nicht.<br />
Gedeihen Moral und Kunst nicht, so trifft die Justiz nicht.<br />
Trifft die Justiz nicht, weiß die Natur nicht, wohin Hand und Fuß setzen.<br />
Darum sorge man dafür, dass in den Worten alles in Ordnung ist.<br />
Das ist es, worauf es ankommt." (Lao-tse)<br />
Für ein erfolgreiches pädagogisch-<strong>didaktisches</strong> <strong>Schulpraktikum</strong>s sind vor allem folgende<br />
Begriffe wichtig: Unterricht, Erziehung und Bildung. Diese drei Themenbereiche kennzeichnen<br />
pädagogisches Handeln in der Schule. Sie sind Schwerpunkte des Theorieteils.<br />
Die einführenden Veranstaltungen (Vorlesung, Proseminar) und das Literaturverzeichnis<br />
bieten Ihnen Anregungen und Hilfestellung.<br />
1. Notwendige Formalien:<br />
Die Handreichung soll nach Rücksprache mit der Praktikums- bzw. Betreuungslehrkraft<br />
ordnungsgemäß geführt werden und nach Abschluss des pädagogischdidaktischen<br />
<strong>Schulpraktikum</strong>s binnen vier Wochen am Lehrstuhl für Schulpädagogik<br />
vorgelegt werden.<br />
Die ausgewertete Handreichung kann jeweils zu Semesterende abgeholt werden<br />
(Ort und Zeit siehe Aushang!).<br />
2. Allgemeine Regelungen<br />
Die Durchführung des Blockpraktikums richtet sich nach den vom Staatsministerium<br />
für Unterricht und Kultus veröffentlichten Bestimmungen "Organisation der Praktika<br />
für die Lehrämter an öffentlichen Schulen" vom 28.02.2003 (KWMBl I S. 94 ff), die<br />
auch über die Internet-Adresse www.stmuk.bayern.de (Lehrerbildung, Allgemeines,<br />
Praktika) abgerufen werden können. Beachten Sie, dass Sie das Blockpraktikum nur<br />
antreten können, wenn Sie die Ableistung des Orientierungspraktikums nachweisen<br />
können! Der Nachweis über die erfolgreiche Teilnahme am pädagogischdidaktischen<br />
<strong>Schulpraktikum</strong> ist Voraussetzung für die Zulassung zur Ersten<br />
Staatsprüfung. Zu diesem Zweck wurde für Sie eine Praktikumskarte angelegt, in die<br />
alle Praktika eingetragen werden, die Sie im Verlauf Ihres Studiums abzuleisten haben.<br />
Bitte bedenken Sie noch vor der Abgabe der Handreichung, dass uns die äußere Form<br />
der Darstellung, die Rechtschreibung und Zeichensetzung nicht unbeeinflusst lassen.<br />
6
T h e o r i e t e i l<br />
1. Unterricht<br />
Beginnen wir mit einer kleinen Geschichte.<br />
Ein Fensterputzer besteigt ein hohes Gerüst und beginnt im obersten Stockwerk seine<br />
Arbeit.<br />
Dabei kann er folgende Beobachtung machen:<br />
Eine Frau betritt einen Raum, in dem Kinder sitzen. Sie schreibt einige Sätze an die<br />
Wandtafel, unterstreicht ein Wort und stellt anscheinend Fragen, weil ein paar Kinder<br />
die Hand heben. Jetzt melden sich auch noch andere, die ebenfalls etwas sagen. Daraufhin<br />
entwickelt sich offensichtlich ein nettes Gespräch, es wird gelacht und schließlich<br />
nehmen die Kinder einen Stift zur Hand. Die Frau teilt ein Papier aus und alle fangen zu<br />
lesen und zu schreiben an. Während dieser Zeit geht die Frau im Raum umher, deutet<br />
mit dem Finger bei einzelnen Schülern auf das Papier, hebt den Zeigefinder hoch, klopft<br />
dem einen oder anderen Kind auf die Schulter und geht schließlich zu dem großen Tisch<br />
zurück, auf dem sie auch ihre Tasche abgelegt hat.<br />
Der Fensterputzer hat hier seine Arbeit beendet. Er geht auf dem Gerüst ein paar Meter<br />
weiter und sieht folgende Situation:<br />
Ein Mann sitzt an einem großen Tisch und liest in einem Buch. Die anwesenden Kinder<br />
scheint er nicht zu stören, weil sie alle in ein Heft schreiben. Keiner spricht mit jemandem.<br />
Der Mann sieht ab und zu von seinem Buch auf, zieht eine ernste Miene und macht<br />
sich zwischendurch Notizen.<br />
Der Fensterputzer ist wiederum ein Stückchen weitergegangen.<br />
7
In diesem Zimmer sitzen alle in einem Kreis und betrachten ein großes Poster auf dem<br />
Fußboden. Ein Kind steht auf und liest etwas von einem Papier ab und alle anderen hören<br />
ihm zu. Dann nehmen sie ihre Stühle und setzen sich in Gruppen zusammen. Auf<br />
den Tischen liegen viele unterschiedliche Bücher. Die Frau schaltet ein Gerät ein und an<br />
der Wand wird eine farbige Zeichnung sichtbar. Die Kinder gehen zu diesem Gerät und<br />
schreiben etwas darauf. Während einige Kinder mit der Frau reden, lesen andere in den<br />
Büchern, einige unterhalten sich miteinander und wieder andere beobachten den Fensterputzer.<br />
Vermutlich denken Sie, dass der Fensterputzer seine Arbeit in einer Schule verrichtet<br />
und er unterschiedliche Unterrichtssituationen beobachtet hat. Er hat immer nur einzelne<br />
Ausschnitte gesehen und die Situation waren jeweils ganz anders.<br />
Wenn wir die Situation mit A, B und C bezeichnen, können Sie den Beispielen bestimmte<br />
Elemente zuordnen, die Sie als Unterrichtsmerkmale identifizieren, so z.B.:<br />
Situation A: Situation B: Situation C:<br />
Tafelanschrift Stillarbeit Kreisgespräch<br />
Arbeitsblatt Einzelarbeit Gruppenarbeit<br />
_____________ _____________ _____________<br />
_____________ _____________ _____________<br />
Mit der Aufzählung der beobachtbaren Maßnahmen ist noch keine Identifizierung des<br />
Unterrichts schlechthin erreicht. Tafelanschrift, Arbeitsblatt, Stillarbeit oder Gruppenarbeit<br />
wären auch als Vorgehensweisen im Kindergarten denkbar und wir würden in diesem<br />
Fall nicht von Unterricht sprechen, sondern von der Vorbereitung eines Spiels, der<br />
Erklärung einer Bastelarbeit oder wie im Beispiel C von einer Erzählstunde.<br />
Würde der Fensterputzer seine Arbeit im Sommer verrichten, so könnte er wahrscheinlich<br />
erfahren, worüber in den Räumen gesprochen wird.<br />
Im Beispiel A würde er hören, dass "Wasser" in unterschiedlichen Formen auftreten<br />
kann: fest, flüssig und gasförmig. Die Kinder würden von Ihren Erfahrungen berichten,<br />
dass z.B. ein kühles Bad eine wohltuende Erfrischung ist, dass Eiswürfel ein Getränk kalt<br />
halten oder dass der Vater im Herbst immer über den Nebel schimpft. Er könnte weiterhin<br />
hören, dass auf dem Arbeitsblatt wasserdurchlässige und wasserundurchlässige Gegenstände<br />
voneinander unterschieden werden, dass Kleidungsstücke Feuchtigkeit abhalten<br />
können oder dass die Lehrerin den Begriff "Quellenbildung" anhand der Folie auf<br />
dem Tageslichtprojektor erklärt.<br />
Im Beispiel B würde er vermutlich aufgrund der „Sprachlosigkeit“ eine Prüfungssituation<br />
erkennen.<br />
8
Im Beispiel C könnte er erfahren, dass die auf dem Poster dargestellte Landschaft zum<br />
Voralpenland gehört, das als Erholungsgebiet viele Urlauber anzieht. Der Schüler, der<br />
von seinem Papier abliest, hält gerade ein Kurzreferat, aus dem hervorgeht, wie viele Urlauber<br />
jährlich diese Gegend besuchen, welche kulturellen Sehenswürdigkeiten aufgesucht<br />
werden sollten, wie hoch die Zimmerpreise im Durchschnitt sind, wie man am<br />
leichtesten mit dem Zug oder dem Auto in diese Orte anreisen kann usw.<br />
Neben der Beobachtung der methodischen „Kunstgriffe“ (Gruppengespräch, Änderung<br />
der Sitzordnung, Bearbeitung des Transparentes auf dem Tageslichtprojektor) wird das<br />
Interesse des Arbeiters vielleicht stärker auf den Inhalt gerichtet sein, vielleicht weil er<br />
auch Urlaub im Voralpenland machen will und ihn die Übernachtungspreise interessieren.<br />
Er kann aber auch erkennen, dass diejenigen Schüler, die ihn bei seiner Arbeit beobachtet<br />
haben, nur geringes Interesse am Lernstoff haben.<br />
Hätte der Fensterputzer einen pädagogischen Sachverstand, würde er sich wahrscheinlich<br />
darüber Gedanken machen, warum einige Schüler lieber ihn beobachten, als dem<br />
Unterrichtsgeschehen zu folgen. Vielleicht käme er auf die Idee, dass er die Prüfungssituation<br />
in Beispiel B entspannter gestalten würde: Er würde kein grimmiges Gesicht machen,<br />
die Aufgabenstellungen vorher nochmals genau besprechen, damit keine Verständnisschwierigkeiten<br />
in der Fragestellung auftreten. Er würde auch nicht am Tisch<br />
sitzen, sondern sich im hinteren Teil des Klassenzimmers aufhalten.<br />
Oder er würde im Beispiel C mit einer kleinen Diavorführung einsteigen und Bilder<br />
herzeigen, auf denen er gerade eine schöne Kirche besucht oder in einem Biergarten eine<br />
Brotzeit macht. Vermutlich würde er die Schüler als vorbereitende Hausaufgabe in ein<br />
Reisebüro schicken, damit sie sich selbständig Informationen besorgen sollten. Vielleicht<br />
kennt er auch jemanden aus dem Voralpenland, der spannend berichten kann.<br />
Wenn wir nun alle drei Unterrichtssituationen miteinander vergleichen, könnten wir<br />
auch den Eindruck haben, dass bei den drei Lehrern unterschiedliche Absichten vorliegen.<br />
In Beispiel A könnte ein neuer Lerninhalt eingeführt werden, weil die Lehrerin das Unterrichtsgeschehen<br />
ziemlich stark leitet, das Vorwissen der Schüler abfragt, persönliche<br />
Erfahrungen einbringen lässt und ein Arbeitsblatt einsetzt, weil sie einen bestimmten<br />
Sachverhalt deutlicher herausarbeiten lassen will.<br />
Im Beispiel B muss es sich nicht notwendigerweise um eine Prüfungssituation handeln. Es<br />
könnte genauso gut eine Übungseinheit sein, in der bereits Gelerntes wiederholt, angewendet<br />
oder auf neue Sachverhalte übertragen wird. Stillarbeit könnte in diesem Fall eine<br />
wichtige Rückmeldefunktion für den Lehrer haben, weil er dann gezielt eventuelle<br />
individuelle Lernrückstände zu beheben versuchen kann.<br />
Und die Lehrerin in Beispiel C könnte eine Lernzielsicherung geplant haben. Der Schüler,<br />
der vorliest, fasst die wichtigsten Ergebnisse aus den vorangegangenen Unterrichts-<br />
9
stunden zusammen und seine Mitschüler verfolgen seine Ausführungen auf einem collageartig<br />
erstellten Überblick im Posterformat. Aus dem Schülervortrag könnten sich weitere<br />
Arbeitsschwerpunkte entwickeln, die schließlich zu einem gemeinsamen Unterrichtsprojekt<br />
führen, aber in arbeitsteiliger Gruppenarbeit bearbeitet werden sollen.<br />
Der Fensterputzer sieht im Laufe des Vormittags noch viele andere Aktivitäten: Einmal<br />
scheint ein Lehrer nur untätig herumzustehen, ein andermal wird ein Text von Seneca<br />
übersetzt, in einer Sportstunde wird gerade Fußball gespielt, hier wird ein Schnitzel paniert<br />
und dort wird über die „Verantwortung“ diskutiert. Er überlegt sich, was er eigentlich<br />
unter Unterricht versteht.<br />
< Machen Sie sich doch auch einmal die Mühe und versuchen Sie, mit wenigen Sätzen<br />
zu beschreiben, was Sie unter Unterricht verstehen. Achten Sie in Ihrem Definitionsversuch<br />
darauf, dass sich Unterricht von ähnlichen Bereichen (z.B. Unterhaltung,<br />
Training, Instruktion usw.) unterscheidet.<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
< Sie haben nun mit eigenen Worten den Begriff „Unterricht“ definiert und dabei Ihre<br />
Vorstellung von Unterricht allgemein zum Ausdruck gebracht.<br />
Ihr Begriffsverständnis muss jeweils erweitert oder focussiert werden, wenn es folgende<br />
Formen und Verfahren von Unterricht zu unterscheiden gilt.<br />
Denken Sie bitte an Lao-tse, wenn Sie sich um die Begriffserklärung bemühen.<br />
Frontalunterricht:<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
10
Offener Unterricht:<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
Projektunterricht:<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
handlungsorientierter Unterricht:<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
wertorientierter Unterricht:<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
11
Bitte vergleichen Sie nun Ihre Definition von Unterricht mit einem Definitionsbeispiel<br />
aus der Literatur:<br />
„Unterricht ist eine Begegnung von Mensch zu Mensch, die sich im Spannungsfeld zwischen<br />
instruktivem und kommunikativem Handeln abspielt. Diese Begegnung ist organisiert und dient<br />
einerseits der Eingliederung des Menschen in die Kultur und Gesellschaft, andererseits aber<br />
auch der Subjektwerdung und Mündigkeit.“ (Adl-Amini 1994)<br />
< Vergleichen Sie bitte nochmals Ihren eigenen Definitionsversuch mit dieser letzten<br />
theoretischen Aussage:<br />
Haben Sie generelle Gesetzmäßigkeiten, die folglich jedem Unterricht zueigen sind,<br />
aufgelistet oder haben Sie Bezug genommen auf den Lehrer, den Schüler, den Lerninhalt,<br />
die Methode, die Situationen, die Ziele usw.<br />
Haben Sie bei Ihrem Definitionsbeispiel Kriterien angegeben, dass z.B. Unterricht<br />
in Abhängigkeit von bestimmten Variablen gesehen werden muss: von der Klassengröße,<br />
dem Entwicklungsstand der Schüler, den vorhandenen Unterrichtsmedien,<br />
dem sozialen Klima in der Klasse, dem Einfluss der Eltern usw.<br />
Haben Sie Überlegungen angestellt - wie unser Fensterputzer -, welche Aufgaben<br />
und Funktionen Unterricht zu erfüllen hat? Haben Sie dabei daran gedacht, dass<br />
Unterricht zur Persönlichkeitsbildung des jungen Menschen, zur Verantwortung gegenüber<br />
den Mitmenschen, der Umwelt und sich selbst erziehen soll, zur Demokratiefähigkeit<br />
und zur Lebensbejahung?<br />
< Versuchen Sie nun bitte abschließend, die wichtigsten Kriterien und deren Wirkzusammenhänge<br />
in einem Schaubild darzustellen. Arbeiten Sie mit Pfeilen, Hervorhebungen,<br />
Farbe, Kästchen etc. und versuchen Sie, Ihre Gedanken zu strukturieren.<br />
Unterricht<br />
12
2. Erziehung<br />
< Wir stellen Ihnen drei Definitionen von Erziehung vor und bitten Sie, eine jeweils<br />
wesentliche Aussage in die nachfolgende Tabelle einzutragen.<br />
A: „Erziehung ist nicht sogenanntes Menschenformen, weil man kein Recht hat, von<br />
außen her Menschen zu formen; nicht aber auch bloße Wissensvermittlung, deren<br />
Totes, Dinghaftes oft genug dargetan ward, sondern die Herstellung eines richtigen<br />
Bewusstseins.“ (Adorno 1979, 107)<br />
B: „Erziehung ist die höherführende geistpflegende (entbindende, belehrende, inspirierende<br />
und übende) Entwicklungsbeeinflussung der reifen Generation durch die gereifte,<br />
um sie auf selbständige Lebensführung innerhalb der sie umschließenden Lebensgemeinschaften<br />
und damit auf verständnisvolle Verwirklichung der die letzteren<br />
begründenden Werte einzustellen.“ (Göttler 1947, 49)<br />
C: "Die Erziehung (im engeren Sinne) ist jener Kulturakt einer Gemeinschaft, der bestimmte<br />
Kulturgüter (der Religion, der Moral, des Wissens, der Kunst, der Technik,<br />
der gesellschaftlichen Sitten und Gebräuche) so an den Zögling heranbringt, dass<br />
sie nach Maßgabe seiner Veranlagung in ihm jene besondere Kulturenergie für die<br />
Zwecke der Gemeinschaft auslösen, deren er fähig ist.“ (Kerschensteiner 1949)<br />
Definition A<br />
Definition B<br />
Definition C<br />
13
Die drei Zitate sind sehr komplex, so dass es uns sinnvoll erscheint, Sie nach Ihrem<br />
eigenen Verständnis zu befragen. Überlegen Sie sich, was Sie unter Erziehung verstehen,<br />
was Erziehung bewirken soll und wie Erziehung realisiert werden kann. Bedenken<br />
Sie dabei, welches Menschenbild Sie vertreten, ob Sie Erziehung als Produkt<br />
oder Prozess verstehen und ob es genügt, Erziehung als eine Tätigkeit, eine<br />
Handlung oder eine Einwirkung, Prägung oder Beeinflussung zu umschreiben. Verwenden<br />
Sie bitte die Begriffe „Erziehung“ oder „erziehen“ nicht in Ihrer Definitionsarbeit!<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
Die Definition von Erziehung wird Ihnen sicherlich nicht leicht gefallen sein, weil umgangssprachliche<br />
Synonyme diesen für die Schule so wichtigen Begriff verzerren. Wenn<br />
Sie Ihre Definition nun nochmals lesen, überprüfen Sie bitte, ob Sie auch Ziele der Erziehung<br />
notiert haben, die gleichsam als Ergebnis Ihrer Bemühungen sichtbar werden sollten.<br />
Vielleicht haben Sie Begriffe genannt, die auch wir zur Kennzeichnung dieser komplexen<br />
Maßnahme "erziehen“ verwenden: Verantwortungsbereitschaft, Friedfertigkeit,<br />
Demokratiebewusstsein, Schutz der Umwelt, Sensibilität für Mitmenschen und Umwelt,<br />
Persönlichkeitsbildung, Gesellschaftsfähigkeit, Toleranz, Einsatzbereitschaft, Kritikfähigkeit,<br />
Anpassung, Unterordnung, Eingliederung, Offenheit, Kompetenz, Rücksichtnahme<br />
und, und, und.<br />
Ihnen fällt sicherlich auf, dass sich manche Erziehungsziele zu widersprechen scheinen.<br />
Einmal sollte Persönlichkeitsentfaltung, z.B. die Stärkung der persönlichen Autonomie,<br />
angestrebt werden, ein andermal Rücksichtnahme und Anpassung oder Eingliederung in<br />
eine bestimmte Gesellschaftsform.<br />
Einmal Mündigkeit, ein andermal ...<br />
Hinzu kommt, dass Sie als Lehrerin oder Lehrer nicht damit zufrieden sein dürfen, wenn<br />
Ihre Schüler während Ihrer Anwesenheit das gewünschte Verhalten zeigen, in ihrer Abwesenheit<br />
aber ganz anders handeln. Ziel Ihrer Erziehungsbemühungen muss es folglich<br />
sein, dass die Schüler durch eigene Einsicht, gleichsam durch eigenes Denken, Verarbei-<br />
14
ten, Überprüfen, das gewünschte Handeln in entsprechenden Situationen praktizieren.<br />
Wenn dies der Fall sein sollte, werden aus den beabsichtigten Erziehungszielen Bildungsziele,<br />
die vom Schüler verinnerlicht wurden, weil sie für seine Lebensgestaltung und Lebensbewältigung<br />
als wichtig erachtet werden.<br />
< Versuchen Sie bitte wieder abschließend, die Komplexität des Erziehungsbegriffs in<br />
einer einfachen Graphik zu veranschaulichen.<br />
Wir wären Ihnen dankbar, wenn Sie hierfür nicht mehr als zehn Begriffe verwenden<br />
würden.<br />
Erziehung<br />
Auch diese Arbeit dürfte Ihnen sicherlich nicht leicht gefallen sein, weil viele Kriterien<br />
bedacht werden müssen und ein „Endergebnis“ nicht direkt beobachtet werden kann.<br />
Ihre spätere tagtägliche Unterrichtsarbeit wird es Ihnen aber nicht erlauben, Unterricht<br />
und Erziehung getrennt zu behandeln. Wenn Sie dann Unterrichtsinhalte auswählen,<br />
sich für eine bestimme Methode entscheiden, Unterrichtsmedien einsetzen, Diskussionsrunden<br />
und sachliche Kritik ermöglichen, Projekte durchführen, mit Kollegen Teamteaching<br />
praktizieren usw., erziehen Sie, intentional und funktional. Ihre Sprache, Mimik<br />
und Gestik, Ihre Gelassenheit, Ihr Humor und Ihr Gerechtigkeitssinn werden ebenso<br />
wahrgenommen wie Ihre gründliche Unterrichtsvorbereitung und Ihr Engagement für<br />
schulische Belange.<br />
< Versuchen Sie, indem Sie beide bisherigen Definitionsbereiche verbinden, eine graphische<br />
Darstellung von "erziehendem Unterricht“ zu erstellen. Bedenken Sie, dass<br />
es keinen wertneutralen Unterricht gibt, da jede Präferenz für eine bestimmte Sichtweise,<br />
und sei es der wissenschaftsorientierte Unterricht, immer auch eine Werthaltung<br />
zum Ausdruck bringt.<br />
15
erziehender Unterricht<br />
3. Bildung<br />
Der Bildungsbegriff dürfte der schwierigste in dieser Reihe der Begriffserklärungen sein.<br />
Er ist typisch „deutsch“ und kommt in keiner anderen Sprache vor. In unserem Denken<br />
muss damit also ein Umstand zum Ausdruck gebracht werden, der sich von Unterricht<br />
und Erziehung gedanklich absetzt.<br />
Bildung geschieht in diesem Sinne nicht mehr - wie Unterricht und Erziehung - von außen<br />
in der Form von Wissensanbahnung, Verstärkung, Belehrung und Gegenwirkung,<br />
sondern von innen als Selbst-Bildung. Der Schüler sieht die Notwendigkeit seines Handelns<br />
ein, indem er abwägt, vergleicht, überprüft, beurteilt und bewertet und damit sein<br />
Leben gestaltet.<br />
Somit wäre vorerst ein wesentlicher Unterschied genannt, der sich vor allem auf den erziehenden<br />
Unterricht auswirkt. Die Erziehungszielvorstellungen und unser Bildungsverständnis<br />
prägen nämlich entscheidend unsere Unterrichtskonzeption.<br />
Betrachten wir nochmals unseren Fensterputzer, um den komplexen Bildungsbegriff zu<br />
veranschaulichen.<br />
Er heißt übrigens Max Wischer und ist den ganzen Tag damit beschäftigt, die Fenster<br />
anderer zu reinigen. Herr Wischer hat keine weiterführende Schule besucht und seine<br />
Lehre mit gutem Erfolg absolviert. Vor fünf Jahren hat er sich ein kleines Häuschen gekauft,<br />
das er mit seiner Frau Klara und seinen beiden Kindern bewohnt. Hobbymäßig<br />
sammelt er Briefmarken, besucht Ausstellungen und Messen, schreinert ein wenig und<br />
engagiert sich im Ortsverband hauptsächlich im Bereich der Altenpflege und Aussiedlerbetreuung.<br />
Aufgrund der Hypothek an seinem Haus werden Urlaubsreisen überwiegend<br />
im näheren Bereich unternommen, da ihn die Schulden zu sehr belasten. Die Eltern Wi-<br />
16
scher erziehen ihre Kinder streng, weil sie glauben, dass man mit Tugenden wie Fleiß,<br />
Disziplin und Ausdauer das Leben meistern kann. Max Wischer denkt schon gelegentlich<br />
darüber nach, sich beruflich zu verändern, doch wären damit wieder Kosten verbunden,<br />
die sich die Familie nicht leisten kann. Herr Wischer ist ein bescheidener Mensch,<br />
der mit seinen Nachbarn keinen Streit hat und stets zur Stelle ist, wenn er helfen kann.<br />
< Urteilen Sie nun selbst: Ist unser Fensterputzer „gebildet“? Begründen Sie Ihre Meinung!<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
< Uns interessiert natürlich, was Sie unter „Bildung“ verstehen. Wir haben bereits<br />
einige Andeutungen gemacht, die Ihnen die Definitionsarbeit erleichtern sollen.<br />
Vielleicht können Sie Bildung in Abhängigkeit von Unterricht und Erziehung definieren?<br />
Versuchen Sie es einfach!<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
< Der Bildungsbegriff wird so häufig gebraucht, dass auch hier eine zusätzliche Differenzierung<br />
notwendig erscheint.<br />
Bitte klären Sie noch folgende Termini mit eigenen Worten:<br />
Allgemeinbildung:<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
17
grundlegende Bildung:<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
Berufsbildung:<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
Ausbildung:<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
humanistische Bildung:<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
____________________________________________________________________<br />
18
Um diesen theoretischen Teil abzuschließen, bitten wir Sie um eine graphische Darstellung<br />
der Begriffe Unterricht, Erziehung und Bildung in einem einzigen Schaukasten.<br />
Besonders die komplexen Wirkzusammenhänge, Abhängigkeiten, Voraussetzungen,<br />
Schwierigkeiten und Grenzen sind für uns von Interesse.<br />
Unterricht-Erziehung-Bildung<br />
Wir hoffen, dass dieser theoretische Vorspann eine brauchbare Grundlage für Ihre Unterrichtsbeobachtung<br />
sein wird.<br />
Im folgenden beginnt nun der praktische Teil, aus dem Sie auswählen dürfen und sollen,<br />
falls Sie interessantere Bereiche versprachlichen können als die, die wir für Sie vorausgedacht<br />
haben.<br />
Vergessen Sie nicht, auf der letzten Seite der Handreichung Ihre persönlichen Erfahrungen<br />
zusammenzufassen und konstruktive Kritik zu äußern, die selbstverständlich auch die<br />
Handreichung betreffen kann, damit die nachfolgenden Studentinnen und Studenten<br />
eine jeweils verbesserte Form der Begleitung im pädagogisch-didaktischen <strong>Schulpraktikum</strong>s<br />
vorfinden.<br />
19
P r a x i s t e i l<br />
In § 36 der Lehramtsprüfungsordnung I in der Fassung vom 07.November 2002 werden<br />
die inhaltlichen Prüfungsanforderungen für die Erste Staatsprüfung im Fach Erziehungswissenschaften<br />
festgelegt. Die schulischen Praktika, die Sie während des Studiums abzuleisten<br />
haben, sollen Ihnen auch helfen, Theorie und Praxis einander gegenüberzustellen<br />
und ihre praktischen Erfahrungen in die später Bearbeitung der Aufgaben einfließen zu<br />
lassen. Auszugsweise seien hier folgende Inhalte genannt:<br />
Lehramt an Grund-, Haupt-, Realschulen, Gymnasien und beruflichen Schulen :<br />
Kenntnisse aus folgenden Teilgebieten unter besonderer Berücksichtigung der Erfordernisse<br />
des angestrebten Lehramts; bei den Lehrämtern an Grundschulen, Hauptschulen,<br />
Realschulen beruflichen Schulen und Sonderschulen sind in dem unter Buchstabe<br />
d genannten Teilgebiet vertiefte Kenntnisse nachzuweisen; die nachstehend<br />
aufgeführten Inhalte sind unter Bezug auf die Denktraditionen und Forschungsmethoden<br />
der Schulpädagogik zu bearbeiten; beim Lehramt an beruflichen Schulen stehen die inhaltlichen<br />
Prüfungsanforderungen unter berufspädagogischer Perspektive:<br />
a) Theorie der Schule als Institution und Organisation<br />
Funktionen von Schule; Schulorganisation; Schulgeschichte; Schule im internationalen<br />
Vergleich; Schulqualität und Schulentwicklung; Lehrplantheorie und<br />
Lehrplanentwicklung; Schultheorien und Schulforschung.<br />
b) Theorie des Unterrichts<br />
Unterrichtstheorien, Unterrichtskonzeptionen/Unterrichtsmodelle, Unterrichtsprinzipien,<br />
Strukturmomente, Qualitätskriterien des Unterrichts, Unterrichtsforschung.<br />
20
c) Planung und Analyse von Lehr-Lern-Prozessen<br />
Vorbereitung, Organisation, Analyse und Evaluation von Unterrichtsprozessen<br />
und Lernumgebungen, Lehrplan als Planungselement, Planungstheorien, Überprüfung<br />
und Beurteilung von Schülerleistungen, schulische Medienarbeit.<br />
d) Bildung, Erziehung, Förderung und Beratung in Schule und Unterricht<br />
Aufgaben, Ziele, Methoden und Probleme der Bildung, Beratungs- und Führungsaufgaben<br />
in Schule und Unterricht; Schulleben, Schulkultur; Lehrerverhalten,<br />
Lehrerpersönlichkeit, interkulturelles Lernen, Förderung von Schülern mit<br />
besonderen Lern-, Sprach- und Erziehungsvoraussetzungen (z.B. Hochbegabte,<br />
Schüler mit Verhaltensauffälligkeiten, Schüler mit Lernschwierigkeiten, Schüler<br />
mit Sprach-, Sprech- und Kommunikationsstörungen).<br />
Nutzen Sie dabei die Chance, in möglichst vielen eigenen Unterrichtsversuchen<br />
praktische Erfahrungen im Sinne der Vorbemerkung zu sammeln!<br />
21
1. Schulleben/Klassenatmosphäre<br />
Wenn Sie sich am ersten Tag Ihres Praktikums dem Schulgrundstück nähern, sammeln<br />
Sie bestimmte Eindrücke: Sie nehmen die Lage der Schule wahr, betrachten das Schulgebäude,<br />
merken die fragenden Blicke bereits anwesender Schüler, Sie orientieren sich<br />
an Wandtafeln und Wegweisern, um zum Büro der Schulleitung zu gelangen, Sie atmen<br />
den typischen Geruch dieser Schule. Vielleicht stellen Sie fest, dass an der Schule gerade<br />
eine Ausstellung stattfindet, beobachten, wie erste Lehrer-Schüler-Kontakte gestaltet<br />
werden und ob die Zeit vor Unterrichtsbeginn bereits pädagogisch genutzt.<br />
Aus empirischen Untersuchungen (Aurin 1994) wissen wir, dass keine Schule, auch<br />
nicht der gleichen Schulart, miteinander vergleichbar ist. Jede hat ihr spezifisches Gepräge,<br />
ihre eigene Ausformung, eben Ihr Ethos.<br />
Aufgabe 9<br />
Schildern Sie Maßnahmen, die sich positiv auf das Klassen-/Schulklima auswirken können:<br />
a) innerhalb des Klassenverbandes<br />
b) klassenübergreifend<br />
Aufgabe 10<br />
Nennen Sie organisatorische Maßnahmen (z.B. Hausordnung), die Ihrer Meinung nach<br />
das Klassen-/Schulklima beeinflussen können!<br />
Aufgabe 11<br />
Welche Maßnahmen könnte der Praktikums- bzw. Betreuungslehrer bei der Durchführung<br />
seines Unterrichts ergreifen, um das Klassenklima positiv zu gestalten?<br />
Aufgabe 12<br />
Entwickeln Sie weitere Vorschläge, wie man das Klassen-/Schulklima positiv beeinflussen<br />
könnte!<br />
22
2. E r z i e h u n g<br />
Erziehung kann nie wertneutral sein. Sie braucht Inhalte; Erziehungsbemühungen verdeutlichen<br />
Einstellungen und Werthaltungen. Von besonderer Bedeutung sind beispielsweise<br />
Hilfsbereitschaft, Kooperationsbereitschaft, Aufgeschlossenheit und Kritikfähigkeit.<br />
Kein verantwortungsbewusster Lehrer wird diese Haltungen nur theoretisch besprechen,<br />
sondern er wird Situationen schaffen, z.B. die Arbeitsform der Gruppenarbeit, in<br />
denen sich soziale Verhaltensweisen bilden und bewähren können.<br />
Aufgabe 13<br />
Nennen Sie Möglichkeiten, wie Sie als Lehrer die Werthaltung „Kritikfähigkeit“ bei Ihren<br />
Schülern fördern können!<br />
Aufgabe 14<br />
Mit welchen erzieherischen Maßnahmen könnte man die Kooperationsbereitschaft unter<br />
den Schülern fördern?<br />
Beschreiben Sie mögliche Ausgangssituationen und geeignete Maßnahmen!<br />
Aufgabe 15<br />
Erziehung ist gemeinsame Aufgabe von Elternhaus und Schule. Diskutieren Sie mit Ihrer<br />
Praktikums- bzw. Betreuungslehrkraft Möglichkeiten, Erfahrungen und Grenzen der Elternarbeit<br />
und halten Sie wesentliche Aspekte in Stichpunkten fest!<br />
Aufgabe 16<br />
Störungen gehören zum Unterrichtsalltag. Schildern Sie eine beobachtete Störsituation.<br />
Welche erziehlichen Maßnahmen stehen einer Lehrkraft zur Verfügung?<br />
Welche Maßnahme erscheint Ihnen angemessen? - Begründen Sie Ihre Meinung!<br />
23
3. U n t e r r i c h t<br />
Über den Begriff „Unterricht“ haben Sie sich bereits im Theorieteil Gedanken gemacht.<br />
Wenn Unterricht ein planmäßiges und systematisches Handeln in erzieherisch bedeutsamen<br />
Situationen darstellt, wird der Charakter der Planmäßigkeit z.B. in den Artikulationsschritten<br />
des Unterricht deutlich. Mit `Artikulation? sind die einzelnen Lehr- und<br />
Lernschritte gemeint, die den Lernprozess strukturieren. Da es nicht die Methode gibt,<br />
die für alle Schüler und jeden Lerninhalt passt, muss der Lerninhalt in der Polarität von<br />
den Bedürfnissen der Schüler und dem Sachanspruch gegliedert werden.<br />
3.1 Artikulation<br />
Wir stellen Ihnen verschiedene Möglichkeiten für Artikulationsstufen vor:<br />
S Einführung eines neuen Themengebietes:<br />
Motivierung - Erarbeitung - Anwendung - Transfer<br />
S Übungsstunde:<br />
Motivierung - Übungsphase - Sicherungsphase<br />
S offener Unterricht:<br />
Initiationsphase - Explorationsphase - Produktionsphase - Integrationsphase<br />
Aufgabe 17<br />
Beschreiben Sie zwei verschiedene Artikulationsstufen in ihrem zeitlichen und didaktisch-methodischen<br />
Ablauf im Detail, diskutieren Sie mit Ihrer Praktikums- bzw. Betreuungslehrkraft<br />
Alternativen und notieren sie diese kurz!<br />
Stellen Sie Ihre Ergebnisse in einer Tabelle dar. Folgende Möglichkeiten können Ihnen<br />
als Anhaltspunkte dienen!<br />
Fach:<br />
Thema:<br />
Uhrzeit<br />
Artikulationsstufe<br />
Lehrer-Schüler-/Schüler-<br />
Schüler-Aktivitäten<br />
Alternativen<br />
24
3.2 Differenzierung<br />
Die Berücksichtigung der unterschiedlichen Lernvoraussetzungen erfordert vom Lehrer<br />
ein umfangreiches didaktisch-methodisches Handeln in individuell gestalteten Situationen.<br />
Das Unterrichtsprinzip der Differenzierung verfolgt als Zielsetzung, Schwächen zu<br />
beheben und Stärken zu fördern.<br />
Aufgabe 18<br />
Erklären Sie den Unterschied zwischen qualitativer und quantitativer Differenzierung!<br />
Aufgabe 19<br />
Beschreiben Sie eine konkrete Situation und begründen Sie vor allem, warum die Differenzierungsmaßnahme<br />
erforderlich ist!<br />
3.3 Schülerbeobachtung<br />
Ein wesentlicher Teil der Unterrichtsbeobachtung ist die Beobachtung eines einzelnen<br />
Schülers. Die Schülerbeobachtung ist die Grundlage für einen handlungsorientierten Unterricht.<br />
Bei möglichst vorurteilsfreier Beobachtung erfahren Sie, welchen Kenntnisstand<br />
der Schüler aufweist, durch welche didaktisch-methodischen Maßnahmen er sich motivieren<br />
lässt, wie konkret er Lerninhalte versprachlichen kann, mit wem er befreundet ist,<br />
wie lange er sich anstrengen kann und wie er sich in die Klassengemeinschaft integriert.<br />
Diese wenigen Beispiele kennzeichnen sein Lern- und Sozialverhalten.<br />
Die Aufzeichnung der Schülerbeobachtungen, die auch mit konkreten Datumsangaben<br />
belegt werden sollte, um einen Leistungsfortschritt nachweisen zu können, ist beispielsweise<br />
eine wichtige Grundlage für ein Elternberatungsgespräch oder gilt als amtlicher Nachweis<br />
für schulische Maßnahmen (z.B. Versetzungswunsch an eine Förderschule zur besseren<br />
individuellen Förderung) oder Beratung für Schullaufbahnen. Angaben zur Uhrzeit helfen<br />
Konzentrationsschwankungen im Tagesverlauf zu diagnostizieren.<br />
Aufgabe 20<br />
Beobachten Sie einen Schüler unter dem Aspekt der Leistungsbereitschaft in verschiedenen<br />
Phasen des Unterrichtsgeschehens eines bestimmten Fachs. Konkretisieren<br />
Sie den Oberbegriff „Leistungsbereitschaft“ durch konkrete Unterbegriffe wie z.B.<br />
Mitarbeit, Meldeverhalten u.ä. !<br />
25
Fach:<br />
Eröffnungsphase<br />
Name des Schülers:<br />
(bitte anonymisieren)<br />
Leistungsbereitschaft<br />
Wochentag Uhrzeit<br />
26
Erarbeitungsphase<br />
Übungsphase<br />
Name des Schülers:<br />
(bitte anonymisieren)<br />
Name des Schülers:<br />
(bitte anonymisieren)<br />
Wochentag Uhrzeit<br />
Wochentag Uhrzeit<br />
27
Aufgabe 21<br />
Beobachten Sie den gleichen Schüler, dieses Mal jedoch unter dem Aspekt des Sozialverhaltens.<br />
Verwenden Sie auch hier konkrete Unterpunkte zum `Sozialverhalten?<br />
wie z.B. Teamfähigkeit, Hilfsbereitschaft u.ä.!<br />
Fach:<br />
im Unterricht<br />
Außerhalb des Unterrichts<br />
Name des Schülers:<br />
(bitte anonymisieren)<br />
Sozialverhalten<br />
Tag Uhrzeit<br />
28
3.4 Arbeitstechniken und Sozialformen<br />
Die Beherrschung von Arbeitstechniken (z.B. richtiges Abschreiben, Umgang mit<br />
Nachschlagewerken, ...) und Sozialformen (z.B. Partnerarbeit, Gruppenarbeit,...) ist<br />
eine wichtige Grundlage für die Selbsttätigkeit im Unterricht.<br />
Aufgabe 22<br />
Schildern Sie an je zwei Beispielen, welche<br />
a) Arbeitstechniken<br />
b) Sozialformen<br />
im Unterricht eingeübt und verfeinert werden können und begründen Sie deren Notwendigkeit<br />
für den Lernprozess.<br />
3.5 Offener Unterricht<br />
Offene Formen des Unterrichts gewinnen durch die veränderte Lebenswelt der Kinder<br />
und Jugendlichen in allen Schularten zunehmend an Bedeutung. Durch offenes Lernen<br />
werden über die interessegeleitete Auseinandersetzung mit dem Lerninhalt hinaus auch<br />
erzieherische Prozesse in Gang gesetzt.<br />
Wählen Sie im folgenden entweder Aufgabe 23 oder Aufgabe 24 und bearbeiten Sie diese!<br />
Aufgabe 23<br />
Beschreiben Sie eine Situation „Offenen Unterrichts“. Gehen Sie in Ihrer Protokollierung<br />
auch auf die Lernvoraussetzungen bei den Schülern und die Effektivität der Arbeitsform<br />
im Hinblick auf die angestrebten Unterrichts- und Erziehungsziele ein!<br />
Aufgabe 24<br />
Wählen Sie ein Arbeitsmaterial, das im offenen Unterricht sinnvoll einzusetzen ist. Beschreiben<br />
Sie die Angemessenheit sachlicher und erzieherischer Zielsetzungen unter dem<br />
Aspekt der Lernvoraussetzungen der Schüler!<br />
Ein Besuch in der Lernwerkstatt (Lusenweg 3, Di 14.00-16.30 Uhr) in der Hauptschule<br />
Passau-Grubweg kann Ihnen als Anregung dienen.<br />
29
4. Eigene Unterrichtsversuche<br />
Aufgabe 25<br />
Skizzieren Sie den Verlauf einer eigenen Unterrichtsstunde in einem Artikulationsschema<br />
(Beispiel s. S. 24 )!<br />
Aufgabe 26<br />
Beschreiben Sie Ihre verwendeten Medien ( Tafelbild, Arbeitsblatt,...), fügen Sie diese -<br />
wenn möglich- an und begründen Sie den didaktischen Ort ihres Einsatzes !<br />
Sie können auch weitere Unterrichtsstunden bzw. Kurzversuche anfügen.<br />
30
5.Reflexion<br />
Auf dieser letzten Seite bitten wir Sie, Ihre Erfahrungen aus dem pädagogischdidaktischen<br />
<strong>Schulpraktikum</strong> zusammenzufassen und Kritik zu äußern.<br />
31
6. Literaturverzeichnis<br />
Adl-Amini, B.: Medien und Methoden des Unterrichts. Donauwörth 1994<br />
Adorno, Th.W.: Erziehung zur Mündigkeit. Frankfurt 1979<br />
Akademie für Lehrerfortbildung Dillingen (Hg.): Freies Arbeiten. Reformpädagogische Impulse für<br />
Erziehung und Unterricht in Regelschulen. Donauwörth 1994<br />
Aurin, K.: Gute Schule - worauf beruht ihre Wirksamkeit? Bad Heilbrunn 1989; speziell zum Gymnasium:<br />
Aurin, K.: Gemeinsam Schule machen. Schüler, Lehrer, Eltern - ist Konsens möglich?<br />
Stuttgart 1994<br />
Baumgart, F. (Hg.): Erziehungs- und Bildungstheorien. Erläuterungen-Texte-Arbeitsaufgaben. Bad<br />
Heilbrunn 1997<br />
Bönsch, M.: Schule verbessern. Begründungshorizonte und praktische Realisierungsvorschläge. Hannover<br />
1990<br />
Glöckel, H.: Vom Unterricht. Bad Heilbrunn 1990<br />
Glöckel, H./Drescher, R./Rabenstein, R./Kreiselmeyer, H. (Hg.): Vorbereitung des Unterrichts. 2., erweiterte<br />
Aufl., Bad Heilbrunn 1992<br />
Göttler, J.: System der Pädagogik. München 1947<br />
Gudjons, H.: Didaktik zum Anfassen. Lehrer/in-Persönlichkeit und lebendiger Unterricht. Bad Heilbrunn<br />
1997<br />
Hell, P./Olbrich, P.: Unterrichtsvorbereitung. Grundlagen - Strukturen - praktische Hinweise. Donauwörth<br />
1993<br />
Hentig, H. v.: Die Schule neu denken. Eine Übung in praktischer Vernunft. München/Wien 1993<br />
Hintz, D./Pöppel, K.G./Rekus, J.: Neues schulpädagogisches Wörterbuch. München 1993, S. 334-343,<br />
Prange, K: Bauformen des Unterrichts. Eine Didaktik für Lehrer. 2. durchgesehene Aufl., Bad<br />
Heilbrunn 1986<br />
Keck, R.W./Sandfuchs, U. (Hg.): Wörterbuch Schulpädagogik. Ein Nachschlagewerk für Studium und<br />
Schulpraxis Bad Heilbrunn 1994<br />
Kerschensteiner, G.: Leitsatz 1 zur Kieler Lehrerversammlung. 1949<br />
Klein, G.: Schulen brauchen Beratung. Kollegiumsorientierte Innovationsberatung als Beitrag zur<br />
Schulentwicklung. Grundlagen - Ansätze - Perspektiven. München 1997<br />
Krawitz, R. (Hg.): Bildung im Haus des Lernens. Bad Heilbrunn 1997<br />
Mayer, W.G.: Freie Arbeit in der Primarstufe und in der Sekundarstufe bis zum Abitur. Denkanstöße<br />
zur inneren Reform der Schule - ein Diskussionsbeitrag aus Nordrhein-Westfalen. Heinsberg<br />
1992<br />
Meyer, H.: Leitfaden zur Unterrichtsvorbereitung. 5. Aufl. Königsstein/Ts. 1983<br />
Meyer, H.: Unterrichtsmethoden. I: Theorieband. 6. Aufl. Frankfurt 1994<br />
Nauck, J. (Hg.): Offener Unterricht. Ziele, Praxis, Wirkungen. Braunschweiger Arbeiten zur Schulpädagogik.<br />
Bd 10, hg. v. Prof. Dr. Dieter Hoof, 2. Aufl. Braunschweig 1993<br />
Seibert, N./Serve, H.J./Zöpfl, H.: Schulpädagogik. Eine Einführung in die Themenbereiche Erziehung<br />
und Unterricht in der Schule. München 1990<br />
Seibert, N./Serve, H. (Hg.): Bildung und Erziehung an der Schwelle zum dritten Jahrtausend. Studienausgabe.<br />
München 1996<br />
Seibert, N./Serve, H. (Hg.): Prinzipien guten Unterrichts. Kriterien einer zeitgemäßen Unterrichtsgestaltung.<br />
4. Aufl. München 1996<br />
Seibert, N. (Hg.): Anspruch Schulkultur. Interdisziplinäre Darstellung eines neuzeitlichen schulpädagogischen<br />
Begriffs. Bad Heilbrunn 1997<br />
32
Weber, E.: Pädagogik. Neuausgabe Bd. 1: Grundfragen und Grundbegriffe. <strong>Pädagogisch</strong>e Anthropologie.<br />
Phylogenetische (bio- und kulturrevolutionäre) Voraussetzungen der Erziehung. Donauwörth<br />
2004<br />
Weber, E.: Pädagogik. Eine Einführung. Neuausgabe. Bd. 1: Grundfragen und Grundbegriffe. Teil 2:<br />
Ontogenetische Voraussetzungen der Erziehung - Notwendigkeit und Möglichkeit der Erziehung.<br />
Donauwörth 1996<br />
Wellenhofer, W.: Unterricht heute. Aufgaben - Möglichkeiten - Probleme. Ein Studien- und Lehrbuch<br />
in Schaubildern. Ainring 1997<br />
Wiater, W.: Unterrichten und lernen in der Schule. Eine Einführung in die Didaktik. Donauwörth<br />
1993, S. 85-87<br />
33