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CARIBIC – the wave of relaxation - Rostock delüx

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ROSTOCK<br />

2. JAHRGANG · Herbst · 3/2009 · € 4,-<br />

GESELLSCHAFTSMAGAZIN FÜR ROSTOCK UND UMGEBUNG<br />

Eine Liebeserklärung<br />

Mein Sohn, der Frontmann von Rammstein<br />

Auf Wüstentour<br />

Sanddorntörtchen in der Kiste<br />

Wilder Herbst<br />

Raubtiere erobern Kleider<br />

Atmosphärentumult<br />

Dr. Jazz schaut in den Himmel


Fotos: www.pixelio.de<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

Liebe Leserin,<br />

lieber Leser,<br />

ob das Ihnen vorliegende neue<br />

Heft von <strong>Rostock</strong> „<strong>delüx</strong>“ für Sie<br />

nun ein richtiger „Knaller“ ist oder<br />

nicht, das müssen, das werden<br />

einzig und allein Sie entscheiden.<br />

Tatsache ist, es geht auch diesmal,<br />

zumindest in einigen Beiträgen,<br />

nicht ganz geräuschlos zu. Wer die<br />

Auftritte von Rammstein und dessen<br />

Frontmann Till Lindemann<br />

schon einmal erlebt hat, der wird<br />

wissen, die zerren zwar keine originalen<br />

Kanonen auf die Bühne,<br />

einige gewaltige Phon sind dennoch<br />

im Spiel. Verblüffend allerdings<br />

könnte vielleicht für Sie sein,<br />

dass dieser Mann, der ganz vorn<br />

auf der Bühne steht, der frühere<br />

<strong>Rostock</strong>er im besten Lebensalter,<br />

auch ganz still, ganz in sich gekehrt<br />

sein kann. Seine Mutter, die ehemalige<br />

NDR-Journalistin Gitta Lindemann<br />

kennt ihren Sohn ganz<br />

genau und hat über ihn, über sich,<br />

über beide die Titelgeschichte<br />

geschrieben.<br />

Horst Rahe, Geschäftsführender<br />

Gesellschafter der Deutschen Seereederei,<br />

ist bekannt als ein Mann<br />

der leisen Töne. Jahrzehnte im<br />

knallharten Geschäftsleben, feinsinnig<br />

in Lebensart und Lebenshaltung,<br />

posiert er für unser Magazin<br />

neben der berühmten Kanone seines<br />

Hotels Louis C. Jacob in Hamburg.<br />

Das ist nicht herbeigeholt, es<br />

gehört zu der Geschichte, die der<br />

Mann mit den Wohnsitzen in der<br />

Schweiz, in Hamburg und ein<br />

wenig auch in <strong>Rostock</strong>, im sehr<br />

privaten Gespräch am Elbufer von<br />

Blankenese uns <strong>of</strong>fenbarte.<br />

Der „Mann mit dem Hawaii-<br />

Hemd“, Jürgen von der Lippe,<br />

kommt nächstens nach <strong>Rostock</strong>.<br />

Wir haben ihn in seiner Berliner<br />

Wohnung besucht, und natürlich<br />

viel gelacht.<br />

Wie Doktoranden aus Lateinamerika<br />

an der <strong>Rostock</strong>er Universität das<br />

Leben in der Hansestadt empfin-<br />

EDITORIAL<br />

den, lässt schon eine gewisse<br />

Nachdenklichkeit aufkommen.<br />

„Die Wahrheit ruht auf dem Boden<br />

des Kochtopfes“ <strong>–</strong> wie der<br />

<strong>Rostock</strong>er Koch Carsten Loll mit<br />

diesem Motto des französischen<br />

Koch-Gurus Paul Bocuse umgeht,<br />

lesen Sie es.<br />

Das Autoereignis des Jahres lesen<br />

Sie natürlich in <strong>Rostock</strong> „<strong>delüx</strong>“ <strong>–</strong><br />

die Premiere des Porsche Panamera.<br />

Unser Team von <strong>Rostock</strong> „<strong>delüx</strong>“<br />

h<strong>of</strong>ft, Ihnen wieder etwas vorzulegen,<br />

dass Sie reicher macht,<br />

Vergnügen bereitet und <strong>–</strong> zumindest<br />

hin und wieder <strong>–</strong> besagten<br />

Aha-Effekt auslöst. Das würde<br />

mich freuen.<br />

Ihre<br />

Regina Rösler<br />

Leitende Redakteurin<br />

Foto: J. R.<br />

Die nächste Ausgabe erscheint im Dezember 2009<br />

1


2<br />

REGION / IMPRESSUM<br />

Die Region ROSTOCK<br />

IMPRESSUM<br />

Herausgeber:<br />

MV Media GmbH & Co. KG<br />

Richard-Wagner-Straße 1a · 18055 <strong>Rostock</strong><br />

in Zusammenarbeit mit:<br />

DELEGO Wirtschaftsverlag Detlev Lüth<br />

Klöresgang 5 · 19053 Schwerin<br />

Ostsee-Zeitung GmbH & Co. KG<br />

Richard-Wagner-Straße 1a · 18055 <strong>Rostock</strong><br />

www.deluex-magazin.de<br />

Leitende Redakteurin:<br />

Regina Rösler (V.i.S.d.P.)<br />

Tel.: 0381 / 36 51 62<br />

Fax: 0381 / 36 51 79<br />

eMail: regina.roesler@web.de<br />

Anzeigen:<br />

Jörg Skorupski (verantw.) Tel.:0381 / 36 58 53<br />

Cornelia Rolfs Tel.: 0381 / 36 58 51<br />

Dagmar Dankert Tel.: 0381 / 36 58 52<br />

Anzeigenpreise:<br />

Es gilt die Preisliste Nr. 1 vom 1. 2. 2008<br />

Gesam<strong>the</strong>rstellung:<br />

Wirtschaftsverlag Detlev Lüth<br />

Klöresgang 5<br />

19053 Schwerin<br />

Tel.: 03 85 / 48 56 30<br />

Fax: 03 85 / 48 56 324<br />

Satz und Layout: Beatrice Rachow<br />

Druck:<br />

Vertrieb:<br />

Verkaufspreis:<br />

Einzelheft: 4,- € incl. MwSt.<br />

Erscheinungsweise: 4 x jährlich<br />

Stadtdruckerei Weidner<br />

Carl-Hopp-Str. 15<br />

18069 <strong>Rostock</strong><br />

Nordbrief <strong>Rostock</strong> GmbH<br />

Richard-Wagner-Straße 1a<br />

18055 <strong>Rostock</strong><br />

Bankverbindung:<br />

Deutsche Bank AG <strong>Rostock</strong><br />

BLZ: 130 700 00<br />

Konto Nr.: 130 03 91 00<br />

Die Zeitschrift „<strong>delüx</strong>“ und alle in ihr enthaltenen Beiträge<br />

und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung<br />

außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts<br />

ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig. Das gilt insbesondere<br />

für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen<br />

und die Einspeicherung und Verarbeitung in multimedialen<br />

Systemen.<br />

Das Urheberrecht für die von „<strong>delüx</strong>“ konzipierten Anzeigen<br />

liegt beim Verlag. Die einzelnen Beiträge geben die Meinungen<br />

der Autoren wieder.<br />

Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos wird<br />

keine Haftung übernommen. Rücksendung kann nur auf<br />

besonderen Wunsch erfolgen und wenn Rückporto beiliegt.<br />

Gerichtsstand: <strong>Rostock</strong><br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


7 16 34 76<br />

Jürgen von der Lippe<br />

hält es mit<br />

Shakespeare.<br />

8 Hanseatische Lebensart<br />

Horst Rahe über seine<br />

große Liebe zur Kunst.<br />

10 Im Geiste Yehudi Menuhins<br />

Live Music Now <strong>–</strong><br />

ein Weltverein auch in <strong>Rostock</strong>.<br />

18 Mit blauer Kiste<br />

durch die Wüste<br />

Frank Röntgen, Konditor<br />

in der fünften Generation.<br />

24 Es gibt kein Aber<br />

Günter Faltin:<br />

Gründer sind nie zu alt.<br />

26 80 Jahre Familientradition<br />

Die Firma Taschenbrecker<br />

gestern und heute.<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

Carsten Loll verehrt<br />

Frankreichs Kochguru<br />

Paul Bocuse.<br />

28 Geheimnisvolles „Fit“<br />

Die Spuren des <strong>Rostock</strong>er<br />

Luminol-Kommissars.<br />

30 Georg Kreisler/<br />

Corny Littmann<br />

„Das Aquarium oder die<br />

Stimme der Vernunft“.<br />

40 „Mädchen für alles“<br />

Pr<strong>of</strong>. Wolfgang Schareck<br />

ist gerne Rektor.<br />

Der Liebe wegen<br />

nach Abu Dhabi.<br />

42 Die Kraft der Natur<br />

Apo<strong>the</strong>ker Karsten Jantos<br />

über die Naturmedizin.<br />

46 Lederleggins sind im Kommen<br />

Was die modebewusste<br />

Frau anzieht.<br />

INHALT<br />

Titelfoto:<br />

Till Lindemann, Frontmann von Rammstein<br />

während eines Konzerts in Berlin.<br />

Foto: Imago/Kai Horstmann<br />

C 5: Erfahrbarer<br />

französischer<br />

Lebensstil.<br />

52 Mecklenburger Adelswappen<br />

Die schwarzen Adlerflügel<br />

derer von Lehsten.<br />

66 Aus Mais wird Gas<br />

Bei Güstrow wächst Europas<br />

größter Bioenergiepark.<br />

74 Ersehnt: Der Porsche Panamera<br />

Proportionen<br />

eines Sportwagens,<br />

Größe einer Limousine.<br />

78 Seitensprung<br />

Istrien, ein Paradies auf Erden.<br />

90 Treffpunkt<br />

„Mord in bester Gesellschaft“ <strong>–</strong><br />

Fritz Wepper drehte in<br />

Heiligendamm.<br />

3


4<br />

PROMINENT<br />

Mein Sohn, der Frontmann von<br />

Eine Liebeserklärung <strong>–</strong> von Gitta Lindemann<br />

Gitta Lindemann und Sohn Till Lindemann. Der heute in Hamburg lebende Maler Manfred W. Jürgens malte dieses Bild 2002. Jürgens, der als Vertreter des sachlichen<br />

Realismus gilt, verbindet eine langjährige Freundschaft mit Till Lindemann. „Wir kennen uns aus gemeinsamer Zeit in Wismar und Schwerin. Ich habe damals noch<br />

Scheiben in der Jugenddisco aufgelegt“, erinnert sich der in Grevesmühlen geborene Manfred W. Jürgens. Das Bild hat übrigens in Dirk Merbach, derzeit als Creativ-<br />

Director unter anderem fürs „Hamburger Abendblatt“ und das Wiener Wochenblatt „Falter“ tätig, einen Käufer gefunden. „Es hängt in meiner Berliner Wohnung“,<br />

sagt der „Rammstein“-Fan. Den ersten Blick konnte Dirk Merbach auf das Bild während einer Ausstellung bei der „Zeit“ werfen, wo er viele Jahre als Art-Director arbeitete.<br />

„Das war der Beginn einer großen Liebe zu diesem Bild.“ Repro: Manfred W. Jürgens<br />

Mein erstes Konzert mit Rammstein.<br />

Ich saß zwischen dunkel<br />

gekleideten Menschen, die ich<br />

mir anders gedacht hatte. Sie<br />

waren unaufgeregt und redeten<br />

über Studienaufträge, sie vertrieben<br />

sich die Zeit mit erstaunlich<br />

klugen Gesprächen. Der<br />

Beginn des Konzertes verzögerte<br />

sich um eine halbe Stunde.<br />

Soviel Zeit brauchten die Jungs,<br />

um zu überlegen, ob Anstößiges<br />

im Programm ist, was der Mutter<br />

missfallen könnte. Ich war heim-<br />

lich gekommen, er hatte es<br />

damals nicht gewollt. Aber er<br />

hatte mich entdeckt. Später, in<br />

größeren Sälen und Stadien, war<br />

ich selbstverständlicher Gast. Ob<br />

damals in einem kleinen Saal<br />

oder jetzt in gewaltigen Arenen<br />

<strong>–</strong> das Erlebnis bleibt gleich. Ich<br />

stehe zwischen den anderen und<br />

die Musik hastet auf mich zu,<br />

dröhnt und wirft sich auf, stößt<br />

sich an Wänden, stürzt in den<br />

Himmel, fällt zurück und setzt<br />

sich auf die Brust, der Atem wird<br />

flacher. Ich bin eingekeilt in<br />

Musik und starr. Vor Bewunderung.<br />

Der Dompteur auf der<br />

Bühne ist mein Sohn.<br />

Er dirigiert die Massen mit einer<br />

Handbewegung, er schlägt sich<br />

die Stirn wund und er brennt und<br />

er jagt seine rollende Stimme<br />

durch Raum und Zeit. Was für<br />

eine Verantwortung. Für all diese<br />

Menschen, die ihm begeistert<br />

zujubeln und ihm folgen würden,<br />

wohin er sie auch führen würde.<br />

Da hab ich Angst um ihn. Was tut<br />

er sich an, welche Überwindung<br />

muss es ihn kosten, sich so auszuliefern.<br />

Abend für Abend, Land um<br />

Land, Kontinent um Kontinent.<br />

Aber er ist entspannt, wenn ich<br />

vor dem Auftritt backstage bin<br />

und er sich um mich kümmert,<br />

als wären wir zu Hause.<br />

Zu Hause, das ist Mecklenburg.<br />

Seine Heimat, seine Wurzeln, sein<br />

Kraftquell.<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


Schon als Junge <strong>–</strong> in den Ferien <strong>–</strong><br />

jagte er durch die Landschaft,<br />

stand in der Frühe auf und ging<br />

mit den Melkern aufs Feld zu den<br />

Kühen. Schlief im Freien unter<br />

dem weiten Himmel, hörte die<br />

Äpfel fallen oder die Enten in den<br />

Teich switschen. Im Herbst<br />

durchkämmte er die Wälder nach<br />

Pilzen, im Winter lange Spaziergänge<br />

durch hohen Schnee, mit<br />

der Katze in der Jacke, weil die<br />

nicht mehr springen mochte von<br />

Schneehügel zu Schneehügel.<br />

Und die Menschen. Erzähl mal von<br />

früher <strong>–</strong> das hat er zu seinem Vater<br />

gesagt und zu den Gästen im<br />

Dorfkrug. Wie haben sie hier<br />

gelebt vor seiner Zeit. Er sitzt <strong>–</strong><br />

damals wie heute <strong>–</strong> mit den<br />

Leuten aus dem Dorf zusammen<br />

und kann stundenlang zuhören,<br />

wie sie in ihrer breiten Mundart<br />

und mit trockenem Humor<br />

Geschichten hervorquellen lassen.<br />

Er ist beliebt, sie suchen seine<br />

Gesellschaft. Das hat nichts mit<br />

seinem Beruf zu tun. Sein Vater hat<br />

über ihn ein Buch geschrieben,<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

darin berichtet er von seinem<br />

Erstaunen, dass seine Freunde ihm<br />

alles zutrauten. Einer will von ihm<br />

sein Moped repariert haben, der<br />

Vater fragt verwundert <strong>–</strong> meinst<br />

du, er kann das? Der Junge sagt:Till<br />

kann alles. Der Vater denkt<br />

ungläubig: Vor allem Unsinn. Er ist<br />

überrascht, dass die Karre in Kürze<br />

wieder läuft. „Er kann alles <strong>–</strong> wie<br />

viel Vertauen, wie viel Zutrauen“,<br />

schreibt sein Vater.<br />

Vertrauen <strong>–</strong> das ist das Wort. Und<br />

trauen, er traut sich. Er geht auf<br />

Grenzen zu und überschreitet sie.<br />

Was könnte geschehen, wenn...<br />

diese Frage kennt er nicht. Er probiert,<br />

er testet sich aus. Seine Texte<br />

sind keine Frage des Mutes, sie sind<br />

in ihm. Denn: über sich redet er<br />

nicht, über seine Sehnsüchte, seinen<br />

Schmerz, das schreit er heraus<br />

in seinen Gedichten. Ein Freund hat<br />

geschrieben: „Es sind Wunden aus<br />

Verzweiflung und H<strong>of</strong>fnung.<br />

Fluchtgedanken voller Einsamkeit<br />

aus einem Herz voller Mut und<br />

Sehnsucht geschossen.“<br />

Als seine Großmutter starb, war<br />

er an ihrem Bett, hat sie gestrei-<br />

chelt, bis in den Tod. In einem<br />

Gedicht kann er den Schmerz so<br />

sehr anders verarbeiten, so, dass<br />

es wehtut beim Lesen.Wo nimmt<br />

er die Ideen her, hab ich mich und<br />

ihn gefragt. Sie sind einfach in<br />

ihm. Aber manchmal bleibt die<br />

Gnade der Einfälle auch aus.<br />

Dann ist es schlimm. Dann verschließt<br />

er sich, schließt sich<br />

weg, dann stehe auch ich im<br />

Regen. Immer aber gibt es die<br />

Familie, die inzwischen angewachsen<br />

ist. Und er ist jetzt der<br />

Familiensachverwalter, er achtet<br />

darauf, dass keiner ausschert.<br />

Es gibt viele Gründe, zusammen<br />

zu sitzen. Da kommen seine<br />

Freunde und die Familie wird<br />

hinzu gebeten, da gibt es Weihnachten<br />

und Ostern und<br />

Geburtstage oder einfach nur<br />

einen schönen Abend, um<br />

gemeinsam unterm Sommer-<br />

Sternenhimmel zu sitzen und zu<br />

erzählen.<br />

Oder er hat Lust zu kochen, das<br />

kann er vorzüglich, vor allem Wildgerichte<br />

und Fisch. Er probiert neue<br />

PROMINENT<br />

Gerichte aus und wenn es uns allen<br />

vorzüglich schmeckt, mäkelt er<br />

herum, da hätte aber noch...<br />

Manchmal lädt er uns in sein<br />

großes Auto und wir fahren an die<br />

See oder gehen paddeln, immer<br />

die ganze Familie. In unseren Bötchen<br />

sitzen wir und lassen uns<br />

treiben durchs Wasser, über uns<br />

schattiges Gezweig. Dann sucht<br />

er einen Rastplatz auf einer Wiese<br />

Foto: Imago<br />

und hievt alle an Land. Aus der<br />

Kühltasche holt er Bouletten und<br />

Brot und Gummitiere für die<br />

Kinder und Wasser und Pro Secco,<br />

er selbst geht Angeln, während<br />

wir vespern. Abends gibt dann<br />

Fisch mit viel Knoblauch. Dann ist<br />

er ganz bei sich.<br />

Dies ist eines seiner Leben, das<br />

andere auf der Bühne, sein „Job“,<br />

wie er sagt. Manchmal fallen sie<br />

zusammen. Wenn wir z.B. am<br />

Strand in Costa Rica sitzen und<br />

drei junge Männer kommen auf<br />

ihn zu und bitten um ein Autogramm.<br />

Das ist ihm peinlich.<br />

Aber artig und freundlich setzt er<br />

die Unterschrift.<br />

5


6<br />

PROMINENT<br />

Manfred W. Jürgens in seinem Hamburger Atelier. 2009 wurde er Preisträger<br />

in der Kategorie Figurative Malerei des Fifth International ARC Salon Competition<br />

2008/2009, Glenham, New York. Auf unserem Bild am Porträt des bei<br />

Güstrow lebenden Fotografen Falko Baatz.<br />

Weitere Informationen unter www.m-w.juergens.de. Foto: Rö.<br />

„Mike Oldfield im Schaukelstuhl“ <strong>–</strong> Der <strong>Rostock</strong>er Kinderbuchautor Werner<br />

Lindemann veröffentlichte diesen Text schon 1988 im Buchverlag „Der Morgen“<br />

Berlin.Werner Lindemann erzählt damals über die Jugendzeit seines Sohnes Till,<br />

heute als Sänger der Band Rammstein weltbekannt. Im Buch wird er Timm<br />

genannt. Das Buch ist eine schon seinerzeit sehr bemerkenswerte Auseinandersetzung<br />

mit der Bedeutung von Geschichte und Gegenwart für junge Menschen<br />

gewesen.<br />

Werner Lindemann starb bereits 1993 und konnte so den Erfolg seines Sohnes<br />

nicht mehr erleben. Er liefert mit dem Buch aber vielleicht einen Schlüssel zum<br />

Verständnis der Lyrik und Musik von Rammstein. Doch prominenter Sohn hin<br />

oder her. Ganz allgemein ist dieses Buch durchaus auch ein wirklich lesenswerter<br />

Ratgeber für aufgeklärte Väter in unseren Tagen, egal ob die Kinder am<br />

Ende Sänger oder Straßenbahnfahrer werden. „Mike Oldfield im Schaukelstuhl“<br />

wurde 2006 im <strong>Rostock</strong>er Ingo Koch Verlag erneut aufgelegt.<br />

Meine schönste<br />

Erinnerung:<br />

Er holt uns ab in San Rose und wir<br />

fahren über endlose Straßen und<br />

holprige, staubige Wege, trotzdem<br />

wird er immer schneller und<br />

schneller, ich sage, warte doch,<br />

ich will den Sonnenuntergang<br />

sehen; er aber gibt Gas und fährt<br />

und fährt, schließlich einen Berg<br />

hinauf und hält endlich an und<br />

wir sehen: Die Sonne überm<br />

Meer. Wie sie glutrot untergeht.<br />

Diesen Augenblick sollten wir<br />

von hier oben aus erleben!<br />

Wir sind angekommen, und er<br />

kocht und summt dabei vor sich<br />

hin. Es wird dunkler und dunkler,<br />

über uns nur noch der Sternenhimmel<br />

und wir sind allein mit<br />

uns und unseren Gesprächen, die<br />

dauern bis spät in die Nacht. Wir<br />

haben herrliche Wochen, fahren<br />

durchs Land, schwimmen und<br />

schweben hoch überm Dschungel,<br />

halten uns fest an einem<br />

endlos scheinenden Seil. Tief<br />

unter uns das grüne Dickicht,<br />

über uns der Himmel und weit<br />

hinten das Meer und bei mir ein<br />

großes Angstgefühl im Magen.<br />

Beim Anlegen der Sicherheitsgurte<br />

wurden mir plötzlich<br />

meine über 65 Jahresherzschläge<br />

bewusst.<br />

Ohne ihn hätte ich mir dieses<br />

Abenteuer nicht zugetraut. Er<br />

schafft Vertrauen. Ich erinnere<br />

mich, wie wir <strong>–</strong> da war er 14 oder<br />

15 <strong>–</strong> bei einem Spaziergang über<br />

die Felder durch eine Bullenherde<br />

mussten. Ich hatte Angst, er<br />

wahrscheinlich auch, aber er<br />

ging auf die Tiere zu und rief mir<br />

zu, ich solle einfach hinter ihm<br />

bleiben.<br />

Dann mussten wir über einen<br />

Bach, ich stellte mich schusselig<br />

an, er legte ein Brett drüber und<br />

half mir ans andere Ufer.<br />

Bis vor kurzem hatten sich zu den<br />

Feiertagen fünf Generationen<br />

um seinen Tisch versammelt. Er<br />

holte seine Großmutter im Rollstuhl<br />

mit seinem Auto ab und<br />

fütterte sie und das Ur-Urenkelkind<br />

kroch auf ihren Schoß. Familienalltag.<br />

Sein Rückhalt.<br />

Ebenso wie die Natur. Er geht<br />

unter dem weiten Himmel am<br />

See entlang und kennt die Tiere,<br />

die hier leben. Er beliest sich und<br />

erklärt uns dann erstaunliche<br />

Sachen. Er kennt die meisten Länder<br />

der Welt, und sie kennen ihn.<br />

Als ich in Moskau war, wollten<br />

mir viele junge Menschen die<br />

Hand drücken, weil ich ja die<br />

„Rammsteinmutter“ war und ein<br />

Mann in meinem Alter erklärte<br />

mir mit Begeisterung die Einzigartigkeit<br />

dieser Band. Auf den<br />

Videos von den Gastspielen in<br />

aller Herren Länder sieht man,<br />

wie andächtig und inbrünstig die<br />

Zuschauer die Texte auf Deutsch<br />

mitsingen. In Mexico City ist das<br />

nicht anders als in Tokio, Rio,<br />

Manchester oder in Budapest.<br />

Das alles erlebt er. Aber das ist<br />

nichts gegen einen mecklenburgischen<br />

Sonnenaufgang überm<br />

Moor, sagt er, wenn du siehst, wie<br />

die Rehe aus dem Gebüsch kommen<br />

und du in dieser großen Stille<br />

die unterschiedlichen Tiergeräusche<br />

wahrnehmen kannst.<br />

Dieser unvergleichliche Himmel,<br />

die Wolken und Modderklumpen<br />

an den Schuhen, diese Landschaft<br />

erdet ihn und macht ihn<br />

auch demütig.<br />

Ich bin <strong>–</strong> wie so viele <strong>–</strong> gern mit<br />

ihm zusammen. Dass er berühmt<br />

ist, spielt keine Rolle. Nur manchmal<br />

fällt es mir mit leisem<br />

Erstaunen auf: was für ein<br />

Mensch.<br />

Wenn ich nicht zufällig seine<br />

Mutter wäre, mit diesem Mann<br />

wäre ich gern befreundet.<br />

Die Autorin, Gitta Lindemann, ist<br />

Journalistin und war von 1992 bis<br />

2002 beim Norddeutschen Rundfunk<br />

in Schwerin als Kulturchefin<br />

von NDR 1 Radio MV tätig. Am<br />

17. Dezember wird „Rammstein“<br />

in der <strong>Rostock</strong>er HanseMesse<br />

gastieren.<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


„Das hier ist ein altes Literatenviertel“,<br />

sagt Jürgen von der<br />

Lippe, der droben, im fünften<br />

Stock eines Mietshauses in<br />

Berlin-Friedenau zu Hause ist.<br />

Gleich um die Ecke sei die ehemalige<br />

Wohnung von Günter<br />

Grass, in der jetzt die Enkel wohnen,<br />

weiß von der Lippe. Auch<br />

Kästner und Tucholsky hätten<br />

einst in Steglitz und Friedenau<br />

gelebt. „Und Beppo Pohlmann<br />

von den Gebrüdern Blattschuss<br />

wohnt jetzt drei Minuten von<br />

hier.“<br />

Von der Lippe, in Bad Salzuflen<br />

geboren und in Aachen aufgewachsen,<br />

fühlt sich als Berliner.<br />

„Obwohl, na ja, vielleicht doch<br />

eher...“ Die Antwort bleibt <strong>of</strong>fen.<br />

In Bottrop jedenfalls habe er das<br />

erste Weiberherz mit einem Lied<br />

gebrochen. „Mit Daddys kleiner<br />

Melodie von Peter Steffen.“ Seit<br />

1973 lebt Jürgen von der Lippe in<br />

Berlin. „Ich krieg’ ja jetzt den<br />

Ehrenpreis der Berliner Wühlmäuse.“<br />

Nach Otto Waalkes und<br />

Emil Steinberger sei er nunmehr<br />

der Dritte... „Ach Otto, der war<br />

schon immer was Spezielles. Der<br />

ist schon doll.“ Trifft man sich?<br />

„Na ja, jeder hat so einen Terminplan<br />

wie ich.“ Wohl wahr. Im<br />

Oktober scheint Jürgen von der<br />

Lippe durch ganz Deutschland zu<br />

touren. Der Monat ist vollgepflastert.<br />

„Das Beste aus 30 Jahren“<br />

in Gießen, Oberursel, Braunschweig,<br />

<strong>Rostock</strong>, Neuruppin,<br />

Böhlen <strong>–</strong> unter anderem. „Alle<br />

sieben Tage gibt es einen freien<br />

Tag“, sagt der Bühnenpr<strong>of</strong>i.<br />

Wenn er denn mal frei habe <strong>–</strong> „ich<br />

muss ja gucken, wo stehen die<br />

anderen Kollegen, was machen<br />

die“ <strong>–</strong> dann geht von der Lippe<br />

natürlich auch weg. Jüngst zur<br />

Aufzeichnung des Quatsch Comedy<br />

Clubs. Und kam mit einer für<br />

ihn interessanten Feststellung<br />

zurück. „Es fängt jetzt allgemein<br />

an, dass Hitler parodiert wird.“<br />

Das sei wie ein Dammbruch.„Jetzt<br />

kann man es machen. Komödie ist<br />

eben Tragödie plus Zeit.“ Im Leonard<br />

Cohen-Konzert in Berlin war<br />

er im Juli. „Ein geiles Konzert.<br />

Seine volle, dunkle Stimme. Der<br />

Sound, die Band <strong>–</strong> ein Traum.“ Die<br />

Eagels hat er verpasst. „Im Folkrock<br />

sind die für mich das Maß<br />

aller Dinge“. Von der Lippe war<br />

selbst auf Tournee. Auch musika-<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

„Um ernst zu sein,<br />

genügt<br />

Dummheit“<br />

Am 13. und 14. Oktober gastiert Jürgen von der Lippe mit seinem aktuellen<br />

Programm „Das Beste aus 30 Jahren“ jeweils um 20 Uhr in der <strong>Rostock</strong>er Stadthalle.<br />

Foto: Agentur Prima Künstlermanagement<br />

lisch, versteht sich. „Seitdem ich<br />

Iris Wehner mit ihrer Orgel in meinem<br />

Programm habe, nehme ich<br />

Klavierunterricht bei ihr.“<br />

Neuerdings lernt der 61-Jährige<br />

Saxophon. Noch genügend Puste?<br />

„Braucht man nicht. Das Saxophon<br />

hat die gleiche Logik wie die<br />

Blockflöte.“ Zukünftig nimmt er<br />

die Tröte, wie er sagt, immer mit<br />

auf Tour.<br />

Jürgen von der Lippe hat Kaffee<br />

gekocht. Um die Ecke vom Esstisch,<br />

der für ihn auch Arbeitstisch<br />

ist, denn Laptop und allerlei Kram,<br />

Bücher, Notizzettel sind ausgebreitet,<br />

ist die Küche. Die Gitarre<br />

steht in der anderen Ecke des Zimmers.<br />

Geordnete Unordnung zum<br />

Wohlfühlen. Der Fernsehapparat<br />

ist wo? „Oben, in meinem Fitnessraum.<br />

Auf dem Laufband oder<br />

beim Rudern kann man wunderbar<br />

Fernsehgucken. Bei der Leichtathletik-WM<br />

bin ich den Damen-<br />

Marathon eine Stunde lang<br />

mitgelaufen. Ich gönne mir Fernsehzeit<br />

sonst nicht.“ Dafür gestattet<br />

er sich Bücher, auch Kochbücher.<br />

Das aktuellste von Tim<br />

Mälzer liegt noch unausgepackt<br />

auf dem Boden vor dem großen<br />

und übervollem Bücherregal.<br />

„Kochen ist schon Genuss.“ Das<br />

erste Mal koche er nach Kochbuch.<br />

„Dann modifiziere ich, probiere<br />

aus. Im Urlaub zum Beispiel. Da<br />

tobe ich mich richtig aus, indisch<br />

und chinesisch. Egal, die ganze<br />

Palette. Und meine Frau ist Testesserin.“<br />

Sie habe es bisher überlebt.<br />

Jürgen von der Lippe liebt Zettel.<br />

Und die scheinbar in ihrem Durcheinander.<br />

„Kisten und Schuber stehen<br />

in meinem Zimmer, voll mit<br />

Zetteln und herausgerissenen Zeitungsartikeln,<br />

die ich auf Verdacht<br />

aufhebe.“ Er hasse die Einstellung,<br />

all das, was man nach einem Jahr<br />

nicht mehr braucht, wegzuwerfen.<br />

„Das ist Unfug. Der Geistesblitz<br />

stellt sich bei vielen Sachen, die ich<br />

zwölf oder fünfzehn Jahre aufbe-<br />

PROMINENT<br />

wahrt habe genau beim Wiederfinden<br />

ein.“ Das sei das Seligmachende.<br />

Blödeln, das sei schon<br />

Schwerstarbeit. „Wenn ich das<br />

nicht ernsthaft betreibe, gibt es<br />

auch keine Erfolge. Das komische<br />

Fach ist das Schwerere von allen.“<br />

Jürgen von der Lippe zitiert Shakespeare:<br />

„Um ernst zu sein, genügt<br />

Dummheit.“<br />

Mitten auf dem Arbeits-Ess-Tisch<br />

liegt „Das witzigste Vorlesebuch<br />

der Welt“. „Habe ich gerade<br />

herausgebracht. Taufrisch.“ Nun<br />

gut, jetzt liest der von der Lippe<br />

also auch noch vor. Er singt, moderiert,<br />

blödelt, schreibt Bücher, synchronisiert<br />

Kin<strong>of</strong>ilme. „Vorlesen ist<br />

wunderbar. Ein Lesepublikum ist<br />

immer was anderes. Die rechnen<br />

nicht unbedingt mit einem Gag im<br />

Zehnsekundentakt. Es ist entspannter.<br />

Nach einem Bühnenauftritt<br />

<strong>–</strong> das schönste auf der Welt<br />

und mein Lieblingstatort <strong>–</strong> bin ich<br />

fertig. Nach einer Lesung topfit.“<br />

Auch andere könnten durchaus<br />

aus diesem „Vorlesebuch“ vorlesen,<br />

warum nicht. „Dann bringen<br />

sie endlich mal Menschen zum<br />

lachen.“ Lachen, ja, das kann von<br />

der Lippe über alles, wie er sagt.<br />

Auch über Kritiker.„Die sitzen doch<br />

nur da, und suchen das Haar in der<br />

Suppe. Eine traurige Rolle.“ Sie<br />

könnten ruhig zu Hause bleiben.<br />

„Die wollen doch gar nicht lachen“.<br />

Jürgen von der Lippe, der Mann<br />

mit den furchterregend schrillen<br />

Hawaiihemden. Die Deutschen<br />

kennen ihn und sein Outfit. Von<br />

der Lippe bekennt: „Die Hemden<br />

waren meine Idee. Ich habe<br />

die Kostümbildnerinnen dazu<br />

gezwungen, weil ich mich schon<br />

immer weigerte, Anzüge zu tragen.“<br />

Bunte Hemden, dagegen<br />

sei ja nun mal nichts zu sagen.<br />

„Richtig echt waren die Hawaiihemden<br />

meist nicht. Oft selbst<br />

genäht. Bunte St<strong>of</strong>fe gibt es<br />

immer.“ Das Ding mit den<br />

scheußlich-bunten Hemden hätten<br />

ja nun inzwischen schon<br />

viele Kollegen nachgemacht.<br />

„Privat trage ich sie aber nicht.“<br />

Und auf Hawaii war Jürgen von<br />

der Lippe übrigens auch noch<br />

nicht. Dafür aber immer zu Weihnachten<br />

im Hotel Neptun in Warnemünde.<br />

„Die Broilerbar dort ist<br />

fantastisch“.<br />

Regina Rösler<br />

7


8<br />

LEBENSART<br />

Ein großes<br />

Lebensglück<br />

Wera und Horst Rahe - seit 1964 sind sie verheiratet. Foto: privat<br />

Das Hotel Louis C. Jacob liegt genau dort, wo Hamburg wohl am<br />

hanseatischsten ist - an der Elbchaussee. In dem stilvollen Haus,<br />

das heute zu den ersten Adressen der Stadt zählt, logierte im vergangenen<br />

Jahrhundert bereits der Impressionist Max Liebermann,<br />

allein um verschiedene Aus- und Ansichten von der Lindenterrasse<br />

zu malen. Heute schmückt eines jener Bilder die<br />

Lobby des Louis C. Jacob. Glanz - und wohl auch besonderer Stolz<br />

- einer inzwischen umfangreichen Kunstsammlung des Hausherrn<br />

Horst Rahe, zugleich Geschäftsführender Gesellschafter der<br />

Deutschen Seereederei.<br />

Eigentlich wollte <strong>Rostock</strong> „<strong>delüx</strong>“ mit ihm im Angesicht des Liebermannschen<br />

Bildes plaudern. Doch Schauspielerin Hannelore<br />

Hoger kam uns zuvor, saß bereits zu einem Interview mit einer<br />

renommierten Programmzeitschrift unter eben jenem Liebermann.<br />

Aber in der Biblio<strong>the</strong>k des Louis C. Jacob ist es ebenso<br />

behaglich.<br />

Herr Rahe, in Ihrem Hotel hat vor<br />

einigen Wochen der bekannte USamerikanische<br />

Schauspieler<br />

Robert Redford geheiratet. Wie<br />

kommt’s?<br />

Er heiratete eine Hamburgerin. Da<br />

das hier das schönste Haus am<br />

Platz ist, hat Robert Redford schon<br />

immer, wenn er in Hamburg war,<br />

bei uns gewohnt. Und weil es ihm<br />

ausgesprochen gefiel, hat er natürlich<br />

auch hier geheiratet. Aber in<br />

meinem Hotel haben schon ganz<br />

andere Persönlichkeiten gewohnt,<br />

auch, weil wir absolute Diskretion<br />

wahren.<br />

Max Liebermann zum Beispiel vor<br />

-zig Jahren...<br />

Zu seinem Aufenthalt gibt es übrigens<br />

eine lange Geschichte. Alfred<br />

Lichtwark, Hamburgs erster Kunsthallendirektor,<br />

gab bei Liebermann<br />

zwei Bilder mit Elbblick in<br />

Auftrag, und das mit dem Versprechen,<br />

beide Bilder zu kaufen. Aber<br />

wie das manchmal so ist, auch<br />

Mäzene springen ab. Das Geld<br />

reichte also damals nur für ein<br />

Bild. Es hängt heute in der Kunsthalle.<br />

Das, was hier bei uns im<br />

Hause zu sehen ist, galt zunächst<br />

viele Jahre als verschollen, auch<br />

durch die Wirren des zweiten<br />

Weltkrieges. Ein Hamburger<br />

Kunsthändler entdeckte eines<br />

Tages das zweite Elbblick-Bild und<br />

bot es mir bei Übernahme des<br />

Louis C. Jacob zum Kauf an. Allerdings<br />

wurde zunächst mit den<br />

wohl zwölf Liebermann-Sammlern<br />

im deutschsprachigen Raum<br />

Rücksprache gehalten. Elf stimmten<br />

damals gleich zu, gegen den<br />

zwölften Sammler musste ich auf<br />

einer Auktion bieten. Ganz kurz<br />

vor meinem Limit sprang er ab. Ich<br />

habe mich damals verpflichtet,<br />

das Bild öffentlich im Louis C.<br />

Jacob zu zeigen. Mein Versprechen<br />

ist also eingelöst.<br />

Aber nicht nur die Malkunst des<br />

Max Liebermann scheinen Sie zu<br />

mögen.<br />

Stimmt. Die Richtungen sind da<br />

schon sehr breit. Hier, in diesem<br />

Haus, hängen über 500 Arbeiten<br />

von Künstlern des 19. und 20. Jahrhunderts,<br />

die in Hamburg gelebt<br />

oder zeitweise gearbeitet haben.<br />

Sehr viele Bilder beispielsweise von<br />

Horst Janssen. Aber nicht nur im<br />

Louis C. Jacob hängt echte Kunst.<br />

Sie ist in allen meiner Häuser zu<br />

finden.<br />

Welche Kunst bevorzugen Sie?<br />

Nun, bei einem neuen Haus ist es<br />

stets regionale Kunst. Meistens<br />

Arbeiten von Malern oder Bildhauern,<br />

die ich persönlich kenne. So<br />

haben wir es unter anderem in<br />

unseren Hotels in Osnabrück,<br />

<strong>Rostock</strong> oder Travemünde gehalten.<br />

Die Kraniche für unsere Arkona-<br />

Hotels hat zum Beispiel Jo Jastram<br />

gegossen. Auch die „Afrikanische<br />

Reise“ vor den Silos 4 und 5 im<br />

<strong>Rostock</strong>er Stadthafen, heute Sitz<br />

von Aida-Cruises. Unser Konzept<br />

ist, das Schaffen der regionalen<br />

Künstler zu unterstützen und zu<br />

zeigen. Es ist nicht mein Anliegen,<br />

mit Kunst Geld zu verdienen oder<br />

zu spekulieren.<br />

Schauen Sie eigentlich gern mal<br />

in den Ateliers der Künstler vorbei?<br />

Aber ja. Bei Jo Jastram in Kneese<br />

sind meine Frau und ich häufig.<br />

Mit Inge und Jo sind wir befreundet.<br />

Oder in der Schweiz, im<br />

Engadin, meinem zweiten Wohnsitz,<br />

ist es Not Vital, der heute sehr<br />

stark in den USA arbeitet. Es treibt<br />

mich schon meine Neugierde in<br />

die Ateliers. Zudem gibt es heute<br />

sehr viel abstrakte Kunst. Die muss<br />

ich ja auch verstehen. Meine<br />

Gespräche mit den Künstlern<br />

erleichtern mir das Verständnis,<br />

öffnen neue, andere Sichten. Eine<br />

absolute Freude.<br />

Seit zehn Jahren fördern Sie mit<br />

Ihrer Stiftung auch junge Musiker<br />

und Schauspieler an der Hochschule<br />

für Musik und Theater in<br />

<strong>Rostock</strong>. Warum tun Sie das?<br />

Da muss ich Ihnen wieder eine<br />

Geschichte erzählen. Als ich 1993<br />

in <strong>Rostock</strong> die Deutsche Seereederei<br />

übernommen habe, ging ich<br />

abends alleine bei einem Italiener<br />

essen. Am Nebentisch saß auch ein<br />

vereinsamter Herr. Und da ich ein<br />

bisschen kommunikativ bin, bat<br />

ich ihn, dass wir uns doch zusammensetzen<br />

und ein wenig plaudern<br />

könnten. Es war Pr<strong>of</strong>essor Wilfrid<br />

Jochims, zu jener Zeit<br />

Gründungsrektor der HMT. Unser<br />

erstes gemeinsames Essen war der<br />

eigentliche Grundstein für meine<br />

Stiftung, denn ich bot mögliche<br />

Unterstützung unseres Unternehmens<br />

für talentierte junge Studenten<br />

an. Mit Gründung der Stiftung<br />

potenzierte sich alles. Das Stiftungsengagement<br />

macht heute<br />

viel Freude, ich bekomme sehr viel<br />

von den jungen Leuten zurück.<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


Dafür gehe ich auch gerne mal betteln,<br />

denn gegenwärtig geben wir<br />

etwa 60 000 Euro im Jahr für<br />

unsere bislang 60 Stipendiaten<br />

aus. Sie alle musizieren heute in<br />

weltweit anerkannten Orchestern.<br />

Da muss ich auch andere Firmen<br />

ersuchen, den einen oder anderen<br />

Euro zu spenden.<br />

Gute Gespräche, wie wichtig sind<br />

sie Ihnen eigentlich?<br />

Geselligkeit, Gedankenaustausch<br />

sind für mich unabdingbar. Ich<br />

weiß nicht, wie viele hunderte von<br />

Menschen ich in meinem Leben<br />

kennen gelernt habe und noch<br />

kennen lernen werde. Das ist<br />

schon spannend.<br />

Und wer war bislang der spannendste<br />

Mensch darunter?<br />

Ich denke, es war meine Frau Wera,<br />

damals vor ewigen Jahren in Köln.<br />

Aber im Ernst, ob nun Angela Merkel,<br />

Willy Brandt, die englische<br />

Königin. Ich vermag es im eigentlichen<br />

Sinne nicht zu sagen.<br />

Werden Sie Memoiren schreiben?<br />

Nein. Memoiren zu schreiben,<br />

halte ich für gefährlich. Die positiven<br />

Dinge im Laufe eines<br />

Lebens werden stets viel positiver<br />

gesehen, das Negative häufig<br />

verdrängt. Angebote gab es allerdings<br />

schon viele.<br />

Wir sprachen über Kunstneigungen.<br />

Bleibt da überhaupt noch<br />

Muße für andere Dinge?<br />

Doch,doch. Ich golfe,fahre Rad,laufe<br />

Ski und habe bis vor einem Jahr noch<br />

intensiv Tennis gespielt. Und dann<br />

sind da noch meine elf- und zwölfjährigen<br />

Enkel, für die ich mir vor<br />

allem in der Schweiz viel Zeit nehme.<br />

Wandern, schwimmen, einfach spie-<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

Diese Kanone ist Schuld, dass hier das Hotel Louis C. Jacob steht, sagt Horst Rahe<br />

und erzählt folgende Legende: Um 1780 befand sich an dieser Stelle, wo heute das<br />

Lous C. Jacob steht, die Zuckerbäckerei des Paridom Burmester. Seine Verbundenheit<br />

zur Seefahrt tat Burmester kund, indem er diese kleine Kanone bauen ließ.<br />

Jedes Mal, wenn ein großes Schiff die Stelle unterhalb des Hauses passierte, feuerte<br />

er schallende Böllerschüsse ab. Am 18. Juni 1790 hatte Paridom Burmester nun<br />

eine extra große Pulverladung für einen besonderen Gruß ins Kanonenrohr<br />

geschoben. Anscheinend zu viel, denn die Böllerkanone verletzte den Zuckerbäcker<br />

tödlich. Damit kam auch das Aus der Zuckerbäckerei. Foto: Re. Rö.<br />

len oder ins Theater gehen, gehören<br />

dazu. Ich kann sie verwöhnen, ich<br />

muss sie nicht erziehen.<br />

Holen Sie bei den Enkeln vielleicht<br />

nach, was Sie aufgrund beruflicher<br />

Belastungen bei Ihrer Tochter<br />

versäumt haben?<br />

Nach Aussagen meiner Frau und<br />

meiner Tochter, würde ich mir<br />

immer noch nicht genug Zeit nehmen.<br />

Aber es ist schon so, als meine<br />

Tochter klein war, begann zugleich<br />

die Aufbauphase meines Unternehmens.<br />

Da kommt die Familie<br />

natürlich häufig zu kurz. Es gibt<br />

manchmal schwer Kompromisse.<br />

Herr Rahe, wie fühlen Sie sich<br />

eigentlich? Sie feierten gerade<br />

Ihren 70. Geburtstag.<br />

(Lächelt) Es tut nicht weh.<br />

Es ist zu hören, Sie würden es<br />

genießen, in Zeitnot zu leben. Was<br />

ist dran?<br />

Das unterstellt man mir immer.<br />

Durch die unterschiedlichen<br />

Standorte meines Unternehmens<br />

mag diese Auffassung bei<br />

dem einen oder anderen existieren.<br />

Aber das ist nicht so. Natürlich<br />

ist mein Terminkalender<br />

noch immer randvoll. Für mich<br />

ist alles eine Frage der Organisa-<br />

LEBENSART<br />

tion. Aber als Kaufmann geht<br />

mir immer noch Sorgfalt vor<br />

Eile. Privates, Beruf, Hobbys und<br />

Neigungen <strong>–</strong> ich habe das große<br />

Lebensglück, alles zu verbinden.<br />

Also nichts mit dem so genannten<br />

Lebensabend?<br />

Was ist eigentlich Lebensabend?<br />

Natürlich, alles ist endlich, auch<br />

das Leben. Ich finde es fürchterlich,<br />

wenn man in einem gewissen<br />

Alter anfängt zu sagen, es<br />

lohnt sich nicht mehr, ein Haus<br />

zu bauen oder sich einen neuen<br />

Anzug zu kaufen. Ich muss Ihnen<br />

deshalb noch diese Geschichte<br />

erzählen: Als ich nach Hamburg<br />

kam, habe ich sehr früh den Reeder<br />

Alfred C. Toepfer kennen<br />

gelernt. Toepfer war damals<br />

Anfang 80. Ich kaufte zwei Schiffe<br />

von ihm, die er dann<br />

zurückcharterte. Als es um die<br />

Charter ging, kämpfte Toepfer<br />

um jedes Prozent. Nach seiner<br />

Unterschrift fragte ich ihn nach<br />

den Gründen dafür. Seine Antwort:<br />

‚Herr Rahe, wenn ich so<br />

nicht mehr kämpfe, dann werde<br />

ich auch nie 90.’<br />

Und wie alt ist Alfred C. Toepfer<br />

geworden?<br />

99 und bis zu seinem 98.<br />

Lebensjahr ging er täglich ins<br />

Büro. Ob ich das allerdings<br />

schaffe, habe ich ja nicht allein<br />

in der Hand. Jetzt fühle ich mich<br />

topfit und werde wohl noch eine<br />

Weile arbeiten. Lust habe ich<br />

jedenfalls nicht, morgens den<br />

Staubsauger zu schwingen und<br />

nachmittags auf dem Golfplatz<br />

zu stehen.<br />

Herr Rahe, danke für das<br />

Gespräch, sagt Regina Rösler<br />

9


10<br />

MUSIK<br />

Im Geiste Yehudi Menuhins<br />

Festliches Glockengeläut durchzieht an diesem<br />

sommerlichen Samstagnachmittag den<br />

Häktweg in <strong>Rostock</strong>. In der hiesigen Christusgemeinde<br />

ist Konzert.<br />

Der große, helle Speisesaal wird von leisem,<br />

erwartungsvollem Gemurmel beherrscht.<br />

10.09.07 Johanneshaus Bad Doberan Hanna Jo (Klavier) und Yosep<br />

Park (Gesang)<br />

Männer und Frauen haben um die Tische<br />

Platz genommen. Männer und Frauen, die<br />

sonst von der Ambulanten Behindertenhilfe<br />

der Caritas betreut werden, sich in häuslicher<br />

Pflege befinden. Sie, die sonst Musik „live“<br />

allein nicht mehr erleben können, sind heute<br />

extra gekommen, um diesem Konzert zu lau-<br />

13.09.07 Unfallchirurgie Uniklinik <strong>Rostock</strong> Rebecca Frömmling, Harfe<br />

schen. Für alle ein absolut seltenes Erlebnis.<br />

Der Eintritt ist frei.<br />

Mitsuyo Okamoto und Yuko Yokomichi sind<br />

besonders festlich gekleidet. Die beiden Japanerinnen<br />

sind Studierende der Hochschule für<br />

Musik und Theater in <strong>Rostock</strong> (HMT) und musi-<br />

04.07.07 JVA Waldeck Anna Medvid,Violine (beim Einspielen vor dem<br />

Konzert)<br />

Unfallchirurgie<br />

Uniklinik <strong>Rostock</strong><br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


zieren an diesem Nachmittag vor Menschen<br />

mit geistiger und körperlicher Behinderung.<br />

Sie tun es im Dienste des Vereins Yehudi<br />

Menuhin Live Music Now <strong>Rostock</strong> e.V. Mitsuyo<br />

trägt Lieder vor. Sanft und fröhlich; leise und<br />

kräftig. Yuko, ihre Mitstudentin, begleitet sie<br />

am Klavier. Und als nach einiger Zeit das „Ave<br />

Maria“ erklingt, wird das Gänsehautgefühl der<br />

Zuhörer förmlich spürbar. Entspannte Freude<br />

und Weichheit zeichnen ihre Gesichter.<br />

Vereinsvorsitzende Christiane Prechtel<br />

„Ich denke, wir haben diese Menschen heute<br />

glücklich gestimmt, ihnen Freude geschenkt. Es<br />

hat sich gelohnt“, sagt Christiane Prechtel, Vorsitzende<br />

des Vereins. „Wir haben die Musik<br />

dorthin gebracht, wo sonst keine stattfindet.“<br />

Aus dem Speisesaal der Christusgemeinde<br />

wurde ein Konzertsaal. „Diese Atmosphäre zu<br />

zaubern, ist wirkliche Kunst, die nur mit großer<br />

Kunst gelingen kann.“ Den beiden jungen<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

Musikstudentinnen ist es gelungen. Sie haben<br />

mit ihrer Musik das Publikum dieses nachmittags<br />

für ihre Kunst gewonnen. Zuhörer und<br />

Musiker erfahren gemeinsam, dass Musik tröstet,<br />

heilt und Freude bringt. „Ganz im Sinne<br />

Yehudi Menuhins, des großen Geigers und Dirigenten,<br />

der seine Musik nicht nur als Kunst, sondern<br />

auch als einen Beitrag zu einer besseren<br />

Gesellschaft verstand“, erzählt Christiane Prechtel.<br />

Dieser Gedanke, die Idee begeistert und<br />

bestimmt ihr ehrenamtliches Engagement und<br />

das weiterer sechs Gründungsmitglieder von<br />

Yehudi Menuhin Live Music Now <strong>Rostock</strong> e. V. .<br />

Und das seit knapp fünf Jahren. Inzwischen ist<br />

der Verein auf acht Mitglieder gewachsen. Frauen,<br />

die der Musik sehr nahe stehen.<br />

„Natürlich kam mir damals, 2004, zu Gute, dass<br />

ich im <strong>Rostock</strong>er Motettenchor sang. So konnte<br />

ich zum Beispiel Adelheid Göckeritz für den<br />

27.06.07 Seniorenzentrum Tessin <strong>–</strong> Fachklinik für Geriatrische Rehabilitation<br />

David Ameln, Tenor<br />

MUSIK<br />

Musikvorstand gewinnen.“ Den so genannten<br />

Anstoß,Yehudi Menuhin Live Music Now in <strong>Rostock</strong><br />

zu gründen, gab eine Freundin in Karlsruhe,<br />

wo Familie Prechtel, bevor sie an die Warnow<br />

zog, viele Jahre wohnte. „Live Music Now<br />

wurde 1992 in Deutschland mit dem ersten<br />

Verein in München gegründet. 16 Vereine gibt<br />

es bundesweit mittlerweile. In den alten Bundesländern<br />

also schon recht aktiv. In den neuen<br />

Bundesländern gibt es uns bis dato nur in Dresden<br />

und <strong>Rostock</strong>“, weiß Christiane Prechtel, die<br />

selbst gern Klavier spielt.<br />

Live Music Now in der Hansestadt wendet sich<br />

zuvorderst an Menschen, Vereine oder Einrichtungen<br />

und bietet eigene Konzerte an, die ausschließlich<br />

von eigens ausgewählten Studenten<br />

der <strong>Rostock</strong>er Hochschule für Musik und Theater<br />

dargeboten werden. Die jungen Musiker wählen<br />

für jeden Auftritt ihre Musikstücke selbst aus,<br />

beratend zur Seite steht Adelheid Göckeritz,<br />

zugleich Korrepetitorin an der HMT. Nahezu 40<br />

Spielstätten habe man bereits seit 2004 in <strong>Rostock</strong><br />

und Umgebung gezählt. „Zwischen 60 und<br />

70 Konzerte pro Jahr bringen wir. Ob nun in<br />

Altersheimen, Krankenhäusern, Heimen oder<br />

anderen sozialen Einrichtungen.“ Selbst in den<br />

Gefängnissen Bützow und Waldeck haben<br />

Künstler von Yehudi Menuhin Live Music Now<br />

gespielt. „Das war schon eine besondere und<br />

wichtige Art der Begegnung,“ blickt Christiane<br />

Prechtel zurück. „Vielleicht hat unser Konzert<br />

dazu beigetragen, die Menschen dort zum Guten<br />

zu erziehen.“ Die Pastorentochter, studierte Pädagogin<br />

und Germanistin, ist davon überzeugt, dass<br />

klassische Musik glücklich machen,ja heilen kann,<br />

das Herz wärmt und freundlich stimmt. Jedes<br />

Konzert ihres Vereins genießt sie, natürlich wissend,<br />

dass diese Auftritte auch Leid erlebbar werden<br />

lassen. „Es wird mir schon ganz nah<br />

bewusst.“ Und diese Erlebnisse sind es auch, die<br />

sie bei Sponsoren ganz selbstverständlich „Klinken<br />

putzen“ lassen. Denn die Finanzierung der<br />

Konzerte von Yehudi Menuhin Live Music Now<br />

erfolgt ausschließlich durch Spenden.<br />

Regina Rösler<br />

16.04.09 JVA Bützow Suleika Bauer und Dorle Fassmann (Violinen)<br />

Fotos: Thomas Häntzschel<br />

11


12<br />

MUSIK<br />

Fotograf Thomas Häntzschel<br />

Sanfte Stimmung<br />

Fotograf Thomas Häntzschel begleitet Konzerte<br />

Thomas Häntzschel, <strong>Rostock</strong>er<br />

Fotograf und seit 1991 gemeinsam<br />

mit Frank Horrmann Inhaber<br />

der Fotoagentur nordlicht,<br />

begleitet seit gut drei Jahren die<br />

Konzerte von Yehudi Menuhin<br />

Live Music Now <strong>Rostock</strong> e. V.. Das<br />

waren sei<strong>the</strong>r ungefähr 40<br />

Veranstaltungen.<br />

Herr Häntzschel, wie kam es<br />

eigentlich dazu, dass Sie bei Konzerten<br />

des Vereins Yehudi Menhuhin<br />

Live Music Now fotografieren?<br />

Der Kontakt entstand über<br />

Christiane Prechtel. Sie kannte<br />

mich aus meiner täglichen Arbeit<br />

als Pressefotograf und sprach<br />

mich ganz einfach an. Und so hab<br />

ich am 17. November 2006 zum<br />

ersten Mal ein solches Konzert<br />

erlebt. Es war damals ein Auftritt<br />

beim Verein Ohne Barrieren e. V.,<br />

wo Ernesto Martinez, Violine<br />

und Adam Soltan, Gitarre vor<br />

behinderten Kindern und<br />

Jugendlichen musizierten.<br />

Entstand der Gedanke, an eine<br />

Fortsetzung unmittelbar?<br />

Im eigentlichen Sinne ja. Das<br />

Konzert damals war so ergreifend<br />

und interessant, dass ich<br />

zunächst für mich beschloss,<br />

mehr darüber zu erfahren und zu<br />

versuchen intensiver zu fotografieren.<br />

Und da ich immer nach<br />

Fotoprojekten suche, die ich<br />

neben meiner so genannten<br />

Brotarbeit machen kann, passte<br />

das ganz einfach. Ich kann hier<br />

ganz ohne Druck eines Auftraggebers<br />

fotografieren.<br />

In einem Karteikästchen haben<br />

Sie die Aufnahmen fein geordnet.<br />

Warum fotografieren Sie eigentlich<br />

schwarz-weiß?<br />

Es sind auf alle Fälle keine nostalgischen<br />

Gründe. Bei den Konzerten<br />

sind völlig verschiedene<br />

Situationen, ganz unterschiedliche<br />

Lichtbedingungen. Da würde<br />

Farbe verwirren, denn Farbe<br />

bringt in diesem Falle keine Informationen<br />

rüber. Die Bilder von so<br />

vielen verschieden Orten, ob nun<br />

in Krankenhäusern, Altenheimen<br />

oder im Gefängnis, gehen einfach<br />

besser zusammen, wenn man<br />

abstrahiert. Und das machen<br />

schwarz-weiß-Aufnahmen.<br />

Zudem fotografiere ich mit einer<br />

Leica Messsucherkamera. Sie ist<br />

leise und unauffällig, der sanften<br />

Stimmung, die bei den Konzerten<br />

herrscht, von fröhlich bis<br />

bedrückt, auch bis hin zu skurrilen<br />

Situationen angepasst.<br />

Was soll aus Ihren Aufnahmen<br />

werden?<br />

Gute Frage. Natürlich will ich diese<br />

Fotos zeigen. Geeignet wäre ein<br />

Ausstellung oder ein Buch.<br />

Gibt es schon einen Zeitpunkt<br />

für Ausstellung und Buch?<br />

Ich denke im nächsten Jahr kann<br />

ich mit diesem Projekt in größerem<br />

Umfang in die Öffentlichkeit<br />

gehen.<br />

Gibt es Sponsoren oder Leute, die<br />

das Vorhaben mitfinanzieren?<br />

Ich bin noch auf der Suche. Es gab<br />

bislang nur positive Reaktionen<br />

bei Leuten, die meine Bilder gesehen<br />

haben. Ins<strong>of</strong>ern bin ich ganz<br />

optimistisch.<br />

Re. Rö.<br />

Die Vereine Yehudi Menuhin Live Music Now e.V. (LMN) organisieren<br />

mit den von ihnen geförderten Musikern eintrittsfreie Konzerte,<br />

für Menschen, die in Krankenhäusern, Altersheimen, Waisenhäusern,<br />

Gefängnissen, Heimen oder anderen sozialen<br />

Einrichtungen leben. Diese Menschen bilden dadurch, dass sie<br />

Musik „live“ allein nicht mehr erleben können und sie vielleicht<br />

schon lange entbehrt haben, ein außergewöhnliches Publikum. Die<br />

jungen Musiker sollen es mit ihrer Kunst zu gewinnen suchen, so<br />

dass das Publikum und die Künstler gemeinsam erfahren, welche<br />

Kraft Musik für beide haben kann, nämlich ob sie im Sinne Yehudi<br />

Menuhins tröstet, heilt und Freude bringt. Musiker bis zum Alter<br />

von 28 Jahren können sich bei Live Music Now bewerben. Bei Vorspielterminen<br />

an den Musikhochschulen werden sie von einer Jury,<br />

bestehend aus Hochschulpr<strong>of</strong>essoren, nach strengen Kriterien ausgewählt<br />

und in die Stipendienförderung von Live Music Now aufgenommen.<br />

Die Stipendiaten werden von Musik<strong>the</strong>rapeuten bzw.<br />

Musikpädagogen in Fortbildungsveranstaltungen betreut und bei<br />

der Programmgestaltung für die einzelnen Konzerte beraten.<br />

Die Musiker erhalten keine Gage, sondern für die Zeit ihrer Zugehörigkeit<br />

zu LMN ein Stipendium, das bei den einzelnen LMN Vereinen<br />

unterschiedlich hoch sein kann, weil es unter der Voraussetzung<br />

gewährt wird, dass die vorwiegend aus Spenden<br />

stammenden Mittel hierfür ausreichen. Weitere Voraussetzung ist<br />

natürlich, dass die Musiker nicht nur die von LMN organisierten<br />

Konzerte als Gelegenheit, Erfahrung zu sammeln wahrgenommen,<br />

sondern auch die sonstigen von LMN angebotenen Veranstaltungen<br />

zur Einführung und Fortbildung besucht haben.<br />

Die Finanzierung der Konzerte erfolgt ausschließlich durch Spenden.<br />

Spender haben auf Wunsch auch die Möglichkeit einzelne<br />

Häuser oder Künstler gezielt zu unterstützen, indem Sie für diese<br />

Patenschaften übernehmen, die beispielsweise darin bestehen,<br />

eine bestimmte Anzahl von Konzerten pro Zeiteinheit über Spenden<br />

zu finanzieren. Der <strong>–</strong> nicht kommerziell arbeitende <strong>–</strong> und als<br />

gemeinnützig anerkannte Verein ist auf Spenden angewiesen und<br />

stellt Spendenquittungen aus. Sowohl Einzelspender als auch<br />

Firmensponsoren sind willkommen.<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


Was haben Frauen eigentlich an<br />

der Universität verloren?<br />

Friedrich Franz, „von Gottes Gnaden<br />

Großherzog von Mecklenburg“,<br />

hat <strong>of</strong>fenbar lange über<br />

diese Frage nachdenken müssen.<br />

Erst vor 100 Jahren, zum Wintersemester<br />

1909, ließ er zu, dass<br />

sich in <strong>Rostock</strong> auch Studentinnen<br />

einschreiben durften <strong>–</strong><br />

womit die hiesige Alma Mater die<br />

letzte im gesamten Deutschen<br />

Reich war, die dies gestattete.<br />

Damals, zu Beginn des 20. Jahrhunderts,<br />

waren die Rollen zwischen<br />

den Geschlechtern noch<br />

klar aufgeteilt. Das Rauchen in<br />

der Öffentlichkeit galt beispielsweise<br />

als absolutes Vorrecht der<br />

Männer. Damen, so die Idealvorstellung<br />

jener Zeit, hielten sich<br />

dezent im Hintergrund, ordneten<br />

den Haushalt und beschäftigten<br />

sich ansonsten damit, schön auszusehen.<br />

Doch nicht alle gaben<br />

sich mit dieser Aufteilung zufrieden.<br />

In <strong>Rostock</strong> waren es einige<br />

besonders engagierte Frauen, die<br />

bereits Ende des 19. Jahrhunderts<br />

die Privatinitiative ergriffen. Sie<br />

klopften direkt bei den Pr<strong>of</strong>essoren<br />

an und fragten, ob sie deren<br />

Vorlesungen besuchen dürften.<br />

Ihr erster kleiner Sieg: Ab 1896<br />

wurden in der Hansestadt <strong>of</strong>fiziell<br />

Gasthörerinnen zugelassen,<br />

wenn auch zunächst nur in der<br />

Philosophischen Fakultät. Bettina<br />

Kleinschmidt, die sich als Mitarbeiterin<br />

im Universitätsarchiv viel<br />

mit dem Thema befasst hat,<br />

erklärt: „Das war vorher gar nicht<br />

verboten, es hatte nur einfach nie<br />

jemand in Erwägung gezogen.“<br />

1906 öffneten sich auch die anderen<br />

Fachrichtungen. Und als 1909<br />

schließlich eine gleichberechtigte<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

Immatrikulation möglich wurde,<br />

konnten die Frauen endlich auch<br />

Prüfungen ablegen.<br />

Elisabet Bernhard, die Tochter<br />

eines damals sehr angesehenen<br />

Jurapr<strong>of</strong>essors, war die erste, die<br />

sich in die Matrikelliste der Philosophischen<br />

Fakultät eintrug.<br />

Gemeinsam mit Frida Ortmann<br />

(Germanistik) und Sophie Jourdan<br />

(Medizin) stand sie zu Beginn<br />

des Semesters etwa 700 männlichen<br />

Kommilitonen und einem<br />

Berg von Vorbehalten gegenüber.<br />

So sollten sich die Damen keinerlei<br />

modische Extravaganzen<br />

erlauben, im Hörsaal ihre Hüte<br />

absetzen und überhaupt den<br />

Kontakt zu ihren männlichen<br />

Kommilitonen meiden. Auch<br />

fachlich gab es Einschränkungen.<br />

Bettina Kleinschmidt nennt ein<br />

Beispiel: „Studentinnen der Medizin<br />

sollten auf keinen Fall eine<br />

männliche Leiche sezieren, sondern<br />

sich möglichst auf Kinderund<br />

Frauenkrankheiten konzentrieren.<br />

An eine fortschrittliche<br />

medizinische Ausbildung war da<br />

überhaupt noch nicht zu denken.“<br />

Es erstaunt wenig, dass sich das<br />

Frauenstudium unter diesen<br />

Startbedingungen zunächst nur<br />

sehr zögerlich entwickelte und<br />

erst im ersten Weltkrieg ein<br />

wenig Aufschwung bekam. Im<br />

Sommersemester 1919 verzeichnete<br />

die Universität <strong>Rostock</strong> erstmals<br />

180 Studentinnen, also zehn<br />

Prozent. 1933 waren es 20 Prozent,<br />

1940 stieg ihr Anteil auf 30, 1944,<br />

als fast alle Männer im Krieg<br />

GESCHICHTLICHES<br />

„Im Hörsaal bitte die Hüte abnehmen“<br />

Seit 100 Jahren dürfen in <strong>Rostock</strong> Frauen studieren<br />

Arbeitet im <strong>Rostock</strong>er Universitätsarchiv: Bettina Kleinschmidt. Foto: Bülow<br />

waren, auf 60 Prozent. So wie der<br />

Herzog lange gebraucht hatte,<br />

um Frauen überhaupt den<br />

Zugang zur Bildung zu gewähren,<br />

so kostete es gleichfalls viele Diskussionen,<br />

bis die mecklenburger<br />

Pr<strong>of</strong>essoren der ersten Promotion<br />

zustimmten. In alten Papieren ist<br />

denn auch nachzulesen, dass sie<br />

dies nur „mit erheblichem Unbehagen“<br />

taten.<br />

Viel ist seit dieser Zeit passiert. Ob<br />

man schon von echter Gleichberechtigung<br />

sprechen kann, sei<br />

allerdings dahin gestellt. Das<br />

etwas unrühmliche 100. Jubiläum<br />

jedenfalls ist an der Universität<br />

bislang kein großes Thema. Weil<br />

sich niemand anderes dafür interessierte,<br />

hat Archivarin Bettina<br />

Kleinschmidt im Sommer eine<br />

kleine Ausstellung dazu erarbeitet.<br />

Der Soziologe Pr<strong>of</strong>essor Norbert<br />

Werz, der bereits viel zur Universitätsgeschichte<br />

publiziert<br />

hat, bemerkte bei der Eröffnung:<br />

„Inzwischen haben Frauen die<br />

Männer längst übertr<strong>of</strong>fen. 51<br />

Prozent unserer Studierenden<br />

und sogar 55 Prozent unserer<br />

Absolventen sind weiblich. Aber<br />

bei Promotionen und Habilitationen<br />

geht die Schere dann wieder<br />

weit auseinander.“ Von den 500<br />

Ehrendoktortiteln, die seit Gründung<br />

der Universität vergeben<br />

wurden, gingen nur sechs an<br />

Frauen. Und in der Aula, wo die<br />

Porträts aller Rektoren der letzten<br />

590 Jahre versammelt sind, hängt<br />

bis heute noch kein einziges<br />

weibliches Konterfei. Doch was<br />

nicht ist, kann ja noch werden <strong>–</strong><br />

deutschlandweit gibt es derzeit<br />

350 Hochschulleiter, davon sind<br />

33 Frauen.<br />

Katja Bülow<br />

13


14<br />

GESCHICHTLICHES<br />

125 Jahre Stadtarchiv...<br />

und der Platz reicht<br />

kaum noch aus<br />

Am 1. Oktober ist es genau 125<br />

Jahre her, seit Dr. Karl Koppmann,<br />

<strong>Rostock</strong>s erster Archivar, seinen<br />

Dienst antrat. Über die Geschichte,<br />

wie es dazu kam, lachten<br />

damals Zeitungsleser in ganz<br />

Deutschland.<br />

Den Anstoß nämlich gab das Verschwinden<br />

eines hochwichtigen<br />

Buches, das der Bürgermeister Hermann<br />

Zastrow für eine Entscheidung<br />

benötigte. Geschlagene drei<br />

Jahre suchte man das gesamte<br />

Rathaus nach dem Dokument ab <strong>–</strong><br />

ohne Erfolg. Erst als die „alte Rademachersch,<br />

die städtische Scheuerfrau“<br />

beauftragt wurde, den Sitzungssaal<br />

einmal ordentlich zu<br />

putzen, tauchte der Foliant zufällig<br />

wieder auf. Der Bürgermeister per-<br />

sönlich, der zwar klein von Wuchs<br />

war, aber doch gerne ein wenig<br />

über seinen Ratsherren thronte,<br />

hatte sich den dicken Band als Sitzerhöhung<br />

auf den Stuhl gelegt<br />

und dort vergessen.<br />

Keine Frage, so ging es nicht weiter.<br />

Die Stadtoberen entschieden,<br />

dass, wie in anderen Kommunen<br />

bereits geschehen, auch in <strong>Rostock</strong><br />

ein Archivar angestellt werden<br />

müsse. Wobei Dr. Karsten Schröder,<br />

der heute dieses Amt bekleidet,<br />

deutlich macht: „Eine Art<br />

Archiv gab es natürlich schon viel<br />

länger.“ Bereits in einer Urkunde<br />

aus dem Jahre 1252 ist von einer<br />

Urkunden-Truhe die Rede, die im<br />

Petrikirchsprengel aufgestellt sei<br />

und sich in Obhut der Kämmerer<br />

befinde. Schröder: „Ein Kämmerer<br />

ist nun einmal für das städtische<br />

Vermögen zuständig und die in<br />

Verträgen festgehaltenen Rechte,<br />

die in der Truhe aufbewahrt wurden,<br />

waren Geldes wert.“ Das Problem:<br />

Es gab keine festangestellten<br />

Verwaltungsmitarbeiter. Über<br />

Jahrhunderte waren es Politikamateure,<br />

Unternehmer, die sich<br />

nach Feierabend um die öffentli-<br />

Im kommenden Jahr hat Karsten Schröder sein 20. Jubiläum als Leiter des<br />

Stadtarchivs. Fotos: Bülow<br />

chen Belange und eben auch gelegentlich<br />

um die Sicherstellung der<br />

Dokumente kümmerten.<br />

Als der Archivar Dr. Karl Koppmann<br />

1884 aus Hamburg nach<br />

<strong>Rostock</strong> geholt wurde, hatte er<br />

erst einmal alle Hände voll zu tun,<br />

Ordnung in die Unterlagen zu<br />

bringen. Sie waren von seinen<br />

Vorgängern in Räumen abgelegt<br />

Der Sitz des <strong>Rostock</strong>er Stadtarchivs.<br />

worden, die man sonst nicht<br />

brauchte, also unterm Dach, in<br />

Besenkammern oder Abstellräumen.<br />

Koppmann erstellte einen<br />

Katalog, baute Sammlungen von<br />

Plakaten, Siegeln oder Druckschriften<br />

auf. Vor allem aber<br />

wandelte er die bis dahin geheime,<br />

nur wenigen zugängliche<br />

Urkundensammlung in ein<br />

modernes, öffentliches Archiv<br />

um. Karsten Schröder hat in seinem<br />

Büro ein Bild seines Vorkämpfers<br />

aufgehängt. Während<br />

er den Mann mit dem weißen<br />

Rauschebart betrachtet, kommentiert<br />

er anerkennend: „Der<br />

war ein Glücksgriff für <strong>Rostock</strong>.<br />

Ungeheuer engagiert, hatte Kontakte,<br />

die weit über Deutschland<br />

hinaus reichten.“ Dass er es<br />

schließlich schaffte, den Bau des<br />

heutigen Stadtarchivs hinterm<br />

Rathaus durchzusetzen, war die<br />

Krönung seines Werkes. Schröder<br />

schwärmt: „So einen eigens für<br />

diesen Zweck errichteten Bau gab<br />

es in Mecklenburg sonst nicht. Für<br />

eine Stadt mit 60 000 Einwohnern<br />

bot er ideale Bedingungen.“<br />

Die Nutzer des Stadtarchivs<br />

Hatte einst nur die Obrigkeit<br />

das Recht, Einblick ins<br />

Geheimarchiv zu nehmen, so<br />

steht das Gedächtnis der Stadt<br />

heute jedermann während der<br />

Öffnungszeiten zur Verfügung.<br />

700 bis 800 Nutzer jährlich<br />

zählt die Einrichtung im<br />

Schnitt. Wobei Dr. Karsten<br />

Schröder betont: „Viel aussagekräftiger<br />

sind die Nutzertage.<br />

Da liegen wir bei 25 000.“<br />

Er veranschaulicht: „Ein<br />

Schüler, der einen Aufsatz<br />

über den 30-jährigen Krieg<br />

schreibt, der kommt nur einmal.<br />

Ein Wissenschaftler, der<br />

sich Urkunden über die<br />

Kartause von Marienehe ansehen<br />

will, der bleibt mit Sicherheit<br />

länger.“ Vorwiegend<br />

genutzt werde das Archiv von<br />

Leuten, die etwas über Ortsgeschichte<br />

wissen wollen. An<br />

zweiter Stelle stehen jene, die<br />

sich für die Historie ihrer Familie<br />

interessieren, danach<br />

Schüler und erst an vierter<br />

Stelle die Wissenschaft.<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


Im Stadtarchiv lagern viele Schätze,<br />

darunter der älteste Theaterzettel<br />

aus dem deutschsprachigen<br />

Raum. Repro: Stadtarchiv<br />

Inzwischen allerdings ist es hinter<br />

den alten Backsteinmauern ein<br />

wenig eng geworden. Denn das<br />

Archiv wächst beständig, schließlich<br />

gilt es, wichtige Dokumente<br />

aus sämtlichen städtischen<br />

Ämtern aufzubewahren. Schulzeugnisse,<br />

Autoanmeldungen,<br />

Gesundheitszeugnisse... „Unsere<br />

Aufgabe ist es, die Gegenwart für<br />

die Zukunft zu sichern“, erklärt<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

der Chef. Dass man dabei gelegentlich<br />

in sehr großen Zeiträumen<br />

denken muss, zeigte sich beispielsweise<br />

Anfang der 90er<br />

Jahre. „Damals musste die Stadt<br />

<strong>Rostock</strong> vor dem Verwaltungsgericht<br />

eine Urkunde aus dem Jahr<br />

1251 vorlegen, um die <strong>Rostock</strong>er<br />

Heide zurückzubekommen. Die<br />

war ja zu dem Zeitpunkt fast<br />

komplett in staatliches Eigentum<br />

übergegangen.“<br />

Fein säuberlich in hellgraue Pappkartons<br />

verpackt lagern die<br />

Schriften aus alter und neuer Zeit<br />

nun in den Regalen. 3500 laufende<br />

Meter Akten sind mittlerweile<br />

zusammengekommen. Maximal<br />

4000 Meter stehen zur Verfügung<br />

<strong>–</strong> wobei man immer auch<br />

Platz zum Ordnen benötigt. Und<br />

schließlich muss das Stadtarchiv<br />

zusätzlich zu den Akten auch<br />

noch eine umfangreiche Zeitungssammlung<br />

und eine Biblio<strong>the</strong>k<br />

von etwa 25.000 Bänden<br />

unterbringen. Seit Jahrzehnten<br />

wird bereits um eine Lösung des<br />

Problems gerungen, jetzt scheint<br />

sie endlich in Sicht. Schon im<br />

kommenden Jahr soll die Sanie-<br />

rung des Rathauskomplexes entlang<br />

der Großen Wasserstraße<br />

beginnen, so versichert Ines<br />

Sponholz, die in der Stadtverwaltung<br />

für Raumplanung zuständig<br />

ist. Im Kellergeschoss werden<br />

GESCHICHTLICHES<br />

dann etwa 500 Quadratmeter<br />

Platz für das Stadtarchiv bereitgestellt.<br />

Schröder atmet auf: „Damit<br />

können wir dann erstmal überwintern.“<br />

Katja Bülow<br />

Dr. Karl Koppmann, <strong>Rostock</strong>s erster fest angestellter Stadtarchivar. Repro: Stadtarchiv<br />

15


16<br />

GENUSS<br />

„Die Wahrheit ruht<br />

auf dem Boden des Kochtopfes“<br />

Er bekochte bereits New Yorks<br />

Ex-Bürgermeister Rudolph Giuliani,<br />

den kalifornischen Gouverneur<br />

Arnold Schwarzenegger<br />

und Popsternchen Britney<br />

Spears. Und dennoch: Kart<strong>of</strong>feln<br />

mit Mischgemüse stehen ganz<br />

oben auf der Liste seiner liebsten<br />

Gerichte. Carsten Loll, Inhaber<br />

vom CarLo 615 im Stadthafen,<br />

gerät ins Schwärmen.„So geht es<br />

vielen guten Köchen. Avantgardeküche<br />

hin oder her. Hausgemachte<br />

regionale Kost, möglichst<br />

zubereitet nach guter alter<br />

Rezeptur. Das ist wahrer<br />

Genuss“.<br />

Es ist früh am Vormittag. In der<br />

einstigen Fischhalle, unmittelbar<br />

an der Kaikante, ist es noch<br />

erstaunlich ruhig. „In wenigen<br />

Stunden sieht es hier ganz<br />

anders aus.“ Dann wirbelt eine<br />

ganze Küchenschar an Herd,<br />

Tisch und auf der Terrasse. Den<br />

Traum vom eigenen Restaurant<br />

erfüllte sich Carsten Loll vor<br />

einem knappen Jahr. „Zeit und<br />

Ort waren einfach perfekt.“ Kulinarischer<br />

Genuss mit gepflegten<br />

Jazzeinlagen und fantastischem<br />

Weitblick bringen genau die richtige<br />

Würze in das ohnehin<br />

schmackhafte Leben des jungen<br />

Gastronomen.<br />

Mit zwanzig wusste der bodenständige<br />

Dreißiger bereits was er<br />

will. Ein Haus bauen, einen Sohn<br />

zeugen, Amerika bereisen und<br />

einen Audi besitzen. Auch wenn<br />

er heute darüber schmunzelt <strong>–</strong><br />

den Audi ist er gefahren. Sohn<br />

und Haus hat er ebenfalls. Und<br />

auch den amerikanischen Traum<br />

hat er sich bereits erfüllen können.<br />

Zwei Jahre war er im amerikanischen<br />

Vail tätig, einem hoch<br />

gelobten Wintersportort in Colorado.<br />

1989 und 1999 wurden dort<br />

die Alpinen Skiweltmeisterschaften<br />

ausgetragen. „Im Prinzip ist<br />

Vail das moderne Aspen. Die Region<br />

ist berühmt für ,Back-Bowls’,<br />

das sind riesige Tiefschneekessel“.<br />

Den bodenständigen <strong>Rostock</strong>er<br />

interessierte jedoch weniger<br />

der angesagte Winterspaß im<br />

Eagle County <strong>–</strong> so bezeichnet man<br />

den zentralen bis nordwestlichen<br />

Teil des US-Bundesstaates <strong>–</strong> vielmehr<br />

waren es die kulinarischen<br />

Besonderheiten, die er als Sous<br />

Chef in einem Deutsch-Französischen<br />

Spezialitäten-Restaurant<br />

kennen und zubereiten lernte.<br />

„Die Zeit in Vail war für mich als<br />

Koch wertvoll und vor allem lehrreich“,<br />

gerät Loll wieder einmal<br />

ins Schwärmen. Es wurde flambiert<br />

und trangiert. „Chateaubriand<br />

zum Beispiel. Ein doppeltes<br />

Filetsteak, direkt vor den Augen<br />

der Gäste zubereitet.“ Auf der<br />

Menükarte des französischen<br />

Gourmetrestaurants standen <strong>–</strong><br />

für den deutschen Gaumen recht<br />

exotisch klingend <strong>–</strong> auch andere<br />

höchst interessante Gerichte:<br />

Klapperschlange, Bären- und<br />

Elch-Steak. Und: es wurde<br />

deutsch gekocht. Deftig und traditionell.<br />

Schnitzel Wiener Art<br />

und Kalbsragout. Loll klatscht vergnügt<br />

in die Hände. „Kaum zu<br />

glauben, aber die amerikanischen<br />

Promis waren verrückt danach.“<br />

Zugegeben, Schlangen- und Elch-<br />

Steak sucht man heute auf der<br />

Lollschen Menükarte vergebens,<br />

ebenso wie den konventionellen<br />

Gemüsemix aus der heimischen<br />

Küche. Anstelle dessen machen<br />

fantasievolle Kreationen wie<br />

gebackener Ziegenfrischkäse an<br />

mariniertem Löwenzahnsalat<br />

mit Erdbeeren und kanadischem<br />

Baumsirup oder Labskaus nach<br />

altdeutscher Art mit zarter Rinderbrust<br />

und Roter Beete Appetit<br />

auf mehr. Die Karte sei allerdings<br />

nur ein Vorschlag und ganz und<br />

gar nicht das Maß aller Dinge.<br />

„Die Wahrheit ruht auf dem<br />

Boden des Kochtopfes.“ So fasste<br />

es bereits der französische Meis-<br />

terkoch Paul Bocuse in seinem<br />

Standartwerk in Worte. „Bocuse<br />

trifft den Nagel auf den Kopf. Er<br />

macht in seinem Buch immer<br />

wieder deutlich, dass die ideale<br />

Küche eine bodenständige sei.<br />

Regional, saisonal und in 1a-Qualität.<br />

Das macht ein gutes Essen<br />

aus.“ Die Hauptspeise frisch und<br />

aus der Region. Beilage und Dessert<br />

raffiniert aufeinander abgestimmt.<br />

„Das Drumherum darf<br />

dann ruhig auch exotisch sein“.<br />

Schon François de La Rochefoucauld,<br />

einer der ersten französischen<br />

Moralisten, pflegte zu<br />

sagen: „Essen ist ein Bedürfnis.<br />

Genießen ist eine Kunst“ <strong>–</strong> acht<br />

knappe Worte, die das Leben von<br />

Carsten Loll unlängst bestimmen.<br />

Die regionale Küche erlebt derzeit<br />

eine Renaissance erster Klasse.<br />

Vorbei sind die Zeiten der<br />

Stickst<strong>of</strong>fzauberei. Der<br />

anspruchsvolle Esser hat die<br />

molekularen Experimente auf<br />

seinem Teller satt. Die Avantgardeküche<br />

hat ausgedient, das XXL-<br />

Format schon lange. Loll wirkt<br />

nachdenklich, holt kurz tief Luft<br />

und hebt den Zeigefinger. „Wir<br />

müssen au<strong>the</strong>ntisch sein und<br />

dabei menschlich bleiben. Das ist<br />

ehrlich.“ Auf die berühmten Sterne<br />

verzichtet der Mecklenburger<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


ewusst.„Wir sollten uns auf das<br />

Wesentliche besinnen. Lieber<br />

Klasse statt Masse.“ Gibt es auf<br />

dem Markt Bar<strong>the</strong>r Tomaten,<br />

wird gekauft. Gibt es frischen<br />

Dorsch, wird ebenfalls zugelangt.<br />

„Die Güte eines Gerichtes wird<br />

nicht durch den Preis der Zutaten<br />

bestimmt, sondern von ihrer<br />

Qualität“. Gute Gründe den<br />

Köcheverein Mittleres Mecklenburg,<br />

ein Zusammenschluss<br />

mehrerer Gastronomen aus der<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

Region, zu gründen, gab es für<br />

Carsten Loll gleich mehrere:<br />

„Kompetenzpartner, Netzwerkbildung,<br />

Lehrlingsausbildung,<br />

Kommunikationsplattform“,<br />

zählt er auf.<br />

Au<strong>the</strong>ntisch ist der stämmige<br />

Vollblutgastronom <strong>–</strong> das steht<br />

außer Frage. Genießer durch und<br />

durch ist er ebenfalls. „Ich koche<br />

mit Leib und Seele, was an meiner<br />

Statur kaum zu übersehen<br />

ist“. Fest<br />

steht <strong>–</strong><br />

auch wenn<br />

er das<br />

scheinbar beiläufige<br />

Grinsen<br />

nicht zurückhalten<br />

kann <strong>–</strong> was er<br />

kredenzt, kredenzt<br />

er mit Liebe.<br />

Und fest steht auch,<br />

dass sich mit einfachen<br />

Kniffen<br />

GENUSS<br />

wahre Geschmackserlebnisse<br />

kreieren lassen. Loll muss es<br />

wissen, ist er doch des Öfteren<br />

in der ein oder anderen Privatküche<br />

anzutreffen. Ein bisschen<br />

Zartbitterschokolade<br />

und einen Schuss Balsamico<br />

in die Bratensoße und schon<br />

ist das Sonntagsmahl<br />

geschmacklich rund.<br />

Text/Fotos: Doreen Bülow<br />

17


18<br />

UNTERNEHMEN<br />

Frank Röntgen vor Ort mit der „Blauen Kiste“ und Daniela Calligaro, die <strong>–</strong> als Head <strong>of</strong> Development Services der Außenhandelskammer der Vereinigten Arabischen<br />

Emirate <strong>–</strong> ihm behilflich ist, mit den Leckereien von der Ostseeküste Fuß zu fassen. Foto: Privat<br />

Mit der blauen<br />

Eine blaue Kiste hat er durch die<br />

Wüste geschleppt. Mühevoll, mit<br />

Vorsicht, behutsam, erwartungsvoll.<br />

Vielleicht ein Stück Unternehmenszukunft.Schockgefrostete<br />

Leckereien sind der Inhalt.<br />

Im Sommer machte sich Frank<br />

Röntgen auf den Weg, um<br />

die Chefs in den<br />

Nobelhotels der<br />

Vereinigten ArabischenEmirate<br />

für sich,<br />

für sein<br />

Kiste<br />

Unternehmen und die Produkte<br />

einzunehmen, die in dem von ihm<br />

geführten Unternehmen gefertigt<br />

werden.<br />

Der Kühlungsborner wollte sie<br />

davon zu überzeugen, dass an der<br />

deutschen Ostseeküste, in der<br />

Classic <strong>–</strong> Conditorei GmbH von<br />

Steffenshagen, in unverfälschter<br />

Handarbeit produziert wird, was<br />

auch zum Genuss erlesener Gäste<br />

in Dubai oder Abu Dhabi gehören<br />

sollte. In Hotels und Clubs, insgesamt<br />

auf 11 Stationen wie das Kempinski<br />

Hotel Abu Dhabi oder<br />

Armed Forces Officers Club &<br />

Hotel, machte er besagte Kiste, die<br />

Kühlbox auf. Er präsentierte seine<br />

Köstlichkeiten, fand Wohlgefallen,<br />

bereitete den „Chef Andreas“ und<br />

„Chef Klaus“, seit Jahrzehnten aus-<br />

durch die<br />

gewanderte Deutsche und Österreicher,<br />

gar Entzücken.<br />

Classic-Conditorei & Cafe Röntgen<br />

wird Kuchen, Torten und<br />

andere Köstlichkeiten an den Ara-<br />

Blick in die Backmanufaktur bei Röntgen:<br />

Konditormeisterin Clara Lange.<br />

Wüste<br />

bischen Golf exportieren. Der<br />

Markt ist da, das Emirates Palace,<br />

das teuerste Hotel der Welt zeigt<br />

Interesse, das Offiziers-Klubhotel<br />

braucht 1000 Desserts am Tag.<br />

Dorthin ist der erste Schritt<br />

getan. Der Distributor, unbedingt<br />

ein einheimischer Verteiler <strong>–</strong> so<br />

die Gesetzlichkeit <strong>–</strong> muss noch<br />

gefunden werden, ein Local,<br />

damit der Strom der Leckereien<br />

auch fließen kann. Die werden<br />

nicht Extra <strong>–</strong> Creationen sein, sie<br />

berücksichtigen freilich dortige<br />

Eigenart, wie kein Mohn, „der<br />

wird schon als Rauschmittel<br />

angesehen, ist verboten“, weiß<br />

Frank Röntgen. Alkohol gehört<br />

gemäß islamischer Religion<br />

selbstverständlich auch nicht zu<br />

den Ingredienzien, „und dass die<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


Robert Röntgen in seinem Kühlungsborner Café.<br />

Gelatine nicht vom Schwein<br />

stammen darf, versteht sich von<br />

selbst“. Voraussetzungen, damit<br />

Röntgens Back- und Konditorwaren<br />

als „Halal“ angesehen werden,<br />

also für Moslems geeignet.<br />

Natürlich ist der dortige Markt<br />

hart umkämpft. Die Franzosen, die<br />

Belgier sind längst am Platz. „Aber,<br />

die bieten eher eine relativ<br />

gleichschmeckende süße Ware“,<br />

bemerkt Röntgen den Unterschied,<br />

„wir stehen für den fruchti-<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

Fotos (2): Thomas Häntzschel<br />

gen Geschmack“. Der gefällt <strong>of</strong>fenbar,<br />

ist seine Chance.<br />

Die Premium-Qualität sei undiskutable<br />

Voraussetzung, nur<br />

Handwerkliches, wenn auch in<br />

moderner Herstellung, könne<br />

bestehen. Keine industrielle<br />

Masse. Und wichtig ist ihm:<br />

„Manches sieht außen anders<br />

aus, die Schwarzwälder Kirschtorte<br />

schmeckt aber wie<br />

gewohnt“. Also, Konditorei-<br />

Klassiker im neuen Gewande, die in<br />

moderner Herstellung entstehen,<br />

vorrangig per Hand. Exportiert<br />

werde nur, „was es auch in unseren<br />

Kaffeehäusern hier gibt“, also in<br />

Kühlungsborn, in Warnemünde,<br />

Ahlbeck, Schwerin und neuerdings<br />

auch in Berlin. Man könne auch<br />

hierzulande den Sechs-Sterne-<br />

Qualitätsanspruch vom Arabischen<br />

Golf erwarten, der solle nicht<br />

abschrecken. „Kleiner Luxus im Alltag,<br />

den man sich leisten kann“. So<br />

Röntgens Credo. Imagepflege sei es<br />

für ihn nicht, in die Hitzeregion der<br />

Araber zu liefern, eher schon, das<br />

„Winterloch” an der Ostsee zu glätten,<br />

also eine kommerzielle Überlegung.<br />

Er möchte sich nicht immer<br />

jahreszeitlich von seinen „Torten-<br />

Spezialisten“ trennen. Spitzenpersonal<br />

müsse man halten, er brauche es<br />

für den Anspruch, den sein Hause<br />

hat.<br />

Frank Röntgen, der 47-Jährige,<br />

nutzt eine über 100jährige Backund<br />

Konditortradition, und er will<br />

diese fortsetzen. Natürlich ist ihm<br />

von Vorteil, diesen Namen zu tragen.<br />

Röntgen kennt man. Der Physiker<br />

Wilhelm Conrad Röntgen, der<br />

Entdecker der elektromagnetischen<br />

Strahlen und Begründer der<br />

radiologischen Diagnostik gehört<br />

in die Ahnenreihen, Bischöfe,<br />

international renommierte<br />

Möbeltischler und auch der Bäcker<br />

Robert Röntgen, der sich in der<br />

Region angesiedelt hatte und im<br />

Jahre 1879 im vormaligen Brunshaupten,<br />

heute Kühlungsborn<br />

<strong>–</strong> Ost, mit den<br />

Techel-Brüdern den<br />

ersten Backbetrieb<br />

gründete. Der<br />

Stammsitz.<br />

UNTERNEHMEN<br />

Nun gibt es einen Nachfolger,<br />

einen weltreisenden Konditor, in<br />

fünfter Generation. Der wird<br />

seine Premiumprodukte in<br />

Sechs-Sterne-Hotels der Arabischen<br />

Emirate liefern. Nach<br />

strengem Verkosten und <strong>of</strong>fenbarem<br />

Gefallen soll die erste<br />

Lieferung dorthin im nächsten<br />

Jahr erfolgen.<br />

Zum finnischen Luxus-Warenhaus<br />

Stockmann war schon im<br />

August der erste Export, zwei<br />

Paletten Mousse au chocolat,<br />

nach Helsinki getätigt worden.<br />

Röntgens Törtchen werden jetzt<br />

in finnischen und schwedischen<br />

Häusern des Kaufhaus-Konzern<br />

angeboten. Irgendwie ist auch<br />

durchgedrungen, Frank Röntgen,<br />

Mitglied der Deutsch-Japanischen<br />

Gesellschaft zu <strong>Rostock</strong>,<br />

hat seine Fühler auch gen<br />

Fernost ausgestreckt. Aus Japan<br />

ist zu hören, dass dort das Konditor-Handwerk<br />

als Kunsthandwerk<br />

angesehen wird. Die Sanddorn-Torte,<br />

eine besondere, eine<br />

haustypische und unverwechselbare<br />

Creation und auch die<br />

bevorzugte Gaumenfreude des<br />

Geschäftsführenden Gesellschafters,<br />

ist also Resultat künstlerischen<br />

Umgangs.<br />

Jürgen Rösler 1<br />

19


20<br />

HOTEL<br />

Very British<br />

Petra und Willi Harnack führen in <strong>Rostock</strong> ein Kleinod<br />

Bevor der Englische Salon feierlich geöffnet wird,<br />

spielt das elektrische Klavier. „Über den Wolken,<br />

muss die Freiheit wohl grenzenlos sein“.<br />

Dann gehen wir in den Salon, und gleich den<br />

ersten, der garantiert teuren Sessel, hat der<br />

Besucher nötig. Alles sieht aus, lebt und brilliert,<br />

wie in feinen Häusern Englands, die man<br />

aus Filmen und Büchern zu kennen glaubt.<br />

Durchgestylt bis zum letzten Punkt auf dem i.<br />

Das Hotel Landhaus Dierkow von Petra und<br />

Willi Harnack hat eine Kostbarkeit, die in <strong>Rostock</strong><br />

unvergleichbar ist: Schneeweiße Stuckdecken,<br />

das Rot der Teppiche und Sesselbezüge<br />

korrespondiert mit der kristallenen Eleganz der<br />

Kronleuchter. Es ist eingedeckt. Silberbestecke<br />

mit den Initialen des Hauses. Dazu Markenporzellan<br />

und edle Accessoires. Gleich werden die<br />

Damen und Herren des Hotels auftragen <strong>–</strong> im<br />

weißen Frack. Im Augenblick dieser Vorstellung<br />

möchte man verweilen.<br />

Aber wir sind ja auf einem Rundgang durch<br />

eines der bekanntesten familiengeführten Privathotels<br />

der Hansestadt. Also kehren wir in<br />

die Kaminecke zurück und bleiben damit aber<br />

immer noch in einer Atmosphäre des britischen<br />

Stils, die das Gespräch mit Willi Harnack<br />

wohltuend anregt.<br />

2010 begeht das Ehepaar Harnack und seine 14<br />

Mitarbeiter ein beachtliches Jubiläum. Ihr<br />

Landhaus Dierkow wird 15 Jahre alt. Nein, vergessen<br />

sind die Mühen, die schlaflosen Nächte<br />

und der Dauerdruck des hohen Risikos, einen<br />

beruflichen Neuanfang in dieser Dimension zu<br />

wagen, von den Hotelgründern und Inhabern<br />

nicht. Doch alles wurde gut. Aber keiner ahnt,<br />

wie es angesichts der Arbeitslosigkeit damals<br />

war, im Vorzimmer eines Bankmanagers zu sitzen<br />

und um einen Millionenkredit zu ersuchen.<br />

Petra und Willi Harnack haben sich durchgesetzt<br />

und höchst erfolgreich bis zum heutigen<br />

Tag als Hotelbesitzer behauptet. Mit seit Jahren<br />

beständig steigenden Gästezahlen, mit einem<br />

Team, das so fit ist, wie Leistungssportler und<br />

treu noch dazu. Ute Rauhut fing vor 14 Jahren<br />

als Zimmermädchen im Landhaus Dierkow an,<br />

jetzt ist sie die rechte Hand der Hotelinhaber.<br />

Küchenchef Jörg Nehls-Gerhard kam auch vor<br />

14 Jahren ins Haus und ist immer noch da. Wer<br />

bei Harnacks arbeitet, bleibt lange, weil das<br />

Arbeitsklima und andere Alltagsbedingungen<br />

stimmen. Und wer bei den „Vollblutpr<strong>of</strong>is“ dieser<br />

Branche lernt, hat eine Ausbildung durchlaufen,<br />

die gründlicher kaum sein kann. Erhebliche<br />

Förderung junger Damen und Herren<br />

aber auch fachliche Forderungen an den<br />

Berufsnachwuchs sind bei Petra und Willi<br />

Harnack stets ein Bündnis. Aber mit den<br />

Referenzen aus dem Landhaus Dierkow ist ein<br />

guter Weg in die Zukunft der Gastronomie und<br />

Hotellerie zu machen <strong>–</strong> viele junge Leute haben<br />

das eindrucksvoll gemerkt.<br />

Wer in einem der 45 Zimmer oder zwei Appartements<br />

wohnt, ist nicht nur bei einer guten<br />

Adresse im Landhaus-Idyll angekommen, hat<br />

nicht die Freuden gediegener Gastronomie vor<br />

sich, sondern kann auch aus Sicht der Verkehrsanbindungen<br />

<strong>Rostock</strong> sowie die Umgebung der<br />

Hansestadt leicht entdecken. Die Altstadt und<br />

der Stadthafen liegen fast vor der Haustür. Zur<br />

Autobahn und zum Fährterminal des Seehafens<br />

ist es nur eine Kurzstrecke. Nach Warnemünde<br />

ein Katzensprung und zur Straßenbahn<br />

nur einige Schritte. Petra und Willi Harnack<br />

haben allein schon mit Blick auf die Lage ihres<br />

Hotels strategisch gedacht.<br />

Für den unübersehbaren Erfolg des Unternehmens<br />

sieht der Chef, der übrigens am 10. Oktober<br />

2009 sage und schreibe 55 Jahre in seinem<br />

Beruf steht, diese Gründe:„Wir hatten eine hervorragende<br />

Ausbildung und wir verfügen über<br />

jahrzehntelange Erfahrungen. All dies kann<br />

nun in die Führung unseres Hauses eingebracht<br />

werden“.<br />

Geschäftsreisende, Urlauber, Firmenempfänge,<br />

Hochzeiten oder Hochzeitsjubiläen, „runde“<br />

Geburtstage oder Familienfeiern mit anderen<br />

Vorzeichen <strong>–</strong> es ist das ganz große Spektrum<br />

der Gästebetreuung, das ein jeweils arbeitsreiches<br />

Jahr im Landhaus Dierkow prägt.<br />

Willi Harnack bezeichnet seine Gattin als „das<br />

Herzstück des Unternehmens“. Dem hat der<br />

Chronist nichts hinzu zu fügen. Nur kleine<br />

Anmerkungen noch: Willi Harnack ist seit 1999<br />

der einziger Vertreter Mecklenburg-Vorpommerns<br />

im Beirat des größten Hotelverbandes<br />

Deutschlands (IHA). Die Berufswege des<br />

gelernten Kellners und diplomierten Ökonomen<br />

könnten mehrere Kapitel füllen.Vom Sohn<br />

einer Hotelliersfamilie aus Kühlungsborn bis<br />

zum heutigen Hotelinhaber und immer wieder<br />

käme man an viele Stationen der ehrgeizigen<br />

Weiterbildung, dieses Mannes, der von seiner<br />

Frau und sich sagt:„Wir leben Gastronomie und<br />

Hotellerie“.<br />

Seit geraumer Zeit hat das Landhaus Dierkow<br />

eine Hotel-Motoryacht. Skipper für seine Gäste<br />

ist Willi Harnack. Wer denn auch sonst? Ein<br />

Pr<strong>of</strong>i seines Formats lässt sich schließlich das<br />

Ruder nicht aus der Hand nehmen.<br />

Weitere Informationen: www.Landhauss-Dierkow.de<br />

Horst Marx<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


22<br />

Foto: www.pixelio.de<br />

Dieser Mann zaudert<br />

nicht lange. „Machen kommt<br />

von tun“, sagt Volker Saß kurzum,<br />

seit 17 Jahren in der Gastronomie<br />

tätig.<br />

Der Inhaber von „Gosch“ in Warnemünde<br />

wirkt entschlossen, ja<br />

handfest, spricht schnell, bringt<br />

das Gespräch auf den Punkt. Wie<br />

sonst hätte es der Gastronom<br />

wohl geschafft, im Mai 2008 in<br />

St. Peter Ording sein erstes<br />

„Gosch“-Restaurant zu eröffnen,<br />

ein knappes Jahr später ein zweites<br />

am Alten Strom von Warnemünde.<br />

„Im nächsten Sommer<br />

wollen wir in Binz auf Rügen<br />

eröffnen. Wenn Konzept und<br />

Partner stimmen, dann funktioniert’s“.<br />

Ein Mann der Tat. Absolut.<br />

Denn „Gosch“ in Warnemünde<br />

ist zugleich das erste<br />

Restaurant an der Ostsee überhaupt.<br />

Bislang nur entlang der<br />

Nordsee und im Binnenland,<br />

unter anderem auch auf dem<br />

Münchner Flughafen.<br />

Volker Saß<br />

bezeichnet sich als Lizenznehmer<br />

der Marke „Gosch“, dessen<br />

Gründer Jürgen Gosch 1984 in<br />

Westerland auf Sylt sein erstes<br />

Fischgeschäft eröffnete. Inzwischen<br />

steht der Name Gosch als<br />

Inbegriff für absolut frisches<br />

Ein Macher: Volker Saß, Inhaber von „Gosch“ in Warnemünde. Foto: Re. Rö.<br />

Frischer<br />

Meeresgetier und moderne<br />

Gastronomie.<br />

„Ich mag an ’Gosch’, dass es hier<br />

keine Berührungsängste gibt“,<br />

sagt Volker Saß.„Egal ob der Gast<br />

nun ein Fischbrötchen, ein Alsterwasser,<br />

ein Glas Champagner<br />

trinkt oder einen halben Hummer<br />

essen möchte, jeder sitzt mit<br />

jedem an einem Tisch. Bei uns<br />

kommen Menschen zusammen,<br />

die äußerst kommunikativ und<br />

locker drauf sind. Bei uns herrscht<br />

für mich ein bisschen Dolce<br />

Vita.“ Für ihn sei das Prinzip<br />

„Gosch“ Lebensfreude. Die<br />

Anordnung der großen und klei-<br />

nen rustikalen Holztische führe<br />

dazu, dass „Alt und Jung bei uns<br />

zusammen rücken“. Es herrsche<br />

eine gewisse Hafenkneipenatmosphäre.<br />

„Aber zeitgemäß“,<br />

setzt Volker Saß nach. Und:<br />

„Unser Küchenbereich ist total<br />

modern. Wir zeigen unsere Ware,<br />

bevor wir sie dem Gast verkau-<br />

fen. Frischer geht es einfach<br />

nicht. Der Gast ist ganz nah<br />

dran“.<br />

„Gosch“ steht aber auch für<br />

Hummer, Austern und Champagner.<br />

Da widerspricht Volker Saß<br />

ein wenig. „Gosch steht ebenso<br />

für ein leckeres Matjesbrötchen<br />

für 2,50 Euro mit dem Glas Bier<br />

dazu.“ Der 44-Jährige isst in seinem<br />

Restaurants am liebsten<br />

Rotbarsch. „Ganz klassisch zubereitet<br />

mit hausgemachtem Kart<strong>of</strong>felsalat<br />

und ein Bier dazu.“<br />

Klingt ehrlich. „Rotbarsch ist für<br />

mich ein klar definierter Fisch,<br />

sehr saftig vom Fleisch her,<br />

geht es nicht<br />

schmeckt nicht zu fischig. Da<br />

braucht man nur Salz und Pfeffer<br />

zu. Besser geht’s nicht.“<br />

Und wie ist das mit dem Hummer?<br />

„Wir kochen den Hummer<br />

vor Ort. Er wird frisch geliefert.<br />

Der richtig gute Fleischgeschmack<br />

bleibt dadurch erhal-<br />

ten.“ Frischer Hummer und dazu<br />

einen Champagner Rose`, das<br />

habe schon was. Wie wahr…<br />

„Gosch“ scheint in Warnemünde<br />

fest vor Anker gegangen. Das<br />

zeigte sich unter anderem auch<br />

bei der jüngsten Warnemünder<br />

Woche.„Wir sind als Sponsor eingestiegen.<br />

Das gehört sich doch<br />

so“, sagt Volker Saß, für den das<br />

Ostseebad vor den Toren<br />

<strong>Rostock</strong>s so etwas ist wie die<br />

Perle in einer halbgeöffneten<br />

Muschel.„Man muss sie nur noch<br />

ganz aufklappen.“<br />

4<br />

Regina Rösler<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


Kochkunst trifft Hightech<br />

„Das Leben kann so wunderbar<br />

einfach sein, wenn man es zu<br />

genießen versteht.“ Stephan<br />

Sietas, Geschäftsführer vom Sie-<br />

Matic-Küchenstudio in <strong>Rostock</strong>-<br />

Dierkow, blickt entschlossen in<br />

den glänzenden Edelstahl-Topf,<br />

der nur darauf wartet <strong>–</strong> so scheint<br />

es <strong>–</strong> mit köstlichen Ingredienzien<br />

befüllt zu werden. Der Endvierziger<br />

weiß wovon er spricht, dreht<br />

sich in seinem Leben seit 16 Jahren<br />

doch nahezu alles ums Kochen<br />

und Genießen. Dann blickt er wieder<br />

auf und betont mit fester<br />

Stimme: „Die Küche sollte der Mittelpunkt<br />

der Familie sein. Sie sollte<br />

als Ort der Konversation und des<br />

Genusses dienen.“<br />

Gepflegte Konversation betreibe<br />

der Endvierziger ohnehin regelmäßig<br />

in der Showküche seines<br />

Studios <strong>–</strong> dem Herzstück der 800-<br />

Quadratmeter-Ausstellung. Hier<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

wird blanchiert, trangiert und<br />

abgeschmeckt. Und: auf den Punkt<br />

genau gegart. Apropos Garen.<br />

Dampfgaren sei gegenwärtig in<br />

aller Munde. Der bewusste<br />

Genießer lege wieder mehr Wert<br />

auf die gesunde Küche. „Mit dem<br />

Dampfgarer werden die Speisen<br />

schonend und ohne Vitaminverlust<br />

zubereitet. Das Gemüse bleibt<br />

bissfest und intensiv im<br />

Geschmack“, unterstreicht der<br />

Mann, der gerne auch zu Hause <strong>–</strong><br />

im Kreise der Familie und unter<br />

Freunden <strong>–</strong> den Kochlöffel<br />

schwingt. „So viel Zeit muss sein“,<br />

betont genussvoll der umtriebige<br />

Unternehmer und fügt hinzu:„Das<br />

funktioniert natürlich am besten<br />

mit den richtigen Geräten.“ Miele,<br />

AEG, Gaggenau <strong>–</strong> namhafte Hersteller,<br />

die genussvollem Kochen<br />

Pr<strong>of</strong>iwürze verleihen. Ähnlich wie<br />

der Multigarer, sei beispielsweise<br />

auch das energiesparende Indukti-<br />

onskochfeld aus der<br />

modernen Küche<br />

nicht mehr wegzudenken.<br />

Oder <strong>–</strong> wer gerne exotisch<br />

kredenzt <strong>–</strong> sollte auf die integrierte<br />

Wokmulde nicht verzichten.<br />

Stephan Sietas ist <strong>–</strong> ohne Zweifel <strong>–</strong><br />

ein Verfechter intelligenter<br />

Küchenlösungen. „Das hier ist ein<br />

Teppan-Yaki-Grill. Das Gerät<br />

kommt aus dem Asiatischen.“<br />

Scampi-Spieße in etwa gelängen<br />

auf dem unscheinbar anmutenden<br />

Edelstahl-Feld im Handumdrehen<br />

<strong>–</strong> auch mit wenig Öl.„Oder<br />

hier, der Salamander, der eignet<br />

sich wunderbar zum Gratinieren,<br />

da er nur mit Oberhitze arbeitet.“<br />

Der Fachmann drückt auf ein<br />

unauffälliges Knöpfchen in der<br />

Menüleiste und aus der hochglanzpolierten<br />

Arbeitsplatte fährt<br />

geräuschlos ein in etwa 60 Zentimeter<br />

breiter Wandgrill heraus,<br />

SieMatic Küchenstudio <strong>Rostock</strong>, Brückenweg 25, 18146 <strong>Rostock</strong>, Tel. 03 81/67 32 40<br />

Öffnungszeiten: Mo.-Fr. 10-19 Uhr, Sa. 10-16 Uhr oder nach Vereinbarung<br />

siematic-rostock@freenet.de, www.siematic-kuechenstudio-rostock.de<br />

der sich bestens zum Überbacken<br />

von Zwiebelsuppen oder Crème<br />

Brulee, zum Grillen oder einfach<br />

nur zum Warmhalten der Speisen<br />

eignet. Die Experten-Augen<br />

leuchten. Der Vorführeffekt hat<br />

wieder einmal funktioniert.<br />

Und wie sollte sich die moderne<br />

Küche rein äußerlich präsentieren?<br />

„Die kommt in Hochglanz und<br />

edlem Materialmix daher.“ Echtholz,<br />

Edelstahl, Granit und Glas <strong>–</strong><br />

versiegelt, patiniert, poliert. Polierte<br />

Oberflächen seien ohnehin<br />

benutzerfreundlicher, lassen sich<br />

leicht säubern und sehen einfach<br />

nach mehr aus. Klares Design,<br />

gepaart mit der richtigen Portion<br />

Hightech <strong>–</strong> eine Küche, die alle<br />

Sinne anspricht.<br />

Text/Fotos: Doreen Bülow<br />

23


24<br />

GRÜNDERGEIST<br />

Es gibt kein Aber: Gründer sind nie zu alt<br />

Der Wirtschaftswissenschaftler<br />

Pr<strong>of</strong>. Günter Faltin erhielt in diesem<br />

Jahr für sein Unternehmen „Teekampagne“<br />

den Deutschen Gründerpreis:<br />

Was vor 24 Jahren als Entrepreneurship-Projekt<br />

an der<br />

Freien Universität Berlin begann,<br />

hat sich bis heute zum weltweit<br />

größten Importeur von Darjeeling-<br />

Tee mit rund 200 000 Kunden entwickelt.<br />

Die Idee ist einfach: Auf<br />

eine einzige Sorte Tee konzentrieren,<br />

damit die Einkaufsmengen<br />

groß genug werden, um den Zwischenhandel<br />

auszuschalten. In<br />

Großpackungen abgefüllt, direkt<br />

an die Kunden verschickt, die ihre<br />

Bestellungen überwiegend im<br />

Internet tätigen, spart Transportwege<br />

und Verpackungsmaterial.<br />

Das Ergebnis ist ein hochwertiges<br />

Produkt - zu einem äußerst günstigen<br />

Preis. Das Modell der Teekampagne<br />

ist inzwischen auch auf<br />

andere Produkte angewendet worden:<br />

zum Beispiel auf Rapskernöl,<br />

Apfelsaftkonzentrat oder Energiesparlampen.<br />

Pr<strong>of</strong>. Günter Faltin hat<br />

das „Labor für Entrepreneurship“<br />

gegründet und wirbt für mehr<br />

Gründergeist in Deutschland. In<br />

seinem Buch „Kopf schlägt Kapital“<br />

legt er seine Vorstellungen vom<br />

„Citizen-Entrepreneur“ ausführlich<br />

dar.<br />

<strong>Rostock</strong> „<strong>delüx</strong>“ besuchte den<br />

Entrepreneurship-Workshop in<br />

Berlin und sprach mit Pr<strong>of</strong>. Günter<br />

Faltin.<br />

Günter Faltin, ich würde ja gern<br />

gründen, aber ich hab doch kein<br />

Geld.<br />

Ich würde mich freuen, wenn man<br />

die Klischees über das Gründen<br />

einmal zu Hause lassen würde.<br />

Heute ist Kapital längst nicht mehr<br />

der Engpass. Es gibt Bereiche, beispielsweise<br />

im High-Tech-Sektor,<br />

die kapitalintensiv sind. Aber sie<br />

liegen statistisch eher bei zehn bis<br />

15 Prozent der Gesamtzahl der<br />

Gründungen. Im Gegensatz dazu<br />

gibt es einen großen Sektor, den<br />

wir „Konzept-kreative Gründungen“<br />

nennen. Dafür braucht man<br />

nur wenig Kapital. Die Investition<br />

entsteht da im Ausarbeiten eines<br />

guten Ideenkonzepts. Von Richard<br />

Branson stammt der Satz „Wir hatten<br />

kein Geld, also mussten wir<br />

kreativ sein.“ Ein Beispiel aus der<br />

Teekampagne: Für den ersten Container<br />

Darjeeling-Tee, der 1985 für<br />

uns in Deutschland landete, war<br />

ein Zahlungsziel von 60 Tagen vereinbart:<br />

30 Tage war die Fracht<br />

unterwegs, drei Tage brauchten wir<br />

zum Abfüllen <strong>–</strong> blieben uns vier<br />

Wochen zum Verkaufen. Wir haben<br />

unsere Rechnung pünktlich beglichen.<br />

Ich bin auch skeptisch<br />

gegenüber Fördermitteln: Der Förderdschungel<br />

hält sie auf, lenkt<br />

nicht selten in die falsche Richtung,<br />

weg von der Arbeit an der Idee, hin<br />

zu den Fördertöpfen, und bindet<br />

ihre Kreativität. Und wenn sie doch<br />

Geld brauchen, dann gehen sie<br />

nicht unbedingt zu den Banken,<br />

sondern suchen Sie sich besser<br />

einen Business Angel.<br />

Aber ich bin doch zu alt zum<br />

Gründen.<br />

Noch so ein Klischee. Natürlich<br />

ist es gut, jung anzufangen. Aber<br />

wer heute mit 50 oder schon mit<br />

45 zu alt ist für den Arbeitsmarkt,<br />

der hat durchaus das richtige<br />

Alter, um ein Unternehmen zu<br />

gründen! Entrepreneurship hält<br />

jung an Körper und Geist. Unser<br />

ältester Gründer im Labor ist<br />

übrigens 78 Jahre alt, er etabliert<br />

sich gerade <strong>–</strong> erfolgreich <strong>–</strong> in der<br />

Kosmetikbranche.<br />

Aber ich komm doch mit der<br />

ganzen Bürokratie nicht klar.<br />

Es ist richtig, dass gerade in<br />

Deutschland die bürokratischen<br />

Anforderungen besonders ausgeprägt<br />

sind. Deshalb: Lagern Sie<br />

die Bürokratie aus! Lassen Sie das<br />

andere für Sie erledigen, das Geld<br />

dafür ist gut angelegt. Auch die<br />

Gründungsidee von Holger Johnson<br />

mit seinem „ebuero“ geht in<br />

diese Richtung. Dort kann Ihnen<br />

ein großer Teil der täglichen<br />

Büroarbeit abgenommen werden.<br />

Holger selbst hat es zu<br />

Beginn auch so gemacht und den<br />

ganzen Bürokram <strong>–</strong> Buchhaltung<br />

und Steuern, Bilanzen und Statistiken<br />

<strong>–</strong> jemandem überlassen,<br />

der sich damit auskannte.<br />

Wir arbeiten in der Projektwerkstatt<br />

auch schon an einem Angebot,<br />

das viel des internen Rechnungswesens<br />

für den Gründer<br />

bewältigt.<br />

Im Teelabor von Darjeeling prüft Pr<strong>of</strong>. Günter Faltin die Ernte. Engagiert in Indien: Die Teekampagne hilft bei der Aufforstung.<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


Aber womit soll ich denn gründen:<br />

Es ist doch schon alles erfunden.<br />

Sie müssen doch nichts völlig<br />

Neues machen! Nur besser. Oder<br />

billiger. Am besten natürlich beides<br />

<strong>–</strong> wie bei der Teekampagne. Sehen<br />

Sie: 80 Prozent aller Zahnbürsten in<br />

deutschen Läden kommen aus<br />

einer einzigen Fabrik. Und sie<br />

kosten <strong>–</strong> egal wie bunt die Super-<br />

Bürste daherkommt <strong>–</strong> rund 20 Cent<br />

in der Herstellung, die besonders<br />

ausgefallenen vielleicht 40 Cent.<br />

Da ist die Verpackung schon dabei.<br />

Wer sagt denn, dass nur die eingeführten<br />

Marken eine Zahnbürste in<br />

Auftrag geben dürfen? Das können<br />

Sie auch! Gehen Sie in den Supermarkt,<br />

suchen Sie sich ein Produkt,<br />

das Ihnen zu teuer vorkommt und<br />

recherchieren Sie, wie man es preiswerter<br />

machen kann.<br />

Aber die großen Firmen beherrschen<br />

doch den Markt.<br />

Das sieht so aus und natürlich<br />

haben die Konzerne auch ein Interesse<br />

daran, dass dieses Bild erhalten<br />

bleibt. Aber wer genau hinschaut,<br />

der sieht,dass die wirklichen Innova-<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

tionen nicht von den Großen kommen,<br />

sondern von kleinen, flexiblen<br />

Unternehmen. Es gibt viele Beispiele<br />

dafür, dass die Kleinen nicht nur<br />

innovativer, sondern auch erfolgreicher<br />

sind als die Großen.<br />

Aber die Anderen klauen mir doch<br />

die Ideen.<br />

Die Angst davor, per Ideenklau<br />

ausgebootet zu werden, ist im Stadium<br />

vor der Gründung unbegründet.<br />

Das kommt viel seltener vor,<br />

als man denkt. Viel schlimmer<br />

wäre es, wenn Sie sich einigeln in<br />

dem Bemühen, Ihre Idee vor Nachahmungen<br />

schützen zu wollen.<br />

Lassen Sie sich lieber darauf ein,<br />

Partner zu finden und Netzwerke<br />

zu knüpfen. Das bringt Sie weiter.<br />

Erst wenn Sie bereits erfolgreich<br />

im Markt sind, wird das Thema<br />

Imitation virulent.<br />

Aber ich hab Angst, dass ich mit<br />

einem Riesenberg Schulden dastehe,<br />

wenn die Gründung schief geht.<br />

Das kann Ihnen dann passieren,<br />

wenn Sie mit Fremdkapital gründen.<br />

Fangen Sie klein an, probieren<br />

Sie Ihre Idee im Freundes- und<br />

Bekanntenkreis aus und analysieren<br />

Sie die Reaktionen. Erst wenn<br />

Sie sehen, dass es klappt, sollten<br />

Sie in größerem Maßstab investieren.<br />

Erst dann, wenn der „pro<strong>of</strong> <strong>of</strong><br />

concept“ vorliegt, sollten Sie riskieren,<br />

sich zu verschulden.<br />

Aber wenn ich gründe, hab ich<br />

doch gar keine Zeit mehr für mich<br />

und meine Familie.<br />

Überarbeitet zu sein gehört in<br />

Deutschland schon fast zum guten<br />

Ruf eines Selbstständigen. Aber wir<br />

leben heute in einer Gesellschaft,<br />

die in hohem Maße spezialisiert ist.<br />

Das heißt: Alles was andere besser<br />

können, sollten Sie als Gründer<br />

auch von anderen erledigen lassen.<br />

Sie sind der Komponist, sie müssen<br />

sich nicht damit beschäftigen, jedes<br />

Instrument selbst zu lernen, um es<br />

spielen zu können. Wenn Ihr Unternehmen<br />

nicht genug Geld abwirft,<br />

um diese Dienstleistungen zu<br />

bezahlen, dann müssen Sie an<br />

Ihrem Geschäftsmodell noch weiter<br />

arbeiten. Dann gründen Sie besser<br />

noch nicht.<br />

GRÜNDERGEIST<br />

Aber ich hab doch keine Ahnung<br />

von Betriebswirtschaft.<br />

Die würde Ihnen im Gründungsstadium<br />

auch nicht viel helfen. Die<br />

Betriebswirtschaftslehre ist zur<br />

Bewältigung von Komplexität in<br />

Großunternehmen entstanden.<br />

Zum Gründen brauchen sie ein<br />

Konzept, eine Idee, Kreativität,<br />

einen langen Atem. Mit Ihren<br />

finanziellen Mitteln müssen Sie<br />

äußerst sparsam und vorsichtig<br />

umgehen - aber das wissen Sie<br />

h<strong>of</strong>fentlich auch ohne BWL-Studium.<br />

Wenn Ihre Gründung erfolgreich<br />

ist, Ihr Unternehmen wächst,<br />

komplexer wird, dann brauchen<br />

Sie BWL, dann ist es an der Zeit,<br />

sich intensiver mit dem Thema zu<br />

beschäftigen und jemanden zu<br />

suchen, der Sie als Gründer kongenial<br />

ergänzt. Dann wird das Thema<br />

„Lead Entrepreneur und Management<br />

Team“ wichtig.<br />

Günter Faltin, danke für das<br />

Gespräch.<br />

Frank Schlößer<br />

Informationen unter :<br />

www.teekampagne.de


26<br />

TRADITION<br />

So begann alles.<br />

80 Jahre Taschenbrecker<br />

Es begann mit demRöhrenradio<br />

Ausgerechnet 1929, im Jahr der<br />

Weltwirtschaftskrise, hat Walter<br />

Taschenbrecker sein Geschäft in der<br />

Wismarschen Straße eröffnet.<br />

Gerade erst hatte der 22-Jährige in<br />

Sternberg seinen Techniker<br />

gemacht, sich dann in der Verwandtschaft<br />

Geld zusammengeliehen,<br />

um am 1. Juli mit einer Verkaufsstelle<br />

der Mitteldeutschen<br />

Fahrradwerke den Sprung in die<br />

Selbstständigkeit zu wagen. Ein<br />

selbst in normalen Zeiten mutiger<br />

Schritt. Hätte der junge Mann<br />

geahnt, dass schon im Oktober die<br />

Börse zusammenbrechen würde <strong>–</strong><br />

er hätte ihn wohl kaum getan. Doch<br />

das Unternehmen, das damals ganz<br />

nebenbei auch Plattenspieler und<br />

die ersten Rundfunkempfänger verkaufte,<br />

hat überlebt. Heute ist es<br />

spezialisiert auf Unterhaltungselektronik<br />

der gehobenen Preisklasse<br />

und feierte jüngst sein 80.<br />

Jubiläum.<br />

„Die Anfänge müssen wirklich hart<br />

gewesen sein“, erzählt Gerhard<br />

Klippstein, der Schwiegersohn des<br />

Firmengründers. Es sei vorgekommen,<br />

dass an einem kompletten<br />

Geschäftstag nicht mehr als<br />

eine einzige Fahrradklingel über<br />

den Tresen ging. Doch Walter<br />

Taschenbrecker und seine Frau<br />

Adele gaben nicht auf. In ihrer<br />

mechanischen Werkstatt fertigten<br />

sie nebenbei Feuerzeuge, Ölpressen<br />

oder Kochhexen, jene einfachen<br />

Holz-/Kohleöfen, mit denen sich<br />

auch in schwierigen Zeiten etwas<br />

Warmes zaubern ließ. Plattenspieler<br />

zum Kurbeln, die man auch an<br />

den Strand mitnehmen konnte,<br />

entwickelten sich zum Verkaufsschlager.<br />

In den 30er Jahren wurden<br />

sie abgelöst vom „Volksempfänger“,<br />

dem Rundfunkgerät für jedermann.<br />

Gerhard Klippstein blättert<br />

im Firmenalbum und bleibt bei<br />

Gerhard und Kristin Klippstein im Laden heute.<br />

einem Foto aus dem Jahr 1939 hängen.<br />

Ein Röhrenradio neben dem<br />

anderen präsentiert sich da im<br />

Schaufenster. Die Fahrräder, die<br />

anfangs noch im Mittelpunkt standen,<br />

hängen darüber an der Decke.<br />

Später im zweiten Weltkrieg, wurde<br />

der Sitz des Unternehmens in der<br />

Wismarschen Straße 14 restlos zerbombt,<br />

was Drama und Neuanfang<br />

Fotos: Privat (2)<br />

zugleich bedeutete. Zunächst fand<br />

sich ein Ausweichquartier, wenige<br />

Schritte entfernt, in der Hausnummer<br />

18. Dann kaufte Taschenbrecker<br />

das Trümmergrundstück und<br />

machte sich mit Unterstützung der<br />

gesamten Familie ans Aufräumen.<br />

Sein 1934 geborener Nachfolger<br />

erinnert sich: „Die ganzen Ausschachtungsarbeiten<br />

haben wir<br />

mit der Hacke in der Hand selbst<br />

gemacht.“ Auf das Ergebnis ist er<br />

heute noch stolz: „Ostern 1957 war<br />

alles fertig. Das war in <strong>Rostock</strong> der<br />

erste privat finanzierte Neubau<br />

eines Wohn- und Geschäftshauses<br />

nach dem Krieg.“<br />

Privatwirtschaftlich zu arbeiten,<br />

das war und blieb erklärtes Ziel des<br />

Familienbetriebs. Doch in sozialistischen<br />

Zeiten drohte beständig das<br />

Damoklesschwert der Verstaatlichung.<br />

Kristin Klippstein, die heute<br />

in dritter Generation die Geschäfte<br />

führt, erinnert sich: „Mein Großvater<br />

hat alles Mögliche getan, damit<br />

es dazu nicht kommt.“ Ein Beispiel:<br />

Walter Taschenbrecker ließ sich als<br />

einer der ersten in der Stadt darauf<br />

ein, als Kommissionshändler für die<br />

Handelsorganisation (HO) aufzutreten.<br />

Gerhard Klippstein, der mit<br />

seiner Frau Waltraud, geborene<br />

Taschenbrecker, 1976 das Zepter<br />

übernahm, winkt ab: „Es war ein<br />

beständiger Kampf um Ware.“<br />

Immerhin gelang es zeitgleich,<br />

einen Direktliefervertrag mit dem<br />

Nähmaschinenwerk Wittenberg<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


Werkstattleiter Jürgen Justus. Fotos: Katja Bülow (2)<br />

abzuschließen. Und so rollten die<br />

Maschinen waggonweise in die<br />

Hansestadt. Natürlich wurde nicht<br />

nur Neuware vertrieben, sondern<br />

auch der entsprechende Service<br />

geboten. „Ich habe in 30 Jahren<br />

22.000 Nähmaschinen repariert“,<br />

erinnert sich Gerhard Klippstein.<br />

„Wenn man die alle aneinander reihen<br />

würde, käme man von hier bis<br />

nach Warnemünde.“<br />

Erst Mitte der 70er Jahre war der<br />

Wandel zum ausschließlichen Handel<br />

mit Unterhaltungselektronik<br />

vollzogen. Aus dem einstigen Ein-<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

mann-Betrieb ist inzwischen ein<br />

florierendes mittelständisches<br />

Unternehmen mit 50 Mitarbeitern<br />

geworden, aus dem heraus sich in<br />

diesem Jahr sogar noch eine GmbH<br />

gegründet hat. Die 41-jährige<br />

Kristin Klippstein erklärt: „Wir<br />

machen den Reparatur- und Lieferservice<br />

für alle Saturn-Märkte in<br />

Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg,<br />

Lübeck und Flensburg. Allein<br />

in Hamburg sind das zehn Märkte.“<br />

Im Laufe der Zeit sei dieser Servicebereich<br />

so sehr gewachsen, dass<br />

eine Teilung sinnvoll wurde.<br />

Geschäftsführender Gesellschafter<br />

der neuen TasaT GmbH sind<br />

übrigens Kristin Klippstein und ihr<br />

Lebenspartner Tilo Strauch <strong>–</strong> ein<br />

Familienunternehmen, wie es im<br />

Buche steht.<br />

Wenn Kristin Klippstein mit ihrem<br />

Hund, dem Golden Retriever Danny,<br />

an der Seite durchs Geschäft geht,<br />

dann ist sie umgeben von Hightech-Elektronik<br />

der gehobenen<br />

Klasse. Zentrale Themen, mit denen<br />

sie sich befasst, sind „Multiroom<br />

und Connectivity“. Zu deutsch: Die<br />

Kundschaft möchte von jedem<br />

TRADITION<br />

Familienunternehmen<br />

sind eine Klasse für sich, davon ist Kristin Klippstein überzeugt. Ein<br />

wichtiger Faktor dabei: die Kontinuität. Sie zählt auf: „Unser Außendiensttechniker<br />

Wolf-Dieter Tabel ist schon seit 21 Jahren bei uns,Werkstattleiter<br />

Jürgen Justus und Henrik Schönfeld, unser Verkaufschef im<br />

Laden seit über zehn Jahren...“ Und <strong>of</strong>fenbar funktioniert auch der<br />

Zusammenhalt. So laufen die „Taschenbreckers“ jedes Jahr als Firma<br />

beim Staffelmarathon auf dem Darss mit. Zum Jubiläum schließlich<br />

wurde nicht einfach nur mit einem Sekt angestoßen. Man startete<br />

gemeinsam zu einer 17 Kilometer langen Draisinenfahrt, stieg dann auf<br />

ein Pferdefuhrwerk um und beendete den Tag mit einer Bootstour über<br />

den Nossentiner See.<br />

Raum aus die Technik im gesamten<br />

Haus steuern können. Und sie<br />

möchte selbstverständlich auch,<br />

dass Fernseher, Computer und Co.<br />

nahtlos miteinander vernetzt sind,<br />

Internetradio ebenso über den<br />

Fernseher wie das Fernsehprogramm<br />

auch über den PC zu empfangen<br />

ist. Ärgerlich sei vielmehr,<br />

dass es kaum noch Laufkundschaft<br />

gebe. Die Verkehrsberuhigungen<br />

der jüngsten Vergangenheit hätten<br />

das Leben als Unternehmer in der<br />

Wismarschen Straße deutlich<br />

schwerer gemacht. Katja Bülow<br />

27


28<br />

KRIMINELL<br />

Die erste Leiche hat er vor 35<br />

Jahren gesehen. Sie war kohlrabenschwarz<br />

und stank aufs Übelste.<br />

Bestimmt ein Afrikaner oder<br />

so, dachte sich der angehende<br />

Kriminalist und zwang sich trotz<br />

zittriger Knie zur coolen Maskerade.<br />

Als der obduzierende<br />

Pathologe den vergammelten<br />

Körper aufschneidet und widerliche<br />

Gase entfleuchten, verliert<br />

Hartmut Olth<strong>of</strong>f dann doch die<br />

Gesichtsfarbe. Das Gespött seiner<br />

anwesenden Kollegen ist<br />

ihm nun sicher. Heute lacht Hartmut<br />

Olth<strong>of</strong>f, kurz Oli genannt,<br />

über die Geschichte.<br />

Die Macht der Demütigung setzte<br />

der junge Mann in Ehrgeiz um.<br />

Das würde ihm nie wieder passieren,<br />

schwört er sich und entschied<br />

zugleich, von nun an jede<br />

Leiche nicht als Mensch, sondern<br />

als Gegenstand zu betrachten.<br />

Das hat sich bis heute nicht<br />

geändert. Auch seine Strebsamkeit<br />

hat er sich in all den Jahren<br />

nicht nehmen lassen: Hartmut<br />

Olth<strong>of</strong>f ist längst zum Kripo-Chef<br />

avanciert, eine Koryphäe auf seinem<br />

Gebiet und durch Funk und<br />

Fernsehen über die Landesgrenzen<br />

hinaus populär. Der St<strong>of</strong>f, der<br />

ihn in den Fokus der Öffentlichkeit<br />

rückte, ist handelsübliches<br />

DDR-„Fit“, vom VEB Fettchemie<br />

Karl-Marx-Stadt/Hirschfelde hergestellt.<br />

Das Spülmittel diente dem Kommissar<br />

als Effektverstärker für<br />

eine Substanz namens Luminol.<br />

Diese wird bei der Spurensicherung<br />

für den Nachweis von Blutresten<br />

eingesetzt. Auch bereits<br />

weggewischte Blutspuren können<br />

Jahre später mithilfe der<br />

Substanz wieder sichtbar<br />

gemacht werden. Unter Zugabe<br />

von Wasserst<strong>of</strong>fperoxid wird die<br />

Substanz auf die zu untersuchenden<br />

Flächen gesprüht.<br />

Befinden sich darauf auch nur<br />

kleinste Blutspuren kommt es<br />

zu einer sichtbaren Fluoreszenz.<br />

Diese bläuliche Chemolumineszenz<br />

leuchtet jedoch nur kurz<br />

auf, was die fotographische<br />

Beweissicherung erschwert.<br />

Um das magische Leuchten<br />

sowohl zu intensivieren als auch<br />

zu verlängern, experimentierte<br />

Olth<strong>of</strong>f mit DDR-„Fit“. Das Verfahren<br />

scheint den gewünschten<br />

Effekt zu erzielen und<br />

wird schließlich in der Fachabteilung<br />

für Kriminaltechnik<br />

der <strong>Rostock</strong>er Polizei gängige<br />

Praxis. Später geht es als<br />

<strong>Rostock</strong>er Methode in die<br />

Polizei-Lehrbücher ein. Olth<strong>of</strong>f<br />

lacht und winkt ab. Er ist vor<br />

wenigen Monaten in Pension<br />

gegangen. Die kriminaltechnischen<br />

Anfänge hat er noch gut<br />

vor Augen: erst die empfindlichen<br />

Fotoapparate, dann die 8mm-Filmkamera,<br />

„ein olles Russending<br />

mit nur 30 Meter Film<br />

drauf“. Oder die polnischen<br />

Steckschablonen zur Phantombilderstellung.<br />

Geheimnisvolles „Fit“<br />

Dem Luminol-Kommissar<br />

auf der Spur<br />

Zu DDR-Zeiten war Olth<strong>of</strong>f im 24-<br />

Stunden-Bereitschaftsdienst für<br />

den Bezirk <strong>Rostock</strong> zuständig.<br />

„Das war ein Leben auf dem<br />

Sprung“, sagt er knapp. Wurde er<br />

samstags und sonntags mal nicht<br />

zum Dienst gerufen, fuhr er trotzdem<br />

in den Sektionssaal,„um dort<br />

mit den Kollegen neue Methoden<br />

durchzuexerzieren“. Um vor<br />

Gericht Beweisfilme vorführen zu<br />

dürfen, legte er ihm Theater des<br />

Friedens eine Prüfung zum Filmvorführer<br />

ab. Er absolvierte neben<br />

Kamera- und Fotokursen, Lehrgänge<br />

bei Präparatoren und ließ<br />

sich, wann immer er etwas ganz<br />

genau wissen wollte, von einem<br />

Fachmann seiner Wahl unterweisen.<br />

Er hat seinen Job nie als<br />

Beruf, sondern als Berufung verstanden.<br />

Seine Frau habe ihm<br />

dafür den Rücken freigehalten<br />

und die drei Jungs erzogen.<br />

„Fit“-Spülmittel aus DDR-Zeiten wird in den Beständen der Polizeidirektion<br />

<strong>Rostock</strong> gelagert.Verdünnt man wenige Tropfen mit der chemischen<br />

Verbindung Luminol lassen sich alte Blutspuren wieder sichtbar machen.<br />

Seiner Wissbegierde und dem<br />

ehrgeizigen Fleiß folgte Schritt<br />

für Schritt der berufliche Aufstieg.<br />

Dennoch blieben seine Verdienste<br />

außerhalb der polizeibehördlichen<br />

Mauern unbeachtet.<br />

Bis zu jenem Tag, an dem er die<br />

geheimnisvolle „Fit“-Wirkung<br />

gegenüber einem Bild-Reporter<br />

beiläufig erwähnte. Die Nachricht<br />

verbreitete sich wie ein<br />

Lauffeuer. Das Interesse der<br />

Medien war riesig <strong>–</strong> in der Polizeidirektion<br />

<strong>Rostock</strong> gaben sich<br />

Journalisten aus halb Europa die<br />

Klinke in die Hand. Hartmut<br />

Olth<strong>of</strong>f wurde berühmt und<br />

dass, obwohl er es „mit der Presse<br />

eigentlich nicht so hat und<br />

lieber in Ruhe seine Arbeit<br />

macht“.<br />

Ein ebenfalls prominenter Kollege,<br />

der medienaffine Kriminalbiologe<br />

Dr. Mark Benecke, war es dann<br />

aber, der ihn „ein wenig verschnupfte“.<br />

Er hatte in einer wissenschaftlichen<br />

Abhandlung die<br />

Wirkung des Spülmittels „Fit“ auf<br />

die Fluoreszenz untersucht. In der<br />

vorgelegten Arbeit heißt es: „Es<br />

fanden sich keine Inhaltsst<strong>of</strong>fe in<br />

der alten „Fit“-Version, die den<br />

berichteten Effekt der Intensivie-<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


ung und gleichzeitigen Verlängerung<br />

bewirken würde.“ Damit war<br />

das DDR-Fit entzaubert, der<br />

Mythos zerstört. Olth<strong>of</strong>f zuckt mit<br />

den Schultern und grinst:„Ich habe<br />

nur gesagt, dass unter den damaligen<br />

technischen Bedingungen das<br />

Leuchten der Fluoreszenz besser<br />

auf Fotopapier zu bahnen war.<br />

Mehr nicht“. Inzwischen ist der<br />

kleine Disput vergessen.<br />

Hartmut Olth<strong>of</strong>f hat sich auf<br />

seinem Wissen nie ausgeruht. Er<br />

war ständig unterwegs, um<br />

Neues zu lernen. 2006 flog er ins<br />

Thailändische Phuket. Dort<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

Hartmut Olth<strong>of</strong>f im Overall. Er gehört zur<br />

kriminalpolizeilichen Standardausrüstung.<br />

identifizierte er mit einem internationalen<br />

Team die letzten Tsunami-Opfer.<br />

Das Ganze habe<br />

ihm nichts ausgemacht, sagt er.<br />

„Die harte Dusche am Anfang<br />

war für mich gerade das Richtige.“<br />

Dann atmet er tief aus und<br />

spricht über das permanente<br />

Ausblenden von Emotionen, von<br />

seinem Enkel, mit dem er jetzt<br />

viel Zeit verbringen will. Er<br />

möchte seinen Hobbys, wie dem<br />

Krimilesen, nachgehen und<br />

natürlich die ihm angebotene<br />

Dozentenstelle an der Polizeischule<br />

Güstrow antreten.<br />

Text/Fotos: Susanne Walter


30<br />

THEATER<br />

Georg Kreisler Foto: Frank Schlößer<br />

„Ich freu mich auf<br />

Corny und <strong>Rostock</strong>“<br />

Am 14. November hat die Oper<br />

„Das Aquarium oder die Stimme<br />

der Vernunft“ des österreichischen<br />

Komponisten, Satirikers, Schriftstellers<br />

und Chansonniers Georg<br />

Kreisler uraufgeführt.<br />

Georg Kreisler, ich darf Ihnen eine<br />

schönen Gruß von Corny Littmann<br />

übermitteln, der Ihre Oper inszenieren<br />

wird. Er hat ein wenig Angst,<br />

dass Sie ihm beim Proben zu sehr<br />

über die Schulter schauen.<br />

Danke für den Gruß, ich freu<br />

mich auf Corny und <strong>Rostock</strong>. Aber<br />

seine Angst ist unbegründet. Ich<br />

werde sicher ein paar Tage früher<br />

in <strong>Rostock</strong> sein und natürlich als<br />

Ansprechpartner zur Verfügung<br />

stehen. Vor allem für Peter Leonard<br />

und das Orchester, falls es<br />

Fragen mit der Partitur gibt. Aber<br />

ich werde niemandem dreinreden.<br />

Außerdem: „Das Aquarium“<br />

ist eine absurde Oper, da ist jede<br />

Idee erlaubt. Und Corny Littmann<br />

ist ein guter Regisseur, ich kenne<br />

seine Inszenierungen, die haben<br />

mir gefallen und vertraue ihm<br />

voll und ganz.<br />

Sie haben mal ein Lied geschrieben,<br />

das ihr gebrochenes Verhältnis zu<br />

Oper beschreibt, den „Opernboogie“.<br />

Jetzt haben sie selbst eine komponiert.<br />

Wie geht das zusammen?<br />

Das sehen Sie falsch: Ich habe mit<br />

acht Jahren den „Freischütz“ gesehen<br />

und seitdem liebe ich die Oper.<br />

Der Opernboogie ist schon sehr alt,<br />

den habe ich ja schon in Amerika<br />

auf Englisch gesungen, also vor<br />

1955. Das Lied kritisiert aber nicht<br />

die Oper, sondern den ganzen<br />

Betrieb drumherum, die Eitelkeiten<br />

der Dirigenten, Musiker, Sänger<br />

und vor allem des Publikums. Ich<br />

habe das gerade wieder bei den<br />

Salzburger Festspielen gesehen:<br />

Die richtige Garderobe ist vielen<br />

wichtiger als die Aufführung.<br />

Man kennt Sie kaum als Komponist<br />

von Opern, immer nur als den Taubenvergifter<br />

mit den bösen Liedern.<br />

Ist das schlimm, wenn man Sie<br />

immer wieder auf Ihre Lieder<br />

anspricht?<br />

Überhaupt nicht, ich hab sie ja<br />

geschrieben, ich kann zu ihnen stehen.<br />

Und die Tauben sind ja doch<br />

nicht weniger geworden über all<br />

die Jahre. Was das Publikum<br />

betrifft, so ist das völlig in Ord-<br />

nung, es ist ein Kompliment für<br />

mich und die Lieder, dass sie so<br />

lange überlebt haben. Aber ich<br />

gebe zu, dass es kaum hilft, wenn<br />

es darum geht, Opern zur Aufführung<br />

zu bringen. Dann heißt es<br />

bei den Intendanten immer: Der<br />

Kreisler soll seine Lieder singen<br />

und nicht mit modernen, absurden<br />

Opern die Leute erschrecken. Dabei<br />

läuft mein Musical „Adam Schaf<br />

hat Angst“ mit Tim Fischer recht<br />

gut und „Heute abend: Lola Blau“<br />

ist auch ziemlich <strong>of</strong>t zu sehen.<br />

Wie kamen Sie dann zu Peter Leonard?<br />

Sie haben ja einen amerikanischen<br />

Pass. Waren das vielleicht<br />

Beziehungen von einem Amerikaner<br />

zum anderen?<br />

Nein, das spielt keine Rolle. Corny<br />

Littmann hat uns in Hamburg<br />

am Rande einer Lesung einander<br />

vorgestellt, dabei haben wir über<br />

die Oper gesprochen, Peter Leonard<br />

zeigte Interesse. Das ist<br />

alles. Es hätte genausogut ein<br />

deutscher Regisseur oder Intendant<br />

sein können.<br />

Trotzdem: <strong>Rostock</strong>. Einem Georg<br />

Kreisler müsste man doch schon die<br />

Opern aus der Hand reißen, wenn<br />

sie noch gar nicht fertig sind: Für die<br />

großen Häuser in Wien, Berlin und<br />

Zürich.<br />

Das möchte man glauben, aber<br />

dem ist nicht so. Früher fuhren die<br />

Intendanten und Regisseure<br />

durchs Land und suchten nach<br />

neuen, originellen Stücken. In den<br />

großen Städten wird das heute<br />

unter der Hand verschoben, da<br />

geht es eher um Postenschacher<br />

und Geld als um Kunst. Wie risik<strong>of</strong>reudig<br />

kann denn ein Intendant<br />

heute noch sein, wenn sein Theater<br />

von Subventionen abhängig<br />

ist? Für den ist doch die Meinung<br />

des Kulturministers wichtiger, und<br />

der bildet sich die Meinung nach<br />

dem, was er in der Zeitung liest. Ob<br />

das Stück dem Publikum gefällt, ob<br />

die Leute ins Theater kommen <strong>–</strong><br />

das interessiert immer weniger.<br />

Nun, man weiß doch, dass Sie Probleme<br />

haben mit denen, die heute<br />

darüber entscheiden, was auf deutschen<br />

Bühnen gespielt wird...<br />

Ich bin ein alter Mann, ich habe mit<br />

meinen Beinen Probleme. Aber<br />

nicht mit anderen Leuten. Das ist<br />

ein hartnäckiges Gerücht unter<br />

Journalisten. Ich gebe zu, dass es<br />

Leute gibt, die mit mir Probleme<br />

haben. Weil ich zu makaber wäre<br />

oder zu aggressiv oder sonstwas.<br />

Ich hab da inzwischen Gelassenheit<br />

entwickelt. Zur Gelassenheit<br />

sind aber die Medien nicht fähig,<br />

die brauchen immer irgendeinen<br />

blöden Streit. Der Schriftsteller<br />

Daniel Kehlmann hat in seiner<br />

wunderbaren Eröffnungsrede der<br />

Salzburger Festspiele das moderne<br />

Regie<strong>the</strong>ater kritisiert, bei dem die<br />

Regisseure meinen, sie müssten<br />

sich mit ihren Mätzchen über die<br />

Intention des Autors erheben. Da<br />

sind sie von allen Seiten über ihn<br />

hergefallen! Dabei hat er nur<br />

gesagt, was er meinte, sachlich<br />

und begründet. Kaum einer hatte<br />

die Rede gelesen, das lief nur über<br />

die Presse und ein paar Zitate:<br />

Plötzlich haben die Leute Probleme<br />

mit Daniel Kehlmann <strong>–</strong> aber da<br />

sind eigentlich keine.<br />

Dass Corny Littmann aus ihrem<br />

Stück etwas macht, mit dem Sie<br />

nicht einverstanden sind, diese<br />

Befürchtung haben sie nicht?<br />

Nein. Der Unterschied ist: Corny<br />

Littmann versteht sein Handwerk.<br />

Und er kann komische Vorlagen<br />

komisch inszenieren. Das können<br />

die Regisseure des Regie<strong>the</strong>aters<br />

nicht. Und sie wollen es nicht, denn<br />

deren Intention ist die Zerstörung<br />

des Autors. Heraus kommt belangloses<br />

Zeug. Mit ein paar Skandalen<br />

- damit die Presse was zu schreiben<br />

hat. Was wiederum die Publicity<br />

erhöht. Die jungen Leute aber, die<br />

Shakespeare kennenlernen möchten,<br />

kommen aus dem Theater und<br />

denken: Shakespeare ist blöd, oberflächlich<br />

und langweilig. Und<br />

gehen beim nächsten Mal ins Kino.<br />

Zwei Tage vor der Premiere des<br />

„Aquariums“ stellen Sie den<br />

<strong>Rostock</strong>ern Ihr Buch „Letzte Lieder“<br />

vor. Was steht da drin?<br />

Das ist wirklich meine Autobiografie.<br />

Natürlich nicht chronologisch,<br />

dafür gibt es das Buch „Georg<br />

Kreisler gibt es gar nicht“ von<br />

Hans-Juergen Fink und Michael<br />

Seufert. So wie die beiden das aufgeschrieben<br />

haben, könnte ich das<br />

gar nicht. Nein, in „Letzte Lieder“<br />

geht es um meine Erinnerungen,<br />

Gedanken und Betrachtungen.<br />

Und ihr letztes Lied?<br />

Das steht dort noch nicht drin!<br />

Georg Kreisler, danke für das<br />

Gespräch. Frank Schlößer<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


Widerborstig und unangepasst<br />

Der Hamburger Theaterbesitzer,<br />

Präsident des FC St. Pauli und<br />

Regisseur Corny Littmann wird<br />

am <strong>Rostock</strong>er Volks<strong>the</strong>ater die<br />

Uraufführung von Georg Kreislers<br />

Oper„Das Aquarium oder die<br />

Stimme der Vernunft“ inszenieren.<br />

„<strong>Rostock</strong> <strong>delüx</strong>“ besuchte<br />

ihn.<br />

Corny Littmann, Sie haben noch<br />

nie eine Oper inszeniert, und dann<br />

gleich von Georg Kreisler. Haben<br />

Sie nicht ein bisschen Angst?<br />

Nein. Georg Kreisler hat meine<br />

Inszenierungen gesehen, es hat<br />

ihm gefallen, wir sind auch <strong>–</strong> in<br />

Bezug auf den Humor, die Intention,<br />

die Musik <strong>–</strong> auf einer Wellenlänge.<br />

Das ist ja nicht unwichtig.<br />

Aber es gibt natürlich ein<br />

paar Unwägbarkeiten bei dieser<br />

Inszenierung: Ich habe ein neues<br />

Team, ich begebe mich in den<br />

Betrieb eines städtischen Theaters<br />

mit seinen Plänen, Abteilungen<br />

und Zuständigkeiten. Da<br />

muss ich sehen, wie ich zurechtkomme,<br />

das bin ich nicht<br />

gewohnt. Ich habe nur vor einer<br />

Sache ein wenig Angst: Dass sich<br />

Georg Kreisler mit in die Endproben<br />

setzt und mir Tipps für die<br />

Inszenierung gibt...<br />

Woher kennen Sie Georg Kreisler?<br />

Ich bin seit Ewigkeiten ein glühender<br />

Fan von Georg Kreisler,<br />

ich hüte seine Platten und kenne<br />

viele seiner Lieder. Ich muss ihn<br />

so Anfang der 70er Jahre kennengelernt<br />

haben...<br />

Ach, so lange schon?<br />

Natürlich nicht persönlich! Das<br />

war erst vor einigen Jahren in<br />

Hamburg. Als die beiden Journalisten<br />

Hans-Juergen Fink und<br />

Michael Seufert seine Biografie<br />

„Georg Kreisler gibt es gar nicht“<br />

vorstellten, hat uns Tim Fischer<br />

miteinander bekanntgemacht.<br />

Und dann stand fest, dass er sein<br />

Ein-Mann-Musical „Adam Schaf<br />

hat Angst“ gern selbst inszenieren<br />

würde, nachdem die Uraufführung<br />

im Berliner Ensemble so<br />

danebengegangen war. Und<br />

eines weinseligen Abends bekam<br />

ich einen Anruf aus München, ob<br />

er das nicht im Schmidt-Theater<br />

machen könne. Und das war<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

natürlich die Erfüllung eines<br />

Jugendtraumes für mich.<br />

Was mögen Sie an Kreisler?<br />

Dass er über all die Jahre hinweg<br />

so widerborstig und unangepasst<br />

geblieben ist. Dieser hervorragende<br />

Komponist, brillanter<br />

Texter und <strong>–</strong> bis vor wenigen<br />

Jahren <strong>–</strong> großartige Interpret<br />

hätte sich mit ein wenig mehr<br />

Ranschmeißen an die Plattenindustrie<br />

und ans Fernsehen ein<br />

Riesenpublikum erarbeiten können.<br />

Er hat das aber nie getan,<br />

sich entweder widersetzt oder<br />

er hat seine Bedingungen<br />

gestellt. Das ist mir sehr nah.<br />

Georg Kreislers Bekann<strong>the</strong>it ist<br />

zwar gewachsen, und natürlich<br />

gibt es Plattenaufnahmen und<br />

Fernsehauftritte. Aber der Kreis<br />

seiner Fans ist immer begrenzt<br />

geblieben, sein Publikum bleibt<br />

bis heute ein spezielles.<br />

Das Schmidt-Theater an der Reeperbahn<br />

ist bekannt für Stücke,<br />

die sehr lange sehr erfolgreich<br />

laufen. Sie haben in beiden Häusern,<br />

dem Schmidt Theater und<br />

Schmidt‘s Tivoli, täglich über 1000<br />

Plätze zu besetzen und sind mit<br />

rund 90 Prozent ausgelastet. Wie<br />

machen sie das?<br />

Das muss man sich <strong>–</strong> selbst in<br />

einer Stadt wie Hamburg - lange<br />

erarbeiten und dann darf man<br />

natürlich nicht locker lassen.<br />

Wenn ich zum Beispiel eine<br />

Schlager-Revue inszeniere, dann<br />

weiß das Publikum, dass es mitsingen<br />

kann, aber dass es natürlich<br />

erlaubt ist, sich über<br />

bestimmte Textzeilen zu amüsieren:<br />

„Er gehört zu mür wie<br />

mein Name an der Tür“ <strong>–</strong> das ist<br />

überwältigend! Ich bin erst im<br />

reiferen Alter, mit der Distanz<br />

von zwei Jahrzehnten ein Verehrer<br />

von Marianne Rosenberg<br />

geworden, aber dafür umso heftiger.<br />

Natürlich tritt in der Revue<br />

„Karacho“ auch ein Heino auf,<br />

der gehört einfach dazu. Aber<br />

mit seinem Lied „Karamba, Karacho,<br />

ein Whisky“ kommt er nicht<br />

weit - dann explodiert immer<br />

irgendwas. Er kann einem leid<br />

tun. Statt dessen freut sich das<br />

Publikum jedes Mal. Selbst<br />

wenn es nach dem dritten<br />

Vorhang auf für Corny Littmann am<br />

<strong>Rostock</strong>er Volks<strong>the</strong>ater.<br />

Foto: Frank Schlößer<br />

Besuch keine wirklichen Überraschungen<br />

mehr gibt.<br />

Ihr „Caveman“ lief um die<br />

800mal...<br />

Und läuft auch weiter im<br />

Schmidt‘s Tivoli. Caveman ist<br />

eben ein gutes Stück, leicht, temporeich<br />

und intelligent. Deshalb<br />

funktioniert es auch mit den vielen<br />

anderen „Cavemen“, die in<br />

der Bundesrepublik unterwegs<br />

sind. Aber haben wir das Glück,<br />

dass wir sozusagen das deutsche<br />

Original verpflichten konnten:<br />

Kristian Bader hat das englische<br />

Stück von Rob Becker übersetzend<br />

bearbeitet, Es<strong>the</strong>r Schweins<br />

hat bei ihm Regie geführt.<br />

Ihre beiden Theater befinden sich<br />

mitten auf der Amüsiermeile von<br />

Sankt Pauli, sozusagen zwischen<br />

Puffs und Striptease-Lokalen.<br />

THEATER<br />

Färbt dieses anrüchige Rotlicht-<br />

Milieu nicht auf Ihre Häuser ab?<br />

Nein, das ist so gewachsen. Man<br />

kennt sich eben. Man kennt seine<br />

Nachbarn, man weiß, in welcher<br />

Striptease-Bar auch erotische<br />

Literatur gelesen wird. Und wo<br />

nicht. Die Grenzen sind fließend,<br />

das stimmt <strong>–</strong> aber niemand wird<br />

gezwungen, nach einem Besuch<br />

im Tivoli noch woanders hin zu<br />

gehen.<br />

Georg Kreisler hat in Ihrem Theater<br />

inszeniert, Sie wussten, dass er<br />

an einer Oper schreibt. Warum<br />

haben sie die Uraufführung nicht<br />

zu sich ins Schmidt-Theater<br />

geholt?<br />

Theoretisch hatte ich diese Chance.<br />

Praktisch nicht. Ich habe hier<br />

wunderbare Musical-Sängerinnen<br />

und Sänger. Aber die kann<br />

ich nicht einfach Oper singen lassen,<br />

das ist eine andere Technik.<br />

Umgekehrt funktioniert das -<br />

manchmal. Das ist der eine<br />

Grund. Der andere: Eine Oper<br />

gehört in ein Opernhaus. In diesem<br />

Fall in ein Mehrspartenhaus,<br />

in dem aber die Oper einen festen<br />

Platz hat. Das Schmidt-Theater<br />

ist anders pr<strong>of</strong>iliert: Bei uns<br />

gibt es musikalisches Unterhaltungs<strong>the</strong>ater.<br />

Wir haben mit großem<br />

Erfolg das Singspiel „Im weißen<br />

Rößl“ von Benatzky<br />

aufgeführt, aber das liegt schon<br />

ziemlich am Rand unserer Bandbreite.<br />

Sie hatten aber doch schon „Carmen“<br />

im Programm...<br />

Ich bitte Sie: Das Stück hieß„Marlene<br />

Jaschke ist Carmen“! Es lief<br />

erfolgreich, war über 100mal<br />

ausverkauft. Aber das war auch<br />

das letzte Mal, dass ich ein<br />

Orchester engagiert habe: Punkt<br />

13 Uhr war Mittagspause und die<br />

Probe war zu Ende! So kann ich in<br />

meinem Theater nicht arbeiten.<br />

Inzwischen haben wir ein eigenes<br />

Orchester, das allerdings viel<br />

zu klein ist für diese Oper. Ehrlich:<br />

Ich kam gar nicht auf die Idee,<br />

das „Aquarium“ bei mir zu inszenieren.<br />

Umso schöner ist es,<br />

wenn ich in <strong>Rostock</strong> die Möglichkeit<br />

dazu habe.<br />

Frank Schlößer<br />

31


32<br />

KUNST<br />

Redakteur Jan-Peter Schröder<br />

schwingt bereits zum dritten<br />

Mal den Hammer bei der OZ-<br />

Kunstauktion.<br />

„Wir sind ja nicht bei So<strong>the</strong>bys.“<br />

Auktionator Jan-Peter Schröder<br />

sagt das nicht mit Bescheidenheit,<br />

sondern mit einem amüsierten<br />

Unterton:„Bei uns gibt es<br />

immer noch einen Schnack zu<br />

den Exponaten, dazu musikalische<br />

Pausen und ein Gläschen<br />

Wein.“ Inzwischen steht die 17.<br />

Kunstauktion der Ostsee-Zeitung<br />

ins Haus und so wichtig es im<br />

Laufe der Zeit es auch geworden<br />

ist, Geld für die Künstler und für<br />

den guten Zweck einzuspielen -<br />

Kern der Kunstbörse ist eine journalistische<br />

Aktion. „Wir wollten<br />

dafür sorgen, dass die Künstler<br />

des Bundeslandes bekannter<br />

werden. Für uns war die Artikelserie,<br />

die jährlich vor der Auktion<br />

in der Ostsee-Zeitung erscheint,<br />

wichtiger als die Auktion. Erst im<br />

Laufe der Zeit hat sie sich zum<br />

Schwerpunkt entwickelt, wir<br />

haben unsere Veröffentlichungen<br />

auf sie ausgerichtet.“ Selten<br />

genug, dass Public Relations und<br />

gediegener Kulturjournalismus<br />

heutzutage die Chance zu so<br />

einer stimmigen Symbiose<br />

bekommen. Der Kunstverein zu<br />

<strong>Rostock</strong> übernimmt einen großen<br />

Teil der Organisationsarbeit,<br />

der Künstlerbund MV ist an der<br />

Vorauswahl beteiligt.<br />

Zuschlag für alle<br />

17. Kunstauktion der Ostsee-Zeitung am 5. Dezember<br />

Harald Metzkes:„Morgenbad in Lütten Ort“ (1970),<br />

Öl auf Leinwand, 30cm x 40cm. Ab 2100 Euro<br />

In diesem Jahr haben sich Redakteur<br />

Jan-Peter Schröder, Kulturjournalistin<br />

Brigitta Meuche und<br />

der Fotograf Thomas Häntzschel<br />

gemeinsam auf eine Tour zu 13<br />

Künstlern gemacht: Arbeiten<br />

gesichtet, die Exponate für die<br />

Auktion ausgewählt und über<br />

Pläne gesprochen. Schöne vier<br />

Tage seien es gewesen, getragen<br />

von kreativem, durchaus ergebnisorientiert<br />

ausgetragenem<br />

Gesprächen: „Wir haben von<br />

allen drei repräsentative Arbeiten<br />

bekommen. Dazu noch kleinere<br />

Stücke, die wir zu niedrigschwelligen<br />

Einstiegspreisen<br />

anbieten können.“ Als Köder?<br />

Auktionator Jan-Peter Schröder<br />

lacht und gibt mit entwaffnender<br />

Bereitwilligkeit Auskunft<br />

über seine Strategie: Die Architektur<br />

des Foyers der Hochschule<br />

für Musik und Theater, die lockere<br />

Stimmung mit Musik, Wein,<br />

Andrea Schürgut:„Zwei“ (2008), Steinzeug und Muscheln, 20 cm hoch. Ab 180 Euro<br />

Schnittchen und ein plaudernder<br />

Auktionator sollen die Portemonnaies<br />

öffnen - schließlich gehen<br />

alle Erlöse, die über das Einstiegsgebot<br />

hinaus erzielt werden, an<br />

den Verein „Ferien für die Kinder<br />

von Tschernobyl“. Viele Gäste<br />

werden sich in der Kunstbörsen-<br />

Ausstellung vorab darüber informieren,<br />

welche Künstler mit welchen<br />

Werken vertreten sind.<br />

Etliche werden mit einem Ziel zur<br />

Auktion kommen, einige werden<br />

nur zuschauen. „Und dann gibt<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


Falko Behrendt:<br />

„Des Kaisers neue Kleider“ (2003),<br />

Farbradierung 40cm x 30cm.<br />

Ab 220 Euro.<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

Ute Gallmeister:„o.T.“ (2009),<br />

Tusche, Acryl, Kreide auf Leinwand 20cm x 30cm. Ab 120 Euro.<br />

es noch die, die nicht zuschauen,<br />

sondern mal gucken wollen. Für<br />

die sind die kleinen, zauberhaften<br />

Stücke gedacht.“<br />

Jan-Peter Schröder ist sicher, dass<br />

die Kraft des Originalen seine<br />

Wirkung entfalten wird: „Natürlich<br />

kann man daran glauben,<br />

dass eine gute Reproduktion von<br />

Munchs ‚Schrei‘ auch ihren Wert<br />

hat. Aber zu einem Original hat<br />

man eine andere, eine viel stärke-<br />

re Beziehung. Das ist kein Wandschmuck<br />

mehr und keine kunstpädagogische<br />

Anschaffung. Eine<br />

eigene Plastik, ein eigenes Bild<br />

verändert seinen Besitzer. Einen<br />

Kunstkauf bereut man niemals.<br />

Aber der Zuschlag bei einer<br />

Kunstauktion - das ist noch viel<br />

besser.“<br />

Frank Schlößer<br />

Thomas Häntzschel (Fotos)<br />

KUNST<br />

Bei der 17. Kunstauktion der Ostsee-Zeitung<br />

am 5. Dezember ab<br />

19 Uhr (Einlass) im Foyer der<br />

Hochschule für Musik und<br />

Theater sind folgende Künstler<br />

mit ihren Arbeiten vertreten:<br />

Gün<strong>the</strong>r Rösler (Fotografie)<br />

Harald Metzkes (Malerei/Grafik)<br />

Andrea Schürgut (Keramik)<br />

Falko Behrendt (Malerei/Grafik)<br />

Biene Feldt (Malerei/Grafik)<br />

Thomas Sander (Videokunst)<br />

Udo Richter (Metall)<br />

Susanne Feldt (Malerei/Grafik)<br />

Ute Gallmeister (Malerei/Grafik)<br />

Jana Vagt (Schmuck)<br />

Silke Paustian (Fotografie)<br />

Joachim Lautenschläger<br />

(Malerei / Grafik)<br />

Gertraud Wendland (Plastik)<br />

Die Ausstellung mit den Exponaten<br />

der Kunstbörse der Ostsee<br />

Zeitung ist ab dem 16. November<br />

im Kreuzgang der HMT zu sehen.<br />

Kataloge für die Kunstauktion<br />

kann man anfordern unter kultur@ostsee-zeitung.de.<br />

33


34<br />

WIRTSCHAFT<br />

Liebe<br />

Obwohl seit Wochen kein Tropfen<br />

Regen gefallen und laut Wetterbericht<br />

auch keiner zu erwarten ist,<br />

verlässt Heide Olsen das Haus<br />

stets unter aufgespanntem<br />

Schirm. Der Grund: Die Sonne am<br />

Himmel über Abu Dhabi brennt<br />

bis in den Spä<strong>the</strong>rbst hinein mit<br />

unverminderter Kraft. Tagestemperaturen<br />

von über 40 Grad sind<br />

hier normal. ,,Man gewöhnt sich<br />

an die Hitze“, so die ehemalige<br />

<strong>Rostock</strong>erin, die Anfang der 90er<br />

Jahre ,,aus Liebesgründen“ nach<br />

Norwegen umgezogen war.<br />

Diese Liebe hat sie mehr als fünfzehn<br />

Jahre später bewogen, ihren<br />

Ehemann für knapp zwei Jahre in<br />

die Hauptstadt der Vereinigten<br />

Arabischen Emirate (VAE) zu<br />

begleiten. Kjell Einar Olsen ist<br />

sicher etlichen ehemaligen Warnow-Werftlern<br />

als Mitarbeiter von<br />

Norske Veritas (DNV) bekannt.<br />

1865 in Oslo als Stiftung gegründet,<br />

agiert die renommierte Klassifikationsgesellschaft<br />

bei mehr als<br />

18 Prozent der Weltflotte mit dem<br />

Zielen: Schutz von Leben, Eigentum<br />

und Umwelt. Der Schiffbauinge-<br />

zwischen Fjord und Wüste<br />

nieur Olsen mit Diplom der Universität<br />

Strathclyde in Glasgow stieg<br />

1964 bei DNV ein und arbeitete in<br />

diesem Sinne rund um den Globus,<br />

in den 70er Jahren auch auf der<br />

Warnow-Werft, klassifizierte, unter<br />

anderem Schiffe für Indien, Singapore<br />

und Norwegen. ,,Tüchtige<br />

Leute in Warnemünde. Erstaunlich,<br />

wie sie sich damals bei den allzu<br />

häufigen Engpässen zu helfen<br />

wussten“, schickt er noch heute ein<br />

Kompliment an die Warnow.<br />

Der Auftrag aber, der Kjell Einar und<br />

Heide Olsen nun nach Abu Dhabi<br />

führte, ist selbst für den erfahrenen<br />

Spezialisten Neuland und eine<br />

enorme Herausforderung: Die blutjunge<br />

emiratische Werft als Teil der<br />

weltweit agierenden Yachtbau-<br />

Organisation Abu Dhabi Mar, neuerdings<br />

auch Besitzer der renommierten<br />

Nobiskrugwerft in<br />

Rendsburg, debütiert spektakulär<br />

mit dem Umbau zweier ehemaliger<br />

Fregatten der Königlichen<br />

Marine der Niederlande <strong>–</strong> später<br />

von der Marine der VAE übernommen<br />

<strong>–</strong> zu Megayachten mit den<br />

Arbeitsnamen Swift (Seeschwalbe)<br />

141 und Swift 135. Mit 141 Metern<br />

und 135 Metern Länge, jeglicher<br />

technischen Finesse, dem futuristischen<br />

Design des berühmten Pierrejean<br />

Design-Studio Paris und<br />

ihrer geradezu märchenhaften<br />

Ausstattung, sollen die beiden Seeschwalben<br />

vordere Plätze in der<br />

Hitliste der Luxusyachten der Welt<br />

einnehmen.<br />

Auftraggeber ist ein Mitglied des<br />

Herrscherhauses. Das ehrgeizige<br />

Projekt ist schiffbautechnisch ein<br />

Novum. Doch sollen hier <strong>of</strong>fensichtlich<br />

auch politisch Zeichen<br />

gesetzt werden: Schwerter zu<br />

Pflugscharen! Bei den Kosten allerdings<br />

auf emiratische Art. Außerdem<br />

demonstriert Seine Hoheit<br />

Umweltbewusstsein mit seiner<br />

Forderung, so viel Material der Fregatten<br />

wie möglich wieder zu verwenden,<br />

um die Gesamtenergiebilanz<br />

des Projekts zu verbessern. Mit<br />

solcherart Auflage pr<strong>of</strong>iliert sich<br />

Abu Dhabi einmal mehr als Sitz der<br />

Internationalen Agentur für Erneuerbare<br />

Energien IRENA (International<br />

Renewable Energy Agency),<br />

wenn auch im weiteren Sinne.<br />

In die neuen Yachten integriert<br />

würden die Propellerwellen, Propeller,<br />

Ruder und die stählernen<br />

Rümpfe der Fregatten, ist vor Ort<br />

von Projektmanager Johan<br />

Valentijn von Logistics International<br />

SAL zu erfahren, die sich<br />

Abu Dhabi Mar mit ins Boot<br />

geholt hat.<br />

„Weil in einer Yacht mehr Platz<br />

benötigt wird als in den schmalen<br />

Kriegsschiffen, haben wir einige<br />

nicht tragende Schotts raus<br />

genommen. Die Aufbauten seien<br />

Sandwich-Konstruktionen aus<br />

den USA, zusammengeklebt mit<br />

Epoxidharz “, detailliert der<br />

Holländer Valentijn. Um auch<br />

während der Fahrt Energie zu<br />

sparen, würden die Turbinen der<br />

Kriegsschiffe durch hocheffiziente<br />

Dieselmotoren ersetzt. ,,Sie verbrauchen<br />

nur noch ein Drittel der<br />

herkömmlichen Menge an Treibst<strong>of</strong>f<br />

und werden von der MTU<br />

GmbH mit Sitz im deutschen Friedrichshafen<br />

gebaut.“ Die Ausstattung<br />

eines der sechs Decks<br />

käme komplett aus der deutschen<br />

Werkstatt des Schweizer<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


Unternehmens Metrica interior,<br />

ist von dem Projektmanager auf<br />

Nachfrage nach Aufträgen an<br />

weitere Betriebe zu erfahren. Die<br />

Teppiche, allesamt handgetufft<br />

und Einzelstücke selbstverständlich,<br />

liefere die OT Oliver Treutlein<br />

GmbH mit Sitz im nordrheinwestphälischen<br />

Meerbusch.<br />

Weltweit sind mehr als 50 Firmen<br />

aus aller Welt in den Bau von<br />

Swift 141 und Swift 135 involviert,<br />

außer emiratischen, deutschen,<br />

holländischen, amerikanischen,<br />

französischen auch australische,<br />

neuseeländische, finnische und<br />

spanische. Die Konzeption für die<br />

Stahlkonstruktionen, die altes<br />

und neues vereinen, entstanden<br />

auf den Reißbrettern kroatischer<br />

Fachleute. ,,Wir haben in Abu<br />

Dhabi hervorragende Fachleute<br />

für Technik und Verwaltung, und<br />

wir beauftragen nur weltweit<br />

führende Fachfirmen für Konstruktion,<br />

Engineering und Innenausstattung<br />

...“, betont Luuk V.<br />

van Zanten, Marketing-Direktor<br />

von Abu Dhabi MAR, auf der letzten<br />

Monaco Yacht Show.<br />

Nach Einschätzung von Johan<br />

Valentijn sind 850 Menschen aus<br />

vieler Herren Länder mittelbar und<br />

unmittelbar bei dem Seeschwalben-Projekt<br />

in Lohn und Brot. Beispielsweise<br />

kommt Mergrace<br />

Dawinan, seine Sekretärin und<br />

rechte Hand, von den Philippinen.<br />

„Es ist wahnsinnig spannend und<br />

interessant, solch ein Vorhaben von<br />

der Pike auf zu begleiten, ein<br />

Traumjob“ schwärmt die 27jährige,<br />

die am heimatlichen AMA Computer<br />

College mit dem Abschluss<br />

Bachelor <strong>of</strong> Science (BS) Computer<br />

Engineering studiert hat.<br />

Während dessen kämpfen Karima<br />

und weitere seiner Landsleute aus<br />

Bangladesh auf der künftigen Swift<br />

135 mit dem Rost. Auf die Frage,<br />

was ihn so weit weg von der Heimat<br />

getrieben hat, sagt der überschlanke<br />

dunkelbraune Moslem:<br />

,,Die Möglichkeit, Geld für den<br />

Unterhalt der Familie zu verdienen.“<br />

Ein Kollege aus Indien, Subhash<br />

Topinkatti, erweist sich als<br />

gut informiert: ,,Viele Deutsche<br />

müssen ja jetzt auch ins Ausland<br />

gehen, um Arbeit zu finden. Hab’<br />

ich im TV gesehen.“ - ,,Aus <strong>Rostock</strong><br />

in Germany kommst Du“, vergewissert<br />

sich ein Landsmann. ,,Kenn’ich.<br />

FC-Hansa. Was ist bloß mit den<br />

Jungs los“, fragt er. Und hat auch<br />

Projektmanager Johan Valentijn zeigt, wie die Mega-Luxusyachten aussehen werden. Fast 40 Jahre verliebt: Heide und Kjell Olsen.<br />

Die Swift 135 im Urzustand als Fregatte. Blick auf die größte Moschee der VAE. Computeranimation der Swift 135.<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

gleich einen Vorschlag: ,,Frag doch<br />

mal’ Pagelsdorf, der trainiert doch<br />

jetzt den Al-Nasr Sports Club in<br />

Dubai. Das ist doch nicht weit.“<br />

Sprachs, klemmt seinen eingerollten<br />

Gebetsteppich unter den Arm<br />

und folgt wie seine muslimischen<br />

Glaubensbrüder der Lautsprecherstimme<br />

vom Minarett der<br />

Moschee. Es ist kurz nach 16 Uhr.<br />

Zeit, Allah zu preisen.<br />

Für die Verständigung mit den<br />

zumeist Pidgin sprechenden Männern<br />

sorgt die ehemalige <strong>Rostock</strong>erin<br />

Heide Olsen. Als Berufsdolmet-<br />

WIRTSCHAFT<br />

scherin für deutsch und englisch<br />

war sie schon zu DDR-Zeiten<br />

gefragt und ist seit ihrem Umzug<br />

nach Oslo mit nunmehr um das<br />

Norwegische erweiterten Sprachkenntnisse<br />

vor allem im skandinavischen<br />

Raum aktiv. Unter anderem<br />

bei Staatsbesuchen und<br />

anderen gesellschaftlichen Ereignissen,<br />

in der Wirtschaft oder auf<br />

juristischem Sektor. Und so kommt<br />

es durchaus vor, dass sie von Abu<br />

Dhabi aus mal schnell nach Finnland,<br />

ins schwedische Kiruna oder<br />

ins schottische Edinburgh zum<br />

Einsatz jettet.<br />

Aber ihre schönste berufliche<br />

Erinnerung ist zugleich auch die<br />

schönste private.„Während meines<br />

Dolmetscher-Jobs auf der Warnemünder<br />

Warnow-Werft habe ich<br />

Kjell Einar getr<strong>of</strong>fen“, sagt sie und<br />

dass es damals Liebe auf den<br />

ersten Blick war. Doch beide waren<br />

gebunden und ihr Glück im<br />

wahrsten Sinne des Wortes nicht<br />

grenzenlos. ,,Er musste nach Kiel<br />

35


36<br />

WIRTSCHAFT<br />

Kamele sind heute noch Touristenattraktion.<br />

zur Fähre nach Norwegen. Ich hab’<br />

ihn damals in seinem Auto bis Grevesmühlen<br />

begleitet. Der Abschied<br />

an der B 105 und die Zeit danach<br />

waren furchtbar“, erinnert sie sich.<br />

20 Jahre später fällt die Mauer: Einsatzort<br />

Kopenhagen, Mittagspause<br />

im Straßenkaffee und plötzlich<br />

eine vertraute Stimme: ,,Is this seat<br />

taken?“. Das Wiedersehen stand<br />

unter einem besseren Stern. Kjell<br />

war inzwischen frei und Heides<br />

Auch Ikea findet in der VAE Interessenten.<br />

Ehe ohnehin am Ende. Und so<br />

bestätigte sich wieder einmal das<br />

uralte Sprichwort von der alten<br />

Liebe, die niemals rostet. Und<br />

<strong>of</strong>fensichtlich jung erhält, denn die<br />

Dolmetscherin aus <strong>Rostock</strong> <strong>–</strong><br />

attraktiv, gertenschlank, dynamisch<br />

<strong>–</strong> hat jüngst ihren 66.<br />

Geburtstag gefeiert. Der weltweit<br />

gefragte Norske-Veritas-Mann ist<br />

sogar über die 70 hinaus. Das Fitnessrezept<br />

von Heide Olsen: täglich<br />

45 Minuten Sport, Schwimmen,<br />

Power-Walking, Gymnastik, Krafttraining.<br />

Gut und genussorientiert<br />

essen, aber nur halbe Portionen:<br />

Fisch, Meeresfrüchte,<br />

Joghurt, Obst, frisches Gemüse.<br />

Keine Süßigkeiten, kaum Kuchen.<br />

,,Doch wenn wir in <strong>Rostock</strong> sind,<br />

gönne ich mir stets eine richtig<br />

herzhafte Bockwurst und mein<br />

Mann sich seine geliebte Soljanka.<br />

Wie einst zu Warnowwerft-<br />

Zeiten“, gesteht sie. Es zieht die<br />

Olsens nämlich immer wieder an<br />

die Warnow, wo ihre Lovestory<br />

begann und wo Freunde leben.<br />

Heide Olsen: ,,Es ist schön zu erleben,<br />

wie die Stadt aufblüht. Wir<br />

Hintergrund<br />

Ende 1971 haben sich die Emirate<br />

Dubai, Al Sharjah, Ras al Khaimah,<br />

Ajman, Umm al Quwain,<br />

Al Fujairah und Abu Dhabi zu<br />

der Förderation Vereinigte Arabische<br />

Emirate (VAE) mit einer<br />

Gesamtfläche von 84 000 Quadratkilometernzusammengeschlossen.<br />

80 Prozent davon<br />

nimmt Abu Dhabi (übersetzt:<br />

Vater der Gazelle) ein. Das Emirat<br />

liegt an der Südostspitze der<br />

Arabischen Halbinsel, hat eine<br />

Küstenlänge von 700 Kilometern,<br />

200 vorgelagerte Inseln,<br />

besteht zu fast drei Vierteln aus<br />

Wüste und ist aus einer 1791<br />

vom Beduinenstamm der Bani<br />

Yas am Ort einer Süßwasserquelle<br />

gegründeten kleinen<br />

Siedlung hervorgegangen.<br />

Der Kern der pulsierenden und<br />

von kosmopolitischem Lebensstil<br />

geprägten Stadt Abu Dhabi,<br />

Metropole der VAE und Regierungssitz,<br />

liegt auf einer 70<br />

Quadratkilometer großen Mangroveninsel.<br />

Scheichs setzen auf<br />

Grün<br />

Um seinem Ruf als zuverlässiger<br />

Globalplayer auf dem Energiesektor<br />

zu festigen und um<br />

für die Zeit nach dem Öl vorzusorgen,<br />

konzentriert sich Abu<br />

Dhabi nun auf Erneuerbare<br />

Energien und hat zu diesem<br />

Zweck die Masdar-Initiative ins<br />

Leben gerufen. Nach der sich<br />

nahe Abu Dhabi Airport im Bau<br />

befindlichen CO2-neutralen<br />

haben in <strong>Rostock</strong> sogar eine Lieblingsboutique:<br />

Note 21 in der Langen<br />

Straße. Nirgendwo werde ich<br />

so gut und ehrlich beraten.“<br />

Wann das außergewöhnliche<br />

Paar wieder einschaut, hängt von<br />

der Fertigstellung von Swift 135<br />

ab. Eigentlich sollte die Luxusyacht<br />

noch in diesem Jahr vom<br />

Stapel laufen. Doch hat Kjell Einar<br />

Olsen aus seiner langjährigen<br />

Erfahrung eine eigene Theorie<br />

darüber entwickelt, warum Schiffe<br />

Frauennamen tragen. ,,Weil sie<br />

nie zum versprochenen Zeitpunkt<br />

fertig werden!“<br />

Text/Fotos: Angela Golz<br />

und nach einer strengen Nachhaltigkeitsleitlinie<br />

ausgerichtet<br />

Wissenschaftsstadt Masdar<br />

City benannt, bezieht sich die<br />

22 Milliarden-Dollar-Initiative<br />

vor allem auf die Technologiebereiche<br />

Photovoltaik, Solar<strong>the</strong>rmie,<br />

Wasserst<strong>of</strong>f, Technologien<br />

zur Abscheidung und<br />

Speicherung von CO2, Energieeffizienz<br />

und Energiespeicherung.<br />

Firmenpartner sind u. a.<br />

Shell, BP und General Elektrik.<br />

Forschung und Entwicklung<br />

werden betrieben unter anderem<br />

mit dem Massachusetts<br />

Institut für Technologie (MIT),<br />

TokyoTech, der Rheinisch Westfälischen<br />

Technischen Hochschule<br />

Aachen (RWTH), dem<br />

Imperial College London, dem<br />

Deutschen Zentrum für Luftund<br />

Raumfahrt (DLR) und der<br />

New Yorker Columbia University.<br />

Die Emirati setzen bei Produktionsansiedlungen<br />

im Rahmen<br />

der Masdar-Initiative auf<br />

eine Joint-Venture-Strategie. So<br />

ist der Energieriese Eon mit der<br />

Abu Dhabi Future Energy Company<br />

durch ein Offshore-Windparkprojekt<br />

nahe London verbandelt.<br />

Masdar PV, eine<br />

100-prozentige Tochter selbiger<br />

Company, investiert derzeit 140<br />

Millionen Euro in eine Produktionsanlage<br />

für Dünnfilm-Solartechnik<br />

in Erfurt. Sie soll im<br />

Herbst in Betrieb gehen und der<br />

Region zunächst 180 und mittelfristig<br />

600 Arbeitsplätze<br />

bringen. Später wird diese Referenzanlage<br />

in Abu Dhabi nachgebaut.<br />

ango<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

37


UNIVERSITÄT<br />

Es wird zu wenig gelacht…<br />

Wenn Jesús Azcargorta in die<br />

Cafeteria der Mensa in der<br />

<strong>Rostock</strong>er Südstadt geht, fragt<br />

die Kassiererin schon s<strong>of</strong>ort, ob<br />

er wieder einen Milchkaffee<br />

möchte. Über die netten Worte<br />

freut sich der 31-Jährige, denn so<br />

ist er es aus seiner Heimat in<br />

Venezuela gewohnt. „Hier im<br />

Supermarkt geht alles so<br />

schnell“, sagt der Soziologe, der<br />

zurzeit in <strong>Rostock</strong> an seiner Dissertation<br />

arbeitet.<br />

Durch einen Zufall lernte der<br />

Wissenschaftler den <strong>Rostock</strong>er<br />

Politologiepr<strong>of</strong>essor Nikolaus<br />

Werz in Caracas kennen, als dieser<br />

dort einen Vortrag hielt. So<br />

ergab sich die Idee, dass Jesús in<br />

Deutschland seine Promotion<br />

macht: „Ich hätte niemals<br />

gedacht, in Deutschland zu studieren.“<br />

Aber er ist begeistert,<br />

denn schließlich sei dies das Land<br />

„vieler wichtiger Theoretiker“.<br />

Ihm gelang es, das Auswahlverfahren<br />

beim Deutschen Akademischen<br />

Austausch Dienst<br />

(DAAD) zu überstehen und ein<br />

Stipendium zu ergattern.<br />

„Zeit zu studieren<br />

und zu denken“<br />

Die nächsten drei Jahre sitzt<br />

Jesús von morgens 9 bis abends<br />

18 Uhr in der Biblio<strong>the</strong>k und<br />

schreibt an seiner Doktorarbeit -<br />

auf Spanisch. Der Wissenschaftler,<br />

der als Kind davon träumte,<br />

38<br />

Rockstar zu werden, ist begeistert<br />

von den Bedingungen an der<br />

<strong>Rostock</strong>er Uni: „Die Biblio<strong>the</strong>k ist<br />

toll ausgestattet, durch die Fernleihe<br />

komme ich an alle Bücher,<br />

die Computer sind besser“, zählt<br />

er auf. In seiner Heimat, in der<br />

Universität von Caracas, sei die<br />

Situation wesentlich schlechter<br />

gewesen. „Es ist dort schwierig,<br />

unabhängig zu denken“, erzählt<br />

der Venezolaner. Die Gesellschaft<br />

sei sehr gespalten.<br />

Jesús Azcargorta aus Venezuela schreibt an seiner Doktorarbeit.<br />

<strong>Rostock</strong> ist eine sehr ruhige<br />

Stadt, findet Jesus.„Man hat Zeit<br />

zu studieren, an einem Thema<br />

zu arbeiten und zu denken.“ Er<br />

hat eine kleine Wohnung in der<br />

Altstadt, spielt in seiner Freizeit<br />

Fußball, geht regelmäßig im<br />

Stadthafen joggen und hört<br />

gerne Rockmusik. Am Anfang,<br />

räumt der Südamerikaner ein,<br />

habe er sich allein gefühlt. Es fiel<br />

ihm schwer, andere Leute kennen<br />

zu lernen. Dann gelang es<br />

ihm, über andere Lateinamerikaner<br />

auch Kontakt zu Deutschen<br />

zu bekommen. Viele seien sehr<br />

nett zu ihm und hätten viel<br />

Geduld. „Man muss versuchen,<br />

das Eis zu brechen.“ Ein größeres<br />

kulturelles Angebot würde er<br />

sich wünschen <strong>–</strong> aber dafür<br />

könne er nach Berlin fahren.<br />

Interessiert stellt er fest, wie<br />

sehr die Deutschen über die<br />

Unterschiede Ost und West diskutieren.<br />

Es gibt viele Vorurteile,<br />

hat Jesús festgestellt. „Ich weiß<br />

nicht, wer Recht hat. Das ist<br />

doch etwas irrationales.“ Man<br />

merkt die Mauer in den Köpfen,<br />

sagt der Lateinamerikaner,<br />

dabei seien München oder Heidelberg<br />

und <strong>Rostock</strong> doch sehr<br />

ähnlich. „In Spanien sind die<br />

Unterschiede zwischen dem<br />

Baskenland und Barcelona viel<br />

größer“, sagt der 31-Jährige.<br />

Regelmäßig betreut Nikolaus<br />

Werz Doktoranden aus Lateinamerika.<br />

Denn diese Region<br />

gehört zu den Spezialgebieten<br />

des Pr<strong>of</strong>essors, der sich selbst<br />

häufig in der Region aufhält.<br />

„Ich finde, dass die Universität<br />

davon pr<strong>of</strong>itiert, denn es kommen<br />

Studenten mit Stipendien,<br />

Internationalität und Welt<strong>of</strong>fenheit“,<br />

sagt der 57-Jährige. Amüsiert<br />

erlebt er immer wieder,<br />

dass die ausländischen Promovenden<br />

eine Kleingartenanlage<br />

für ein Armutsviertel halten.<br />

Per e-mail hatte Cynthia Mora<br />

Kontakt zu dem <strong>Rostock</strong>er<br />

Politikwissenschaftler aufgenommen.<br />

Die 34-Jährige aus<br />

Costa Rica wollte unbedingt ihre<br />

Dissertation in Deutschland<br />

machen. „Pr<strong>of</strong>. Werz wurde mir<br />

von anderen empfohlen“, erzählt<br />

die Politologin, die gemeinsam<br />

mit ihrem Mann Ignacio Chaves,<br />

der in der Kieferchirurgie promoviert,<br />

und mit ihrem Sohn vor vier<br />

Jahren in die Hansestadt kam.<br />

Zuvor hatte sie bereits als Journalistin<br />

und in der Presseabteilung<br />

des Außenministeriums in San<br />

Jose gearbeitet. „Es war immer<br />

mein Traum, mal in Deutschland<br />

zu leben“, erzählt die junge<br />

Doktorin, die voraussichtlich<br />

gegen Ende des Jahres in ihre<br />

Heimat zurückkehrt. „Es war ein<br />

langer Weg“, erinnert sie sich.<br />

Anderes Wetter,<br />

andere Mentalität<br />

Am Anfang, räumt die Wissenschaftlerin<br />

ein, sei es „kompliziert“<br />

gewesen in <strong>Rostock</strong>. „Die<br />

Mentalität und das Wetter sind<br />

so anders.“ Zum Beispiel wunderte<br />

sie sich darüber, dass die<br />

Straßenbahnen nach einem<br />

Fahrplan fahren. „Zu Hause wartet<br />

man einfach auf einen Bus,<br />

der dann irgendwann kommt.“<br />

Auch der erste Winter war hart.<br />

Und doch genoss die Mittelame-<br />

Cynthia Mora, Ehemann Ignacio Chaves und Sohn Daniel aus Costa Rica.<br />

Fotos: Privat/ RHL<br />

rikanerin die vier Jahreszeiten.<br />

„Das werde ich vermissen.“ In<br />

ihrer Heimat gibt es nur die<br />

Regen- und Trockenzeit und es<br />

wird immer um 18 Uhr abends<br />

dunkel.<br />

Sie hätte die Deutschen für<br />

emanzipierter gehalten, erzählt<br />

die Politologin, die ihre Promotion<br />

über die „Migration von Frauen<br />

von Nicaragua nach Costa<br />

Rica“ geschrieben hat. Anfangs,<br />

als sie zu einem viermonatigen<br />

Sprachkurs in Berlin und ihre<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


Lateinamerikakenner Pr<strong>of</strong>. Nikolaus Werz. Gern betrachtet der Inhaber des<br />

Lehrstuhls für vergleichende Regierungslehre an der <strong>Rostock</strong>er Universität<br />

dieses Bild. Das Familienerbstück hängt in seinem Büro und zeigt eine alte<br />

Hafenansicht von Buenos Aires. Foto: Re. Rö.<br />

Familie noch in San Jose, wurde<br />

sie permanent gefragt, warum<br />

sie das mache <strong>–</strong> ohne Mann und<br />

Kind in der Fremde.„Ich war naiv,<br />

ich dachte, hier in Deutschland<br />

sind alle gleichberechtigt“, sagt<br />

sie heute.<br />

Was kommt<br />

in eine Schultüte?<br />

Ihr achtjähriger Sohn Daniel<br />

spricht besser Deutsch als seine<br />

Eltern und bezeichnet Deutschland<br />

als seine „zweite Heimat“.<br />

Doch auch er freut sich wieder<br />

auf Costa Rica, denn seine Verwandten<br />

vermisst er schon. Ratlos,<br />

berichtet Cynthia lachend,<br />

waren sie bei der Einschulung.<br />

Das Ritual der Schultüte war<br />

ihnen völlig fremd. „Was ist das?<br />

Was kommt da rein? Was sollen<br />

wir machen?“, fragten sich die<br />

Eltern besorgt.<br />

In <strong>Rostock</strong> gefällt ihr der Strand<br />

sehr gut - auch wenn es im Winter<br />

natürlich viel zu kalt ist - und<br />

die Nähe nach Skandinavien. <strong>Rostock</strong><br />

sei sehr schön, sagt Cynthia.<br />

„Was ich vermisse, ist die Freude<br />

der Menschen.“ Es werde wenig<br />

gelacht. In besonders guter Erinnerung<br />

wird die Mittelamerikanerin<br />

den G 8 Gipfel und die<br />

Fußballweltmeisterschaft behalten.<br />

Immerhin spielte da Costa<br />

Rica im Eröffnungsspiel gegen<br />

Deutschland <strong>–</strong> und verlor 2:4.<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

Renate Heusch-Lahl<br />

<strong>Rostock</strong>er Uni hat wenig<br />

ausländische Studierende<br />

Im Vergleich zu anderen Universitäten<br />

ist der Ausländeranteil<br />

in <strong>Rostock</strong> gering. Insgesamt<br />

sind 790 ausländische<br />

Studierende an der Universität<br />

immatrikuliert, davon 444<br />

Männer und 346 Frauen. Aus<br />

den EU-Staaten komme 208<br />

Studenten, aus dem übrigens<br />

Europa 189, aus Afrika 51, aus<br />

Australien zwei Studenten,<br />

aus Amerika (Nord/Süd) 29<br />

und aus Asien 291. Im Sommersemester<br />

arbeiten an der<br />

<strong>Rostock</strong>er Universität 200 ausländischePromotionsstudenten.<br />

33 kommen aus Syrien, 19<br />

aus China, 14 aus Indien, 14 aus<br />

Pakistan, zehn aus Polen. Insgesamt<br />

sind 57 Nationen vertreten.<br />

Die meisten Einschreibungen<br />

gab es in der Chemie<br />

mit 41 Doktoranden, in der<br />

Physik 13, in Agrarökologie 13<br />

und bei den Biologen 24.<br />

Im Sommersemester arbeiten<br />

an der <strong>Rostock</strong>er Universität<br />

200 ausländische Promotionsstudenten.<br />

33 kommen aus<br />

Syrien, 19 aus China, 14 aus<br />

Indien, 14 aus Pakistan, zehn aus<br />

Polen. Insgesamt sind 57 Nationen<br />

vertreten. Die meisten<br />

Einschreibungen gab es in der<br />

Chemie mit 41 Doktoraden, in<br />

der Physik 13, in Agrarökologie<br />

13 und bei den Biologen 24.


40<br />

UNIVERSITÄT<br />

Unermüdlich ist Pr<strong>of</strong>. Wolfgang Schareck unterwegs, um die Universität zu<br />

vertreten.<br />

Als Kommunikator sucht er regelmäßigen Kontakt zur Presse.<br />

Mit seiner Frau Ursula auf dem Weg zum Sommerball der Universität.<br />

Kommunikator und<br />

„Mädchen für alles“<br />

Pr<strong>of</strong>. Wolfgang Schareck ist gerne Rektor<br />

Einer seiner Vorgänger im Amt des<br />

Rektors der <strong>Rostock</strong>er Universität,<br />

Nathan Chyträus, hat einmal<br />

gesagt:„Ich bin Mädchen für alles,<br />

das nennen sie hier Rektor.“ Dies<br />

sagte er im 16. Jahrhundert. Der<br />

906. Rektor Pr<strong>of</strong>. Dr. Wolfgang<br />

Schareck will mit diesem Selbstverständnis<br />

die <strong>Rostock</strong>er Alma<br />

mater im 21. Jahrhundert fit<br />

machen. „Ich sehe meine Rolle<br />

darin, die Fakultäten in ihren<br />

Fähigkeiten zu unterstützen und<br />

weiter zu entwickeln“, sagt der<br />

Pr<strong>of</strong>essor für Gefäß- und Transplantationschirurgie.<br />

Forschung<br />

müsse stärker konzentriert und<br />

die Lehre verbessert werden. „Wir<br />

müssen uns auf bestimmte Aufgaben<br />

fokussieren und uns auf innovative<br />

Forschungsfelder stürzen“,<br />

so der 56-Jährige. Einem Verzicht<br />

auf Fächer erteilt er eine Absage.<br />

Er selbst sieht sich als Kommunikator:<br />

„Ich führe viele Gespräche,<br />

bündele und erlebe spannende<br />

Prozesse.“ Er sei harmoniebedürftig<br />

und möchte vermitteln, gibt<br />

der katholische Christ freimütig<br />

zu. „Nur so kann ich motivieren.“<br />

Aber, so betont er, er möchte schon<br />

wissen, woran er sei: „Ich möchte<br />

nicht, dass jemand mit der Faust in<br />

der Tasche ein Gespräch mit mir<br />

verlässt.“ Diese Ruhe strahlt er<br />

auch in seiner Stimme und seiner<br />

Körperhaltung aus. „Ich nehme es<br />

nicht persönlich, wenn jemand<br />

anderer Meinung ist. Dann müssen<br />

wir eben noch mehr<br />

Gespräche führen.“ Einen Machtkampf<br />

verschiedener Gruppierungen<br />

an der Universität sieht er<br />

nicht, jeder vertrete eben seine<br />

Interessen.<br />

Unermüdlich ist der <strong>Rostock</strong>er<br />

unterwegs, um die Universität zu<br />

vertreten. „Es ist interessant,<br />

Menschen kennen zu lernen.“<br />

Früher, so schmunzelt er, habe er<br />

manche nur als Patienten getr<strong>of</strong>fen.<br />

Er will der Stadt und der<br />

Wirtschaft zeigen, dass die Uni<br />

für sie da ist. Manchmal reicht es,<br />

wenn er Kontakte herstellt. „Für<br />

die Universität ist mir kein Gang<br />

zu schwer.“ Ein Rektor sei eben<br />

ein „Dienstleister“. Erstaunlich<br />

findet er es, wie sehr es auch<br />

innerhalb der Universität<br />

geschätzt werde, wenn der Rektor<br />

auftaucht.Wenn er Veranstaltungen<br />

der Universität besucht,<br />

erfährt er <strong>of</strong>t große Dankbarkeit.<br />

Immer wieder wird der Chirurg<br />

gefragt, ob er den OP-Tisch vermisse.<br />

Immerhin 500 Transplantationen<br />

gehen auf sein Konto. Zahlen,<br />

so versichert der Arzt, interessierten<br />

ihn nicht, aber die Patienten,<br />

die vermisse er schon.„Es geht mir<br />

immer unter die Haut, wenn ich<br />

jemanden treffe“, räumt Schareck<br />

ein. So begegnete er kürzlich im<br />

Supermarkt einer ehemaligen<br />

Patientin, die sagte, es wäre ein<br />

Segen, wieder gesund zu sein. Mit<br />

seinem Nachfolger hält er regelmäßig<br />

Kontakt und lässt sich auch<br />

mal Röntgenbilder zeigen. „Es ist<br />

schön, jemanden wie Oberarzt PD<br />

Dr. Carsten Bünger ausgebildet zu<br />

haben, der jetzt einfach gut ist<br />

und Hervorragendes leistet, in Forschung<br />

und Lehre aber auch in der<br />

Krankenversorgung“, sagt der<br />

Mediziner.<br />

Als er den neuen Job als Rektor<br />

antrat, war es schon eine Heraus-<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


forderung: „Ich habe etwas aufgegeben,<br />

von dem ich wusste, ich<br />

kann es, um eine Aufgabe anzunehmen,<br />

von der ich nicht wusste,<br />

ob ich es kann.“ Für vier Jahre<br />

wurde er als Rektor gewählt, das<br />

ersten hundert Tage hat er nun<br />

gemeistert. Für ihn ist es völlig<br />

<strong>of</strong>fen, ob er in drei Jahren wieder<br />

in der Gefäßchirurgie tätig ist.<br />

Mit fester Stimme sagt er:<br />

„Genau wie ein Klavierspieler<br />

verlernt man das Operieren<br />

nicht. Man braucht wieder<br />

Übung, aber das Gefühl für<br />

Gewebe und die Fähigkeit, Situationen<br />

einzuschätzen <strong>–</strong> das<br />

bleibt.“<br />

Der <strong>Rostock</strong>er spielte in seiner<br />

Jugend mit dem Gedanken,<br />

katholischer Geistlicher zu werden.<br />

Aber die Liebe zu den Naturwissenschaften<br />

war dann stärker<br />

und ließ ihn Medizin studieren.<br />

Heute genießt er es, mehr über<br />

Fachbereiche zu erfahren, von<br />

denen er wenig wusste. Z.B.<br />

Maschinenbau oder Theologie <strong>–</strong><br />

er ist begeistert von der Vielfalt.<br />

Seine Vision ist klar:„Ich wünsche<br />

mir, dass <strong>Rostock</strong> eine bedeuten-<br />

de Universität hat mit vielen Studierenden,<br />

die sich hier wohl<br />

fühlen. Ob <strong>of</strong>fen oder als<br />

Geheimtipp soll die Uni für Studierende<br />

und Forscher bekannt<br />

sein in einer wirtschaftlich prosperierenden<br />

Stadt.“ Er ist davon<br />

überzeugt, dass er in <strong>Rostock</strong><br />

bleibt <strong>–</strong> beruflich entweder als<br />

Rektor oder als Chirurg.<br />

Privat genießt er mit seiner Frau<br />

die Stadt und das weite Land und<br />

den Himmel. Ab und zu wagt er<br />

sich auf ein Segelboot. Rad fahren,<br />

Musik hören und sich mit<br />

Freunden treffen gehört zu den<br />

Aktivitäten, die der Vater dreier<br />

erwachsener Kinder mit seiner<br />

Frau am liebsten macht. Sie ist<br />

übrigens ganz zufrieden mit der<br />

neuen beruflichen Aufgabe ihres<br />

Mannes. Sonnabends und sonntags<br />

ist er zumeist zu Hause und<br />

nicht in der Klinik, er wird nicht<br />

mehr nachts aus der Klinik gerufen<br />

und manchmal begleitet sie<br />

ihn auch auf dienstliche Termine.<br />

Eine neue Herausforderung<br />

kommt in diesem Jahr noch auf<br />

ihn zu: das erste Enkelkind.<br />

Text/Fotos: Renate Heusch-Lahl<br />

Die Amtseinführung als Rektor im vergangenen Herbst war der Höhepunkt<br />

seiner beruflichen Laufbahn.<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


42<br />

GESUNDHEIT<br />

Die KRAFT der NATURMEDIZIN<br />

Gesundheit und Attraktivität ein<br />

leben lang <strong>–</strong> der Wunsch wohl<br />

eines jeden Menschen. Das<br />

befindet auch der Inhaber der<br />

Warnemünder Kurapo<strong>the</strong>ke Karsten<br />

Jantos. Er ist Spezialist für<br />

Naturmedizin und bietet jetzt im<br />

Äs<strong>the</strong>tikzentrum in <strong>Rostock</strong>s<br />

Breiter Straße umfangreiche<br />

Beratung und Betreuung.<br />

<strong>Rostock</strong> „<strong>delüx</strong>“ unterhielt sich<br />

mit Karsten Jantos über das<br />

Thema Naturmedizin.<br />

Herr Jantos, was ist eigentlich<br />

Naturmedizin?<br />

Sie ist für mich kurz gesagt all das,<br />

was uns die Natur zur Verfügung<br />

stellt. Wir brauchen, zum Beispiel<br />

bei Stress, nicht unbedingt zu Psychopharmaka<br />

greifen. Es gibt<br />

genügend Substanzen, wie Pflanzen<br />

oder Pflanzenextrakte oder<br />

bestimmte Mineralien, um den<br />

Menschen gesund zu erhalten<br />

bzw. ihm seine Gesundheit wiederzubringen.<br />

Wer lässt sich bei Ihnen in Sachen<br />

Naturmedizin beraten?<br />

Es kommen viele Menschen, die<br />

chronisch krank sind. Sie versuchen<br />

gezielt einen anderen<br />

Ansatz als in der Schulmedizin,<br />

zumal naturheilkundliche Therapien<br />

meistens ohne Nebenwirkungen<br />

sind. Diese Maßnahmen<br />

bringen den Patienten ein gesteigertes<br />

Wohlbefinden. Mit anderen<br />

Worten, sie können gesünder<br />

älter werden mit einer höheren<br />

Lebensqualität, als bei einer ausschließlich<br />

schulmedizinischen<br />

Betreuung.<br />

Worauf führen Sie diese Ansicht<br />

zurück?<br />

Es ist die Erfahrung. Unsere<br />

moderne Schulmedizin ist vielleicht<br />

120 Jahre alt. Die Naturmedizin<br />

ist eine jahrtausende alte<br />

Erfahrungsmedizin, zum Beispiel<br />

die Chinesische, die Indische, Persische<br />

oder Ägyptische. Die<br />

Beschäftigung mit der heilenden<br />

Kraft von Kräutern, Wurzeln, Rinden<br />

und Blüten galt schon im<br />

alten China als eine anerkannte<br />

Wissenschaft. Bereits vor etwa<br />

viertausend Jahren waren in Indien<br />

Heilkräuter und ihre Wirkun-<br />

gen katalogisiert und schriftlich<br />

festgehalten. Während bei uns<br />

das Wissen um die Heilkraft der<br />

Natur mit dem Aufstieg der<br />

Schulmedizin immer mehr verschwand,<br />

blieb in Asien die<br />

Naturmedizin stets eine hoch<br />

geachtete Wissenschaft. Das<br />

sind Dinge, auf die man auch in<br />

Deutschland zurückgreifen kann.<br />

Sie haben einen ganzheitlichen<br />

Ansatz. Und es ist Tatsache,<br />

Naturmedizin wird bei uns<br />

immer öfter mit Erfolg angewandt,<br />

unter anderem gegen<br />

Immunschwäche, Verdauungsprobleme,Wechseljahresbeschwerden,<br />

in der Krebsvorsorge,<br />

als Anti-Aging Mittel und bei seelisch-körperlich<br />

bedingten<br />

Beschwerden. Und wie bereits<br />

gesagt, nebenwirkungsfrei.<br />

Trotzdem hat man das Gefühl, die<br />

Naturmedizin tut sich in deutschen<br />

Landen etwas schwer.<br />

Woran liegt das aus Ihrer Sicht?<br />

Die Nachfrage nach Naturmedizin<br />

ist weit verbreitet. Nur, die<br />

Kosten für die Naturmedizin<br />

werden von den gesetzlichen<br />

Krankenkassen leider nicht<br />

erstattet. Und, es gibt bedauerlicherweise<br />

einige Ärzte, die<br />

davon abraten; aus welchen<br />

Gründen auch immer.<br />

Stichwort Stress. Viele Menschen<br />

leiden heute darunter. Was empfehlen<br />

Sie, Herr Jantos?<br />

Menschen, die sehr viel Stress<br />

haben, verlieren überproportional<br />

Mineralien. Also sollte man<br />

auf einen ausgewogenen Mine-<br />

Karsten Jantos, Inhaber der Warnemünder Kurapo<strong>the</strong>ke, berät im Äs<strong>the</strong>tikzentrum<br />

zur orthomolekularen Medizin. Foto: Thomas Ulrich<br />

ralienhaushalt achten. Und da<br />

gibt es in der Naturmedizin viele<br />

Möglichkeiten. Natürlich muss<br />

man beachten, dass der Körper<br />

diese gut aufnehmen kann. Vielleicht<br />

noch B-Vitamine ausreichend<br />

dosiert. Und dann eventuell<br />

auch mehrfach ungesättigte<br />

Fettsäuren, um die Nerven zu<br />

schonen. Das wäre aus meiner<br />

Sicht ein naturheilkundlichorthomolekularer<br />

Cocktail, den<br />

der Patient braucht.<br />

Was bitte verbirgt sich hinter<br />

orthomolekularer Medizin?<br />

Das ist quasi das richtige Molekül<br />

in der richtigen Menge am richtigen<br />

Ort. Wer sich zum Beispiel<br />

mit vielen Fertiggerichten<br />

ernährt, schlittert in Defizite bei<br />

Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen.<br />

Hier kann die<br />

orthomolekulare Medizin einspringen.<br />

Sie kann ganz gezielt<br />

nachweisen, wo der Patient Mangelerscheinungen<br />

hat. Ein biochemisches<br />

Ungleichgewicht<br />

im Körper kann also durch<br />

geeignete, gesunde Ernährung<br />

und unter Hinzunahme von so<br />

genannten Nahrungsergänzungsmitteln<br />

ausgeglichen werden.<br />

Natürlich mit der Maßgabe,<br />

dass diese Vitalst<strong>of</strong>fe auch im<br />

Körper ankommen. Ich persönlich<br />

halte die orthomolekulare<br />

Medizin als eine hervorragende<br />

Methode, um die Menschen<br />

lange gesund zu erhalten. Auch<br />

für jemanden, der mehr für seine<br />

Gesundheit tun möchte, zum<br />

Beispiel ein seriöses Anti-Aging<br />

betreibt, durchaus geeignet.<br />

Also ewige Jugend durch orthomolekulare<br />

Medizin?<br />

Darüber kann man viel diskutieren,<br />

denn <strong>the</strong>oretisch ist der<br />

Mensch für 120 Jahre ausgelegt.<br />

Warum soll man nicht mehr für<br />

seine Lebensqualität tun, wenn<br />

man bestimmte St<strong>of</strong>fe, die dem<br />

Körper im Alter fehlen, ausgleicht.<br />

Ich sehe daran nichts Verwerfliches.<br />

Q 10 zum Beispiel kennt jede<br />

Dame aus der Kosmetik für Cremes.<br />

Warum sollen dieses Coenzym<br />

Q 10 nicht Patienten ab Mitte<br />

50 nehmen, damit ihre Zellen<br />

mehr Energie haben. Es ist nebenwirkungsfrei<br />

und stärkt Herz und<br />

Kreislauf. Für mich ist die orthomulekulare<br />

Medizin seriös, die<br />

nach Blutentnahme die Defizite<br />

im menschlichen Körper aufzeigt<br />

und aufgrund dieser Analyse<br />

ganz gezielt Vitalst<strong>of</strong>fe zuführt.<br />

Herr Jantos, danke für die<br />

Informationen.<br />

Re. Rö.<br />

Mehr individuelle Beratung,<br />

unter anderem auch zum Thema<br />

naturmedizinisches Anti-Aging<br />

erhalten Sie, liebe Leserinnen<br />

und Leser, im Äs<strong>the</strong>tikzentrum<br />

<strong>Rostock</strong>, Breite Straße 16,<br />

Telefon 0381/12 83 003 oder<br />

www.aes<strong>the</strong>tik-zentrum.de.<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


44<br />

FITNESS<br />

Aktuell: Pilates und Flexi-Bar<br />

Mit dem Flexi-Bar kann man auch an der frischen Luft trainieren.<br />

Katrin H<strong>of</strong>richter, Managerin Spa<br />

Service bei AIDA-Cruises, stellt<br />

für <strong>Rostock</strong> „<strong>delüx</strong>“ die aktuellsten<br />

Trends der Wellness- und<br />

Fitnessbranche vor. Dieses Mal<br />

geht es um Pilates und Flexi-Bar.<br />

Frau H<strong>of</strong>richter, wer erfand<br />

eigentlich Pilates?<br />

Erfinder ist der 1880 in Deutschland<br />

geborene Joseph Hubert<br />

Pilates, der in seiner Jugend unter<br />

Asthma und Rachitis litt. Deshalb<br />

befasste er sich intensiv mit der<br />

Verbesserung seiner Kondition<br />

und Gesundheit und entwickelte<br />

eine Reihe von Übungen unter<br />

dem Namen „Contrology“.<br />

Was wollte Pilates mit seinen<br />

Übungen erreichen?<br />

Den Körper gleichmäßig zu entwickeln,<br />

falsche Haltungen zu<br />

korrigieren und die körperliche<br />

Vitalität wieder herzustellen.<br />

Pilates Übungen enthalten auch<br />

Elemente aus dem Yoga und dem<br />

Tanz, unterscheiden sich <strong>of</strong>t aber<br />

in Technik, Bewegungsablauf<br />

oder Atmung. Allgemein zielen<br />

alle Pilates-Übungen darauf ab,<br />

die Körpermitte zu kräftigen, das<br />

Körpergefühl und die Beweglich-<br />

keit zu verbessern. Es gibt über<br />

500 Übungen, die durch Variationen<br />

dem Leistungsniveau angepasst<br />

werden können.<br />

Was benötige ich, um Pilates zu<br />

machen?<br />

Alle Übungen können ohne<br />

Zusatzmaterialien, nur auf einer<br />

einfachen Matte ausgeführt<br />

werden. Außerdem gibt es<br />

Übungen mit dem Pilates-Ball,<br />

dem Pilates-Ring oder an speziellen<br />

Pilates-Trainingsgeräten.<br />

Auf welche Muskulatur unseres<br />

Körpers konzentriert sich Pilates<br />

ganz besonders?<br />

Eine zentrale Rolle bei der Ausführung<br />

der Übungen spielt das<br />

so genannte Powerhouse.<br />

Powerhouse, die Kraftquelle,<br />

umfasst die Anspannung der<br />

Bauch-, Rücken- und Beckenbodenmuskulatur.<br />

Diese Muskulatur<br />

ist hauptsächlich verantwortlich<br />

für die Stabilisierung des<br />

Rumpfes und hilft, Rückenbeschwerden<br />

zu vermeiden. Die<br />

Belastung der Gelenke und insbesondere<br />

der Wirbelsäule wird<br />

durch ein aktives „Powerhouse“<br />

vermindert. Die spezielle Pilates<br />

Atemtechnik ist ein wichtiges<br />

Mittel, um die Übungen präzise<br />

und mühelos auszuführen. Die<br />

langsame und präzise Ausführung<br />

der Pilates-Übungen<br />

bewirkt ein hohes Maß an mentaler<br />

Entspannung und schenkt<br />

neue Energie. Auch auf den<br />

Schiffen der AIDA Flotte steht<br />

Pilates bei den Gästen ganz hoch<br />

im Kurs. In den „Pilates Workshops“<br />

können Anfänger die spezielle<br />

Pilates-Technik erlernen<br />

und Fortgeschrittene trainieren<br />

in den Pilates Kursen.<br />

Flexi-Bar begeistert ebenfalls<br />

immer mehr Anhänger. Das hat<br />

wohl weniger mit einer wirklichen<br />

Bar zu tun? Oder?<br />

Pilates ist in Mode gekommen. Fotos: AIDA-Cruises<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


Flexi-Bar ist eine Fiberglas-Stange.<br />

Und wer sie zum ersten Mal<br />

in seinen Händen hält, sollte<br />

nachsichtig mit sich sein:<br />

anfangs schwingt der Stab mit<br />

dem Besitzer- und nicht umgekehrt.<br />

Doch wenn man den richtigen<br />

Schwung erst einmal raus<br />

hat, erweist sich der Schwing-<br />

Stab als echter Alleskönner.<br />

Und wann greife ich nun zum<br />

Flexi-Bar?<br />

Eigentlich kommt Flexi-Bar aus<br />

der Krankengymnastik. Gerade<br />

dort geht es darum, Muskelgruppen<br />

zu stärken, die zwar<br />

wichtig für tagtägliche Bewegungen<br />

sind, sich aber durch<br />

Krafttraining, Joggen und Aerobic<br />

nicht so gut trainieren lassen.<br />

Für diese Muskeln erweist<br />

sich der Flexi-Bar als Zauberstab:<br />

Er beansprucht die so<br />

genannte Tiefenmuskulatur, die<br />

bei den meisten von uns eher<br />

schwach ausgeprägt ist. Besonders<br />

Büroarbeiter pr<strong>of</strong>itieren<br />

deshalb von den Übungen, die<br />

Fitmacher vor allem für Rücken<br />

und Schultern sind. Das liegt<br />

zum einen an der Grundbewegung,<br />

die man mit dem Stab<br />

ausführt: Das Rütteln kräftigt<br />

die vielen kleinen Muskeln rund<br />

um das Schultergelenk,Verspannungen<br />

im Nacken-Schulter-<br />

Bereich sind deshalb eines der<br />

besten Angriffsziele für das Training<br />

mit der flexiblen Stange.<br />

Zum anderen muss, wer den Bar<br />

zur Hand nimmt, Haltung<br />

bewahren. Wichtig ist, dass man<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

Katrin H<strong>of</strong>richter stellt für<br />

<strong>Rostock</strong> „<strong>delüx</strong>“ die aktuellsten<br />

Trends der Wellness- und Fitnessbranche<br />

vor. Als Managerin<br />

Spa Services bei AIDA-Cruises<br />

ist sie für Wellness, Fitness<br />

und Schönheit an Bord der<br />

AIDA-Schiffe verantwortlich.<br />

den ganzen Körper anspannt und<br />

ruhig hält, damit sich die Schwingungen<br />

übertragen. Statt also<br />

„nur“ Bauch, Beine oder Po stärkt<br />

man den ganzen Körper.<br />

Übrigens, an Bord der AIDA-<br />

Schiffe können die Gäste an<br />

„Pilates und Flexi-Bar-Workshops“<br />

teilnehmen. Für zu Hause<br />

kann man an Bord entsprechende<br />

DVD´s kaufen.<br />

■ 1 Tag kostenfreier Probeunterricht ab 5 Jahre bis Klasse 6<br />

vom 12.10. bis 27.11.2009 nach vorheriger Anmeldung<br />

■ nächste Einschulungstermine 16.1.2010 und 7.8.2010 <strong>–</strong><br />

Einschulung ab dem 5. Lebensjahr<br />

■ Betreuungsangebot von 7 bis 18 Uhr<br />

■ Schulbesuch von der Vorschule bis zum Abitur<br />

■ 16 Schüler pro Klasse<br />

■ individuelle Förderpläne für jeden Schüler<br />

■ individuelles Sprachlernkonzept<br />

■ harmonische Entwicklung <strong>–</strong><br />

Gesundheit, Werte, Regeln, Sozialverhalten<br />

PRIVATSCHULE UNIVERSITAS<br />

Patriotischer Weg 120<br />

18057 <strong>Rostock</strong><br />

Schulleiterin Ricarda Wilhelm<br />

mail@universitas-rostock.de<br />

Tel. 0381/ 45 82 88 82<br />

Funk 0173/ 880 71 69<br />

Fax 0381/ 45 82 88 81<br />

45


46<br />

ODE<br />

Sie, Ex-Model und Choreographin,<br />

besucht regelmäßig die<br />

angesagten Fashion-Weeks in<br />

Berlin, Paris, Milano und New<br />

York: Roswitha Salabaschew. Seit<br />

vielen Jahren werden Modenschauen,<br />

wie die Dance-Fashion-<br />

Show in der Nikolaikirche, unter<br />

ihrer künstlerischen Leitung<br />

geführt. <strong>Rostock</strong> <strong>delüx</strong> trifft sich<br />

regelmäßig mit der Modeexpertin<br />

und plaudert bei einem<br />

gemütlichen Tässchen Kaffee<br />

über aktuelle Laufstegtrends.<br />

Frau Salabaschew, der Herbst ist<br />

da. Entgegen der meteorologischen<br />

Tristesse hält in den Boutiquen<br />

demnächst schon wieder<br />

der modische Frühling Einzug.<br />

Da kann man ja mit den<br />

Jahreszeiten ganz durcheinander<br />

kommen, oder?<br />

Roswitha Salabaschew (lacht):<br />

That’s business. In der Mode-<br />

branche gibt es immer ein Jahr<br />

Vorlauf. Planung, Produktion,<br />

Vertrieb <strong>–</strong> all das braucht seine<br />

Zeit. Wer modebewusst lebt und<br />

kauft, muss sich in den Schönwettermonaten<br />

mit der kommenden<br />

Herbst/Wintermode<br />

beschäftigen und spätestens zu<br />

Beginn der dunklen Jahreszeit<br />

den Frühling fest im Blick haben.<br />

Ach so.Wie sieht er denn aus <strong>–</strong> der<br />

Frühling?<br />

Der modische Frühling bringt uns<br />

feinen, edlen Strick. Für dieses<br />

hochwertige Material werden<br />

meist Seidengarne verwendet,<br />

aber auch reine Baumwoll- oder<br />

Viskosegarn. Oder alles miteinander<br />

gemischt <strong>–</strong> in hoher Qualität<br />

versteht sich. Avantgardistischer<br />

Strick liegt nach wie vor im Trend.<br />

Mit Strick verbinde ich irgendwie<br />

immer Winter.<br />

Sie denken wahrscheinlich an<br />

groben Wollstrick. Ich meine aber<br />

feinen Strickst<strong>of</strong>f. Er wird im<br />

Lagenlook getragen. Wirklich<br />

aufregend wird ein Outfit aber<br />

erst durch den Materialmix.<br />

Feine, seidige und kuschlige St<strong>of</strong>fe<br />

wie Jersey werden mit natürlichen<br />

Materialien wie Baumwolle,<br />

Leder oder grobem Leinen<br />

kombiniert.<br />

Also, keine St<strong>of</strong>finnovationen im<br />

Frühjahr?<br />

Die italienischen St<strong>of</strong>fhersteller<br />

haben Cupro wiederentdeckt.<br />

Die Faser besteht aus<br />

natürlichen Polymeren und ist<br />

der Viskose sehr ähnlich. Die<br />

Vorteile liegen auf der Hand:<br />

das Material ist pflegeleicht<br />

und muss nicht gebügelt werden.<br />

Total angesagt sind auch<br />

Strechst<strong>of</strong>fe mit Lederoptik.<br />

Egal ob echtes Leder in der<br />

gehobenen Preisklasse oder die<br />

Kaffee<br />

Auf einen<br />

mit Roswitha Salabaschew<br />

günstige Kunstleder-Variante:<br />

Die modebewusste Frau trägt<br />

in der kommenden Saison<br />

Lederleggins.<br />

Lederleggins?<br />

Ja. Egal ob Jacken, Schuhe, oder<br />

eben Leggins <strong>–</strong> Leder liegt im<br />

Trend. Im Winter sorgen übrigens<br />

Wollleggins für superkuschlige<br />

Beine. Leggins bleiben weiterhin<br />

Thema, denn sie lassen<br />

sich bestens mit Kleidern kombinieren.<br />

Und die kommen mit der<br />

Frühjahrsmode nun in allen Formen,<br />

Farben und Längen in die<br />

Läden.<br />

Apropos Farben. Was macht<br />

eigentlich die Modefarbe Lila<br />

in der kommenden Saison?<br />

Lila wird <strong>–</strong> ebenso wie die zarten,<br />

pudrigen Töne <strong>–</strong> von Grau<br />

verdrängt. Die Farbe ist bereits<br />

im Winter verstärkt zu sehen<br />

und lässt sich perfekt mit Weiß<br />

und Espressobraun kombinieren.<br />

Wir dürfen uns zudem auf<br />

Blautöne, Türkis und Vanille<br />

freuen. Aquatöne und die maritimen<br />

Programme werden sich<br />

zum Sommer 2010 weiterhin<br />

verstärken.<br />

„Die Mode kennt keine Krise“ so<br />

der allgemeine Tenor. Es bleibt<br />

also lässig-elegant?<br />

Die Mode ist wieder feminin<br />

geschnitten. Für eine figurnahe<br />

Silhouette sorgen schlanke Gürtel,<br />

die außerdem die Taille wunderbar<br />

betonen. Der Trend geht<br />

zu alltagstauglichen Designs.<br />

Jerseys sorgen für ein Höchstmaß<br />

an Bequemlichkeit. Viele<br />

große bunte Taschen mit zarten<br />

Nieten runden das Outfit ab.<br />

Und was tragen modebewusste<br />

Füße?<br />

Man könnte sagen im nächsten<br />

Sommer sind die Schuhe auf<br />

extrem hohem Niveau:<br />

Highheels und Plateau-Schuhe<br />

mit 15 Zentimeter hohen<br />

Absätzen. Ich weiß, dass hört sich<br />

furchtbar an. Erst kürzlich bin ich<br />

auf solchen Schuhen rumgestelzt<br />

und wissen Sie was: Das<br />

läuft sich gut! Aber wehe man<br />

knickt um. Wem das zu heikel<br />

ist, entscheidet sich einfach für<br />

Römersandalen oder Ballerinas.<br />

Denn auch im kommenden Jahr<br />

gilt: entweder extrem hoch oder<br />

ganz flach.<br />

Und auch die voluminösen<br />

Accessoires bleiben?<br />

Roswitha Salabaschew: Ja, und sie<br />

werden noch größer. Ich habe bei<br />

internationalen Modeschauen<br />

Halsketten so groß wie<br />

Riesengebirge gesehen. Dem Glitzer-Look<br />

wird Schmuck aus Naturmaterialien<br />

entgegen gesetzt. Die<br />

Palette reicht von Muscheln und<br />

Bernstein bis hin zu Horn. Halstücher<br />

werden voluminös und farbenfroh<br />

getragen. Und: Der Hut<br />

kommt wieder. Die kleinen verrückten,<br />

ein bisschen zickige Hütchen<br />

und Strickkappen aus den<br />

20er Jahren sind total angesagt.<br />

Und Stirnbänder, die zu den Kleiden<br />

kombiniert werden.<br />

Text/Foto: Susanne Walter<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


Im Trend:<br />

Mode aus Dänemark<br />

Natürlich habe es Unkenrufe<br />

gegeben, erinnert sich Annette<br />

Hentschel, als sie vor gut drei Jahren<br />

im Souterrain der <strong>Rostock</strong>er<br />

Stephanstraße 2 ihr Modegeschäft<br />

eröffnete. Mitten in der situierten<br />

Steintorvorstadt.<br />

Ihr Vorhaben hat funktioniert.<br />

Denn dass man bei der gelernten<br />

Einzelhandelskauffrau vorwiegend<br />

dänische Qualitätsmode <strong>–</strong><br />

inzwischen kam das deutsche<br />

Modelabel Tuzzi hinzu - zu kaufen<br />

bekommt, hat sich bei<br />

modebewussten Frauen herumgesprochen.<br />

„Die Kundinnen<br />

kommen ganz gezielt, manche<br />

sogar von weit her“, weiß die<br />

große schlanke Frau, der man<br />

ansieht, dass sie die Mode und<br />

das Modische liebt. Ja, Annette<br />

Hentschel lebt Mode. „Ich kaufe<br />

handverlesen ein, ich weiß, was<br />

Trend ist“, sagt sie selbstbewusst.<br />

Inzwischen sind weitere<br />

zwei Läden hinzugekommen,<br />

einer davon in ihrer Geburtsstadt<br />

Berlin, ein weiterer in Wismar.<br />

Annette Hentschel bevorzugt<br />

dänische Mode. Marken wie<br />

Friendtex, Fransa, St. Tropez oder<br />

Dranella zählen dazu. „Die<br />

Dänen sind ja viel trendiger als<br />

die Deutschen. Sie sind uns meistens<br />

ein Jahr voraus.“ Trotzdem<br />

Inhaberin Annette Hentschel mit Friendtex-Fotomodel Daniel. Fotos: Agentur<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

sei die dänische Mode durchaus<br />

kommerziell, ja verkaufbar, wie<br />

es in der Fachsprache heiße. Was<br />

ist denn nun das Besondere an<br />

der dänischen Mode? „Es sind<br />

zuvorderst die phantastischen<br />

St<strong>of</strong>fe, zumeist pflegeleichte und<br />

moderne Hightech-Materialien,<br />

die man zum Beispiel nicht<br />

bügeln braucht. Außerdem sind<br />

die Schnitte total cool, sagt die<br />

Fachfrau. „Dadurch haben dänische<br />

Modelle einfach eine gute<br />

Passform. Der Style ist super,<br />

man kann sehr gut kombinieren.<br />

Und das mögen natürlich Frauen.“<br />

Vielleicht inspirieren Sie,<br />

liebe Leserinnen, unsere Modelle<br />

auf dieser Seite, sich mit dänischer<br />

Mode einmal mehr zu<br />

beschäftigen.<br />

Weitere Informationen unter<br />

www.annettehentschel.com.<br />

MODE<br />

47


48<br />

LIFESTYLE<br />

Neues aus der Gerücheküche<br />

Für ihn<br />

Maskuline Sinnlichkeit versprüht<br />

„Hot Water“ aus dem Hause David<strong>of</strong>f<br />

durch das Zusammenspiel von rotem<br />

Basilikum und Absinth mit elegantem<br />

Wermut und feurigem Piment.<br />

60 ml Eau de Toilette ca. 45 Euro<br />

Würzige Hölzer und exotische<br />

Fruchtaromen vereinen sich<br />

in „Zen for Men“ von Shiseido<br />

zu einem leidenschaftlichen Duft,<br />

der zugleich Stress mildert und<br />

Kraft spendet. 50 ml EdT ca. 54 Euro<br />

Der holzig-orientalische Duft<br />

„Epic“ von Amouage besteht aus Rohst<strong>of</strong>fen,<br />

die auf der legendären Seidenstraße<br />

zwischen China und Arabien zu<br />

finden waren: exotische Gewürze,<br />

Myrrhe, Moschus, Zedernholz...<br />

50 ml Eau de Parfum ca. 175 Euro<br />

Edle Herbstdüfte für sie und ihn<br />

Sie wird die frische Zitrusnote,<br />

gepaart mit den Aromen von Basilikum,<br />

Iris und Zedernholz ebenso lieben<br />

wie er. „Pegaso“ heißt das Unisex-Parfum<br />

aus dem Mailänder<br />

Modehaus Etro, welches das geflügelte<br />

Pferd Pegasus seit seiner Gründung<br />

vor 41 Jahren im Logo trägt.<br />

50 ml EdT ca. 70 Euro<br />

Inspiriert von der legendären Zauberpflanze<br />

Mandragora (Alraune) verführt<br />

Annick Goutals Unisex-Duft<br />

„Mandragore Pourpre“ mit wertvollen<br />

Aromen wie Bergamotte, Ambra,<br />

Patchouli, Weihrauch und schwarzem<br />

Pfeffer. 100 ml EdT 82 bzw. 91 Euro<br />

Für sie<br />

Hollywoodstar Demi Moore (46, links)<br />

betört noch immer mit ihrer<br />

Schönheit <strong>–</strong> und dem sinnlichen<br />

neuen Duft von Helena Rubinstein:<br />

„Wanted“, komponiert aus Ylang<br />

Ylang, Magnolie, Holz und Iris.<br />

50 ml EdP ca. 65 Euro<br />

Die feminine Interpretation eines der<br />

erfolgreichsten Herrendüfte<br />

des Hauses Lalique ist „Encre Noire<br />

pour Elle“, eine blumig-holzige Kreation<br />

von erlesener Weiblichkeit mit<br />

betörenden Moschus-Anklängen.<br />

50 ml EdP ca. 79 Euro<br />

Georgio Armanis Ode an<br />

die Weiblichkeit: ein opulenter Duft,<br />

der zarte, blumige Noten mit einem<br />

kostbaren Hauch von Leder und<br />

einer feinen Gewürznote<br />

vereint. „Idole d’ Armani“.<br />

50 ml EdP ca. 68 Euro<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


Der Herbst wird wild<br />

Empfindliche Raubkatzenaugen schützt<br />

diese Sonnenbrille von Miu-Miu<br />

mit braun getönten Gläsern.<br />

165 Euro, gesehen bei<br />

www.net-a-porter.com<br />

Damit gleiten Sie elegant durch den Tag oder Abend:<br />

Tunika-Kleid mit Schlangenmuster von Single,<br />

auch über Hosen zu tragen. Seidenchiffon,<br />

489 Euro. www.stylebop.com<br />

Für die Königinnen im<br />

Großstadtdschungel:<br />

Luxuriöse Leder-Wedges<br />

von Giuseppe Zanotti mit<br />

12 cm Keilabsatz im Animal-Print.<br />

449 Euro, www.stylebop.com<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

Rassiger Modeschmuck von Kenneth Jay:<br />

Massiver Metall-Ring mit Leo-Muster<br />

und Brillant-Imitat. 129 Euro,<br />

www.stylebop.com<br />

Frankreichs Filmstar<br />

Isabelle Adjani lieh dieser<br />

edlen Kalbsledertasche<br />

mit Kroko-Prägung ihren<br />

Namen:„L’Adjani“ in Amber,<br />

gibt es in drei Größen<br />

für 990, 1150 oder 1290 Euro.<br />

www.lancel.com<br />

Tel. 089/39 29 64 72<br />

Raubtiere erobern den Großstadtdschungel <strong>–</strong><br />

als Animal-Prints auf Kleidung und Accessoires<br />

Da wird der Leo neidisch:<br />

Mantel mit Allover-Druck von Paule Ka.<br />

Aus Polyester und Baumwolle.<br />

999 Euro, www.unger-fashion.com<br />

LIFESTYLE<br />

Rasse mit Klasse verleiht<br />

dieser Seidenschal mit<br />

Raubtiermuster und im<br />

Saum eingenähter Goldkette.<br />

Von Chloé, 419 Euro.<br />

www.net-a-porter.com<br />

Animal-Print muss nicht braun-beige-schwarz<br />

sein: Cashmere-Cardigan von Crumpet in<br />

knalligem Lila mit Leoparden-Druck.<br />

293 Euro, www.net-a-porter.com<br />

49


Perfektion als Maß aller Dinge!<br />

Wussten Sie, dass Sie im Laufe Ihres Lebens 4x die Welt zu Fuß<br />

umrunden?<br />

Doch leider schenken die meisten von uns den Schuhen nicht die Aufmerksamkeit<br />

die sie eigentlich verdient hätten. Schon Chung Tse wusste:<br />

„Wenn der Schuh passt, vergisst man den Fuß”.<br />

Für viele ist der Schuh nur ein Bekleidungsstück. Es gibt aber auch Menschen<br />

die Schuhe lieben und verehren. Denn ein guter Schuh besticht<br />

durch hohen Tragekomfort. Ein sehr guter Schuh jedoch, ist darüber hinaus<br />

nicht nur ein Blickfang, sondern zweifellos auch Ausdruck der Persönlichkeit.<br />

Und für den Kenner ist der Maßschuh das Maß aller Dinge!<br />

Er ist ein Lebensgefühl, ja sogar eine Lebenseinstellung. Denn nicht<br />

zuletzt durch seine Schuhe lässt sich direkt und ohne Umwege auf den<br />

Stil des Trägers schließen.” Ein scharfer Beobachter erkennt am Zustand<br />

der Schuhe immer, mit wem er es zu tun hat”, formulierte es schon der<br />

französische Schriftsteller Balzac.<br />

Seit kurzem fertigt Michael Kluth nach uralter Methode traditionell handgefertigte<br />

Herrenmaßschuhe an. Der <strong>Rostock</strong>er Schuhmachermeister übt<br />

sein Handwerk in der Firma OTS AG in der Innenstadt als Abteilungsleiter<br />

der dort ansässigen Schuhmacherei aus.<br />

Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, Geschmack und Äs<strong>the</strong>tik mit traditioneller<br />

Handarbeit zu verbinden, und so seinen Kunden zu einem stilsicheren<br />

Auftritt zu verhelfen.<br />

Das rechte Maß finden<br />

Um später eine einzigartige Passform der Schuhe zu gewährleisten,<br />

die den Fuß umschmeichelt und höchste Bequemlichkeit garantiert,<br />

sollten Sie einige Zeit einplanen. Denn Meister Kluth nimmt sich für<br />

seine Kunden viel Zeit. „Da darf man sich wirklich nicht hetzen<br />

lassen. Die Kunden erwarten später von mir <strong>–</strong> zu Recht <strong>–</strong> ein<br />

perfektes Ergebnis” so Kluth.<br />

Nach einem Vorgespräch, bei dem der Kunde bereits seine Vorstellungen<br />

äußern kann und sollte, wird maßgenommen. Dazu wird<br />

eine sogenannte Trittspur <strong>–</strong> eine 2 dimensionale Abbildung des<br />

Fußumrisses <strong>–</strong> mit allen erforderlichen Maßen erstellt. Anschließend<br />

lässt er den Kunden in einen Trittschaum hineintreten. „Den benutze<br />

ich eigentlich selten, nach fast 20 Jahren Schuhmacherei. Aber<br />

haben ist besser als brauchen” sagt er und schmunzelt.<br />

Zwei Probeschuhe stellt der Meister her, ehe der Kunde seine Schuhe<br />

in Empfang nehmen darf. Der erste wird aus einer Art Folie hergestellt,<br />

um die Proportionen zu überprüfen. Der zweite Probeschuh<br />

besteht dann schon aus einfachem Leder.“ Den gebe ich meinen<br />

Kunden für eine Woche mit. Damit laufen sie dann zu hause oder im<br />

Büro 1-2 Stunde täglich.“ Anschließend wird der Schuh wieder aus-<br />

einander getrennt und nach Belastungsspuren untersucht. Erst jetzt<br />

geht es an dass kostbare Leder. Nach und nach entsteht so unter seinen<br />

Händen ein Paar Maßschuhe. Von Hand eingestochen und mit<br />

Liebe zum Detail. Unverfälscht im Schnitt, Material und Verarbeitung.<br />

Dazu bequem und vielseitig ist er so keinen kurzfristigen<br />

Moden unterworfen. Letztlich stecken 40-50 Arbeitsstunden in einem<br />

Paar Schuhe, die mit einem Finish gearbeitet werden, dass es einem<br />

die Freudentränen in die Augen treibt.<br />

„Die besonders anspruchsvolle Art der Herstellung und die Spitzenqualität<br />

der Rohst<strong>of</strong>fe verleihen dem Schuh seine einzigartige Passform<br />

und hervorragende Haltbarkeit. Schuhe von 15 Jahren und<br />

älter sind keine Seltenheit. Zumal die Schuhe, die nur durch Nähte<br />

und nicht durch Verklebung hergestellt wurden, sehr reparaturfreundlich<br />

sind.” Mit einem Augenzwinkern bemerkt er nebenbei:<br />

„Also auch ein Beitrag für die Umwelt”.<br />

Selbst für fußgeplagte Kunden hat der Schuhmacher etwas im Programm.<br />

„Ich komme ja eigentlich aus der Orthopädie und kann von<br />

da aus mein ganzes Knowhow ausspielen. Wenn ein Kunde es<br />

wünscht, lässt sich auch ein diskretes Fußbett in meinen Maßschuhen<br />

berücksichtigen”.<br />

Das die Kunden solcher Schuhe auch ihre Ansprüche bei der Reparatur<br />

haben, versteht sich von selbst. Schließlich vertraut man nicht irgend<br />

jemand seine Schätze an. „Ich repariere natürlich auch Schuhe. Das<br />

kann nämlich nicht jeder machen, dafür braucht`s Erfahrung im<br />

Umgang mit solchen Herstellungsmethoden. Auf jeden Fall müssen<br />

meine Kunden nicht mehr extra nach Hamburg fahren, wie mir einmal<br />

jemand sagte”.<br />

Heute erlebt der handgemachte Maßschuh fast eine Renaissance.<br />

Die anspruchsvolle Kundschaft möchte sich <strong>–</strong> wenn auch sehr diskret<br />

<strong>–</strong> von der Massenware abheben. Denn der Maßschuhkunde neigt<br />

zum Understatement. Nur<br />

dem „Eingeweihten” <strong>of</strong>fenbart<br />

sich der Schuh auf den<br />

ersten Blick.<br />

„Ich möchte meine Kunden<br />

mit meiner Arbeit begeistern.<br />

Sie sollen das bekommen,<br />

was sie sich vor ihrem<br />

geistigen Auge vorgestellt<br />

haben”.<br />

Und somit ist eigentlich<br />

der Kunde das<br />

Maß aller Dinge.<br />

Michael Kluth<br />

OTS AG I Wismarsche Straße 32 I 18057 <strong>Rostock</strong> I Tel.: 0160 / 96 91 63 34 <strong>–</strong> Termine nach Vereinbarung<br />

www.massschuhe-rostock.de


Eleganz<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

gepaart mit<br />

Zeitlose maßgefertigte Möbel bei SYS Inneneinrichtungen<br />

Viele Trends gehen so schnell wie sie<br />

gekommen sind. Doch der Wert<br />

einer kultiviert eingerichteten<br />

Wohnung und ihre Ausstrahlung auf<br />

das Lebensgefühl sind unbestritten.<br />

Inhaberin Karin Stransky: „Mit Standardschränken<br />

erreicht man selten<br />

eine schöne und optimale Raumnutzung<br />

in einem klassisch zeitlosen<br />

Design, das die Räume zudem auch<br />

noch richtig zur Geltung bringt.“<br />

Hans-Ulrich und Karin Stransky<br />

sehen ihre Aufgabe daher in der<br />

Erschaffung zeitloser Wohnkultur<br />

maßgetreu nach Kundenwunsch.<br />

Die Firma SYS Inneneinrichtung<br />

nimmt sich dieser Herausforderung<br />

bereits seit 20 Jahren mit Erfolg an.<br />

Nicht zuletzt pr<strong>of</strong>itiert das Unternehmen<br />

auch aus seiner Anfangszeit,<br />

als es sich Laden- und Objekteinrichtungen<br />

widmete. Sie haben<br />

mit ihren individuellen hochwertigen<br />

Schranklösungen innerhalb der<br />

letzten zehn Jahre in <strong>Rostock</strong> schon<br />

so manchem Kunden ein Strahlen ins<br />

Gesicht gezaubert.<br />

Gemeinsam mit dem fachkompetenten<br />

Team um Karin Stransky wird<br />

eine individuelle Lösung gefunden.<br />

Für den präzisen Einbau wird vor Ort<br />

beim Kunden Aufmass genommen.<br />

Hersteller CABINET, ein kompetentes<br />

Unternehmen aus Kerpen mit 30<br />

Jahren Markterfahrung, produziert<br />

nach Händlerplanung. In nur sechs<br />

bis acht Wochen wird der CABINET-<br />

Schrank maßgefertigt geliefert und<br />

von Fachleuten der Firma SYS<br />

Inneneinrichtung beim Kunden eingebaut.<br />

Wohnraumlösungen der<br />

Firma GRUBER + SCHLAGER Möbelwerkstätten,<br />

mit denen Eheleute<br />

CABINET Schranksysteme<br />

Eine besonders imposante Maserung,<br />

die GRUBER + SCHLAGER anbietet, ist<br />

das Kernholz des Tulpenbaumes aus<br />

Südamerika.<br />

Stransky seit langem kooperieren,<br />

vermitteln mit ihrer Eleganz und<br />

ihrer Schönheit pures Lebensgefühl.<br />

Aufgrund der hochwertigen Qualität,<br />

der zeitlosen Eleganz und der<br />

Individualität sind sowohl CABINET<br />

als auch Schranklösungen von<br />

„GRUBER + SCHLAGER“ Entscheidungen<br />

für eine kleine Ewigkeit.<br />

Der Wunsch nach optimaler<br />

Lösung der Wohnsituation und<br />

mehr Ordnung im Haus hat sich<br />

www.sys-inneneinrichtungen.de<br />

Präzision<br />

auch für die Eheleute Langwasser<br />

aus <strong>Rostock</strong> endlich erfüllt. Ihr<br />

Besuch bei Karin Stransky hat sich<br />

gelohnt. Die Besitzer eines Häuschens<br />

in der Östlichen Altstadt<br />

Ein Haus in der Östlichen Altstadt verlangt<br />

nach einem perfekten Einrichter.<br />

schwärmen: „Für unser Haus kam<br />

nur eine individuelle Lösung in Frage.<br />

Kein Einkauf von der Stange, sondern<br />

eine zeitlos elegante und den Raum<br />

optimal nutzende Variante. Die<br />

Innensysteme sind sehr ausgereift.<br />

Die Bedienung der Türen und Schubläden<br />

ist perfekt. ”Rafinierte Extras<br />

sind sorgfälltig auf den Stil des<br />

gesamten Ensembles abgestimmt.<br />

Dank der leichtgängigen Rollensysteme<br />

macht das Öffnen und<br />

Schließen beinahe Spaß!<br />

Unter dem Dach befindet sich jetzt<br />

unter anderem ein Ebenen übergreifendes<br />

Schranksystem von<br />

GRUBER + SCHLAGER für Bücher und<br />

Wäsche. Schrägen an der einzig<br />

möglichen Stellfläche für den<br />

Gästezimmerschrank sowie ein<br />

Schlafzimmerschrank, der keine<br />

Ecke ungenutzt lassen darf, waren<br />

die Vorgaben, für die das Ehepaar<br />

gemeinsam mit dem Team der<br />

Firma SYS Inneneinrichtung eine<br />

perfekte Lösung fand.<br />

Fotos: Thomas Ulrich<br />

51


52<br />

ADEL<br />

Das Institut für Personengeschichte in Bensheim bei Frankfurt am Main. Foto: privat Lupold von Lehsten hat die Erforschung von<br />

Familien- und Personengeschichte zu seinem Beruf<br />

gemacht. Foto: privat<br />

Mecklenburger Adelswappen (3): Die schwarzen Adlerflügel derer von Lehsten<br />

Urahn Bernardus kam mit Heinrich dem Löwen<br />

Fische, Hasen, Störche, verschnörkelte Schlüssel<br />

oder auch mal ein schief hängendes Drehtor...<br />

wer Adelswappen aus Mecklenburg betrachtet,<br />

findet manches Detail, das Rätsel aufgibt.<br />

Dahinter stecken <strong>of</strong>t abenteuerliche Erzählungen,<br />

in jedem Falle reichlich bunte Historie, die<br />

in dieser Serie erzählt werden soll. Denn<br />

Geschichte wird erst dann lebendig, wenn man<br />

etwas über die Menschen weiß, die sie mit<br />

geschrieben haben.<br />

Die Kreuzzüge nach Jerusalem haben Heinrich<br />

den Löwen <strong>of</strong>fenbar nicht locken können.<br />

Zumindest weigerte sich der mächtigste Reichsfürst<br />

des 12. Jahrhunderts standhaft, daran teilzunehmen<br />

und zog stattdessen quer durch<br />

Deutschland, um sein Herrschaftsgebiet zu<br />

erweitern. Vor allem die dünn besiedelten<br />

Gebiete östlich der Elbe, die bis dahin von Wenden,<br />

Obotriten und anderen Völkern bewohnt<br />

waren, machte er sich zu eigen. Auf dem Wege<br />

dorthin nahm er von überall Männer mit, die ihn<br />

unterstützen sollten. Auch den Prämonstratenserorden<br />

band er für die Christianisierung und<br />

Besiedelung der eroberten Gebiete mit ein. Der<br />

Ritter Bernardus de Leesten war einer dieser ersten<br />

Kolonisatoren. Er zog aus dem Thüringischen<br />

Naumburg über Magdeburg nach Ratzeburg<br />

und von dort weiter in den Osten. „Das ist der<br />

Urahn unserer Familie hier in Mecklenburg“,<br />

erzählt Irmgard von Lehsten. Die 90-Jährige<br />

trägt zu sportlich frisiertem schneeweißem<br />

Haar ein hellblaues T-Shirt, einen weißen Armreif<br />

und natürlich ihren Siegelring. Die eigene<br />

Vergangenheit zu erkunden, das ist ein Steckenpferd<br />

der gebürtigen <strong>Rostock</strong>erin. Nach dem Abitur<br />

hat sie einst begonnen, Sprachen zu studieren,<br />

doch der 2.Weltkrieg machte ihr einen Strich<br />

durch die Rechnung. Später setzte sie sich 40<br />

Jahre lang für das Kinderhilfswerk Unicef ein,<br />

gründete eine Arbeitsgruppe in Hamburg, die<br />

mittlerweile die größte in ganz Deutschland ist,<br />

und arbeitete auch in Afrika an Wasserprojekten<br />

und in der Aids-Prävention mit. Ein Engagement,<br />

für das sie 1984 das Bundesverdienstkreuz<br />

bekam. Als durch Zufall eines Tages ein<br />

Manuskript des Archivars und Juristen Gustav<br />

von Lehsten auftauchte, der sich im 19. Jahrhundert<br />

ausführlich mit der Geschichte des Adels in<br />

Mecklenburg im Allgemeinen und der seiner<br />

eigenen Familie insbesondere auseinandergesetzt<br />

hatte, begannen Irmgard und ihr Mann<br />

Jochen von Lehsten, dieses abzuschreiben und<br />

weiter zu forschen. Sie erzählt mit leuchtenden<br />

Augen:„Wir haben unsere Lateinkenntnisse wieder<br />

aufgefrischt, um alles lesen zu können. Und<br />

wir sind in Archive gegangen, haben zusammengesucht,<br />

was wir finden konnten.<br />

Zwei Wanderungsbewegungen habe es<br />

gegeben. Die erste führte die Familie ins Ratzeburger<br />

Domland, wo ein Nachfahre des<br />

besagten Bernardus de Leesten, der mit Heinrich<br />

dem Löwen in den Nordosten kam, am 8.<br />

März 1255 erstmals urkundlich erwähnt<br />

wurde. In einer zweiten Welle, etwa 70 Jahre<br />

später, kamen die Lehstens in die Gegend um<br />

Güstrow. Im 14. Jahrhundert war zunächst<br />

Gottin ihr Hauptsitz, Anfang des 15. Jahrhunderts<br />

kamen Klein Wardow und später auch<br />

Groß Wardow hinzu. Weitere Lehstengüter<br />

waren Pölitz, Dölitz, Lissow, Striesenow... Irmgard<br />

von Lehsten schmunzelt und bemerkt<br />

spöttisch: „Die Güter wurden ja damals<br />

gehandelt wie die Kart<strong>of</strong>feln.“<br />

Wo Licht ist, ist auch Schatten <strong>–</strong> das alte<br />

Sprichwort gilt natürlich auch in diesem Falle.<br />

So hat der Name Lehsten beispielsweise in<br />

Striesenow noch heute einen schlechten<br />

Klang. Ende des 15. Jahrhunderts hatte das<br />

Dorf ein schweres Joch zu tragen: Es wurde<br />

sowohl vom Hospital zu Lübeck und dem<br />

mecklenburgischen Herzog als auch von den<br />

von Lehstens beherrscht und ausgebeutet.<br />

Junker Johann von Lehsten, so heißt es, habe<br />

sich in dieser Zeit regelrecht zum Raubritter<br />

entwickelt. Als beispielsweise auf Befehl des<br />

Herzogs neun Pferde, acht Ochsen und fünf<br />

Schweine gepfändet wurden, habe er weitere<br />

57 Ochsen für sich selber weggeführt und den<br />

Nachbarn der Striesenower auch noch verboten,<br />

ihnen zu helfen. In einem Gedicht zum<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


700. Geburtstag des Dorfes klingt das so: „Dei<br />

Junker läwt in sienen Wahn un dacht nicht an<br />

denn Nächsten. Die Slimmsten wiern de Grafen<br />

Hahn un ok Johann von Lehsten.“<br />

Andere Vertreter der adeligen Familie erwarben<br />

sich große Verdienste im Land. Da gab es<br />

zum Beispiel Carl von Lehsten, der sich 1834<br />

für die Aufhebung der Leibeigenschaft in<br />

Mecklenburg einsetzte. Oder der Landrat<br />

Christian Wilhelm von Lehsten, der lange Präsident<br />

der Stände war. Als der als despotisch<br />

verrufene Herzog Carl Leopold versuchte,<br />

diese zu entmachten, setzte er sein gesamtes<br />

Hab und Gut ein, um dagegen zu prozessieren<br />

<strong>–</strong> immerhin mit einem gewissen Erfolg.<br />

Und auch Generalpostmeister Ludolf von<br />

Lehsten (1760 bis 1830) ging in die Historie<br />

ein. Er hat um 1800 die Mecklenburger Post<br />

aufgebaut und die Eisenbahnlinie Berlin <strong>–</strong><br />

Hamburg mit geplant.<br />

Heute ist kein einziges der ehemaligen Lehsten-<br />

Güter mehr im Besitz der Familie. Irmgard von<br />

Lehsten lebt zwar seit ein paar Jahren wieder in<br />

einem Gutshaus in der Nähe von Güstrow, doch<br />

das ist eher Zufall und hat nichts mit „Heimkehr“<br />

zu tun, wie sie betont. Nachdenklich betrachtet<br />

sie den Siegelring an ihrer Hand. Zu sehen ist<br />

darauf ein Wappen, über dessen Herkunft nur<br />

wenig bekannt ist. Selbst darüber, was darauf zu<br />

sehen ist, scheiden sich die Geister. Gustav von<br />

Lehsten schilderte es einst so: „In silbernem<br />

Felde ein aufgerichteter schwarzer Leisten,<br />

begleitet von zwei schwarzen Adlersflügeln. Auf<br />

dem gekrönten Helm der geflügelte Leisten.<br />

Helmdecken silbern und schwarz. Schildhalter:<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

Ein Wappen der Familie von Lehsten, zu bewundern im Rittersaal des Herrensaales<br />

Hohen Luckow. Foto: Jürgen Luttmann/Archiv für Familiengeschichtsforschung<br />

zwei silberne, an Brust und Flügeln schwarze<br />

Greife.“ Sprechende Wappen nennt man solche<br />

Bilder, wie jenen Leisten, der sich auch im<br />

Namen „Lehsten“ wiederfindet. Doch Irmgard<br />

von Lehsten ist skeptisch. „Wir sind der Ansicht,<br />

das war niemals als sprechendes Wappen<br />

gedacht, sondern ist irrtümlich unterlegt worden.“<br />

Vermutlich sei das leere Feld zwischen den<br />

Flügeln im 15. Jahrhundert als Leisten gedeutet<br />

worden, obwohl es diese Bedeutung ursprünglich<br />

nie hatte. Unterstützung bekommt die Frau<br />

von Lupold von Lehsten, einem Familienmitglied,<br />

das die Erforschung von Personengeschichte<br />

zu seinem Beruf gemacht hat. Der Historiker<br />

kommentiert schlicht: „Man stelle sich<br />

einen Ritter vor, der sein Wappen dekoriert. Ich<br />

halte es für sehr unwahrscheinlich, dass der sich<br />

ein paar Schuhsohlen darauf genagelt hätte.“<br />

Lupold von Lehsten ist stellvertretender Leiter<br />

des nahe Frankfurt/Main gelegenen Instituts für<br />

Personengeschichte (www.personenge-schichte.de).<br />

Das Institut hat vier hauptamtliche Mitarbeiter<br />

und ist sowohl Biblio<strong>the</strong>k als auch Dokumentationsstelle,<br />

sammelt beispielsweise<br />

wichtige Nachlässe der Personen- und Familiengeschichte<br />

im gesamten deutschsprachigen<br />

Raum. Und von Lehsten beteuert: „Das Interesse<br />

an diesem Themengebiet wächst beständig.“<br />

Gerade jetzt erreiche eine Gruppe der Bevölkerung<br />

das Rentenalter, in deren Vorgeschichte es<br />

viele Fragezeichen gibt, meint er und erklärt:„Als<br />

deren Väter damals im Krieg und in Gefangenschaft<br />

waren, ist viel passiert, worüber später nie<br />

mehr gesprochen wurde.“<br />

Etwas darüber zu erfahren, wer die eigenen<br />

Vorfahren wirklich waren und wie sie gelebt<br />

ADEL<br />

Die Heraldische Fachgruppe<br />

„Zum Greifen <strong>Rostock</strong>“<br />

Sich mit Ahnenforschung und der Bedeutung<br />

von Wappen zu befassen, liegt im<br />

Trend. Die „Heraldische Fachgruppe Zum<br />

Greifen <strong>Rostock</strong>“ allerdings gibt es schon<br />

seit mehr als zwei Jahrzehnten. 1988 entstand<br />

die Gruppe im Kulturbund der DDR,<br />

seitdem sind ihre Mitglieder zusammen<br />

geblieben. Jürgen Luttmann, der erst auf<br />

Umwegen dazu kam, erzählt: „Mich hat<br />

eigentlich nur die Geschichte von Burg<br />

Schlitz interessiert, wo ich immer Führungen<br />

anbiete. Aber weil ich auch die Wappen<br />

verstehen wollte, die es da zu sehen<br />

gibt, habe ich mich mit einem Menschen<br />

unterhalten, der sich auskennt <strong>–</strong> und der<br />

war Mitglied in dieser Fachgruppe.“ Seit<br />

jener Zeit mischt Jürgen Luttmann bei den<br />

Heraldikern mit. Zu sämtlichen Wappen im<br />

Rittersaal des Herrenhauses in Hohen<br />

Luckow hat der 73-Jährige etwas zu<br />

erzählen. Und allein in der Dorfkirche zu<br />

Basedow fotografierte und bestimmte er<br />

160 Wappen. Luttmann versichert begeistert:<br />

„Das macht unglaublich viel Spaß!<br />

Die Wappen sind ja nur vordergründig das<br />

Thema, dahinter verbirgt sich ganz viel<br />

Geschichte.“<br />

Neun Männer und eine Frau gehören zu der<br />

Heraldischen Fachgruppe, die sich achtmal<br />

jährlich zusammensetzt und darüber hinaus<br />

zwei Exkursionen organisiert. Neueinsteiger<br />

sind willkommen, als Ansprechpartner ist<br />

der Vorsitzende Peter Heinke unter der Rufnummer<br />

038355/12466 erreichbar.<br />

haben, das sei ein ureigenes Interesse des<br />

Menschen, ein wesentlicher Teil seiner Identitätssuche.<br />

Die Begeisterung dafür erwachte<br />

in Lupold von Lehsten schon als er noch ein<br />

Kind war. „Ich habe bei einer Großtante in<br />

Ostfriesland, die immer Ortsgeschichte aufgeschrieben<br />

hat, am Teetisch gesessen und<br />

zugehört“, so erinnert er sich. „Die Tante war<br />

noch aus dem vorletzten Jahrhundert, kleidete<br />

und benahm sich etwas altertümlich und<br />

hatte auch ihren Gemüsegarten entsprechend<br />

angelegt.“ Vor allem aber: Sie konnte<br />

so plastisch aus ihrem Leben erzählen, dass<br />

der Junge an ihren Lippen hing und irgendwann<br />

begann, deren Aufzeichnungen abzuschreiben<br />

und zu erweitern. Auch wenn die<br />

von Lehstens heute kein eigenes Landgut<br />

mehr besitzen <strong>–</strong> ihre Geschichte ist durch<br />

Leute wie ihn, Irmgard und Jochen sowie Gustav<br />

von Lehsten erhalten geblieben. Und<br />

Lupold von Lehsten, der sich nach wie vor als<br />

Mecklenburger fühlt, freut sich darüber, dass<br />

auch seine fünf Kinder einigermaßen über<br />

ihre Familiengeschichte Bescheid wissen.<br />

Katja Bülow<br />

53


54<br />

LEBENSART<br />

Gutshaus Stellshagen <strong>–</strong><br />

„Wir sind gewachsen“<br />

Wenn man im Dorf beim Briefkasten<br />

rechts in die Lindenstraße<br />

einbiegt und sich unter den mächtigen<br />

Bäumen dem stilvollen Gebäude<br />

nähert, fühlt man sich irgendwie<br />

gleich zuhause. Vertraut wirkt das<br />

Gutshaus Stellshagen bereits auf<br />

den ersten Blick, unverwechselbar<br />

sein Charme, scheinbar unberührt<br />

die geschmeidige Natur.<br />

Im Lavendelbeet <strong>–</strong> gleich neben<br />

dem schwedenroten Saunahaus <strong>–</strong><br />

tanzen Kohlweißlinge zu hunderten<br />

in der Mittagssonne. Im großzügigen<br />

Kräutergarten duftet es aromatisch<br />

nach Thymian und Melisse.<br />

Nur gelegentlich dringt muntere<br />

Konversation vom anderen Ende<br />

des Dorfteiches herüber. Eine Seminargruppe<br />

pausiert gerade vor dem<br />

ziegelroten Tagungshaus. „Qigong<br />

der 5 Wandlungen“ steht heute auf<br />

dem Programm.<br />

Gertrud Cordes, die neue Hausherrin,<br />

hat das ländliche Anwesen, das<br />

einst die Familie ihrer Mutter Lore<br />

Cordes bewohnte, in eine Perle verwandelt<br />

die ihresgleichen sucht.<br />

Gemeinsam mit ihrem Mann Bill<br />

Nikiel, einem gebürtigen Amerika-<br />

Hausherrin Gertrud Cordes mit ihrem Mann Bill Nikiel. Foto: Privat<br />

ner und Geschäftsführer einer<br />

Musikfirma, etablierte die Hamburgerin<br />

ein Bio- und Gesundheitshotel<br />

mit Restaurant, Saunahaus und<br />

Naturbadeteich, Gesundheitszentrum,<br />

Tagungshaus und eigener<br />

Landwirtschaft. „Für die Region wie<br />

ein Sechser im Lotto“, hört man die<br />

Dorfbewohner heute sagen. Als Gertrud<br />

Cordes und ihr Mann dem<br />

Landkreis vor mehr als 15 Jahren ein<br />

Nutzungskonzept mit ökologischem<br />

Pr<strong>of</strong>il vorlegten, hatten sie<br />

ganz klare Vorstellungen. Damals<br />

ahnten die Heilpraktikerin und der<br />

Kaufmann allerdings nicht, dass das<br />

Haus derart wachsen wird <strong>–</strong> es 2007,<br />

elf Jahre nach der Eröffnung <strong>–</strong> als<br />

erstes Haus in Mecklenburg-Vorpommern<br />

die Zertifizierung als Bio-<br />

Hotel erhält und sich schon bald an<br />

einem Bekann<strong>the</strong>itsgrad, bis weit<br />

über die Landesgrenzen hinaus,<br />

erfreut. „Das war so nicht geplant.<br />

Wir sind erst nach und nach<br />

gewachsen“, gibt sich die 54-jährige<br />

Geschäftsführerin bescheiden.<br />

Auf der einladenden Liegewiese hat<br />

es sich ein Gast des Hauses im<br />

Schatten einer hochgewachsenen<br />

Weide gemütlich gemacht. Ein<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


weiterer genießt sorglose Urlaubslektüre<br />

auf einer beigefarbenen<br />

Hängematte. Aus der Ferne ist leise<br />

das zufriedene Rattern der Erntemaschinen<br />

zu vernehmen. Berg auf,<br />

Berg ab arbeiten sie sich scheinbar<br />

rastlos durch den fruchtbaren<br />

Boden des Klützer Winkels. Ja <strong>–</strong> der<br />

kleine verträumte Ort im Nordwesten<br />

Mecklenburgs scheint geradezu<br />

maßgeschneidert für das ökologische<br />

Pr<strong>of</strong>il des Hauses. Man sieht es,<br />

riecht es und spürt es überall. Der<br />

Ausblick vom Naturbadeteich, der<br />

seinen Platz auf einer Anhöhe am<br />

Rande der pittoresken Anlage<br />

gefunden hat, ist ohnegleichen. Im<br />

Treibhaus gedeihen schmackhafte<br />

Zucchini und purpurrote Paprikaschoten.<br />

Im großen Saal duftet es<br />

kulinarisch nach appetitlichen Speisen.<br />

Alles in hundertprozentiger<br />

Bio-Qualität. Selbst das Gutshaus,<br />

das der Hamburger Bauingenieur<br />

Franz Bach für seinen Sohn Franz,<br />

Vater von Lore Cordes, 1925 konzipierte,<br />

wurde von deren Urenkelin<br />

konsequent nach baubiologischen<br />

Gesichtspunkten saniert. Ebenso<br />

die einladenden Nebengebäude, die<br />

neu entstandenen Sonnenhäuser<br />

im Osten, Sauna- und Gartenhaus<br />

im Westen sowie Gesundheitszentrum<br />

und Tagungshaus im Süden.<br />

„Unser Pr<strong>of</strong>il richtet sich ganz klar<br />

an die ökointeressierten Urlauber“,<br />

betont Gertrud Cordes. Wer Wert<br />

auf gesunde Ernährung legt, wer<br />

sich nach Ruhe und Entspannung<br />

sehnt, wer den Alltag einfach mal<br />

hinter sich lassen möchte, der ist in<br />

Stellshagen an der richtigen<br />

Adresse. Im lichtdurchfluteten Tao<br />

Gesundheitszentrum, am Rande<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

des von Trauerweiden gesäumten<br />

Dorfteiches, erfährt der Ruhesuchende<br />

das, was man sich unter<br />

einer außergewöhnlichen Auszeit<br />

vorstellt. Klangmassage, Ayurvedische<br />

Behandlungen, Akkupunktur,<br />

Farbpunktur, Qi Gong, Shiatsu,<br />

Ernährungsberatung nach den fünf<br />

Elementen <strong>–</strong> die Liste der <strong>the</strong>rapeutischen<br />

Anwendungen ist lang und<br />

der Mensch ein ganzheitliches<br />

Wesen. Ein Patentrezept für Wohlbefinden<br />

auf Knopfdruck gib es<br />

nicht, aber:„In dieser schnelllebigen<br />

Zeit sollte sich jeder, auch wenn es<br />

meist schwierig zu realisieren ist,<br />

immer mal Zeitinseln gönnen. Zeitinseln<br />

um zur Ruhe zu kommen und<br />

um Kontakt mit sich aufzunehmen“,<br />

rät Gertrud Cordes. Ebenso<br />

habe sie im Laufe ihres Lebens mehr<br />

und mehr realisiert, dass neben Zeit<br />

und Ruhe insbesondere die richtige<br />

Ernährung eine wichtige Rolle<br />

spielt. Was auch sie als junge Frau<br />

nicht konsequent befolgte, ist der<br />

Heilpraktikerin heute umso klarer:<br />

„Wir sind was wir essen.“ In Stellshagen<br />

kommen deshalb überwiegend<br />

Produkte von den hauseigenen<br />

Bio-Anbauflächen auf den Tisch.<br />

Auf der Sonnenterrasse,unmittelbar<br />

vor dem prächtigen Eingangsportal,<br />

duftet es inzwischen nach schonend<br />

zubereitetem Gemüseauflauf und<br />

knackigem Gartensalat. Stellshagen<br />

ist zweifelsohne ein Ort der Ruhe<br />

und des leisen Genusses. Ein Ort, an<br />

dem es sich gut allein sein lässt, an<br />

dem man aber genauso gut Gleichgesinnte<br />

treffen kann. Ein Ort, der<br />

seinesgleichen sucht, an dem man<br />

sich schlichtweg zuhause fühlt.<br />

Text/Fotos: Doreen Bülow<br />

Wismarsche Straße 14, 18057 <strong>Rostock</strong><br />

Telefon (0381) 4 92 27 02, Email: service@taschenbrecker.de<br />

LEBENSART<br />

55


56<br />

VEREIN<br />

Typisch hanseatisch ….<br />

Damit <strong>Rostock</strong> auch künftig wächst und gedeiht<br />

Wer in einer Stadt lebt und dort<br />

gutes Geld verdient, der trägt auch<br />

Verantwortung für das Florieren<br />

des Gemeinwesens. Diese hanseatische<br />

Grundhaltung war es wohl,<br />

die <strong>Rostock</strong>er Bürger einst motivierte,<br />

den „Verschönerungsverein<br />

von 1836“ zu gründen. Lange<br />

genug hatten sie neidvoll Richtung<br />

Schwerin geblickt, wo prachtvolle<br />

Gartenanlagen rund um das<br />

Schloss zum Spazieren einluden.<br />

Jetzt nahmen sie die Sache selbst<br />

in die Hand. Sie wandelten erst die<br />

einstigen Wallanlagen in einen<br />

Park um und kümmerten sich dann<br />

im ganzen Stadtgebiet um Bäume,<br />

Büsche und Blumen. Heute, 173<br />

Jahre später, wiederholt sich die<br />

Geschichte:Weil Grünpflege in Zeiten<br />

knapper Stadtkassen kaum<br />

noch stattfindet, haben sich im<br />

Januar 13 Hanseaten zu einem<br />

neuen „Verschönerungsverein zu<br />

<strong>Rostock</strong>“ zusammengetan. Und<br />

seitdem haben sie schon einige<br />

Vorhaben angeschoben.<br />

Den Lindenpark, einstmals der erste<br />

öffentliche Friedh<strong>of</strong> vor den Toren<br />

der Stadt, haben sie sich ganz oben<br />

auf ihre Agenda geschrieben. Hannes<br />

Ro<strong>the</strong>r, der als Landschaftsplaner<br />

zum Vorsitzenden des Vereins<br />

gewählt wurde, bedauert:„Der Park<br />

wird zwar notdürftig gepflegt, aber<br />

bei weitem nicht so, wie es seiner<br />

historischen Bedeutung entsprechen<br />

würde.“ Eine Kritik, der Grünamtsleiter<br />

Stefan Neubauer nur<br />

wenig entgegensetzen kann. Er hat<br />

gerade mal 17 Pflegekräfte zur Verfügung,<br />

um sämtliche Parks und<br />

Biotope <strong>Rostock</strong>s in Schuss zu halten.<br />

Wobei alleine die Parks sich<br />

über eine Fläche von 156 Hektar<br />

erstrecken. Pro Einwohner lasse sich<br />

die Hansestadt ihre Grünpflege<br />

jährlich 36 Euro kosten, so rechnet<br />

er vor. Mit dieser Summe lässt sich<br />

nicht mehr als das Allernötigste<br />

bewegen.<br />

Die Begründer des Verschönerungsvereins,<br />

das sind Anwohner<br />

des Lindenparks, die benachbarte<br />

Waldorfschule, Laien und Fachleute.<br />

Sie alle wollen regelmäßig selber<br />

mit Hand anlegen. Vor allem<br />

Hannes Ro<strong>the</strong>r. Foto: Katja Bülow<br />

aber ist es ihr Ziel, Interesse zu<br />

wecken, Spenden zu sammeln und<br />

Kräfte für ihre Sache zu bündeln.<br />

Ro<strong>the</strong>r:„Nachdem wir jetzt endlich<br />

die Gemeinnützigkeit bekommen<br />

haben, können wir als Verein viel<br />

unkomplizierter als eine Behörde<br />

Träger von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen<br />

sein, die dann wiederum<br />

vom Grünamt angeleitet<br />

werden.“ Abgesehen davon, dass<br />

Pflanzen und Wege künftig besser<br />

gepflegt werden sollen, schwebt<br />

es den Initiatoren vor, historische<br />

Grabstätten wieder herrichten zu<br />

lassen. Der Geinitzstein, ein<br />

schlichter Findling, mit dem an den<br />

bedeutenden Mineralogen Franz<br />

Eugen Geinitz erinnert wird, solle<br />

vermutlich der erste sein, dem<br />

noch in diesem Jahr eine Verschönerungskur<br />

gegönnt wird. Darüber<br />

hinaus ist es geplant, eine hundefreie<br />

Liegewiese zu schaffen oder<br />

auch den einstigen Haupteingang<br />

zum jüdischen Friedh<strong>of</strong> auf der<br />

Südseite des Areals wieder begehbar<br />

zu machen. Letzterer sei derzeit<br />

von Garagen verbaut, die allerdings<br />

längst nicht mehr genützt<br />

würden, so heißt es.<br />

Doch Ro<strong>the</strong>r und seine Mitstreiter<br />

haben keineswegs vor, sich auf den<br />

Lindenpark zu beschränken. Langfristig<br />

haben sie sich vorgenommen,<br />

sämtlichen Grünanlagen in<br />

der Stadt auf die Sprünge zu helfen.<br />

Zu tun gibt es genug, versichert<br />

der Vorsitzende: Der einstige<br />

Stadtpark in Brinckmansdorf sei<br />

kaum noch als solcher erkennbar,<br />

Lindenpark:Wunderschön ist es, durch den <strong>Rostock</strong>er Lindenpark zu spazieren.<br />

Doch Wege, Bäume und Grabstellen könnten etwas mehr Pflege gebrauchen.<br />

Foto: Dierken<br />

Das Kröpeliner Tor. Foto: Verlag der H<strong>of</strong>- Steindruckerei <strong>Rostock</strong>.<br />

der alte Friedh<strong>of</strong> Gehlsdorf vollkommen<br />

zugewuchert... Je mehr<br />

Mitstreiter man finde, um so mehr<br />

lasse sich erreichen. Immerhin:<br />

Das historische Vorbild, der Verschönerungsverein<br />

von 1836, sammelte<br />

schon im ersten Jahr seines<br />

Bestehens 236 Taler, fand Sponsoren,<br />

die Fuhrwerke stellten, Erdarbeiten<br />

erledigten oder Pflanzen<br />

schenkten.<br />

Katja Bülow<br />

Arbeitseinsatz<br />

Am 17. Oktober, gegen 10 Uhr,<br />

lädt der Verschönerungsverein<br />

zu <strong>Rostock</strong> zum Arbeitseinsatz<br />

in den Lindenpark. Wegearbeiten<br />

stehen an, es sollen Stockausschläge<br />

an den Linden<br />

beschnitten und Müll gesammelt<br />

werden. Am Nachmittag<br />

wird gemeinsam gegrillt.<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

UNTERNEHMEN<br />

„Wir machen was draus“<br />

„Man feiere nur, was glücklich<br />

vollendet ist“ <strong>–</strong> dieses Zitat des<br />

altehrwürdigen deutschen<br />

Dichters Johann Wolfgang von<br />

Goe<strong>the</strong> ziert die Firmenphilosophie<br />

des Unternehmens Kampen<br />

rent an event.<br />

Auf den Punkt gebracht: „Andere<br />

Menschen wollen wir glücklich<br />

machen“, sagt Doreen Roeschke,<br />

Finance & Management, im Hause<br />

Kampen. „Wenn ein Fest geplant<br />

wird, brauchen sich unsere Kunden<br />

um nichts, aber auch gar<br />

nichts kümmern. Wir organisieren<br />

alles. Dabei sei egal, ob Candle-<br />

Light-Dinner, Hochzeiten, Vernissagen<br />

oder riesige Kongresse. Wir<br />

machen was draus.“ Festzelte,<br />

Stühle,Tische, edles Geschirr, Caterer<br />

- bei Kampen gibt es nichts,<br />

was es nicht gibt. „Alles klappt.<br />

Das garantieren wir. Organisieren<br />

ist unser Ding“, lächelt Doreen<br />

Roeschke und zählt einige aktuelle<br />

Veranstaltungshöhepunkte auf.<br />

„Unter anderem die Bestuhlung<br />

bei den derzeit stattfindenden<br />

Festspielen Mecklenburg-Vorpom-<br />

mern,Lufthansa-Betriebsveranstaltungen oder gar das Eröffnungsevent<br />

von Paramount Pictures<br />

zu Jahresbeginn in München.“<br />

Auch für Großveranstaltungen bis<br />

zu 40 000 Personen könne Kampen<br />

beispielsweise gleiches<br />

Geschirr liefern. „Groß, größer am<br />

größten ist allerdings kein Maßstab<br />

für uns. Jede Veranstaltung,<br />

jeder Kunde ist uns wichtig“, sagt<br />

die Fachfrau.<br />

Seit knapp zwei Jahrzehnten gibt<br />

es die Firma Kampen, deren<br />

Hauptsitz Neustadt-Glewe,<br />

unweit Schwerin, ist. Niederlassungen<br />

sind inzwischen in Hamburg,<br />

Berlin, Leipzig, Hannover und<br />

Bremen aufgebaut.<br />

Anfang August wurde nun Am<br />

<strong>Rostock</strong>er Hechtgraben 2 eine<br />

neue Filiale eröffnet. „Die Zeit<br />

dafür war reif“, sagt Cora Birkner,<br />

die als Ansprechpartner der hansestädtischen<br />

Dependance dem<br />

Kunden zur Seite steht. Die studierte<br />

Betriebwirtschaftlerin war<br />

zuvor in Neustadt-Glewe tätig.<br />

Cora Birkner berät die Kunden in der neuen <strong>Rostock</strong>er Filiale. Fotos: Kampen/ Re. Rö.<br />

„Jetzt habe ich die Chance bekommen,<br />

hier das neue Studio zu leiten.<br />

Eine Chance, die ich mir natürlich<br />

nicht entgehen lassen wollte“,<br />

so die junge Frau selbstbewusst.<br />

Auf die Frage, ob es denn irgendetwas<br />

gäbe, was Kampen für einen<br />

Kongress, Event oder Familienfeier<br />

nicht habe, lacht sie. „Nein, wir<br />

können alles arrangieren. Wir sind<br />

wahre Organisationstalente.“ Und<br />

die Liebe fürs Detail, die garantiere<br />

die Firma, die insgesamt 73 Angestellte<br />

hat, sowohl für kleine als<br />

auch große Veranstaltungen. Cora<br />

Birkner findet ihre neue Aufgabe<br />

in <strong>Rostock</strong> spannend. „Hier<br />

pulsiert das Leben. <strong>Rostock</strong> ist eine<br />

sehr schöne Stadt. Sie ist Tourismuszentrum,Dienstleistungsund<br />

Messestadt, hier passiert<br />

was“, so die Erfahrungen der<br />

gebürtigen Sachsen-Anhalterin,<br />

sich auf zahlreiche Veranstaltungen,<br />

die Kampen in <strong>Rostock</strong> und<br />

Umgebung organisieren will,<br />

freuend.<br />

Weitere Informationen unter<br />

www.kampen-rentanevent.com<br />

Gala?Heirat?Jubilärum?Überraschungsgäste?<br />

FüralleVeranstaltungen<br />

Woundwieauchimmer!<br />

An der Autobahn 14-16<br />

19306 Neustadt-Glewe<br />

Tel. 03 87 57 - 55 90<br />

www.kampen-rentanevent.com<br />

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58<br />

UNTERNEHMEN<br />

Ohne meine Frau konnte ich mir<br />

den Besuch in einem Studio für<br />

Badeinrichtungen gar nicht vorstellen.<br />

Bisher! Das hat sich<br />

gründlich geändert seit der<br />

Berichterstatter das Ehepaar<br />

Yvonne und Andreas Voth in<br />

ihrer exclusiven Badausstellung<br />

in Reutershagen besuchte: Walter-Stoecker-Straße<br />

31, ehemalige<br />

Ladenstraße des traditionsreichen<br />

<strong>Rostock</strong>er Stadtteils,<br />

wenige Schritte vom Markt entfernt,<br />

fast gleich hinter dem Rondell,<br />

Parkplätze kein Problem.<br />

Nein, das ist keine Ladenklingel.<br />

Eine Harmonie erklingt, die den<br />

Gast fast in das Studio zieht, damit<br />

keiner der schwebenden Akkorde<br />

verpasst wird. Die Farbe weiß dominiert<br />

den ersten Blick. Andere<br />

„Töne“ kommen nach der schnellen<br />

Orientierung hinzu. Aber ein<br />

Zustand beginnt den Besucher<br />

durch den von der Sonne durchfluteten<br />

Raum zu führen, der nur so<br />

bezeichnet werden kann: Wohlgefühl!<br />

Raumharmonie ! Italienisches<br />

Design fasziniert den Betrachter.<br />

Ganze Badeinrichtungen oder Einzelstücke,<br />

von denen besonders<br />

Männer bisher gar nicht wussten,<br />

dass es sie gibt und in so einer perfekten<br />

Linienführung gibt. Bella<br />

Italia in <strong>Rostock</strong>.<br />

Seit zwei Jahren und sechs Monaten<br />

haben Yvonne und Andreas<br />

Voth nach eigener Bekundung hier<br />

ihren „Traum verwirklicht“. Auf insgesamt<br />

200 Quadratmetern Aus-<br />

Bella Italia in <strong>Rostock</strong><br />

Yvonne und Andreas Voth in ihrer exklusiven Badausstellung in Reutershagen.<br />

stellungs- und Bür<strong>of</strong>läche beraten<br />

und betreuen sie ihre Besucher und<br />

Kunden mit einer im Großraum<br />

<strong>Rostock</strong> seltenen oder gar einmaligen<br />

Tugend: Zeit, Ruhe und behutsam<br />

vorgebrachte Anregungen sind<br />

die „Säulen“ aller Kundengespräche.<br />

„Wir nehmen uns viel Zeit,<br />

um zu ergründen, was der Kunde<br />

braucht, wo seine Vorlieben liegen.“<br />

Vertrauen aufbauen und auf diesem<br />

seriösen Weg einen Kontakt,<br />

auch mit Blick auf die Zukunft<br />

herstellen <strong>–</strong> das gehört bei Voth &<br />

Voth zur Firmenphilosophie.<br />

Viele zufriedene Kunden haben in<br />

der jungen Unternehmensgeschichte<br />

Yvonne und Andreas Voth<br />

sowie ihre drei Außendienstmitarbeiter<br />

so kennen gelernt. Privatpersonen<br />

mit einem Eigenheim<br />

oder der eigenen Wohnung. Hoteliers<br />

und Pensionsbesitzer. Inhaber<br />

von Ferienwohnungen oder<br />

Wochenendhäusern, Firmenchefs,<br />

die ihrem Team eine besonders<br />

angenehme Atmosphäre in den<br />

„stillen Bereichen“ bieten möchten<br />

oder, die Wärme aus der Heizung<br />

rationeller, kostengünstiger,<br />

zuweilen auch umweltfreundlicher,<br />

beziehen wollen.<br />

Voth baut oder modernisiert Bäder<br />

und Heizungen. Was im Studio in<br />

Reutershagen nicht besprochen,<br />

geplant oder kalkuliert werden<br />

kann, wird beim Hausbesuch vollendet.<br />

Wer ein Defizit räumlicher<br />

Vorstellungskraft hat, kann seinen<br />

Blick an einer perfekten Computeranimation<br />

weiten.<br />

„Au<strong>the</strong>ntizität, Ech<strong>the</strong>it und Glaubwürdigkeit<br />

sind unsere Geschäftsprinzipien“,<br />

sagt das Ehepaar, und<br />

ergänzt: „Jeder Kunde soll sich mit<br />

Vergnügen und Achtung an alle<br />

Mitarbeiter und an uns erinnern“.<br />

Andreas Voth ist diplomierter Ingenieur<br />

seines Fachgebietes, das er<br />

nach eigenem bekunden „mit Leidenschaft“<br />

ausfüllt. Yvonne Voth<br />

war Diplom-Lehrerin für Deutsch<br />

und Musik. Ihre musische Begabung<br />

hat die hübsche und charmante<br />

Frau zu einer ganz eigenen<br />

„Handschrift“ bei Kundenberatung<br />

um Formen und Farben erweitert.<br />

Die Firma Voth ist umsichtig und<br />

mit viel Einfühlungsvermögen<br />

unterwegs, um dem Auftraggeber<br />

diesen „Druck“ zu nehmen. Das<br />

beginnt schon bei der Wahl der<br />

Kooperationspartner für größere<br />

Aufträge.„Ob die Elektriker-, Tischler-<br />

oder Malerfirma, mit denen wir<br />

arbeiten <strong>–</strong> die teilen voll und ganz<br />

unsere Auffassungen: Ehrlich,<br />

pünktlich, zuverlässig, sauber <strong>–</strong> 110<br />

Prozent Leistung für die Zufriedenheit<br />

des Kunden, erzählt das Ehepaar<br />

Voth. Bliebe noch vom zusätzlichen<br />

Service einer kostenlosen<br />

Grundreinigung nach vollbrachten<br />

Arbeiten zu berichten. Und der<br />

blühende Gruß, den Yvonne Voth<br />

gern dem Auftraggeber überreicht,<br />

wenn alles fertig ist, gehört auch<br />

zur Unternehmenskultur.<br />

Weitere informationen:<br />

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SIE HABEN STIL …<br />

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V TH<br />

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…<br />

Horst Marx<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


Kinderzimmer<br />

Von diesem Kinderzimmer kann<br />

man wohl einen der schönsten<br />

Blicke auf <strong>Rostock</strong> genießen: Am<br />

leichten Anstieg am Stadtausgang,<br />

Hang Alt-Barteldorf. Am Bäckerhörn.<br />

Eine weiße Villa mit viel Glas<br />

und geraden Linien.<br />

Hier verwirklicht Lisa Henkel derzeit<br />

ihren Lebenstraum. Sie richtet<br />

ein Kinderzimmer ein. Und das<br />

nicht für ihre beiden vier- und zweijährigen<br />

Söhne Steven und Javan,<br />

sondern für viele etwa Gleichaltrige,<br />

die ganz sicher gern in Begleitung<br />

ihrer Eltern kommen werden.<br />

„Jetzt für Kleinstkinder bis zu drei<br />

Jahren. Vielleicht werde ich später<br />

für Kinder bis zu sechs Jahre erwei-<br />

Lisa Henkel<br />

tern“, sagt die 33-Jährige. Denn ein<br />

Wintergarten für die Kleinen soll<br />

einmal hinzukommen. Sogar ein<br />

Kronleuchter ist für das Kinderzimmer<br />

demnächst genauso geplant<br />

wie ein Kamin.<br />

Dieses Kinderzimmer birgt viel<br />

Wärme und Charakter. Ist es die<br />

sympathische, viel Ruhe ausstrahlende<br />

Art von Lisa Henkel oder ist<br />

es der helle, freundliche Raum mit<br />

den zahlreichen wunderschönen<br />

Sachen, wie Kindersöckchen, Mützen,<br />

Hüte, Spielzeug, Kinderbett,<br />

Kuscheltiere und noch viel mehr?<br />

Alles hier hat Stil, ist wohl ausge-<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

sucht und aufeinander<br />

abgestimmt. Und dass<br />

das so ist, dafür gibt es<br />

gute, eigene Gründe.<br />

Die Kinderartikel präsentieren<br />

englischen<br />

Chic und Charme. Alles<br />

in leichten, weichen<br />

und zarten Tönen. Lisa<br />

Henkel ist von Beruf<br />

Stylistin. Man spürt ausgesprochene<br />

Qualität<br />

und Anspruch.<br />

„Das Vorbild für unser Kinderzimmer<br />

sind die englischen Kinderläden<br />

Mamas & Papas“, lächelt Lisa<br />

Henkel. Sie und ihr Ehemann<br />

haben über vier Jahre in England<br />

gelebt, dort die englische Art des<br />

Umgehens mit Kindern erlebt.<br />

Und natürlich auch, weil langsam<br />

eigener Kinderwunsch wuchs.<br />

„Mamas & Papas ist ein Unternehmen,<br />

das vor einigen Jahren in<br />

England von Müttern gegründet<br />

wurde, weil sie nichts Passendes<br />

für ihre Kleinen fanden. Es gab<br />

alles nur in quietschgrellen<br />

Farben. Der Kinderwagen und die<br />

Ausstattung sollten zum Beispiel<br />

Ton in Ton sein.“ Inzwischen ist<br />

das Ganze in England zu einem<br />

Erfolg geworden. „Denn es gab<br />

und gibt viele Eltern, die sich für<br />

ihre Kinder warme und zarte Farben<br />

wünschen.“ Das möchte Lisa<br />

Henkel nun gern nach <strong>Rostock</strong><br />

übertragen, und von ihrem Kinderzimmer<br />

Am Bäckerhörn 51<br />

andere Kinderzimmer einrichten.<br />

Mamas & Papas sind übrigens<br />

erst seit diesem Jahr auf dem<br />

deutschen Markt, und das nur in<br />

wenigen ausgewählten Läden.<br />

„In wenigen Wochen werden wir<br />

auch die italienische Kindermodemarke<br />

Chicco führen“, sagt Lisa<br />

Henkel. Sie ist auch neu auf dem<br />

deutschen Markt und ebenfalls<br />

nur in ausgewählten Läden<br />

zu bekommen.<br />

„Von der Tapete bis<br />

zum Kinderbett, von<br />

der Gardine bis zum<br />

Stillkissen, in meinem<br />

Kinderzimmer<br />

finden Eltern alles in<br />

einem Stil.“ Lisa<br />

Henkel arbeitet<br />

auch mit Hebammen-<br />

UNTERNEHMEN<br />

mit englischem Chic<br />

praxen in <strong>Rostock</strong> zusammen. So<br />

können junge Mütter im Kinderzimmer<br />

von Lisa Henkel demnächst<br />

auch Milchpumpen ausleihen.<br />

Eltern, die gerne von Zuhause<br />

shoppen wollen, die können das<br />

gerne tun: www.kinderzimmerrostock.de.<br />

Weitere Informationen auch unter<br />

mamasandpapas.com.<br />

59


Die Berater von KSR <strong>Rostock</strong> haben für die Leser von<br />

<strong>Rostock</strong> „<strong>delüx</strong>“ aktuelle Informationen und Wissenswertes<br />

aus den Bereichen Steuern, Wirtschaft und Recht zusammengestellt.<br />

Liebe Leserin, lieber Leser!<br />

Die Turbulenzen der Weltmärkte spüren auch wir in Mecklenburg.<br />

Mit der gewohnt ruhigen, hanseatischen Herangehensweise<br />

nähern wir uns dem Thema und wissen, nach jedem<br />

Sturm kommen Zeiten der Ruhe.<br />

Nutzen Sie jetzt die Gelegenheit und analysieren Sie Ihre Produkt-<br />

und Dienstleistungsportefolios. Welche Sparte verdient<br />

Geld und warum? Mit Hilfe von Branchenvergleichen und<br />

Kostenrechnungen erkennen Sie zuverlässig Schwachstellen<br />

und decken Potential auf.<br />

Die Einrichtung dieses Informationssystems bedarf der gezielten<br />

Vorbereitung und zahlt sich bereits nach kurzer Zeit aus.<br />

Der konsequente Einsatz von technischen Möglichkeiten im<br />

Bereich der Verwaltung hilft, entstehende Aufwendungen zu<br />

verringern. Durch den Einsatz eines integrierten Systems erfassen<br />

Sie alle Daten nur einmal. Diese werden elektronisch übernommen<br />

und Fehler bei einer Doppelerfassung vermieden. Die<br />

Belege werden elektronisch erfaßt und die Daten für den Zahlungsverkehr<br />

bereit gestellt. Sie entlasten sich und Ihre Mitarbeiter<br />

von Routineaufgaben.<br />

Schnelle Auswertungen werden möglich. Sie könnten tagesaktuell<br />

Ihre Umsätze auswerten, die entstandenen Kosten prüfen<br />

und aus diesen Daten die überlebenswichtige Liquiditätsvorschau<br />

erstellen.<br />

Es geht um Ihr Geld. Nutzen Sie regelmäßige Erinnerungen Ihrer<br />

Kunden an Zahlungen und verbessern gleichzeitig Ihr Rating<br />

bei Ihrer Hausbank.<br />

Über Zeitreihenvergleiche lesen Sie den Abverkauf und die<br />

Attraktivität Ihrer Leistungen ab und steuern gezielt.<br />

Welche S<strong>of</strong>tware für den Einsatz bei Ihnen ideal ist?<br />

Wir beraten Sie.<br />

Tobias Kaiser I Steuerberater<br />

Kaj Mende I Rechtsanwalt<br />

Ben Karl Rippen I Rechtsanwalt, Steuerberater, Mediator<br />

Nico Schade I Steuerberater<br />

Felix Westphal I Dipl.-Kaufmann<br />

60<br />

Die öffentliche Hand hält zahlreiche Programme bereit, die<br />

den Einsatz der Leistungen von KSR <strong>Rostock</strong> und anderer Kollegen<br />

finanziell bezuschussen. Die KfW bietet mit dem Programm<br />

„Gründercoaching Deutschland“ attraktive Möglichkeiten der<br />

Förderung. Und dies bis zu 5 Jahre nach der Gründung des<br />

Unternehmens. Auch die durch die „Umweltprämie“ bekannte<br />

BAFA und das Landesförderinstitut unterstützen Beratungen.<br />

Wie es funktioniert? Wir zeigen es Ihnen.<br />

Die größten Änderungen, seit Einführung der harmonisierten<br />

europäischen Umsatzsteuer, greifen ab dem Jahr 2010. Die<br />

Regelungen zur Umsatzbesteuerung sonstiger Leistungen werden<br />

umfassend neu geregelt. Ob Ihre Dienstleistungen, zum<br />

Beispiel Restaurant- und Verpflegungsleistungen, Vermietung<br />

von Beförderungsmitteln, die Personalgestellung und weitere,<br />

die Sie an im europäischen Ausland ansässige Unternehmer<br />

anbieten, unverändert besteuert werden, ist zu klären.<br />

Sie wollen die Zeit bis 2010 nutzen?<br />

Wir klären Ihre Rechnungslegung.<br />

Gemeinsam nehmen wir einen Ausblick auf das Jahr 2010. Sie<br />

sind herzlich zu den Herbstgesprächen 2009 unter dem Motto:<br />

„Mut und Kraft für 2010“ eingeladen.<br />

Sie sind neugierig? Testen Sie uns und vereinbaren<br />

einen Termin.<br />

KSR <strong>–</strong> Kompetenz Steuern Recht - ist ein spezialisiertes Team, das sich auf die<br />

Erbringung von Beratungsleistungen für Unternehmen fokussiert hat. Zu den<br />

Schwerpunkten zählen u. a. die Existenzgründungsberatung, steuerliche Gestaltungsberatung,<br />

Fragen zur Umsatzsteuer in der Europäischen Union sowie Unternehmensbewertung<br />

und die Beratung zur Steigerung von Unternehmenswerten<br />

sowie Finanzierung und Controlling im Unternehmen. In unserem Haus sind Spezialisten<br />

in den Bereichen Gesellschafts- und Vertrags- sowie Arbeits- und Sozialversicherungsrecht.<br />

Sie pr<strong>of</strong>itieren von unserer interdisziplinären Zusammenarbeit.<br />

Jede Maßnahme muß sich am erzielten Erfolg beim Mandanten messen lassen.<br />

Unser Mandantenstamm umfaßt vom Einzelunternehmen bis zur börsennotierten<br />

Kapitalgesellschaft vor allem Unternehmen aus der Region Mecklenburg mit<br />

dem Schwerpunkt auf dem Großraum <strong>Rostock</strong>. Wir arbeiten weit über die Buchhaltung<br />

hinaus u. a. mit Programmen der DATEV e.G.. Unsere Berater sind als<br />

Dozenten bei regionalen Bildungsträgern sowie Existenzgründerinitiativen im Einsatz<br />

und fungieren als Coaches für die KfW, IHK´s sowie die Steuerberaterkammer<br />

Mecklenburg-Vorpommern (Runder Tisch).<br />

Kröpeliner Straße 47 I 18055 <strong>Rostock</strong><br />

Tel. 0381 25269-0 I Fax. 0381 25269-29<br />

info@ksr-hro.de I www.ksr-hro.de<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


WISSENSCHAFT<br />

Doktor Jazz schaut in den Himmel<br />

Warum es anderswo im Sommer kälter als im Winter ist<br />

Eiswolken über Südfrankreich - ein Frühwarnsystem der Erdatmosphäre?<br />

Na klar! Auf den Wetterbericht<br />

hat jeder schon mal geschimpft.<br />

Erst recht, wenn nicht eingetreten<br />

ist, was vorausgesagt wurde.<br />

Trotz aller Messungen und Beobachtungen,<br />

die dem vorausgegangen<br />

waren. Vielleicht hat<br />

aber auch bloß die eigene Wetterstation<br />

zu Hause im Wohnzimmer<br />

mal wieder verrückt<br />

gespielt. So ein Ding hat ja inzwischen<br />

fast jeder.<br />

Doch wie sieht es 50 Kilometer<br />

über uns aus? Darauf hat bis heute<br />

kaum jemand eine Antwort. Selbst<br />

grundlegende physikalische und<br />

chemische Mechanismen im<br />

Bereich der mittleren Atmosphäre<br />

zwischen zehn und 100 Kilometer<br />

über uns sind bis heute nicht völlig<br />

geklärt.<br />

In Kühlungsborn, im Leibniz Institut<br />

für Atmosphärenphysik (IAP),<br />

sind 65 Mitarbeiter, darunter zahlreiche<br />

Doktoranden, drauf und<br />

dran, diesen letzten Geheimnissen<br />

unserer vergleichsweise unmittelbaren<br />

und doch so schwer einzusehenden<br />

Umwelt auf die Spur zu<br />

kommen.<br />

Reicht die Klimaerwärmung bis in<br />

diese Schicht, die Mesosphäre,<br />

hinein, wie sieht es dort mit Treibhausgasen<br />

aus, haben mögliche Ver-<br />

62<br />

änderungen dort oben Auswirkungen<br />

auf das Weltklima? Noch<br />

immer gibt es mehr Fragen als Antworten.<br />

Mit selbst entwickelten Forschungsraketen<br />

dringen der Leiter<br />

des Instituts, Pr<strong>of</strong>essor Dr. Franz-<br />

Josef Lübken, der vor nunmehr<br />

zehn Jahren von der Bonner Universität<br />

dem Ruf nach Kühlungsborn<br />

folgte, und sein Team zunehmend<br />

erfolgreicher in diese<br />

Schichten vor. Um anhand der<br />

gesendeten bzw. mit zurückgebrachten<br />

Daten so manches auf<br />

der Erde schon gesehene, aber<br />

bislang nicht zu erklärende Naturschauspiel,<br />

zu analysieren. Leuchtende<br />

Nachtwolken beispielsweise.<br />

Sie erscheinen im gestreuten<br />

Licht der flach stehenden Sonne<br />

zumeist bläulich weiß. Schon seit<br />

längerem hegen Wissenschaftler<br />

die Vermutung, dass es sich dabei<br />

um Eiskristalle handelt, die spontan<br />

in der Mesopause, einer Zwischenschicht<br />

in etwa 88 Kilometer<br />

Höhe, entstehen. Hier herrschen<br />

speziell im Bereich der polaren<br />

Breiten mit bis zu 150 Grad unter<br />

Null die kältesten Temperaturen<br />

der Erdatmosphäre. Damit ist es<br />

dort im Sommer um bis zu 70 Grad<br />

kälter als im Winter. Und das<br />

bei permanenter Sonneneinstrahlung.<br />

Für den Laien nur schwer vor-<br />

stellbar, für die Experten in der<br />

Grundlagenforschung ein Fakt,<br />

noch detailliert zu erklären ist.<br />

Erst recht nachdem Eiswolken vor<br />

zwei Jahren erstmals auch über<br />

Südfrankreich gesichtet wurden.<br />

Anfangs waren sie ausschließlich<br />

über der Arktis aufgetaucht.<br />

Zuletzt, mit von den Kühlungsborner<br />

Experten weiterentwickelter<br />

Technik, in fast gleichem Temperaturpr<strong>of</strong>il<br />

auch über der Antarktis.<br />

Und hin und wieder auch schon<br />

mal über Mecklenburg-Vorpommern,<br />

hier über der Ostseeküste.<br />

Der Zug der Wolken weiter Richtung<br />

Süden wirft neue Fragen auf.<br />

Sind die Eiswolken über Südfrankreich<br />

ein Frühwarnsystem der Erdatmosphäre?<br />

Während die Erde<br />

sich zunehmend erwärmt, von<br />

spürbarem Klimawandel, vom<br />

Abschmelzen der Pole die Rede ist,<br />

geht es 60-70 Kilometer über uns<br />

in genau die entgegengesetzte<br />

Richtung. Dort wird es Jahr für Jahr<br />

um bis zu 0,5 Grad Celsius kälter.<br />

Seit nunmehr 40 Jahren sind das<br />

inzwischen bereits 20 Grad. Als<br />

Grund dafür wird hier wie da Kohlendioxid<br />

angegeben. Während es<br />

die Schichten auf der Erde aufheizt,<br />

kühlt es die oberen ab. Noch<br />

so ein Phänomen.<br />

Um die stetig weiterziehenden<br />

Nachtwolken als Warnsystem für<br />

den sich vollziehenden Klimawandel<br />

nicht aus den Augen zu verlieren,<br />

haben die Kühlungsborner<br />

Atmosphärenphysiker inzwischen<br />

ein weltweites automatisiertes<br />

Kamera Netzwerk aufgebaut, NLC<br />

<strong>–</strong> nocti-lucent clouds - , zu deutsch:<br />

leuchtende Nachtwolken. Bilder<br />

gibt es inzwischen von den Standorten<br />

Kühlungsborn, der Institutsaußenstelle<br />

Juliusruh auf Rügen,<br />

Collm in Sachsen, Katlenburg-Lindau<br />

im Harz, aber auch aus Calar<br />

Alto in Spanien und Pic du Midi in<br />

Frankreich.<br />

Die Erfolge bei der Erforschung<br />

der mittleren Atmosphäre, insbesondere<br />

ihrer oberen Hälfte, erregen<br />

zunehmend auch internationales<br />

Aufsehen. Zumal das<br />

Leibniz Institut auch für die Entwicklung<br />

technischen know<br />

hows steht. Aktive Fernerkundungsmethoden,<br />

insbesondere<br />

Lidar- und Radarverfahren, liefern<br />

immer besseres Beobachtungsmaterial<br />

über die physikalischen<br />

Prozesse, die sich<br />

vergleichsweise nur wenige Kilometer<br />

über uns in der mittleren<br />

Atmosphäre abspielen. Mit<br />

Lasern Temperaturpr<strong>of</strong>ile vom<br />

Erdboden bis in 120 km Höhe zu<br />

messen, das können weltweit<br />

nur die Kühlungsborner. Die<br />

Amerikaner haben es, trotz Mil-<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


Blick auf das moderne Haus des Instituts für Atmosphärenphysik in Kühlungsborn.<br />

lionenaufwands, bislang nicht<br />

geschafft. Beeindruckend auch<br />

die Teleskope, die im nach der<br />

Wende neu erbauten Institutsgebäude<br />

hoch oben über Kühlungsborn<br />

stehen.<br />

Erfolge, die in Veröffentlichungen<br />

von Mitarbeitern in zahlreichen<br />

wissenschaftlichen Fachzeitschriften<br />

weltweit nachzulesen sind. Die<br />

hauseigene Biblio<strong>the</strong>k hat fast alle<br />

diese für die internationale Reputation<br />

so wichtigen Veröffentlichungen<br />

im Bestand. Immer wieder<br />

zu finden sind aktuelle<br />

Forschungs<strong>the</strong>men auch in der<br />

Broschüre „Leibniz Nordost“, in<br />

der über die Arbeit der Institute<br />

in Mecklenburg-Vorpommern<br />

berichtet wird.<br />

Besonders stolz ist das IAP, das<br />

eng mit der Universität <strong>Rostock</strong><br />

zusammenarbeitet für die gerade<br />

ein Master <strong>of</strong> science vorbereitet<br />

wird darauf, dass 2007 erstmals<br />

in der Geschichte des<br />

Instituts zwei Mitarbeiter an<br />

auswärtige Universitäten berufen<br />

wurden. Und auf den wissenschaftlich<br />

und technischen Austausch<br />

mit Kollegen weltweit.<br />

Schaut man sich in den technischen<br />

Räumen des bestens ausgestatteten<br />

Instituts um, glaubt<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

man sich zeitweilig in ein Raketenforschungszentrum<br />

versetzt.<br />

Gerade wird wieder an einem<br />

neuen Modell gearbeitet. In nur<br />

drei Minuten soll es 88 Kilometer<br />

hoch hinaus in die weiterhin so<br />

geheimnisvolle Atmosphäre<br />

gehen und genau so schnell<br />

zurück. Kaum vorstellbar. Am 14.<br />

November, am Tag der <strong>of</strong>fenen<br />

Tür, können sich Interessierte<br />

alles selbst ansehen.<br />

Gestartet werden die Raketen<br />

zumeist im ebenfalls zum Institut<br />

gehörenden ALOMAR Observatorium<br />

im norwegischen<br />

Andenes, oder auch schon mal<br />

von Ny Alesund auf Spitzbergen.<br />

Fast immer mit im Boot: das<br />

Deutsche Zentrum für Luft und<br />

Raumfahrt, DLR, in Oberpfaffenh<strong>of</strong>en.<br />

Und was Pr<strong>of</strong>. Lübken<br />

besonders freut; es beteiligen<br />

sich zunehmend mehr Firmen<br />

aus der unmittelbaren Region an<br />

Projektentwicklungen. Gerade<br />

konnte ein <strong>Rostock</strong>er Unternehmen<br />

für den Bau von Sensortechnik<br />

für die Höhenforschungsraketen<br />

gewonnen werden.<br />

Unterdessen kümmert sich eine<br />

Neubukower Feinmechanikfirma<br />

um die Fertigung von Bauteilen.<br />

Für ein high-tech-Projekt, das<br />

schon im Vorfeld für internationales<br />

Aufsehen sorgt.<br />

Am Ende dient alles nur dem einen<br />

Zweck; immer besser zu wissen,<br />

was über unseren Köpfen<br />

geschieht. Zehn bis 100 Kilometer<br />

entfernt. Weil, auch das hat mit<br />

unserem Wetter zu tun. Und nichts<br />

ist doch wünschenswerter als<br />

künftig nur noch Berichte über<br />

Sonne, Wind oder Regen zu hören,<br />

die dann auch wirklich so, wie vorausgesagt,<br />

eintreffen. Das wäre ein<br />

Hit!<br />

Für den Institutsdirektor und Familienvater<br />

zudem ein guter Grund<br />

sich mal wieder seinem Hobby<br />

zuzuwenden. Als Arrangeur der<br />

„Doktor Jazz Ambulanz“, einer der<br />

führenden europäischen Jazzformationen,<br />

könnte er seinem Team<br />

doch einen eigenen Erfolgstitel<br />

sozusagen auf den Leib schreiben.<br />

WISSENSCHAFT<br />

Pr<strong>of</strong>essor Dr. Franz-Josef Lübken. Fotos: Jürgen Drewes (2), IAP (1)<br />

Vielleicht eine Mischung aus mitreißendem<br />

Hot Jazz der frühen<br />

Swing-Ära, also der 20er und 30er<br />

Jahre des vergangenen Jahrhunderts,<br />

als in der mittleren Atmosphäre<br />

sozusagen noch fast alles in<br />

den Sternen stand, und aktueller<br />

Entwicklungen, aus einer Zeit, da<br />

der Atmosphäre gerade die letzten<br />

Geheimnisse entlockt werden.<br />

Apropos Sterne. Wer denen ein<br />

Stück näher kommen will und<br />

dafür Lufthansa bevorzugt <strong>–</strong> im<br />

Bordprogramm der Airline sind<br />

einige Titel der„Bonner Botschafter<br />

des Jazz“ schon jetzt zu hören.<br />

Und auch für den Norddeutschen<br />

Rundfunk wurden bereits<br />

Produktionen eingespielt.<br />

1<br />

Jürgen Drewes<br />

63


64<br />

WISSENSCHAFT<br />

Bernt Lüchtenborg.<br />

Christa Pohl und Bernt Lüchtenborg<br />

kennen sich schon lange. Sie ist<br />

Wissenschaftlerin am Leibnitz-<br />

Institut für Ostseeforschung in<br />

Warnemünde, er war 20 Jahre lang<br />

selbstständiger Bauunternehmer.<br />

Was sie verbindet: Beide sind Segler,<br />

sind schon gemeinsam im indischen<br />

Ozean unterwegs gewesen.<br />

Zwei Jahre ist es her, seit Bernt<br />

Lüchtenborg zum ersten Mal von<br />

seinem Plan erzählte, zweimal um<br />

die Welt zu segeln. Einmal mit und<br />

einmal gegen den Wind, das hatte<br />

er sich vorgenommen, 65 000 Seemeilen,<br />

nonstop und ganz alleine.<br />

Christa Pohl lacht heute noch, wenn<br />

sie an die Situation zurückdenkt.<br />

„Ich hab ihm gesagt, Du hast nicht<br />

alle Tassen im Schrank, aber wenn<br />

Du schon so was machst, dann<br />

Beeindruckend: Die Aluminiumyacht „Horizons“ unterwegs.<br />

Sportlicher Ehrgeiz<br />

65 000 Seemeilen nonstop zweimal um die Welt<br />

kannste auch ein paar Wasserproben<br />

für mich mitbringen.“ Gesagt<br />

getan. Sportlicher Ehrgeiz trifft wissenschaftliche<br />

Neugier. Als der 56-<br />

Jährige am 13. Juni 2009 tatsächlich<br />

in Wismar aufbrach, war seine<br />

Yacht ausstaffiert mit Messsonden<br />

und 70 mit Reinstwasser gefüllten<br />

Probenflaschen.<br />

Die Kontinente seien heute bestens<br />

erforscht, über die restlichen 70<br />

Prozent der Erde, über die Ozeane,<br />

wisse man dagegen nur sehr<br />

wenig, bedauert die Biologin. Das<br />

Problem der Forschung: „Um arbeiten<br />

zu können, brauchen wir Schiffe<br />

und die sind nicht billig.“ Schon seit<br />

Christa Pohl.<br />

den 1990er-Jahren bedient sich die<br />

Wissenschaft darum des sogenannten<br />

„Ship-<strong>of</strong>-Opportunity-<br />

Prinzips“, sprich: Auch Handelsoder<br />

Fährschiffe werden für Studien<br />

genutzt, wann immer sich die<br />

Chance dazu bietet. Die allerdings<br />

sind naturgemäß nicht überall<br />

unterwegs. Die wissenschaftliche<br />

„Mitfahrgelegenheit“ auf Lüchtenborgs<br />

Yacht „Horizons“ könnte helfen,<br />

eine Wissenslücke zu schließen,<br />

die insbesondere rund um die Antarktis<br />

klafft. Besonderer Vorteil der<br />

Sloop vom Typ Glacer 52: Sie ist<br />

komplett aus Aluminium gefertigt,<br />

so dass man in direkter Bootsnähe<br />

Proben ziehen kann, ohne Verfälschungen<br />

etwa durch Rost von der<br />

Schiffshaut befürchten zu müssen.<br />

Nachdem die Kollegen im IOW die<br />

Idee anfangs noch milde belächelt<br />

hatten, wird das Projekt mittlerwei-<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


trifft wissenschaftliche Neugier<br />

le von der Deutschen Forschungsgesellschaft<br />

mit 20 000 Euro gefördert<br />

und Christa Pohl ist Teil eines<br />

fünfköpfigen Teams. Eine zentrale<br />

Frage, die die Studie beantworten<br />

soll: Wie hoch sind die Konzentrationen<br />

von Eisen, Mangan und<br />

Kobalt im Oberflächenwasser des<br />

Südlichen Ozeans? Die Biologin<br />

erklärt: „Das sind Mikronährst<strong>of</strong>fe,<br />

die für das Phytoplankton-Wachstum<br />

nötig sind.“ In der Ostsee gebe<br />

es davon mehr als genug, andernorts<br />

geht man dagegen von regelrechten<br />

„ozeanischen Wüsten“ aus.<br />

Seit einigen Jahren wird deshalb<br />

diskutiert, ob es nicht sinnvoll wäre,<br />

diese Meere mit Eisen zu düngen.<br />

Grundgedanke: Durch erhöhtes<br />

Algenwachstum lasse sich mehr<br />

Kohlendioxid im Ozean binden -<br />

eine Art Wunderheilung für das<br />

bedrohte Erdklima. Christa Pohl<br />

betrachtet diesen Ansatz skeptisch.<br />

Das Ausbringen großer Mengen<br />

„Düngemittels“ könne unabsehbare<br />

Folgen für das Ökosystem haben.<br />

Und überhaupt sei erst einmal zu<br />

klären, wie hoch die Konzentration<br />

der Mikronährst<strong>of</strong>fe im südlichen<br />

Ozean tatsächlich ist <strong>–</strong> und zwar<br />

beobachtet über einen längeren<br />

Zeitraum. Die Wissenschaftlerin<br />

vermutet:„Wenn da unten zum Beispiel<br />

ein Eisberg schmilzt, dann<br />

bedeutet das, dass auch die Staub-<br />

Bernt Lüchtenborg ist unterwegs: 65.000 Seemeilen, zweimal Nonstop um<br />

die Welt. Fotos: IOW<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

partikel, die sich über Jahrtausende<br />

in ihm abgelagert haben, ins Meer<br />

geraten.“ Es könnte also sein, dass<br />

sich das Problem fehlender Nährst<strong>of</strong>fe<br />

teilweise von ganz alleine<br />

löst. Die Studie wird es zeigen.<br />

Bernt Lüchtenborg engagiert sich<br />

ehrenamtlich für das Forschungsprojekt<br />

und Christa Pohl musste<br />

ihn dazu nicht erst lange überreden.<br />

Auf seiner ersten Weltumseglung<br />

vor ein paar Jahren sei er auf<br />

Zeugnisse des extremen Klimawandels<br />

gestoßen, so erklärt er.<br />

Zum Beispiel in der Antarktis oder<br />

im Südpazifik. Der Extremsegler<br />

erinnert sich: „Das Meer erhebt<br />

sich. Millimeter um Millimeter.<br />

Drei Zentimeter in zehn, dreißig in<br />

hundert Jahren! Der Untergang<br />

einiger Inseln, vor denen ich<br />

damals im Südpazifik ankerte,<br />

steht bevor. Tuavalu ist eine davon,<br />

Palmerston eine andere.“ Vor fünf<br />

Jahren habe man geglaubt, dass<br />

das Grönlandeis noch 2000 Jahre<br />

zum Schmelzen brauche. Neue<br />

Erkenntnisse aber zeigen, dass es<br />

bereits in 600 Jahren verschwinden<br />

kann. Die Erderwärmung sei<br />

also eine reale Gefahr für den Menschen<br />

<strong>–</strong> noch dazu eine, die er<br />

selbst verschuldet hat. Wenn sich<br />

WISSENSCHAFT<br />

Bernt Lüchtenborg je nach Wetterbedingungen<br />

alle drei bis fünf Tage<br />

der Wissenschaft widmet und Proben<br />

zieht, dann ist das für ihn zum<br />

einen eine willkommene Abwechslung,<br />

mitunter aber auch eine Zirkusnummer<br />

in rollender See. Doch<br />

der Mann nimmt das gelassen:<br />

„Wenn ich meinen Ego-Trip verzahnen<br />

kann mit Inhalten die mir<br />

wichtig sind, dann mache ich<br />

das gerne.“<br />

Christa Pohl und ihre Kollegen stehen<br />

im ständigen Mail-Kontakt<br />

mit ihrem „Assistenten auf See“.<br />

Im Frühjahr, wenn seine erste Erdumrundung<br />

auf ihr Ende zugeht,<br />

wird einer von ihnen mit Ersatzsonden<br />

und neuen Probeflaschen<br />

auf der Kanareninsel Teneriffa warten.<br />

Und eines Tages, so träumt die<br />

Wissenschaftlerin, werde auch sie<br />

mit einer Yacht die Welt umrunden<br />

- allerdings wohl nicht alleine und<br />

mit Sicherheit nicht nonstop.<br />

Katja Bülow<br />

Die aktuelle Route, auf der sich<br />

Bernt Lüchtenborg gerade befindet,<br />

sowie einen täglichen Logbuchauszug<br />

findet man im Internet<br />

unter: www.sail2horizons.com<br />

65


66<br />

UNTERNEHMEN<br />

Ein kilometerlanger Zaun, dahinter<br />

hoch aufgetürmte Erde. Nur<br />

wenige erhöhte Stellen geben so<br />

den Blick frei auf die riesige Baustelle<br />

am Stadtrand von<br />

Güstrow, mitten auf einem<br />

Acker. Ein Gelände, so groß wie<br />

27 Fußballfelder, das viele Rätsel<br />

aufgibt.<br />

„Wir wollen hier nichts verstecken.<br />

Die Erdwälle sind rein technologisch<br />

bedingt. Das ist<br />

zusammengeschobener Mutterboden,<br />

den wir später wieder für<br />

unsere Grünanlagen brauchen“,<br />

erklärt Dr. Eckhard Pratsch. Direktor<br />

der NAWARO Engineering<br />

GmbH Leipzig, die hier, nach<br />

eigenen Angaben, den aktuell<br />

größten Bioenergiepark Europas<br />

baut.<br />

„Die bereits fertig gestellten 24<br />

runden Betonbauten, die eher an<br />

überdimensionale arabische<br />

Kegelzelte erinnern, sind Fermenter,<br />

in denen das Gas produziert<br />

wird“, lässt der Bauchef wissen,<br />

der schon einiges in seinem<br />

Leben erlebt hat.<br />

Zur Wende war Eckhard Pratsch<br />

Oberbürgermeister in Halle. Erst<br />

im Sommer 1989 hatte er mit<br />

Aus Mais<br />

wirdGas<br />

Bei Güstrow wächst Europas größter Bioenergiepark<br />

SED Parteiauftrag seinen erfolglosen<br />

Vorgänger im Amt abgelöst,<br />

um schon ein Jahr später<br />

selbst wieder Platz für einen<br />

Nachfolger zu machen. Freiwillig.<br />

„Ich wollte einfach zurück in die<br />

Wirtschaft“ sagt der heute 56-<br />

Jährige, der zuvor viele Jahre das<br />

Wohnungsbau- und später das<br />

Dienstleistungskombinat in<br />

Halle geleitet hatte. Mit über<br />

30.000 Mitarbeitern.„Wir hatten<br />

allein 7.000 Schneider. Ich habe<br />

im ganzen Bezirk Boutiquen<br />

bauen lassen, wir hatten eigene<br />

Models, tolle Klamotten, es gab<br />

eigentlich Nichts, was wir nicht<br />

hatten. Das war alles nur eine<br />

Frage des Organisierens“ erzählt<br />

Eckard Pratsch nicht ohne Stolz.<br />

Seit Talent auch schwierige<br />

Situationen erfolgreich zu lösen,<br />

Neuem stets aufgeschlossen<br />

gegenüberzustehen, all das<br />

kommt ihm heute wieder zugute.<br />

„Vor vier Jahren, mit 52, habe<br />

ich gedacht, das kann es noch<br />

nicht gewesen sein. Nach meinem<br />

Abstecher in die Politik<br />

hatte ich in Zwintschöna, unweit<br />

von Halle, eine eigene Immobiliengesellschaft<br />

gegründet. Und<br />

die immer weiter ausgebaut. Mit<br />

Projektierung, Hausverwaltung,<br />

Grundstücksvermittlung. Bis ich<br />

2005 davon genug hatte und das<br />

ganze meinem Sohn Guido übertragen<br />

habe.“ Zu jener Zeit sind<br />

die beiden Unternehmer Balthasar<br />

Schramm und Felix Hess<br />

gerade dabei, Nawaro zu gründen.<br />

„Sie fragten, ob ich nicht<br />

Lust hätte, Bioenergieparks zu<br />

projektieren und dann auch den<br />

Bau zu betreuen“, erzählt der<br />

promovierte Betriebswirtschaftler<br />

mit einem vielsagenden<br />

Lächeln.<br />

Sein Wissen über Bioenergie<br />

hatte Pratsch, der auch ein<br />

Diplom als Rechtswissenschaftler<br />

in der Tasche hat, bis dato<br />

allein aus der Schule. Umso<br />

erstaunlicher, mit welcher<br />

Sicherheit er heute <strong>–</strong> vier Jahre<br />

später <strong>–</strong> sein bislang größtes Projekt<br />

vorstellt.<br />

In insgesamt 24 Fermentern,<br />

jeweils vier bilden ein Modul,<br />

wird künftig das Gas produziert.<br />

Jeder einzelne Turm fast 4.000<br />

Kubikmeter. Bereits seit Anfang<br />

Juni wird das erste Gas in die<br />

unmittelbar neben der Anlage<br />

verlaufende Erdleitung eingespeist.<br />

Am Ende, mit Fertigstellung<br />

aller Einheiten Anfang 2010,<br />

sollen es jährlich 46 Millionen<br />

Kubikmeter sein, produziert rund<br />

um die Uhr. Soviel, das damit eine<br />

Stadt mit 50.000 Einwohnern<br />

versorgt werden kann. Und das<br />

nach einem in der Nawaro-Forschungsabteilung<br />

selbst entwickelten<br />

Verfahren.<br />

„Dabei entziehen wir dem in traditionellen<br />

Anlagen produzierten,<br />

eher unreinem Biogas, das<br />

darin enthaltene CO2, also Kohlendioxid.<br />

Nach wenigen weiteren<br />

Schritten haben wir am Ende<br />

ein nahezu 100-prozentiges<br />

Methangas. In einer Qualität, wie<br />

sie jederzeit ins Netz eingespeist<br />

werden kann. Sogar noch einen<br />

Tick besser als Erdgas“, lässt Projektmanager<br />

Pratsch wissen.<br />

Güstrows Bürgermeister ist<br />

begeistert: „Über 50 Arbeitsplätze<br />

werden hier längerfristig<br />

geschaffen. So viele hatten wir in<br />

einem neu entstehenden Unternehmen<br />

schon lange nicht mehr.<br />

Zudem macht das zukunftsorientierte<br />

Pilotprojekt unsere Stadt<br />

weltweit bekannt“, freut sich<br />

Arne Schuldt.<br />

Unterdessen muss Alleskönner<br />

Pratsch noch ein letztes Problem<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


Modernste Technik: Blick auf die Nawaro-Gasanlage, die jüngst an Netz ging.<br />

aus der Welt schaffen. Für das<br />

Befüllen der Fermenter fehlen<br />

ihm derzeit noch etliche Tonnen<br />

Mais. Insgesamt braucht er Jahr<br />

für Jahr 450.000 Tonnen. Das<br />

entspricht dem Ertrag von über<br />

10.000 Hektar. Ursprünglich sollten<br />

die Anbauer in einem Umfeld<br />

von 50 Kilometer zur Anlage<br />

gewonnen werden. Doch längst<br />

nicht alle Landwirte machen mit.<br />

Markus Böckermann im nahe<br />

gelegenen Bergfeld beispielsweise<br />

ist die Anlage „einfach<br />

eine Nummer zu groß. Auf Teufel<br />

komm raus fast nur noch Mais<br />

anzubauen geht nicht gut“, so<br />

Böckermann.<br />

Mit dabei ist unterdessen Ulrich<br />

Behnke, Chef des Landwirtschaftlichen<br />

Unternehmens im unmittelbar<br />

benachbarten Sarmstorf. Er<br />

hat bereits im vergangenen<br />

Herbst Mais von etwa 100 Hektar<br />

für Nawaro eingelagert. In diesem<br />

Jahr ist es ähnlich viel. „Das haben<br />

wir vertraglich so miteinander<br />

vereinbart. Bleibt ja immer die<br />

Frage, womit lässt sich von Jahr zu<br />

Jahr am meisten Geld verdienen,<br />

mit Getreide, mit Raps, mit Mais?<br />

Da möchte ich flexibel bleiben“,<br />

verweist Behnke auf seine unternehmerischen<br />

Überlegungen.<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

Im Landesbauernverband hält<br />

man sich aus der Diskussion weitestgehend<br />

raus. „Anlagen aller<br />

Größen, die gesetzliche Rahmenbedingungen<br />

erfüllen, unterliegen<br />

unternehmerischen Aktivitäten<br />

und sind zu billigen. Die<br />

Bauern sollten allerdings darauf<br />

achten, dass sie an der Wertschöpfung<br />

beteiligt werden und<br />

sich nicht als pure Rohst<strong>of</strong>flieferanten<br />

degradieren lassen“,<br />

erklärt Sprecher Harald Kienscherf.<br />

Unterdessen setzt Eckhard<br />

Pratsch auf eine Superernte<br />

2009. „Der Mais steht gut,<br />

sodass wir mit allen bisherigen<br />

Vertragspartnern im Umkreis<br />

von 50 Kilometer die benötigte<br />

Menge wohl zusammenbekommen.<br />

Mehr als 70 Kilometer von<br />

Güstrow weg, werden wir nicht<br />

fahren. Da würde die Wirtschaftlichkeit<br />

unseres Parks im wahrsten<br />

Sinne des Wortes auf der<br />

Strecke bleiben. Zudem haben<br />

wir auch noch die Möglichkeit<br />

Grassilage, Getreide, oder Hirse<br />

einzusetzen“, macht Pratsch<br />

seine Rechnung auf.<br />

Für die Aufbereitung der Rückstände<br />

aus der Biogasproduktion<br />

UNTERNEHMEN<br />

Dr. Eckhard Pratsch.<br />

Der Hahn wird aufgedreht und<br />

das erste Gas eingespeist. Felix<br />

Hess, Vorstandsvorsitzender der<br />

Nawaro BioEnergie AG (links) und<br />

Dr. Gerhard Holtmeier, Technikvorstand<br />

Verbundnetz Gas AG<br />

Leipzig.<br />

Fotos: Jürgen Drewes<br />

lässt er derzeit auf dem<br />

20 Hektar großen Gelände noch<br />

ein eigenes Düngemittelwerk<br />

bauen. Insgesamt investiert<br />

Nawaro in das bislang weltweit<br />

einzigartige Projekt über 100 Millionen<br />

Euro. Das Geld stammt je<br />

zur Hälfte aus Bankkrediten und<br />

einem Fonds, von dem die Beteiligten<br />

schon in absehbarer Zeit<br />

spürbare Gewinne erwarten.<br />

7<br />

Jürgen Drewes


68<br />

MEINE DÖRFER<br />

Schwein gehabt<br />

7500 Seelen: Ein Landwirt ist erster hauptamtlicher Bürgermeister in Dummerstorf<br />

„Mit uns ist es wohl aus“ verabschiedet<br />

sich Axel Wiechmann<br />

von seiner großen Liebe, die ihn<br />

nicht verstehen kann, und macht<br />

sich vom Acker.<br />

Das war Mitte August. Da war ihm<br />

bereits die neue Wunschkandidatin<br />

zugesprochen worden. Deutlich<br />

jünger, taufrisch, gerade ein paar<br />

Wochen alt.<br />

Axel Wiechmann war bis zum<br />

Sommer Landwirt. Jetzt ist er Bürgermeister.<br />

Der erste Hauptamtliche<br />

in der 650-jährigen Geschichte<br />

von Dummerstorf. Dafür ist er aus<br />

dem Schweinestall und vom liebgewordenenMähdrescherführerstand,<br />

auf den ungewohnten Chefsessel<br />

der Gemeinde, seiner neuen<br />

Liebe, gewechselt.<br />

Weil es in der Vergangenheit seitens<br />

der finanziell arg gebeutelten<br />

Hansestadt <strong>Rostock</strong> immer wieder<br />

Bemühungen gab, sich starke<br />

Gemeinden aus dem Umfeld, dem<br />

so genannten Speckgürtel, einzuverleiben,<br />

holten die Gemeinden<br />

östlich der Warnow im vergangenen<br />

Winter zum Gegenschlag aus.<br />

Während anderswo noch immer<br />

über das Für und Wider der angestrebten<br />

Kreisgebietsreform diskutiert<br />

wird, ließen sie aus dem bisherigen<br />

Amt Warnow Ost kurz<br />

entschlossen die selbstständige<br />

Gemeinde Dummerstorf werden.<br />

Kavelstorf, Kessin, Lieblingsh<strong>of</strong>,<br />

Prisannewitz und Damm sowie<br />

22 weitere Ortsteile. „Mit rund<br />

7500 Einwohnern sind wir jetzt<br />

groß und auch stark genug, um<br />

uns den <strong>Rostock</strong>er Okkupationsvorstellungen<br />

wirkungsvoll zu<br />

erwehren“, gibt Axel Wiechmann<br />

seinem Amtskollegen im <strong>Rostock</strong>er<br />

Rathaus ein unmissverständliches<br />

Zeichen.<br />

Folgt man der Dummerstorfer<br />

Geschichte, könnte dieser Geniestreich<br />

der Gemeinde womöglich<br />

zu neuem Ruhm verhelfen.<br />

Urkundlich erstmals als<br />

Domanstorp erwähnt, bedeutet<br />

das im wendischen Sprachgebrauch<br />

Ort der Domaner, also<br />

derer, die von Hause aus Ruhm<br />

haben. Dumm gelaufen ist in<br />

Dummerstorf ohnehin fast nie<br />

etwas.<br />

Über Generationen wurde das Gut<br />

von einem der einflussreichsten<br />

Mecklenburger Landadelsgeschlechter,<br />

der Familie von Prehn,<br />

geführt. Bis sie es 1905 an den<br />

Deutsch-Amerikaner Enrique Gildemeister<br />

veräußerte. Aktuell ist das<br />

Gut ein Dienstleistungszentrum für<br />

die Forschung und Lehre in Mecklenburg-Vorpommern.<br />

Und das in<br />

unmittelbarer Nachbarschaft zum<br />

weit über die Landesgrenzen hinaus<br />

bekannten Forschungsinstitut<br />

für die Biologie landwirtschaftlicher<br />

Nutztiere, FBN.<br />

Genau dort, wo auch Elfriede und<br />

Peter Wiechmann, die Eltern des<br />

gewählten Bürgermeisters, aktiv<br />

waren. Bevor sie sich im Zuge der<br />

Wende 1992 mit der Schweineversuchs-<br />

und Produktionsanlage<br />

des Forschungsinstituts im<br />

benachbarten Pankelow selbst-<br />

…Ja is denn scho Weihnachten?!?… Noch nicht, aber bald!!<br />

Wenn Sie sich, mit der Familie, Freunden oder den Kollegen im<br />

Restaurant CarLo615 verwöhnen lassen möchten, reservieren Sie<br />

bitte rechtzeitig einen Tisch!<br />

…Ganze Gans, ganz schön lecker…<br />

für 4 Personen, am Tisch tranchiert<br />

mit Rotkohl, Kart<strong>of</strong>feln, Klöße und Rosenkohl<br />

Inklusiv einer Flasche Rotwein 75,00 Euro (ab 11.11.09)<br />

Gänsehotline: 0381/ 77 88 0 99 / www.carlo615.de<br />

ständig machten. Da wurde dann<br />

auch Sohn Axel Landwirt.<br />

Gelernt hat er eigentlich Kfz-<br />

Mechaniker. Im Gründungsjahr der<br />

Peter Wiechmann & Söhne GbR<br />

kam, wie gerufen, der Meisterbrief<br />

dazu. Weil zur übernommenen<br />

Schweinezuchtanlage mit 800<br />

Sauen auch noch 400 Hektar Acker<br />

gehörten, war ein Mann für alle<br />

Fälle gefragt. Vor allem auch, um<br />

die nicht mehr ganz so neue Technik<br />

in Schwung zu halten. Und weil<br />

es für einen Mechaniker nichts<br />

Schöneres gibt, als sich nach<br />

erfolgreicher Reparatur selbst<br />

hinters Lenkrad zu schwingen,<br />

startete Axel Wiechmann fortan<br />

nicht nur Traktoren und Mähdrescher,<br />

sondern auch ein völlig<br />

neues Berufsleben. Verbunden mit<br />

einer entsprechenden Ausbildung<br />

in der Landwirtschaftsfachschule<br />

Güstrow-Bockhorst.<br />

Jetzt <strong>–</strong> 17 Jahre später <strong>–</strong> heißt es<br />

von allem Abschied zu nehmen,<br />

von den Schweinen, den Feldern<br />

und der Technik, wobei Mähdrescherfahren<br />

bis zuletzt die große<br />

Leidenschaft des neuen Bürgermeisters<br />

war.<br />

Wer künftig das Getreide vom Feld<br />

holt, Axel Wiechmann weiß es<br />

nicht so recht. Auf alle Fälle bekommen<br />

seine beiden Brüder im Familienunternehmen<br />

künftig noch<br />

etwas mehr zu tun, als es bislang<br />

ohnehin schon der Fall war. Ingo,<br />

der Chef über 550 Sauen, die<br />

wöchentlich 300 Ferkel auf die<br />

Welt bringen, oder Frank, der all die<br />

leckeren Sachen vom Schwein in<br />

der firmeneigenen Fleischerei verarbeitet<br />

und dort auch verkauft<br />

bzw. kreuz und quer übers Land zu<br />

den Kunden fährt.<br />

„Sie werden das schaffen, sie werden<br />

sich durchsetzen“, sagt der 43-<br />

Jährige, der sich selbst immer wieder<br />

durchgesetzt hat. Zuletzt in<br />

einer überaus schwierigen Wahlsituation.<br />

Da hatte er sich als Bürgermeisterkandidat<br />

der CDU, der er<br />

seit 1998 angehört, im ersten<br />

Wahlgang zwar deutlich gegen<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


Der Landwirt ist jetzt Bürgermeister. Foto: Jürgen Drewes<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

den parteilosen bisherigen Amtsleiter<br />

Ulrich Peter behauptet, doch<br />

zu einer absoluten Mehrheit hatte<br />

es nicht gereicht. Stunden vor der<br />

anstehenden Stichwahl schmiss<br />

der Herausforderer für alle überraschend<br />

einfach hin, sodass die<br />

Wahl abgesagt werden musste.<br />

Nach anhaltender Ratlosigkeit<br />

stand letztlich doch noch ein<br />

Gegenkandidat bereit und die<br />

Bürgermeisterwahl <strong>–</strong> und damit<br />

der Start der neuen Gemeinde <strong>–</strong><br />

konnte mit 14-tägiger Verzögerung<br />

endlich vollzogen werden.<br />

„Ende gut, alles gut“ bilanziert<br />

der Sieger und Vater von Tochter<br />

Pauline (15) und Sohn Franz Malte<br />

(10) sichtbar erleichtert, während<br />

er die anstehenden Aufgaben<br />

zum Start seiner vorerst siebenjährigen<br />

Amtszeit formuliert. Mit<br />

Blick auf die Kinder soll auf alle<br />

Fälle die Schule im Dorf bleiben.<br />

Und auch die Feuerwehr. Neue<br />

Straßen sollen her und das Radwegenetz<br />

bis <strong>Rostock</strong> ausgebaut<br />

werden, damit nicht nur Ehefrau<br />

Antje mit dem Fahrrad zum<br />

MEINE DÖRFER<br />

großen Einkaufsmarkt am Stadtrand<br />

radeln kann, wo sie als Werbungsfachfrau<br />

tätig ist. Bereits<br />

begonnen hat der Um- und Neubau<br />

der Dummerstorfer Sporthalle<br />

zu einem Sport- und Mehrzweckzentrum.<br />

Für rund 2,2<br />

Millionen Euro. „Wir sind finanziell<br />

gut aufgestellt. Das Geld können<br />

wir jetzt auch künftig ausschließlich<br />

für unsere Gemeinden<br />

und Ortsteile anlegen, ohne<br />

womöglich einen Kuckuck im<br />

Nest zu haben“, gibt Axel Wiechmann<br />

mit viel sagendem Blick aus<br />

seinem Bür<strong>of</strong>enster Richtung<br />

<strong>Rostock</strong> zu verstehen.<br />

Dummerstorf, ein Zusammenschluss<br />

mehrerer Gemeinden zu<br />

einem leistungsstarken Verbund,<br />

der wegweisend im Zuge der seit<br />

Jahren angestrebten Kreisgebietsreform<br />

sein könnte. Die neue Großgemeinde<br />

muss jetzt nur noch den<br />

Beweis dafür antreten, dass die<br />

förmliche Vereinigung auch eine<br />

von allen Einwohnern gelebte<br />

Gemeinschaft ist.<br />

Jürgen Drewes<br />

6<br />

69


70<br />

SENIOREN<br />

Senioren- und Pflegeheim „Strandperle“ in Graal-Müritz.<br />

Der sonnige Herbst des Lebens<br />

am Meer<br />

Die Ostsee haucht Wind durch den<br />

Küstenwald. Im großen Haus verbünden<br />

sich an diesem Tag eine<br />

nach Meer riechende Frische mit<br />

der wohligen Wärme des Spätsommers.<br />

Als Regina Chinow mehrere<br />

blitzsauber gepackte Kartons<br />

öffnet, zieht bereits um die<br />

Mittagszeit eine Konditor-Duftnote<br />

appetitanregend bis in die Nähe<br />

des luftigen Foyers. „Wir haben<br />

heute wieder eine schöne Geburtstagsfeier<br />

einer unserer Bewohnerinnen“,<br />

sagt die energievolle Ergo<strong>the</strong>rapeutin<br />

und ordnet schon mal<br />

die Backkunststücke, als gelte es<br />

die Festtafel gleich zu decken.<br />

Ein ganz normaler Wochentag im<br />

Senioren- und Pflegeheim „Strandperle“<br />

in der Parkstraße 19 des<br />

Seeheilbades Graal-Müritz. Betrieb<br />

auf den Fluren. Munteres Geklapper<br />

und Geschnatter dringt aus<br />

dem Speisesaal. Wer mit dem Mittagessen<br />

fertig ist, den zieht es in<br />

den gepflegten Hausgarten oder<br />

auf die Bänke vor dem großräumigen<br />

Eingang des Heimes an den<br />

ewig murmelnden Springbrunnen.<br />

Andere überdenken vermutlich<br />

noch, ob auch heute ein guter Tag<br />

für den Rhododendronpark ist, der<br />

auf Tuchfühlung, gleich hinter der<br />

„Strandperle“ beginnt und Graal-<br />

Müritz in Mecklenburg-Vorpommern<br />

berühmt gemacht hat. Es<br />

kann gut sein, das einige der Heimbewohner<br />

auch einen Strandspaziergang<br />

für den frühen Nachmittag<br />

planen. Die 300 Meter bis<br />

dahin können noch viele Senioren<br />

leicht unter die Füße nehmen und<br />

die Geburtstagsrunde verpasst<br />

man ja ohnehin nicht.<br />

Alles atmet Frieden und verstrahlt<br />

mit der Sonne Behaglichkeit.<br />

Zufriedenheit, und das nicht nur<br />

mit dem schönen Tag, geht auch<br />

von Joachim Boos (45) aus. Der<br />

diplomierte Betriebswirt ist der<br />

Geschäftsführer und Heimleiter der<br />

„Strandperle“. Damit hat der sehr<br />

freundliche und ausgeglichen wirkende<br />

Mann aus Baden-Württemberg<br />

auch den Rang, erster<br />

Ansprechpartner für die Bewohner<br />

und für die rund 80 Mitarbeiter zu<br />

sein, die gemeinsam mit ihm den<br />

Damen und Herren im Herbst ihres<br />

Lebens eine familiäre Atmosphäre<br />

schaffen - mit allen Annehmlichkeiten<br />

eines sehr modernen Seniorenund<br />

Pflegeheimes. Im Hause gibt es<br />

171 Plätze für Vollstationäre Pflege<br />

und zehn Plätze für Tagespflege.<br />

Die neuen Graal-Müritzer kommen<br />

aus dem Großraum <strong>Rostock</strong>, aber<br />

auch aus anderen Bundesländern.<br />

Die gute Kunde vom Haus hinter<br />

dem Küstenwald und vor den Toren<br />

der größten Stadt Mecklenburg-<br />

Vorpommerns hat sich <strong>of</strong>fenbar<br />

höchst angenehm in Deutschland<br />

herumgesprochen, denn mit Blick<br />

in die Unterlagen könnten gegenwärtige<br />

und leider auch ehemalige<br />

„Strandperle“-Bewohner aus fast<br />

allen Bundesländern genannt werden.<br />

Unvergessen ist immer noch<br />

eine Dame, die gemeinsam mit<br />

ihren Angehörigen, Mitbewohnern<br />

und Schutzbefohlenen im Heim<br />

ihren 104. Geburtstag feierte. Das<br />

Durchschnittsalter liegt um die<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


80 Lebensjahre. Einige Bewohner<br />

sind jünger, andere älter, ja, es gab<br />

auch schon Senioren, die ihr 60jähriges<br />

Jubiläum noch vor sich<br />

hatten. Der beträchtliche Stab,<br />

den Joachim Boos für „seine“<br />

Senioren leitet, hat den „klassischen<br />

Zuschnitt“ eines Teams,<br />

das für alte Menschen sorgt:<br />

Altenpfleger, die ein Examen<br />

abgelegt haben, Gesundheitsund<br />

Krankenpfleger, Pflegehelfer,<br />

Ergo<strong>the</strong>rapeuten, Köche und<br />

Küchenhilfen, Mitarbeiter für<br />

Hauswirtschaft, Betreuungskräfte,<br />

Verwaltungsmitarbeiter und<br />

was wäre so ein Haus ohne Techniker<br />

/ Hausmeister. Eine Großfamilie<br />

ist 24 Stunden am Tag und<br />

365 Tage im Jahr unablässig<br />

bemüht, den Heimbewohnern<br />

Nestwärme und Zuwendung zu<br />

geben, die sie einst in ihren eigenen<br />

Familien empfangen haben.<br />

Vor drei Jahren wurde in der<br />

Nachbarschaft noch ein zweites<br />

Haus eröffnet, für das Joachim<br />

Boos ebenfalls die Verantwortung<br />

als Geschäftsführer trägt: die<br />

Seniorenpflege „Seeperle“ mit<br />

95 Plätzen und 45 Mitarbeitern.<br />

Zum Abschluss unseres Besuches<br />

<strong>CARIBIC</strong> <strong>–</strong> <strong>the</strong> <strong>wave</strong> <strong>of</strong> <strong>relaxation</strong><br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

sprechen wir über das Freizeitund<br />

Kulturangebot in der „Strandperle“<br />

und staunen über die enorme<br />

Breite und Vielfarbigkeit dieser<br />

Offerten. Der Shantychor „De<br />

Klaashahns“ und die Sängerin<br />

Heide Steffen aus Warnemünde<br />

wurden mit Beifall überschüttet.<br />

Zu großen Shows waren Senioren<br />

in der <strong>Rostock</strong>er Stadthalle. Andere<br />

besuchten schon vor Jahren die<br />

IGA in <strong>Rostock</strong> und nun die Bundesgartenschau<br />

in Schwerin. Hundetrainer<br />

kamen mit ihren besten<br />

Freunden ins Heim. Es wird getöpfert,<br />

gebastelt und gemalt.<br />

SENIOREN<br />

Wir gehen nachdenklich aus dem<br />

Haus. Das Alter und die Zukunft<br />

eines jeden Menschen stehen<br />

nicht einmal in den Sternen, wie<br />

uns eine Redensart weismachen<br />

will. Beim letzten Blick zurück<br />

glitzert die „Strandperle“ in der<br />

Sonne und der Wind ist nun kein<br />

„Hauch“ mehr. Uns will scheinen,<br />

er erzählt von seiner Reise über<br />

das Meer und auch von guten<br />

Menschen.<br />

Horst Marx<br />

Weitere Informationen:<br />

www.spg.-strandperle.de<br />

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5<br />

71


72<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


74<br />

AUTO<br />

Porsche präsentiert den<br />

„Jetzt müsste man Probefahren“<br />

12. September, 14.30 Uhr, Reiterh<strong>of</strong><br />

Blohm bei Warnemünde. Das<br />

Publikum genießt die Präsentation<br />

der „Mecklenburger Meute“: 28<br />

wunderschöne Irish Foxhounds<br />

und ihre Huntsmen umkreisen den<br />

Panamera. Noch ist er verhüllt.<br />

Master Gabriel Rodenberg muss<br />

sich bei seiner kleinen Ansprache<br />

nicht anstrengen, um Parallelen<br />

zwischen seiner Meute und dem<br />

neuen Porsche zu finden: Exklusivität.<br />

Tradition. Zuverlässigkeit.<br />

Schnelligkeit. Aus dem Ritt heraus<br />

ergreifen zwei Reiter das schwarze<br />

Tuch - und da steht er: Fast zwei<br />

Meter breit, fast fünf Meter lang<br />

und dabei nicht einmal anderthalb<br />

Meter hoch. Die Proportionen<br />

eines Sportwagens, die Größe<br />

einer Limousine. Seit im April 2009<br />

der Panamera auf der Automesse<br />

in Shanghai erstmals der Öffentlichkeit<br />

präsentiert wurde, haben<br />

die Zeitschriften und Sendungen<br />

begeistert über das Auto berichtet.<br />

Aber es ist nur die halbe Wahrheit,<br />

etwas erzählt zu bekommen<br />

oder ein paar Bilder zu sehen.<br />

Heute steht der Panamera hier,<br />

zum Anfassen, zum Reinsetzen.<br />

Panamera<br />

Michael Reichwald, Geschäftsführer<br />

von Porsche <strong>Rostock</strong>, lädt die<br />

Besucher ein, die Reitbahn zu<br />

betreten und mit ihm auf das<br />

neue Mitglied der Porsche-Fami-<br />

Diese Formen kann man durchaus genießen. Fotos (2): FS<br />

lie anzustoßen. Doch die Spannung<br />

will sich nicht lösen. Die<br />

Gäste begutachten Frontpartie<br />

und Heck, nicken anerkennend,<br />

blicken durch die Scheiben.<br />

Einer jungen Frau wird es schließlich<br />

zu bunt. Sie drückt ihrem<br />

Mann den Champagner in die<br />

Hand, öffnet die Fahrertür und<br />

setzt sich rein. Eine halbe Minute<br />

später sind nicht nur die vier Türen<br />

des Panamera, sondern auch K<strong>of</strong>ferraum<br />

und Motorhaube geöffnet.<br />

Das Fachsimpeln über verfügbare<br />

Motorvarianten und<br />

Ausstattungen beginnt. Als die<br />

ersten Kinder über die Polster krabbeln<br />

und die Eltern Mühe haben,<br />

sie wieder aus dem Auto zu holen,<br />

kommt Heiterkeit auf. Draußen<br />

wartet ein rustikales Buffet, Livemusik<br />

von den „Coast Riders“, eine<br />

Kremser-Kutsche und etliche schöne<br />

Pferde, die auf dem Reitplatz<br />

zeigen, was sie können.<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


Platz für vier K<strong>of</strong>fer im neuen Porsche. Fotos (2): Porsche<br />

Draußen stehen neben Boxster,<br />

Cayman, 911er und Cayenne auch<br />

weitere Panamera-Modelle. Sie<br />

werden jetzt genauer untersucht<br />

und verglichen. Die Gespräche<br />

werden heiter. Einer nennt den<br />

Panamera das neue Bond-Car und<br />

erntet fragende Blicke: Agent 007<br />

seiner Majestät ist in keinem Film<br />

Porsche gefahren. Wieso sollte er<br />

jetzt damit anfangen? Ganz klar:<br />

Weil er das letzte Bond-Girl geheiratet<br />

hat und Nachwuchs unterwegs<br />

ist. Für James Bond, den Gatten<br />

und Vater, wäre dieser<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

„Familienporsche“ jetzt genau das<br />

Richtige...<br />

Anerkennung ernten das gelungene<br />

Cockpit, der gediegene<br />

Innenraum und das großzügige<br />

Raumgefühl, das der Panamera<br />

bietet <strong>–</strong> er fühlt sich innen viel<br />

geräumiger an, als er von außen<br />

vermuten lässt. „Ja, das passt“,<br />

sagt einer, der vor 27 Jahren seinen<br />

Porsche abgegeben hat:<br />

„Damals bin ich geflitzt. Heute<br />

fahre ich gern ruhig, sicher und<br />

schnell. Der Panamera wäre für<br />

mich ein Grund, zurückzukommen<br />

zu Porsche.“<br />

Schade nur, dass heute keine Probefahrten<br />

stattfinden. Drinsitzen,<br />

anschauen <strong>–</strong> das ist eben wieder<br />

nur die halbe Wahrheit. Wie klingt<br />

er? Wie fühlen sich die Innovationen<br />

des Panamera an: Eine Doppelkupplung<br />

mit einem automatischen<br />

Getriebe <strong>–</strong> spürt man das<br />

Schalten noch? Aktive Aerodynamik<br />

in Form eines Heckspoilers, der sich<br />

je nach Geschwindigkeit automatisch<br />

anpasst - sieht das nur gut<br />

aus? Das erste Start-Stop-System<br />

eines Automatik-Fahrzeuges <strong>–</strong> wie<br />

kommt man damit zurecht? Und<br />

diese Beschleunigung mit diesem<br />

AUTO<br />

großen Auto <strong>–</strong> 18,6 Sekunden<br />

braucht der Panamera S, dann ist er<br />

auf 200 kmh. Für die 100 braucht er<br />

<strong>–</strong> trotz seiner Masse von 1770 Kilo <strong>–</strong><br />

nur 5,6 Sekunden. 400 PS machen<br />

es möglich. Was für Zahlen, was für<br />

ein gestalterischer Wurf!<br />

Doch Gefühlsausbrüche passen<br />

nicht zu Porsche-Fahrern. Ihnen<br />

reicht eine anerkennend hochgezogene<br />

Augenbraue, ein Nicken.<br />

Oder Sätze, wie sie ein Rechtsanwalt<br />

an diesem Tag formulierte,<br />

während er mit durchaus glänzenden<br />

Augen über das Armaturenbrett<br />

des Panamera strich: „Mein<br />

Interesse ist geweckt. Jetzt müsste<br />

man Probefahren.“ F.S.<br />

Michael Reichwald, Geschäftsführer von Porsche <strong>Rostock</strong>, stellt den Panamera vor.<br />

75


76<br />

AUTO<br />

Nüchtern betrachtet ist es Luxus,<br />

in einem Citroen C5 Tourer Platz<br />

zu nehmen.<br />

Nur Präferenzen rechtfertigen die<br />

Einfuhr dieses Mittelklasse-Kombis,<br />

der sogar um preisbewusste<br />

Oberklassekunden wirbt.<br />

Für viele deutsche Kunden stützen<br />

sich diese Vorlieben für den C5 auf<br />

den erfahrbaren französischen<br />

Lebensstils. Der C5 Tourer vermittelt<br />

Avantgarde ohne Protz.<br />

Eigensinn und Mainstream kombinieren<br />

sich so galant, dass man<br />

fast sagen möchte: dieser Franzose<br />

ist deutscher geworden.<br />

Trotzdem nehmen Sie Platz in<br />

einem 1,860 x 4,829 Meter gros-<br />

sen Stück Frankreich.„Vive la vie -<br />

Genieße das Leben“! Dieses Auto<br />

trägt eine über Jahrzehnte<br />

währende Geschichte, auch<br />

wenn ihr nicht lückenlos entsprochen<br />

wurde. Immerhin,<br />

Citroen wird 90 Jahre alt.<br />

Auf den Traction Avant von 1934,<br />

jedem als unschlagbares Fluchtauto<br />

alter schwarz-weiß Krimis<br />

vor Augen, gründet sich das Autokonzept:<br />

Frontantrieb bis in die<br />

Oberklasse.<br />

Jeder Liebhaber hat für die Buchstaben<br />

CX, DS und SM ein schönes<br />

Bild vor Augen. Lassen sich Vorliebe<br />

und Gefühl auch als handfeste<br />

Argumente ausdrücken? Vernunft<br />

schaltet sich beim Preis ein. Der<br />

fällt für diese Klasse so moderat<br />

aus, dass man beim Kurven fahren<br />

auf das Surfbrett-Gefühl gerne<br />

verzichten mag.<br />

Im Preis ab Euro 22.400 Euro fährt<br />

er mittig bis vorn, technisch im<br />

Windschatten.<br />

Tatsächlich fährt den C5 Tourer wie<br />

im Windschatten, auch ohne Vordermann:<br />

die Aerodynamik, der<br />

Luftwiderstand und die Abrollgeräusche<br />

sind beispielhaft und<br />

erstes Plus für den C5. Das Fahren<br />

VIVE LA VIE Avant<br />

erlebt man mit hohem, der Marke<br />

eigenem Komfort, dank wahlweiser<br />

Stahlfederung oder Hydropneumatik.<br />

Der Federungskomfort<br />

ist schon das zweite Plus des C5.<br />

Das Testfahrzeug ist mit Hydractiv<br />

III+ unterwegs, dessen Vorbild im<br />

DS seit 1955 bekannt ist und in<br />

erster Version im XM 1989 vorge-<br />

Citroen C5 HDI 135 Tourer<br />

stellt wurde. Sensoren erfassen<br />

Eigenschaften wie Lenkradeinschlag<br />

und Lenkgeschwindigkeit<br />

und verhelfen der Hydractiv III+ zu<br />

völlig neuen Fahreigenschaften.<br />

Deren Charaktertyp ist alternativ<br />

wählbar; zwischen Sport für straff<br />

und sicher oder Normal für<br />

nochmaligen Komfortgewinn. Im<br />

C5 mit exklusiver Ausstattung verblüffen<br />

die Sitze durch neuartig<br />

strukturierte Verstellebenen.<br />

Motorische Niveaus reichen vom<br />

immer quer verbauten 1,8-Benziner<br />

mit 127 PS als Reihenvierzylinder<br />

und 2,0er mit 143 PS bis zu<br />

Selbstzündern mit dem 1,6 HDI Reihenvierzylinder-Turbodiesel<br />

mit<br />

110 PS, dem hier gefahrenen 2,0<br />

HDI mit 135 PS, 2,2 HDI mit 173 PS<br />

und 3,0 HDI V6 mit 240 PS.<br />

Um Hilflosigkeit zu vermeiden, gibt<br />

es Automatik nur für die stärkeren<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


Motorisierungen. Für den V6 wird<br />

sie zur Traktionsoptimierung<br />

zwangsverordnet. Sicher beste Wahl<br />

ist der C5 HDI 135. Er ist mit gleich<br />

lautender PS-Zahl stimmig, unaufdringlich<br />

und bringt Sie spätestens<br />

an der Tankstelle zum Lächeln.<br />

Frontantrieb und Crash-Norm fordern<br />

leider viel Gewicht und Über-<br />

hang vor der Vorderachse. Dafür<br />

fährt man nach NCAP-Test in<br />

einer Fünf-Sterne-Sicherheits-<br />

Unterkunft.<br />

Ein Parkscanner sagt auf Wunsch,<br />

wo Platz zum Stehen ist.<br />

Der Schwierigkeitsgrad beim Einparken<br />

wird angezeigt. Wenn der<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

AUTO<br />

Wagen steht, geht’s an das Beladen:<br />

drittes Plus für den C5 Tourer.<br />

Der K<strong>of</strong>ferraum ist nicht nur relativ<br />

üppig, sondern sehr flächig und<br />

gut zugänglich. Die Klappe öffnet<br />

und schließt programmierbar und<br />

das Heck kann per Knopfdruck auf<br />

ein neues Höhenniveau gehoben<br />

oder gesenkt werden.<br />

garde ohne Protz<br />

Alltagstaugliche Individualität,<br />

französisches Raumgefühl, deutsche<br />

Autotugenden und attraktive<br />

Kosten werden dem gelungenen<br />

Doppelwinkel vor allem neue<br />

Freunde bescheren.<br />

Peter-Paul Reinmuth<br />

p-p-r.com<br />

77


78<br />

SEITENSPRUNG<br />

Es ist das Paradies für Erholungssuchende<br />

und Genießer: Istrien<br />

das grüne Hinterland Kroatiens.<br />

Herrliche Adriabuchten und<br />

romantische Weinstraßen prägen<br />

das Gesicht der tropfenförmigen<br />

Halbinsel. Im Landesinneren<br />

grüßen Trüffelwälder,<br />

Olivenhaine und von Wehrmauern<br />

gekrönte Hügel.<br />

Charmant mit uralten Steinen<br />

ummantelt präsentiert sich auch<br />

das pittoreske Städtchen Novigrad.<br />

Im 16. Jahrhundert erbaut,<br />

trägt es als einer der wenigen<br />

Küstenorte heute noch stolz die<br />

zinnen bewehrten Mauern zu<br />

Schau. Seeseitig ist in die Stadtmauer<br />

eine gotische Stadtloggia<br />

eingebettet. Von hier aus eröffnet<br />

sich ein phantastischer Blick<br />

aufs Meer. Beim Bummel durch<br />

die schmalen Gassen, die durch<br />

Rundbögen und <strong>of</strong>fene Treppenhäuser<br />

bezaubern, fällt vor allem<br />

die Pfarrkirche des Heiligen Pelagius<br />

ins Auge. Sie wurde in der<br />

Mitte des 18. Jahrhundert im<br />

Ein Paradies auf Erden<br />

Perle an der Adria: Rovinj. In den verwinkelten Gässchen der Stadt tummelt sich buntes Markttreiben und eine quirlige Künstlerszene.<br />

Davorka Sajina führt das zehn<br />

Hektar große Landgut Orgrade.<br />

Die Trüffelschweine Gigi und Jaque<br />

leben bei Libero Sinkovic.<br />

Peter Poletti ist Winzer in der sechsten<br />

Generation.<br />

Stadtbummel in der Hafenstadt<br />

Rovinj. Die historische Innenstadt<br />

ist für Fahrzeuge gesperrt.<br />

Barockstil umgebaut und<br />

bewahrt im Inneren die Fragmente<br />

einer romanischen sowie<br />

die Fragmente einer altchristlichen<br />

Basilika.<br />

In dieser Region Kroatiens spiegeln<br />

sich historische Einflüsse<br />

der venezianischen Kultur wieder.<br />

So wurde beispielsweise der<br />

Turm der Pelagius-Kirche dem<br />

Campanile der venezianischen<br />

Markus-Kirche nachempfunden.<br />

Vis-a-vis zum Gotteshaus tummeln<br />

sich Cafés, Straßenmärkte<br />

und die modernste Marina des<br />

Landes. Hier, wo die Mirna in die<br />

Adria mündet, kann man sich<br />

dem süßen Nichtstun unter südlicher<br />

Sonne hingeben. Kein<br />

Wunder also, dass sich hier einige<br />

der besten Fischrestaurants des<br />

Landes befinden <strong>–</strong> <strong>of</strong>tmals mit<br />

Weinkellern und Sonnenterrassen<br />

ausstaffiert.<br />

Wer lieber durch hohe Berge von<br />

den Küstenwinden geschützt<br />

speisen möchte, sollte Dora und<br />

Libero Sinkovic einen Besuch<br />

abstatten. Sie führen in Momjan,<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


Malerische Schönheit: Motovun liegt 277 Meter über dem Meer.<br />

nur wenige Kilometer von Pula,<br />

der größten Stadt Istriens, entfernt,<br />

einen Agrotourismus-H<strong>of</strong>.<br />

Das Konzept ist denkbar<br />

einfach: Es wird nichts serviert,<br />

was nicht selbst angebaut,<br />

gezüchtet, produziert oder selbst<br />

hergestellt wird. Alle Produkte<br />

werden selbst erzeugt oder von<br />

landwirtschaftlichen Betrieben<br />

aus der unmittelbaren Umgebung<br />

bezogen.<br />

Und weil Dora und Libero echte<br />

Feinschmecker sind, haben sie<br />

sich Gigi und Jaque ins Haus<br />

geholt <strong>–</strong> zwei ehemalige Zirkusschweine,<br />

die hier mit einer zweiten<br />

Karriere als Trüffelschweine<br />

durchstarteten. Tief in den Wäldern<br />

Istriens sind weiße und<br />

schwarze Trüffel versteckt, die<br />

Kilopreise bis zu 5000 Euro erzielen.<br />

Das schwarze Gold führt die<br />

Speisekarte von mehreren hundert<br />

Trüffelrestaurants in der<br />

Region an.<br />

Auch Peter Poletti lebt von der<br />

roten, eisenhaltigen Erde<br />

Istriens. Er ist Winzer in der<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

sechsten Generation. Nur wenige<br />

Autominuten von Motovun<br />

entfernt, baut er Teran an. Der<br />

typische istrische Rotwein ist<br />

wild und erdig im Geschmack<br />

mit dem Duft dunkler Kirschen<br />

und Beeren.<br />

Doch Motovun ist nicht nur für<br />

Rotwein und Trüffel, sondern<br />

auch für seine Architektur<br />

berühmt. Das im 10. Jahrhundert<br />

entstandene Städtchen Motovun<br />

liegt auf einem Hügel. Der<br />

italienische Einfluss der lange<br />

Zeit unter venezianischer Herrschaft<br />

gestandenen 500-Seelen-<br />

Gemeinde ist auch hier deutlich<br />

in der Architektur bemerkbar.<br />

Mediterranes Flair, traditionelles<br />

Handwerk und kullinarische Vielfalt.<br />

Das Land inspiriert: Dante<br />

schrieb angesichts des azurblauen<br />

Meeres seine göttlichen<br />

Verse und George Bernhard<br />

Shaw beschrieb dieses Fleckchen<br />

der Erde als das, was es zweifelos<br />

ist: ein Paradies auf Erden.<br />

Susanne Walter<br />

Luxus pur im Herzen Istriens: Das Doppelhaus mit Pool und Weinkeller kostet<br />

5000 Euro pro Woche.<br />

Unterkunft<br />

Die Mittelmeerküste Kroatiens<br />

mit ihrem klaren Wasser und den<br />

Inseln und Buchten ist ein Paradies<br />

für Wassersportler und Sonnenanbeter.<br />

Auf einigen der über<br />

hundert winzigen, teils einsamen<br />

Inseln kann man liebevoll<br />

restaurierte Fischerhäuschen<br />

mieten und so in völliger Ruhe<br />

und Abgeschiedenheit abtauchen.<br />

Wer lieber inmitten der<br />

quirligen Künstlerszene übernachtet,<br />

entscheidet sich für<br />

eine Stadtvilla <strong>–</strong> wahlweise auch<br />

mit Bootsanlegesteg. Das Portfolio<br />

des Anbieters Novasol ist auf<br />

die individuellen Wünsche von<br />

Ferienhausurlaubern zugeschnitten.<br />

Weitere Informationen unter:<br />

www.novasol.de und<br />

www.kroatien.hr<br />

SEITENSPRUNG<br />

Warum Ivan Paris auch „Van Gogh<br />

Istriens“ genannt wird, sieht man<br />

seinen Ferienhäusern s<strong>of</strong>ort an: Er<br />

liebt die Bun<strong>the</strong>it und den Lavendel<br />

aus Südfrankreich. Ivan Paris ist<br />

einer der besten Innenausstatter<br />

Kroatiens und über die Landesgrenze<br />

hinaus bekannt. Seine<br />

Auftraggeber kommen aus ganz<br />

Europa.<br />

79


80<br />

TREFFPUNKT<br />

Gepflegte Gastlichkeit bestimmt auch die Gourmet Tage 2009. Foto: Archiv „<strong>delüx</strong>“ (2)<br />

Fest der Kochkunst<br />

Es klingt wie ein Appell. Inge<br />

Hagen-Heyde darf uneingeschränkt<br />

als eine Dame mit<br />

Lebensfreude und Optimismus<br />

bezeichnet werden. Doch plötzlich<br />

wird sie trotz des durchaus<br />

heiteren und auch appetitlichen<br />

Themas unserer Begegnung<br />

ernst und nachdenklich: „Wir<br />

müssen uns besser vermarkten.<br />

Mecklenburg-Vorpommern hat<br />

trotz der erfolgreichen Tourismusbilanzen<br />

Nachholbedarf im<br />

Marketing.Wir müssen mehr von<br />

uns hermachen <strong>–</strong> beispielsweise<br />

auch über die `Grüne Woche`<br />

hinaus<br />

national und international zeigen,<br />

dass wir hier sehr gut<br />

kochen können“. Damit ist die<br />

Stellvertreterin des Vorsitzende<br />

des Kühlungsborner Gourmet<br />

Verein (e.V.) gerade stark<br />

beschäftig. Es fällt jetzt so viel<br />

Arbeit an, dass Inge Hagen-<br />

Heyde eine Assistentin beschäftigen<br />

könnte und diese hätte nicht<br />

eine langweilige Stunde.<br />

Zu den Trumpfkarten des größten<br />

Ostseebades Deutschlands<br />

zählen schon seit Jahren auch die<br />

„Kühlungsborner Gourmet Tage“.<br />

Schon die 8. Auflage des Feinschmecker-Events<br />

wird gegenwärtig<br />

vorbereitet, und das führt<br />

bei Inge Hagen-Heyde zu einem<br />

Terminkalender, der jeden Firmenchef<br />

auszeichnen könnte.<br />

Vom 13. bis 21. November dieses<br />

Jahres sollen Gäste aus<br />

Nah und Fern erleben,<br />

genießen und in guter Erinnerung<br />

behalten, dass sich<br />

Köche, Gastronomen und<br />

die Organisatoren in Kühlungsborn<br />

bestens darauf<br />

verstehen, dem grauen<br />

November Farbe und<br />

Geschmacks zu verleihen.<br />

Damit das gelingt, haben 23<br />

namhafte Firmen ihre dankenswerte<br />

Unterstützung als Sponsoren<br />

der Gourmet Tage erklärt.<br />

Und diese renommierten Vier-<br />

Sterne Hotels des Ostseebades<br />

sind Gastgeber der 8. Gourmet<br />

Tage: Residenz Waldkrone, Aquamarin,<br />

Vier Jahreszeiten, Neptun<br />

und natürlich auch das Restaurant<br />

Herzoglicher Wartesaal im<br />

benachbarten Heiligendamm.<br />

Mit der enormen Auflage von<br />

10.000 Flyern wirbt der Kühlungsborner<br />

Gourmet Verein derzeit<br />

in der eigenen Stadt, in unserem<br />

Bundesland und durch eine<br />

groß angelegte Versandaktion<br />

auch in ganz Deutschland.<br />

„Natürlich hat die gute Tradition<br />

der Gourmet Tage schon einen<br />

erfreulichen Gästestamm gebildet,<br />

sagt Inge Hagen-Heyde und<br />

fügt nicht nur als Realistin, sondern<br />

auch als international<br />

erfahrene Hotelfachfrau hinzu:<br />

„Wir bekennen uns selbstverständlich<br />

gern zu unserem Marketingziel,<br />

Gäste mit den Offerten<br />

unserer Gourmet Tage zu<br />

einem Kurzurlaub nach Kühlungsborn<br />

zu bitten. Der November<br />

ist schließlich in der Hotelle-<br />

Cheforganisatorin der 8. Kühlungsborner Gourmet Tage und auch Unternehmerin:<br />

Inge Hagen-Heyde. Foto: Horst Marx<br />

rie und Gastronomie nicht<br />

gerade ein Monat, in dem unsere<br />

Häuser ausgebucht sind.“<br />

Ist eine kleine Kostprobe aus dem<br />

umfangreichen Programm der<br />

8. Kühlungsborner Gourmet Tage<br />

jetzt schon gefällig? Bekömmlich<br />

dürfte sie allemal sein. Es gibt<br />

natürlich wieder die Hopper-Tour<br />

durch alle fünf „Gourmet-Tempel“.<br />

Der Blick in die kulinarischen<br />

Extras dieser Fein-<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


schmecker-Exkursion dürfte<br />

schon jetzt Appetit machen:<br />

Crépinette von Flusskrebs und<br />

Forelle, oder Entenbrust aus dem<br />

Ofen mit Pastinaken-Ingwerpürree<br />

und geschmorten Schalotten…,<br />

als anregendes „Häppchen“<br />

möge das Zitat aus der Speisekar-<br />

te vorerst reichen. Blättern wir <strong>–</strong><br />

auch wieder nur kurz <strong>–</strong> im Fundus<br />

der besonderen Erlebnisse zu den<br />

Gourmet-Tagen. Die Themen-<br />

Abende sind erneut ein exzellentes<br />

Beispiel für die Ideenvielfalt<br />

von Inge Hagen-Heyde, Petra<br />

Müller, der Direktorin des Hotels<br />

Residenz Waldkrone, und anderer<br />

Verbündeter des Kühlungsborner<br />

Gourmet Vereins. „Kann denn<br />

Genießen Sünde sein“? Das Neptun-Hotel<br />

lädt zu einer Zeitreise<br />

durch den deutschen Film der<br />

20er und 30er Jahre ein. Oder:<br />

„Illusionen“ ist das Motto eines<br />

Abends im Hotel Vier Jahreszeiten,<br />

und versprochen werden<br />

„magische“ Stunden „voller fesselnder<br />

Momente“.<br />

Die Kühlungsborner Gourmet<br />

Tage sind, so sagen Gäste, die<br />

diese Veranstaltungsreihe über<br />

Jahre besucht haben, so attraktiv,<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

daß man sie glatt erfinden müsste,<br />

wenn es sie nicht schon gäbe.<br />

Inge Hagen-Heyde hat indes nicht<br />

nur die Fäden der Gesamtorganisation<br />

in der Hand, sondern die<br />

welterfahrene Dame betreibt<br />

auch noch ein eigenes kleines und<br />

sehr feines Unternehmen. „Men-<br />

So war´s 2008: Begrüßung der Gäste zu den Gourmet Tagen im Neptun Hotel<br />

durch Wolfgang Dierck, Andreas Pasternack und Christian Ahnsehl (v.l.).<br />

schen l(i)eben Manieren“, Image<br />

und Consulting. Mit Verlaub<br />

könnte man etwas handfester<br />

sagen, die sportliche Frau mit der<br />

erstaunlichen Kommunikationsbegabung<br />

wirkt als Dozentin für<br />

gutes Benehmen <strong>–</strong> sie ist „Knigge-<br />

Trainerin“. In Schulen, in Seminaren<br />

bei Unternehmen, für Kurse in<br />

Hotels und für Jedermann-Interessengruppen,<br />

wo mehr über stilgerechtes<br />

Auftreten vermittelt<br />

wird, als damals der Unterricht in<br />

der Tanzstunde zu bieten hatte.<br />

Dabei wollte sie doch nach einer<br />

langen Zeit als Direktorin von 4und<br />

5-Sterne-Hotels im Ausland<br />

und in Deutschland etwas kürzer<br />

treten. Kühlungsborn, die neue<br />

„mit dem Herzen entschiedene<br />

Wahlheimat“ scheint aber in<br />

jeder Hinsicht ein guter Ort für<br />

gute Ideen zu sein<br />

1<br />

Horst Marx<br />

8.<br />

13.11. - 21.11.2009<br />

DAS HOPPER-MENÜ<br />

BEEFTEA VOM TAFELSPITZ<br />

und Röllchen von Wurzelgemüse<br />

�<br />

CRÉPINETTE VON FLUSSKREBS UND FORELLE<br />

aus dem Hütter Wohld<br />

auf roh mariniertem Fenchelsalat<br />

�<br />

ENTENBRUST AUS DEM OFEN<br />

Pastinaken-Ingwerpürree und geschmorte Schalotten,<br />

gerührte Thymianpolenta<br />

�<br />

QUITTENSÜPPCHEN MIT TOPFENMOUSSE<br />

und marmorierte Eiscreme von weißer Schokolade<br />

HOTEL RESIDENZ WALDKRONE<br />

Tannenstraße 4<br />

Tel. 038293/400-0, Fax 038293/400-11<br />

waldkrone@t-online.de, www.waldkrone.de<br />

HOTEL AQUAMARIN<br />

Herrmannstraße 33<br />

Tel. 038293/402-0, Fax 038293/402-77<br />

reservierung@hotel-aquamarin.de<br />

www.hotel-aquamarin.de<br />

NEPTUN HOTEL<br />

Strandstraße 37<br />

Tel. 038293/63-0, Fax 038293/63-299<br />

info@neptun-hotel.de, www.neptun-hotel.de<br />

HOTEL IV JAHRESZEITEN<br />

Ostseeallee 10-12<br />

Tel. 038293/81-000, Fax 038293/81-081<br />

info@4jahreszeiten-hotels.de<br />

www.4jahreszeiten-hotels.de<br />

„HERZOGLICHER WARTESAAL“<br />

im Molli-Bahnh<strong>of</strong> zu Heiligdamm<br />

Tel. 038203/415-15, Fax 038203/415-14<br />

info.hdm@molli-bahn.de, www.molli-bahn.de


82<br />

TREFFPUNKT<br />

Hüte,<br />

Hengste,<br />

Hanseaten<br />

Es gehörte zu den gesellschaftlichen<br />

Höhepunkten des Sommers:<br />

Das Ostsee-Meeting in<br />

Bad Doberan. Beim viertägigen<br />

Event hieß es rund um die älteste<br />

Galopprennbahn Deutschlands<br />

wieder Fachsimpeln und<br />

natürlich Wetten. Neben Spitzenjockeys<br />

und Wettquoten<br />

stand vor allem das Who-is-Who<br />

aus Politik und Gesellschaft im<br />

Focus. Und die Hüte der Damen.<br />

Am Ladies Day wehte wieder ein<br />

Hauch von Ascot über den traditionsreichen<br />

Platz. Bei der Parade<br />

der exotischen Hüte wurde<br />

alles, was sich nicht als niet- und<br />

nagelfest erwies, zur Schau<br />

getragen. Der Kopfschmuck<br />

reichte von puristischer Eleganz<br />

bis hin zu kreativer Extravaganz.<br />

3<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


Zwei Tage lang hat Mama Tina Salow (2.v.l.) mit Gartenblumen und Basteldraht<br />

hantiert. Über die Kreationen freuten sich auch die Töchter Katrin, Luise und<br />

Anne-Marie (v.l.)<br />

Fortuna im Doppelpack: TV-Glücksfee<br />

Heike Maurer und Barbara Becker,<br />

Geschäftsführerin der Lottogesellschaft<br />

M-V.<br />

Elke Schuchan aus Bad Doberan<br />

bastelte eine schillernde „Zinfonie“.<br />

Für die aufwändige Puzzlearbeit gab’s<br />

in diesem Jahr keinen Preis.<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

Hut ab: Die Crew vom Grand Hotel Heiligendamm präsentierte sich im landesherrschaftlichen<br />

Stil des 19. Jahrhunderts.<br />

Andrea Heise<br />

schleppte eine<br />

Hochzeitstorte<br />

mit auf die<br />

Rennbahn. Für<br />

so viel süße<br />

Sünde gab`s<br />

von der Jury den<br />

neunten Platz.<br />

Fotos:<br />

Thomas Ulrich;<br />

www.ulrich-fotodesign.com<br />

Pferdefreunde unter sich: Sylvia<br />

Tkotsch und Peter Sähn, Vorsitzender<br />

des Doberaner Rennclubs.<br />

Mini-Jockeys am Führring.<br />

Für die kleinen Reiter gab es<br />

2009 erstmals das Bad<br />

Doberaner Ponyrennen.<br />

Katrin Lunow schmückte ihr<br />

Haupt mit den Plagegeistern<br />

des Sommers: Marienkäfer.<br />

Für die tierische<br />

Idee wurde sie von der Jury<br />

mit Platz 7 belohnt.<br />

TREFFPUNKT<br />

Zum ersten Mal dabei und schon den<br />

Hauptgewinn abgeräumt! Ergo<strong>the</strong>rapeutin<br />

Liane Bubolz hat ein Jahr lang<br />

an dem Nudel-Hut gearbeitet. Die<br />

Mühe hat sich gelohnt: Sie gewann<br />

den Hauptpreis, einen Reisegutschein<br />

im Wert von 2000 Euro.<br />

Von Kopf bis Fuß „Eine Oase der Entspannung“:<br />

Verena Preuß schaffte es<br />

aufs Siegertreppchen. Sie bekam beim<br />

Hutwettbewerb Bronze.<br />

Inge Kutz liest ihrer Enkeltochter<br />

am liebsten Pippi Langstrumpf vor.<br />

„Das sieht man doch“, sagt die<br />

Broderstorferin und grinst.<br />

83


84<br />

TREFFPUNKT<br />

Musikalisch-kulinarischer<br />

Glückwunsch und Beifall für den Solo-Hornisten Christoph Eß (Mitte) von Festspielintendant<br />

Matthias von Hülsen (li.) und Wemag-Vorstand Boris Schucht.<br />

Freude bei Christoph Eß, denn zum Konzert in Ulrichshusen waren seine Eltern<br />

Christine und Raimund Eß (li.) aus Tübingen angereist, genauso wie Christel und<br />

Hans Dieter Guthörle von der gleichnamigen privaten Christel-Guthörle-Stiftung<br />

aus Reutlingen (re.). „Ich war ziemlich angespannt,“ sagt Mutter Christine, von<br />

Beruf Gymnasiallehrerin. „Ich weiß, was passieren kann. Das Horn ist kein einfaches<br />

Instrument.“ Nachdem Christoph Eß als Dreijähriger „Peter und der Wolf“<br />

von Prok<strong>of</strong>jew hörte, wollte er Horn spielen. Es folgte die musikalische Früherziehung,<br />

zunächst mit dem Flötenspiel. Das machte ihm aber keinen Spaß. „In der<br />

Musikschule gab’s dann ein Kinderhorn, auf dem er s<strong>of</strong>ort Weihnachtslieder und<br />

später dann ‚Freude schöner Götterfunken’ vorspielte,“ erinnert sich Vater Raimund,<br />

der als Chirurg in Reutlingen arbeitet. „Christoph war in unserer Stiftung<br />

der erste Stipendiat. Wir fördern ihn seit sieben Jahren“, sagt Christel Guthörle.<br />

Christel und Hans Dieter Guthörle fördern insgesamt 15 hochbegabte Musiker.<br />

„Wir sind wie eine große Familie“.<br />

Ritterschlag<br />

„Ulrichshusen ist nicht nur musikalischer, sondern auch gesellschaftlicher<br />

Mittelpunkt der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern“, sagt<br />

der euphorisch gestimmte Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern,<br />

Erwin Sellering beim traditionellen Krebsessen Ende<br />

August. Seit vierzehn Jahren sind Schloss und Scheune, im eigentliche<br />

Sinne das ganze Dorf Ulrichshusen, Festspielort der „Musikalischen<br />

Landpartie“.„Festspielfreunde, die hier dabei sein dürfen, erhalten<br />

den kulinarischen Ritterschlag,“ so Sellering. Und die kamen<br />

zahlreich, 550 an der Zahl. „Konzert und Krebsessen <strong>–</strong> ein Dankeschön<br />

für Sponsoren, Förderer und Freunde der Festspiele Mecklenburg-<br />

Vorpommern, deren Konzerte zu 90 Prozent von privater Hand finanziert<br />

werden“, erklärt Festspielintendant Dr. Matthias von Hülsen.<br />

Barbara Schöneberger (Mitte) ist mit den Gastgebern des abendlichen Krebsessen,<br />

Alla und Hellmuth von Maltzahn, viele Jahre befreundet. Natürlich auch<br />

mit den Töchtern Marie und Sophie von Maltzahn.<br />

Wilhelm Wieben (li.), hier mit Birte und Heinrich Toepfer von der Alfred-Toepfer-<br />

Stiftung, liebt Ulrichshusen.„Seit sieben, acht Jahren ist dieser Ort fast ein Zuhause<br />

für mich. Eine traumhafte Umgebung, in der man Menschen trifft, die man<br />

kennt, die man mag, die man wieder sieht. Der musikalische Kunstgenuss und<br />

dann diese phantastischen Krebse. All das gehört eigentlich mit zu meinen<br />

schönsten Erlebnisses des Jahres,“ sagt der ehemalige ARD-Tagesschau-Sprecher.<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


Hatte es nicht weit bis Ulrichshusen: Mathias Stinnes (li.)<br />

Geschäftsführer der Stinnes Unternehmensgruppe, zu<br />

der auch die Burg Schlitz in Hohen Demzin gehört. Auf<br />

unserem Foto im Gespräch mit Heinrich Toepfer.<br />

Fotos: Monika Lawrenz (7), Angelika Heim (3), Regina Rösler<br />

Bevor die Gäste bei einbrechender Dunkelheit im<br />

romantischen Rund des Schlosses unter den<br />

mächtigen Eichen zum großen Krebsessen von<br />

den Gastgebern und Schlossbesitzern Alla und<br />

Helmuth von Maltzahn persönlich begrüßt<br />

werden, lauschen die Gäste einem gigantischen<br />

Konzert des Rundfunksinfonieorchesters Berlin<br />

unter Leitung von Rafael Frühbeck de Burgos.<br />

Herausragend das Hornkonzert Nr. 2 in S-Dur von<br />

Richard Strauss. Solist Christoph Eß. Der 25-Jährige<br />

erhielt bereits viele große Solistenpreise. In<br />

Ulrichshusen kam mit dem Wemag-Solistenpreis<br />

nun ein weiterer dazu.<br />

8<br />

Barbara Schöneberger genießt die Stimmung in Ulrichshusen.<br />

„Das Krebsessen in dieser abendlichen Stimmung,<br />

zuvor das großartige Konzert, einmalig.“<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

Freude über das Wiedersehen in Ulrichshusen bei Sylvia<br />

Bleßmann, Leiterin des ZDF-Landesstudios Mecklenburg-<br />

Vorpommern (li.), und ARD-Tagesschau-Sprecherin Susanne<br />

Daubner.„Wir kennen uns schon viele Jahre“, sagen die<br />

beiden Frauen lachend. „Schließlich waren wir mal<br />

Berufskolleginnen beim Rundfunk“.<br />

Pr<strong>of</strong>. Ernst Elitz (re.), bis März 2009 Intendant des Deutschlandfunk,<br />

gehört mit seiner Gattin seit vielen Jahren zu<br />

den Festspielgästen.„Wir wohnen jetzt in Berlin-Wilmersdorf.<br />

Da bin nun noch näher an Ulrichshusen und Mecklenburg-Vorpommern.“<br />

Seit seinem Intendanten-<br />

Abschied in Köln ist Pr<strong>of</strong>. Elitz zum Ehrenmitglied des<br />

Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin. „Aber ohne Auftrittsverpflichtung“,<br />

schmunzelt der 68-Jährige. Zudem arbeitet<br />

Elitz als Honorarpr<strong>of</strong>essor an der Freien Universität<br />

Berlin für das Fach Kultur- und Medienmanagement. „Ich<br />

habe nicht viel freie Zeit. Das beruhigt meine Frau Inge“.<br />

Freude an Stimmung und Genuss:<br />

Victor von Bothmer, Karin Hopfen, Christoph von Hurter<br />

und Marion Hoyermann.<br />

TREFFPUNKT<br />

Der Vorstandsvorsitzende der Hamburger<br />

ZEIT-Stiftung, Pr<strong>of</strong>. Dr. Michael<br />

Göring, in Begleitung von Ehefrau<br />

Monika. „Ulrichshusen ist immer ein<br />

großes Erlebnis.“<br />

Freude über den gelungenen Abend bei<br />

Peter Alexander Trettin, Vorsitzender der<br />

Geschäftsleitung der Mercedes-Benz Vertriebsorganisation<br />

Deutschland, und Silke<br />

Kuckes. Seit vielen Jahren gehört Mercedes-Benz<br />

zu den Hauptsponsoren der Festspiele<br />

Mecklenburg-Vorpommern.<br />

85


TREFFPUNKT<br />

Bald wieder Club<br />

der Intelligenz in <strong>Rostock</strong>?<br />

Ein Vorfrühlingsabend anno<br />

1967, Hermannstraße 19: Miles<br />

Davis’ unverwechselbare Trompetensound<br />

dringt durch Mauern<br />

hindurch bis auf die Straße.<br />

Zwei Studenten auf dem Weg zu<br />

ihrem Wohnheim bleiben stehen,<br />

hören zu. Kurz entschlossen<br />

folgen sie den Klängen ins Haus<br />

und mischen sich unter das<br />

Publikum, das sich hier versammelt<br />

hat, um den ganz Großen<br />

des Jazz zu lauschen.<br />

Z E I T W E C H S E L !<br />

Und taten das fortan jeden<br />

Monat, wenn ,,Willy“ Methling<br />

und ,,Uli“ Möller hier ihr Faible für<br />

diese Musikrichtung sozusagen<br />

öffentlich auslebten, indem sie<br />

entweder Platten auflegen <strong>–</strong> rar<br />

und kostbar, weil zumeist aus<br />

,,dem Westen“. Oder das Duo<br />

spielte seine mit viel Aufwand an<br />

Technik und Zeit eigenhändig<br />

mitgeschnittenen Tonbandaufnahmen<br />

von Radiosendungen ab.<br />

Möglich machte es der Kulturbund,<br />

der die Villa ab Mitte der<br />

50er- bis Mitte der 90er-Jahre<br />

nutzte: Anfangs wie vielerorten<br />

als ,,Klub der Intelligenz“ und<br />

später als Heinrich-Mann-Klub.<br />

Ersterer Name war den örtlichen<br />

Obergenossen für einen Arbeiter-und-Bauern-Staat<br />

wohl zu<br />

elitär. In den Klub wurde nicht<br />

nur zu besagten Jazz, sondern<br />

auch zu anderen Konzerten eingeladen.<br />

Künstler verschiedener<br />

Genres fanden hier Podium, Ausstellungsfläche<br />

oder Bühne. Es<br />

wurden natur- und gesellschaftswissenschaftliche<br />

Vorträge<br />

gehalten, Diskussions- oder<br />

Weinabende veranstaltet und<br />

jährlich ein geradezu legendärer<br />

Uni-Fasching gefeiert, in Zirkeln<br />

talkte man englisch und parlierte<br />

französisch. Die Bandbreite der<br />

Aktivitäten im Klub war über die<br />

Jahre enorm, das Niveau bewusst<br />

gehoben: Art and culture meet<br />

science. DDR-weit funktionierte<br />

der Kulturbund als Massenorganisation,<br />

in der Interessengruppen<br />

von A wie Altertumsforscher<br />

bis Z wie Zierfischfreunde und<br />

auch Nichtmitglieder wie Willy<br />

Methling und Uli Möller ihrer<br />

Passion nachgehen konnten. In<br />

der Regel sogar in einem zentralen<br />

kulturbundeigenem Gebäude,<br />

wie beispielsweise in der <strong>Rostock</strong>er<br />

Hermannstraße. Dort war<br />

Mitte der 90er-Jahre allerdings<br />

Schluss: Der Alteigentümer hat<br />

seine Immobilie zurück gefordert<br />

und sie auch bekommen.<br />

Gerda Strehlow, Leiterin des<br />

<strong>Rostock</strong>er Volkskulturinstitut.<br />

Foto: Angela Golz<br />

Nun möchte der nunmehrige<br />

Landesverband Mecklenburg<br />

und Vorpommern Kulturbund e.<br />

V. seine vielerorts verstreut arbeitenden<br />

Interessen- und Fachgruppen,<br />

Freundeskreise, Vereine<br />

oder Klubs in den Städten und<br />

großen ländlichen Gemeinden<br />

enger zusammen bringen. Das<br />

ist auch räumlich gemeint. ,,Ehemalige<br />

Mitglieder sollen wieder<br />

und weitere Interessierte neu an<br />

den Kulturbund herangeführt<br />

und Leuten auf gleicher intellektueller<br />

Schiene die Möglichkeit<br />

des Meinungsaustauschs vermittelt<br />

werden“, sagt Landesgeschäftsführerin<br />

und Schiene des<br />

<strong>Rostock</strong>er Volkskulturinstitus<br />

Gerda Strehlow. ,,Ab Ende September<br />

wollen wir in <strong>Rostock</strong><br />

gezielt auf die Suche nach geeigneten<br />

Räumlichkeiten gehen, die<br />

wir mieten können“, ergänzt Kulturbund-LandespräsidentWildfried<br />

Steinmüller. Am besten<br />

wäre eine zentral gelegene<br />

Immobilie. ,,Wir sind natürlich<br />

für andere Vorschläge <strong>of</strong>fen und<br />

h<strong>of</strong>fen auf private und vor allem<br />

auf kommunale Angebote, denn<br />

immerhin ist es erklärtes Ziel<br />

aller - im übrigen durchweg<br />

ehrenamtlich arbeitenden -Vereinsmitglieder,<br />

das kulturelle<br />

Leben in der Kommune mit zu<br />

tragen,“ so der bekannte Heimatforscher,<br />

Publizist und Wanderführer.<br />

In <strong>Rostock</strong> sind außer dem Volkskulturinstitut<br />

nebst dazu gehörender<br />

Theatertruppe <strong>Rostock</strong>er<br />

Vaganten, der Plattdeutschverein<br />

Klönsnack <strong>Rostock</strong>er 7, die<br />

<strong>Rostock</strong>er Plattspräker und die<br />

Interessengemeinschaft Bauund<br />

Kulturdenkmale Mitglieder<br />

des Kulturbundes.<br />

Weitere Kulturbund-Hochburgen<br />

sind Stralsund, Stralsund,<br />

Neustrelitz, Schwerin, Bad Doberan<br />

und Neubrandenburg. Gute<br />

Beispiele aus kleineren Städten<br />

und ländlichen Gemeinden: der<br />

Heinrich- Schliemann Klub in<br />

Neubukow, der Gelbensander<br />

Chor sowie der Kulturbund e.V. in<br />

Grimmen und Grevesmühlen.<br />

,,Doch es gibt leider auch ,weiße<br />

Flecken’, beispielsweise auf der<br />

Insel Rügen“, bedauert Wilfried<br />

Steinmüller. Besonders in solchen<br />

Gegenden sei es hilfreich,<br />

den dort wohnenden kulturell<br />

Interessierten diverser Couleur<br />

und vielleicht potenziellen Vereinsmitgliedern<br />

einen Anlaufpunkt<br />

zu bieten. Die gute Nachricht:<br />

In Güstrow gibt es bereits<br />

eine entsprechende Vereinbarung<br />

mit der Natur- und Umweltpark<br />

gGmbH.<br />

Willy Methling und Uli Möller<br />

sind in der <strong>Rostock</strong>er Jazz-Szene<br />

nach wie vor feste Größen. Und<br />

wenn der Kulturbund seinen<br />

Klub wieder hat, ist es durchaus<br />

möglich, dass die beiden Dj’s der<br />

ersten Stunde dort auflegen und<br />

der Sound von Miles Davis Trompete<br />

wie damals Leute von der<br />

Straße weg lockt.<br />

Angela Golz<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


Für die ganze Familie<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

TREFFPUNKT<br />

Golf ist kein einsamer Sport. Er ist durchaus etwas für die ganze Familie. Den Beweis trat die 8. Golph-Trophy der Dental Creativ Management GmbH (DCM) <strong>Rostock</strong><br />

an. 130 Spieler, Freunde, Partner der DCM reisten - häufig sogar mit Familie - aus ganz Deutschland an, um am alljährlichen Golfevent teilzunehmen, dass in diesem<br />

Jahr erneut auf dem Ostsee Golf Resort in Wittenbeck stattfand. Es erwartete die Aktiven der anspruchsvolle 18-Loch Meisterplatz „Eikh<strong>of</strong>“, der 9-Loch Kompaktplatz<br />

„Höstingen“ und ein umfangreiches Übungs- und Trainingsgelände.<br />

Zum ersten Mal trafen sich Ronald Wulff (Mitte), Aufsichtsrat Hamburger SV, und<br />

Stefan Beinlich (li). gemeinsam auf dem 18-Loch Meisterplatz des Ostsee Golf<br />

Resort in Wittenbeck <strong>–</strong> und das, obwohl Stefan Beinlich drei Jahre beim Hamburger<br />

SV Fußball spielte. Mit dabei Dr. Mehrdad Arjomand (re.), ebenfalls aus Hamburg.<br />

Ronald Wulff wird allerdings demnächst weniger zum Golfen kommen,<br />

denn für ihn beginnt die Saison der großen Segelregatten in Übersee.„Das Südatlantikrennen,<br />

die Antigua Reace-Week gehören unter anderem dazu. Dann geht<br />

es zurück über die Bermudas und die Azoren“, so Wulff, der über das Handicap 5,9<br />

verfügt. Nach den Segelregatten werde er sich dann wieder um den Fußball des<br />

HSV kümmern.<br />

Der Platz Eikh<strong>of</strong> steht für spektakuläre<br />

Topografie, raffiniert eingebettete<br />

Seen und Wasserläufe, Findlinge,<br />

Steinmauern und viele atemberaubende<br />

Ausblicke auf die Ostsee.<br />

2<br />

Fotos: Thomas Ulrich<br />

Der ehemalige Fußball-Pr<strong>of</strong>i Stefan<br />

Beinlich hat das Golfspiel seit einem<br />

guten Jahr für sich entdeckt. Sein Handicap<br />

17,6. „Golf ist die beste Sportart,<br />

um zu entspannen“, so seine Erfahrung.<br />

Und wie man sieht, Golf erhält<br />

die sportliche Figur.<br />

Dr. Werner Groll, Geschäftsführer der<br />

Dentsply Friadent Mannheim, eines der<br />

weltweit größten Dentalimplantatunternehmen.„Uns<br />

verbinden extrem gute<br />

Kundenbeziehungen mit der DCM in<br />

<strong>Rostock</strong>, wir arbeiten intensiv zusammen.“<br />

Für ihn sei der Golfsport eine<br />

äußerst gute Kommunikationsmöglichkeit<br />

mit den Kunden. „Es ist einfacher,<br />

auf dem Golfplatz auch schwierigere<br />

Probleme zu lösen. Hier ist der Kopf freier<br />

als im Besprechungszimmer“, so Dr.<br />

Groll, der es schafft ein, bis zwei Mal im<br />

Monat Golf zu spielen.<br />

Den Eishockeyschläger vertauschte Walter<br />

Kirchmaier schon vor einigen Jahren<br />

mit dem Golfschläger. Heute ist der<br />

gebürtige Bayer Golflehrer und Sportdirektor<br />

beim Frankfurter Golfclub Friedberg.<br />

„Ich habe zwölf Jahre erste Bundesliga<br />

Eishockey gespielt. Aber Golf<br />

habe ich schon von Klein auf gespielt.“<br />

Die Schlittschuhe hängen am berühmten<br />

Nagel. Voll des Lobes ist Walter<br />

Kirchmaier über den Golfplatz Wittenbeck.<br />

„Ein interessantes Design und viel<br />

Raffinesse im Gelände. Plätze dieser Art<br />

gibt es nicht viele in Deutschland.“<br />

Den Pokal für die weiteste Anreise gab es für Higashi Hiroyuki vom DCM-<br />

Geschäftsführer Milija Mitrovic. Higashi Hiroyuki kommt aus Tokio. Der Dentaltechniker<br />

ist seit Jahren mit Milija Mitrovic befreundet und folgte gern der<br />

Einladung nach <strong>Rostock</strong>. „Aber so einen wunderschönen Golfplatz, der so<br />

naturverbunden ist, den haben wir nicht“, lächelt Hiroyuki. Und setzt noch<br />

einen drauf. „Ich liebe Mecklenburg“.<br />

87


88<br />

TREFFPUNKT<br />

„Ich will mit<br />

meinen Hobbys<br />

Geld verdienen“<br />

So lautet das Lebensmotto von Frederic Dechavanne. Braun gebrannt,<br />

mit einem zufriedenen Lächeln steht der 39-Jährige auf der<br />

Golfanlage Warnemünde.<br />

Seit November ist er dort Head-<br />

Pro, also Leiter der Golfschule, in<br />

der es allerdings bisher nur einen<br />

einzigen Mitarbeiter gibt <strong>–</strong> nämlich<br />

Frederic Dechavanne.<br />

In der 6000-Seelen-Gemeinde<br />

Bouffemont, rund zehn Kilometer<br />

nördlich von Paris, wuchs der<br />

Franzose als kleinstes von drei<br />

Geschwisterkindern auf. Er studierte<br />

Marketing, verdingte sich<br />

danach als Reiseführer und<br />

begleitete vor allem Touristen<br />

aus Amerika und Kanada durch<br />

Europa. Anschließend bekam er<br />

einen Job als Animateur, Tennisund<br />

Ski-Lehrer beim Club Med,<br />

reiste von Griechenland über<br />

Frankreich nach Teneriffa... und<br />

blieb schließlich für ein Jahr auf<br />

Saint Martin in der Karibik. Dort<br />

war er unter anderem für die<br />

Gestaltung des Abendprogramms<br />

zuständig, buchte<br />

Bands und besann sich einer weiteren<br />

Leidenschaft, des Klavierspielens.<br />

„Ich wurde Barpianist<br />

und habe ein paar Jahre lang<br />

nichts anderes mehr gemacht“,<br />

erinnert er sich. Vor allem Jazz<br />

und Blues hatten es ihm angetan.<br />

Und er genoss es, Abend für<br />

Abend Menschen zu unterhalten<br />

und gute Laune zu verbreiten.<br />

Aus der Karibik zog es den Mann<br />

und seine Musik dann ins Wolfsburger<br />

Luxushotel Riz Carlton,<br />

von dort nach Norwegen, in die<br />

Schweiz, auf verschiedene Kreuzliner,<br />

ins InterContinental Dubai<br />

und schließlich ins Radisson SAS<br />

Schlosshotel Fleesensee.<br />

Das Golfspiel hat Frederic Dechavanne<br />

irgendwann während des<br />

Studiums gelernt, weil es an der<br />

Uni vergleichsweise preisgünstige<br />

Kurse gab. Doch lange Zeit<br />

blieb dieser Sport nur eine Rand-<br />

erscheinung in seiner Freizeitgestaltung.<br />

In Fleesensee, wo der<br />

Pianist abends an der Hotelbar in<br />

die Tasten griff, bot sich tagsüber<br />

reichlich Gelegenheit, mehr<br />

daraus zu machen. Der Franzose<br />

wäre nicht er selbst, wenn er<br />

diese nicht genutzt hätte. Drei<br />

Jahre lang absolvierte er die Ausbildung<br />

zum Diplom-Golflehrer.<br />

Dann bekam er die Chance, in<br />

Warnemünde sein eigener Chef<br />

zu werden.<br />

„Ganz locker durchschwingen...<br />

ja, genau so, wunderbar!“ Immer<br />

und immer wieder erklärt Frederic<br />

Dechavanne seinen Schülern<br />

die ersten Schläge. So mancher<br />

Ball kullert dabei zwar nur unbeholfen<br />

auf das satte Grün, doch<br />

der Trainer motiviert augenzwinkernd:<br />

„Hauptsache ist, schön<br />

aussehen, ob der Ball fliegt, ist<br />

egal.“ Von früh um 9 bis abends<br />

19 Uhr ist Dechavanne fast<br />

durchgängig auf dem Rasen.<br />

Nachdem die Golfanlage in Warnemünde<br />

erst im Juni eröffnet<br />

wurde, sind es bislang noch vorwiegend<br />

Einheimische, die bei<br />

ihm die Grundlagen des Spiels<br />

erlernen. Unter ihnen sind Ärzte<br />

oder Geschäftsleute, die nach der<br />

Arbeit einen entspannenden<br />

Ausgleich suchen, Rentner, die<br />

aktiv bleiben wollen, aber auch<br />

auffallend viele junge Leute.<br />

Immer mittwochs gibt es deshalb<br />

Übungsstunden speziell für<br />

Kinder ab 5 Jahren und für<br />

Jugendliche. Langfristiges Ziel<br />

allerdings ist es, zunehmend<br />

auch Urlauber auf den Platz zu<br />

holen. „Wir wollen künftig<br />

gemeinsam mit den Hotels Pakete<br />

anbieten“, erklärt Frederic<br />

Dechavanne. Und nicht zuletzt<br />

plant er für die hiesigen Mitglieder<br />

Reisen zu Plätzen auf der<br />

ganzen Welt. Die ersten Touren in<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


die Provence, nach Südspanien<br />

und in die Türkei sind bereits<br />

organisiert.<br />

Freizeit <strong>–</strong> für den Golf-Pro, den<br />

Mann, der als „Golf-Pr<strong>of</strong>essional“<br />

spielend sein Geld verdient, ist<br />

dieses Wort zurzeit ein Fremdwort.<br />

Gestresst fühlt er sich<br />

trotzdem nicht. Weil seine Frau<br />

Annett als Controllerin im Hotel<br />

Schloss Fleesensee arbeitet,<br />

haben sich die Dechavannes<br />

ganz in der Nähe, direkt am See<br />

niedergelassen. Dort zieht der<br />

Trainer nach Feierabend die<br />

Inline-Skater an oder setzt sich<br />

an sein Klavier. Denn ab und an<br />

ist er auch heute noch als Barpianist<br />

zu erleben. Lediglich was das<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

Reisen angeht, muss sich der<br />

Weltenbummler jetzt auf den<br />

Winter beschränken, auf die Zeit<br />

also, zu der nur hartgesottene<br />

Golfer in hiesigen Breitengraden<br />

zum Schläger greifen. Seine Ziele:<br />

Arizona, Florida, Kalifornien...<br />

Länder eben, wo man brauchbares<br />

Wetter zum Golfen findet.<br />

Denn das ist für Frederic Dechavanne<br />

nach wie vor ein Hobby<br />

geblieben, zu dem er allerdings<br />

selber während der Arbeit viel zu<br />

selten kommt.<br />

Golfmode<br />

„Jeans und T-Shirt auf dem Golfplatz?<br />

Das geht gar nicht!“ Für<br />

Frederic Dechavanne, der selbst<br />

Seniorenländerpokal ging nach Bayern<br />

Austragungsort für den diesjährigen<br />

Seniorenländerpokal war das<br />

Ostsee Golf Resort Wittenbeck.<br />

Über 100 Golfsenioren ganz<br />

Deutschland nahmen teil.<br />

„Kennzeichnend war das hohe<br />

Niveau mit spannenden Matches<br />

bis zum letzten Schlag und die<br />

absolute Fairness unter den einzelnen<br />

Teams“, sagt Rüdiger Born, Präsident<br />

des Golf-Verbandes Mecklenburg-Vorpommern<br />

e. V. Zur<br />

großen Freude aller Aktiven gab es<br />

beim Seniorenländerpokal das<br />

erste „Hole-In-One“ auf dem Golfplatz<br />

Wittenbeck. Neben den vielen<br />

sportlichen Herausforderungen<br />

wurde natürlich die zu jedem<br />

Turnier gehörende Player’s Night<br />

nicht ausgelassen. Sie fand unter<br />

großem Zuspruch im Grand Hotel<br />

Heiligendamm statt.<br />

bei sommerlichen 30 Grad noch<br />

in schwarzer Hose am Abschlag<br />

steht, gehört es zur Etikette, sich<br />

in Sachen Kleidung ein wenig<br />

Mühe zu geben. Zugleich räumt<br />

der Trainer ein: Die Zeiten, in<br />

denen fast ausschließlich Knickerbockerhosen<br />

und Karo-Pullunder<br />

getragen wurden, sind<br />

lange vorbei. „Weil heute viel<br />

mehr junge Leute spielen und<br />

sich der Sport ohnehin nicht<br />

mehr nur auf bestimmte Gesellschaftsschichten<br />

beschränkt, ist<br />

auch die Mode wilder geworden.“<br />

Heute gebe es mehr Farben,<br />

gewagtere Schnitte, einfach<br />

mehr Vielfalt.<br />

Katja Bülow<br />

Die Plätze zwei und drei belegten<br />

Nordrhein-Westfalen und Baden-<br />

Württemberg.<br />

***<br />

Die Seniorenmannschaft des GolfverbandesMecklenburg-Vorpommern<br />

wurde anlässlich des Seniorenländerpokals<br />

mit neuer<br />

Spielkleidung ausgestattet.<br />

TREFFPUNKT<br />

Golfanlage<br />

Warnemünde:<br />

Drei verschiedene 9-Loch-<br />

Golfplätze sind auf dem 130<br />

Hektar großen ehemaligen<br />

Acker zwischen Diedrichshagen<br />

und Elmenhorst entstanden.<br />

Sie können je nach Ausdauer<br />

und Erfahrung<br />

miteinander kombiniert werden.<br />

Dazu gibt es einen<br />

öffentlichen 6-Loch-Kurzplatz,<br />

auf dem sich jeder auch ohne<br />

Platzerlaubnis ausprobieren<br />

kann. Die Driving Range bietet<br />

68 Abschlagplätze, 8 davon<br />

sind überdacht. Gespielt werden<br />

kann das ganzes Jahr<br />

über.<br />

Player’s Night im Grand Hotel<br />

Heiligendamm Fotos: Golfverband MV<br />

Der Golfverband konnte dazu zwei<br />

starke Partner aus dem Bundesland<br />

als Sponsoren gewinnen. Mit dem<br />

Slogan „MV tut gut“ wurden die<br />

Spieler zum Partner der aktuellen<br />

Kampagne des Landesmarketings<br />

Rüdiger Born, Präsident des Golfverbandes<br />

Mecklenburg-Vorpommern,<br />

begrüßte Alexander Klose, Geschäftsführer<br />

des Deutschen Golf Verbandes,<br />

und Gerd Kohns, den Initiator des<br />

Seniorenländerpokals (v.l.n.r.).<br />

Mecklenburg-Vorpommern. Auch<br />

Dank des zweiten Sponsors, der<br />

Scandlines GmbH <strong>–</strong> eine der größten<br />

Fährreedereien Europas mit<br />

den Kernmärkten Deutschland,<br />

Siegermannschaft Bayern<br />

Sieger des Seniorenländerpokals<br />

war die Mannschaft aus Bayern.<br />

Dänemark und Schweden <strong>–</strong> konnten<br />

die Spieler mit neuen Poloshirts,<br />

Pullovern, Jacken und Hemden/Blusen<br />

eingekleidet werden. Mannschaft Mecklenburg-Vorpommern<br />

89


90<br />

TREFFPUNKT<br />

Fritz Wepper dreht in Heiligendamm<br />

„Mord in bester Gesellschaft“<br />

Die erste Klappe zu den Dreharbeiten fällt: Regisseur Hans Werner, Sophie Wepper,<br />

Fritz Wepper und Kameramann Gero Lasing (v.l.). Foto: Tivoli Film/Nicolas Maack<br />

Die Sonne sticht noch hochsommerlich,<br />

die Ostsee ist glatt<br />

wie ein Ententeich.<br />

Hinten, nahe dem Horizont, am<br />

äußersten Ende der Seebrücke<br />

Heiligendamms, wuseln Menschen.<br />

Was da aus der Ferne ausschaut<br />

wie ein Knäuel, klärt sich<br />

allmählich. Es wird ein Film<br />

gedreht. Für’s Fernsehen. Sein<br />

Titel „Mord in bester Gesellschaft“.<br />

In der Hauptrolle Fritz<br />

Wepper. In eine dicke Winterjacke<br />

gehüllt schreitet der bekannte<br />

Schauspieler eiligen Schrittes<br />

von der Seebrücke in Richtung<br />

Grand Hotel. Es ist Drehpause<br />

und damit auch schnell ein<br />

Wechsel der dicken Jacke. Dann<br />

findet sich Zeit für ein kurzes<br />

Interview mit <strong>Rostock</strong> „<strong>delüx</strong>“.<br />

Herr Wepper, die Liste Ihrer Filme,<br />

vor allem für’s Fernsehen, ist<br />

immens lang. Zeit zum Durchatmen,<br />

finden Sie die überhaupt<br />

noch?<br />

Doch, doch. Die Enge ergibt sich<br />

derzeit vor allem durch meine<br />

Serientätigkeit für „Um Himmels<br />

Willen“ und der Reihe<br />

„Mord in bester Gesellschaft“.<br />

Dann habe ich noch drei potenzielle<br />

Möglichkeiten, 90-Minüter<br />

zu drehen. Hinzu kommt ein<br />

Weihnachtsspezial. Eigentlich<br />

ist auch das nächste Jahr bereits<br />

so gut wie ausgebucht. Aber<br />

zwischen den Dreharbeiten<br />

finde ich schon Entspannung.<br />

Ein Tag auf dem Golfplatz, ein<br />

Tag am Fischwasser oder eine<br />

Woche Ozean-Regatta-Segeln,<br />

all das ist für mich absolute Entspannung.<br />

Bislang konnte ich<br />

meinen Akku immer wieder gut<br />

aufladen. Und manches ist ja<br />

auch sehr angenehm. Für das<br />

Weihnachtsspezial drehen wir<br />

zum Beispiel zehn Tage auf<br />

einem Kreuzfahrtschiff. Da will<br />

ich mich nicht beschweren.<br />

Und die Dreharbeiten in und um<br />

das Grand Hotel Heiligendamm<br />

vermitteln ja auch ein gewisses<br />

Urlaubsfeeling.<br />

Ja, das hier ist fantastisch. Ich<br />

bin stark von diesem wunderschönen<br />

Anwesen beeindruckt.<br />

Auch die Tatsache, dass wir<br />

direkt an der Ostsee wohnen. Ich<br />

hatte stets die Fenster von mei-<br />

nem Balkon geöffnet, um das<br />

Meeresrauschen zu hören. Dazu<br />

die Historie dieses Platzes und<br />

die Freundlichkeit der Mitarbeiter<br />

des Hauses, das ist schon<br />

wohltuend. Außerdem ist in<br />

Wittenbeck ein wunderschöner<br />

Golfplatz ganz nah.<br />

Wie <strong>of</strong>t schaffen Sie es, nach<br />

Mecklenburg-Vorpommern zu<br />

kommen?<br />

Nun, die Uhr kann ich nicht<br />

danach stellen. Ich glaube, ich<br />

war vor drei oder vier Jahren zur<br />

Hengstparade in Redefin.<br />

Sind Sie ein Pferdenarr?<br />

Nein, Narr ist nicht zutreffend.<br />

Ich bin ein Pferdefreund. Ich habe<br />

früh angefangen zu reiten, bin<br />

später zwölf Jahre Trabrennen als<br />

Amateur gefahren. Heute reitet<br />

die ganze Familie. Alle Töchter.<br />

Die Älteste Dressur, die Mittlere<br />

hat früher Military geritten und<br />

war dann Springreiterin. Selbst<br />

meine Enkel reiten schon im<br />

bayerischen Kader. Also, Pferde<br />

gehören bei uns einfach zur<br />

Familie.<br />

Sie haben Ihre Tochter Sophie am<br />

Set in Heiligendamm. Wie familiär<br />

ist der Umgang miteinander?<br />

In der Serie „Mord in bester<br />

Gesellschaft“ spielen wir auch<br />

Vater und Tochter. Das Wort Papi<br />

ist deshalb sehr vertraut. Aber<br />

wir sind trotzdem andere Figuren.<br />

Von daher gibt es schon eine<br />

Motivation, die unserem Handwerk,<br />

der Schauspielerei, entspricht.<br />

Erfreulich ist natürlich,<br />

dass wir während der Dreharbeiten<br />

am Abend zusammen sitzen<br />

können. In München führt<br />

Sophie ihr eigenes Leben. Da<br />

treffen wir uns meist nur zu<br />

familiären Anlässen.<br />

Die Serie „Um Himmels Willen“,<br />

in der Sie den Bürgermeister von<br />

Kaltental spielen, läuft seit sieben<br />

Jahren über viele Staffeln. Ist ein<br />

Ende in Sicht?<br />

Nein. Sechs Folgen drehen wir<br />

demnächst in Landshut, München<br />

und Umgebung. Dieses<br />

Kaltental ist übrigens Landshut.<br />

Das Autohaus steht in Murnau<br />

und mein Haus ist in München.<br />

Ins<strong>of</strong>ern ein Heimvorteil, denn<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


ei jenen Dreharbeiten bin ich<br />

wieder für zweieinhalb Monate<br />

zu Hause.<br />

Herr Wepper, Sie spielen erfolgreich<br />

in vielen Fernsehserien. Was<br />

ist das Besondere für Sie an diesen<br />

Serien? Nur das Geld verdienen?<br />

Ich weiß, ich stoße jetzt in dasselbe<br />

Horn wie ein amerikani-<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

scher Kollege, der sagt, also<br />

die Schauspielerei würd’ ich<br />

umsonst machen, aber ich werd’<br />

für’s Warten bezahlt.<br />

Das müssen Sie mir genauer<br />

erklären...<br />

Mit anderen Worten, mir macht<br />

mein Schauspielerberuf immer<br />

mehr Freude, je älter und erfah-<br />

Fritz Wepper beim Interview in Heiligendamm. Foto: Elias Winter<br />

rener ich werde. Will sagen, dass<br />

mich der Zuschauer als Schauspieler<br />

in meinen verschiedenen<br />

Rollen an- und ernstnimmt. Der<br />

Wöller wird nicht mit dem Harry<br />

aus „Derrick“ verglichen oder<br />

gar der Winter mit dem Wöller.<br />

Der Zuschauer anerkennt, dass<br />

es mir gelingt, meine Rollen<br />

glaubhaft und glaubwürdig darzustellen.<br />

Der Typ des Bürgermeister<br />

Wöller in „Um Himmels<br />

Willen“ ist sehr idiomatisch. Er<br />

hat eine Bildersprache. Ich empfinde<br />

mich in dieser Rolle als<br />

Komödiant. Das ist eine ganze<br />

andere Baustelle. Komiker gibt<br />

es genügend im deutschen<br />

Fernsehen.<br />

Und wie definieren Sie einen<br />

Komödianten?<br />

Komödie ist ein äußerst seriöser<br />

Job. Eine Situation, die komisch<br />

ist, muss man todernst bedienen.<br />

Nur dann funktioniert’s.<br />

Die Darstellungsmöglichkeit,<br />

hoppla, jetzt komm’ ich und bin<br />

komisch, ist nicht mein Ding.<br />

Gute Beispiele sind für mich<br />

Walter Matthau und Jack<br />

Lemmon. Von diesen Größen<br />

TREFFPUNKT<br />

gibt es nicht viele. Es gibt ehrlich<br />

gesagt auch nicht allzu viele<br />

Komödiantinnen, die man als<br />

Partner braucht. Commedia<br />

dell’arte ist ja das Lachen und<br />

Weinen, ja das Leben schlechthin.<br />

Und das zu interpretieren,<br />

entspricht meiner Schauspielkunst.<br />

Ich bin mir meiner handwerklichen<br />

Mittel und Möglichkeiten<br />

schon bewusst. Aber auf<br />

der anderen Seite ist es gut zu<br />

wissen, was man nicht kann.<br />

Was können Sie denn nicht?<br />

Hier ist nicht die Frage indiskret,<br />

sondern die Antwort, sagte<br />

Oscar Wilde.<br />

Herr Wepper, danke für das<br />

Interview.<br />

3<br />

Regina Rösler<br />

91


92<br />

GENUSS<br />

Verführung<br />

Was wissen Sie von französischer<br />

Küche? Die Portionen sind klein,<br />

die Speisekarte unverständlich<br />

und auf dem Teller landen öfter<br />

Tiere, die Sie im Garten mit der<br />

chemischen Keule bekämpfen<br />

würden? Sehen Sie! Sie haben<br />

keine Ahnung von französischer<br />

Küche. Es geht auch anders. Und<br />

um in den Genuss französischer<br />

Küche auf internationalem Spitzenniveau<br />

zu kommen, muss der<br />

Gourmet nicht den weiten Weg<br />

in die Schlemmertempel an der<br />

Rhône oder der Seine auf sich<br />

nehmen.<br />

In der Abgeschiedenheit Mecklenburgs<br />

etabliert sich gerade<br />

ein Restaurant, wie in Norddeutschland<br />

kaum ein zweites zu<br />

finden ist. Das Cheval Blanc in<br />

Wendorf. Unmittelbar am<br />

Schlosshotel Wendorf zwischen<br />

Crivitz und Bruel gelegen.<br />

Unscheinbar, ohne aufgesetzte<br />

Etikette, sondern Gastronomie<br />

auf allerhöchstem Niveau. Das<br />

Cheval Blanc könnte sich innerhalb<br />

kürzester Zeit zu einem<br />

Geheimtipp unter den Spitzenrestaurants<br />

in Norddeutschland<br />

entwickeln.<br />

auf Französisch<br />

Internationale Spitzenküche im Cheval Blanc<br />

Udo M. Chistée betreibt das<br />

Schlosshotel und das dazugehörige<br />

Restaurant Cheval Blanc. Der<br />

österreichische Hotel-Pr<strong>of</strong>i ist<br />

sich seiner Sache sicher. „Das<br />

Cheval Blanc ist eines der ersten<br />

Häuser in Mecklenburg.“ Garant<br />

dafür ist auch Küchenchef Reinhard<br />

Sommereder, den Chistée<br />

aus Österreich mitgebracht hat.<br />

Der Mann hat jahrelang in der<br />

Alpenrepublik auf Sterne-Niveau<br />

gekocht. Und das merkt der Gast<br />

im Cheval Blanc. Kein unnützes<br />

Brimborium lenkt vom Genuss<br />

am Essen und am Trinken ab.<br />

Das Restaurant Cheval Blanc am Schloss Wendorf. Foto: Hotel Schloss Wendorf<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


Chrepinette vom Charolais Rind Foto: Guido Werner Das Team des Cheval Blanc Foto: Christian Moeller<br />

Die Philosophie der Küche folgt<br />

keinem kurzlebigen Modetrends<br />

und orientiert sich doch an dem,<br />

was heute von internationaler<br />

Kochkunst erwartet wird.<br />

Nehmen wir nur die Essenz<br />

und Crèmesuppe von Steinpilzen<br />

mit Tatar vom Reh. Geschmack<br />

zu beschreiben endet <strong>of</strong>t in<br />

der inflationären Verwendung<br />

unpassender Adjektive. Atmosphäre<br />

darzustellen ist in diesem<br />

Fall passender. Steinpilze und<br />

Reh, das passt zu Wendorf. Niemand<br />

hat gezählt, wie viele<br />

Steinpilze in der unmittelbaren<br />

Umgebung des Anwesens im<br />

Wald wachsen und über den<br />

Bestand an Rehen kann auch nur<br />

spekuliert werden. Die Essenz<br />

und die Crèmesuppe schmecken<br />

nach Steinpilzen. Nur nach Steinpilzen.<br />

Beim Genuss hört der<br />

Feinschmecker nahezu das Laub<br />

unter seinen Schuhsohlen<br />

rascheln und die letzten Sonnenstrahlen<br />

des Herbstes durch das<br />

Blätterdach dringen. Das Tartar<br />

vom Reh verstärkt diesen Eindruck<br />

noch. Die Gelassenheit, die<br />

sonst nur im Wald zu spüren ist,<br />

macht sich mit einem Mal auf<br />

dem Gaumen breit. So erzählt<br />

praktisch jede Kreation von<br />

Küchenchef Sommereder eine<br />

Geschichte. Versetzt nicht nur<br />

den Geschmacksnerv des Gastes<br />

in einen Rausch, sondern entführt<br />

in andere Erlebniswelten.<br />

Jeder, der schon mal etwas gegessen<br />

hat, kennt Brot. Wir Deutschen<br />

kennen Brot besonders gut.<br />

Nirgends auf der Welt gibt es so<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

viel verschiedene Sorten Brot wie<br />

in Deutschland. Schwarzbrot ist<br />

unser Hauptgesprächs<strong>the</strong>ma,<br />

wenn wir uns ein paar Tage in<br />

einem südeuropäischen Land<br />

befinden und der häufigste<br />

Grund für Heimweh. Die Brotsorten,<br />

die im Cheval Blanc gereicht<br />

werden, stammen aus der eigenen<br />

Küche. Dunkles Brot, helles<br />

Brot, täglich Brot. Es ist frisch<br />

gebacken, es schmeckt wie eine<br />

ferne Erinnerung an die eigene<br />

Kindheit. Nur das dazu servierte<br />

Pesto lässt wieder die Sehnsucht<br />

nach dem Süden aufkommen.<br />

Die Sehnsucht nach Genuss wird<br />

aber spätestens mit dem Hauptgang<br />

gestillt. Denn die Chrepinette<br />

vom Charolais Rind mit<br />

Waldpilzen, Kart<strong>of</strong>felgebäck und<br />

Senfkohl haben es in sich. Charolais<br />

Rinder stammen ursprünglich<br />

aus „Département dievre“<br />

Frankreich, wo sie zur Fleischerzeugung<br />

und als Arbeitstiere<br />

gezüchtet wurden. Und letzteres<br />

führte dazu, dass bei der Zucht<br />

auf sehr muskulöse Tiere geachtet<br />

wurde. In Zeiten der mechanisierten<br />

Landwirtschaft haben<br />

Rinder als Arbeitstiere kaum<br />

noch Bedeutung. Geblieben ist<br />

die kräftige Statur des reinrassigen,<br />

weißen Charolais Rindes.<br />

Und das schmeckt man. Nun<br />

werden die wenigsten Gourmets<br />

schon einmal versucht haben,<br />

Gras zu essen und würden sicher<br />

auch keinen Gefallen daran finden.<br />

Dem Chrepinette vom Charolais<br />

Rind merkt man an, dass<br />

hier nur gesundes Gras an die<br />

Tiere verfüttert wurde.<br />

Befand sich der Gast bei der<br />

Vorspeise noch im Wald, tritt er<br />

nun auf eine duftende Wiese<br />

und atmet tief durch. Jede Pore<br />

des Körpers taucht ein in den<br />

Geruch von Sommerblumen und<br />

gemähtem Heu. Die Kreationen<br />

von Reinhard Sommereder sorgen<br />

für den vollendeten Genuss. Jede<br />

Beschreibung der Details würde<br />

der Kochkunst des Küchenchefs<br />

nicht gerecht werden.<br />

Widmen wir uns also für einen<br />

Moment dem Keller des Cheval<br />

Blanc. Auch dort herrscht eine<br />

klare Philosophie. Natürlich werden<br />

inzwischen rund um den<br />

Erdball Spitzenweine angebaut.<br />

Die Zeiten, in denen über argentinische,<br />

chilenische, südafrikanische<br />

oder australische Weine die<br />

Nasen gerümpft wurden sind<br />

vorbei. Aber machen wir uns<br />

nichts vor. Das Original ist immer<br />

besser als die Kopie. Und so versteht<br />

es sich von selbst, dass im<br />

Cheval Blanc Frankreich an erster<br />

Stelle steht. Udo M. Chistée ist es<br />

aber auch zu verdanken, dass<br />

Weine aus seiner Heimat Österreich<br />

im Portfolio der Weinkarte<br />

die Bedeutung haben, die ihnen<br />

im internationalen Vergleich<br />

schon längst zukommen sollte.<br />

Apropos internationaler Vergleich.<br />

Wer nicht in den Genuss<br />

kommt, im Schlosshotel zu übernachten,<br />

sollte zumindest über<br />

die Rückfahrt mit dem Auto<br />

durch den Wald nachdenken.<br />

Natürlich kann man im Cheval<br />

Blanc auch auf den Alkohol verzichten<br />

und Wasser trinken.<br />

GENUSS / ANZEIGE<br />

Wenn Sie sich dafür entscheiden,<br />

schauen Sie, bevor Sie bestellen<br />

erst einmal in die Wasserkarte.<br />

Ja, in die Wasserkarte! Denn Wasser<br />

ist nicht gleich Wasser. 17 verschiedene<br />

Sorten umfasst die<br />

Wasserkarte. Da wäre das Cloud<br />

Juice aus Bolivien, das nur aus<br />

Regenwasser besteht. Oder das<br />

Karoo aus Südafrika. Es wird<br />

direkt an der Quelle am Paardeberg<br />

abgefüllt. Fiji stammt, wie<br />

der Name schon sagt, von den<br />

Fiji-Inseln, 10 thousand BC<br />

stammt aus einem Gletscher der<br />

kanadischen Provinz British<br />

Columbia. Und natürlich darf<br />

auch das weltberühmte Bling<br />

H2O nicht fehlen.<br />

Man mag drüber lächeln, dass<br />

bei Wasser so gravierende<br />

Unterschiede gemacht werden.<br />

Aber mit einem Lächeln auf den<br />

Lippen, lässt sich auch besser<br />

genießen.<br />

Christian Moeller<br />

★ ★ ★ ★ ★<br />

SCHLOSSHOTEL<br />

W E N D O R F<br />

Restaurant Cheval Blanc<br />

Hauptstraße 9 · 19412 Wendorf<br />

Tel. +49 (0) 38486 33 66 - 11<br />

Fax +49 (0) 38486 33 66 - 10<br />

info@schlosshotelwendorf.com<br />

93


94<br />

LITERATUR<br />

Große Lebensgeschichte<br />

und große Zweifel<br />

„Jesus <strong>–</strong> Die<br />

Geschichte eines<br />

Menschen“<br />

Sicher, es gibt bereits unzählige<br />

Bücher über Jesus, und auch die<br />

Bibel ist nicht gerade arm an<br />

literarischen Auslegungen. Der<br />

international bekannte Regisseur<br />

Paul Verhoeven (Jahrgang<br />

1938), der zum Beispiel "Basic<br />

Instinct" in Szene gesetzt hat, ist<br />

nebenbei seit Jahren als Bibelforscher<br />

aktiv. Nun hat er sich an ein<br />

großes Thema gewagt <strong>–</strong> Jesus.<br />

Dabei sucht Paul Verhoeven nicht<br />

nach einem gottähnlichen<br />

Wesen, sondern nach dem echten<br />

Menschen, der den Namen<br />

Jesus trug. Das tut der Autor sehr<br />

kritisch und beleuchtet zu diesem<br />

Zweck auch den Alltag in der<br />

Stadt Nazareth. Paul Verhoeven<br />

will herausfinden, in welcher<br />

Weise zum Beispiel die katholische<br />

Kirche Details an der Jesus-<br />

Biografie geschönt hat, um ihn<br />

zu für ihre Zwecke erhöhen. Bei<br />

all dieser mühsamen Kleinarbeit<br />

geht Paul Verhoeven auf seine<br />

ganz spezielle Weise vor. Denn<br />

auch mit seinem präzisen Blick<br />

als Spielfilmregisseur will er den<br />

Lebenslauf sezieren, so soll die<br />

Geschichte Jesu neu geschrieben<br />

werden. Dem Leser blättert Paul<br />

Verhoeven einen enormen Faktenreichtum<br />

auf <strong>–</strong> so will er ein<br />

"Plädoyer für einen widerständigen<br />

Glauben" halten.<br />

Paul Verhoeven,<br />

"Jesus <strong>–</strong> Die Geschichte eines<br />

Menschen",<br />

Pendo Verlag 2009,<br />

320 Seiten, 19,95 Euro<br />

Liebenswürdigmerkwürdige<br />

Lebensgeschichte<br />

„Nürnberger<br />

Pakete“<br />

Elmar Faber (geboren 1934) ist als<br />

Verleger auch schriftstellerisch<br />

tätig. Der Band „Nürnberger<br />

Pakete“ versammelt zehn Kurzgeschichten,<br />

die wunderbar altmodisch<br />

aufgeschrieben sind.<br />

So wie in der Geschichte „Die<br />

Buckelapo<strong>the</strong>ke“: Da ist Elsa<br />

Maisel, die über ihren Urgroßvater<br />

nachsinnt, der einst als Zimmermann<br />

die Familie ernährte,<br />

aber auch einen zweiten Broterwerb<br />

hatte. Er entschlüsselte die<br />

Geheimnisse des Kräutermischens.<br />

So kam dieses Wissen<br />

über die Generationen auf die<br />

Urenkelin, die als Kräuter-Elsa<br />

nicht nur im Dorf bekannt<br />

wurde. Es sind Geschichten wie<br />

diese, die einen uralten Geist<br />

atmen, wenn Familienporträts<br />

über mehrere Generationen<br />

erzählt werden und alles dennoch<br />

in eine kurze Geschichte<br />

passt. So auch in der Titelstory <strong>–</strong><br />

„Nürnberger Pakete“ greift weit<br />

zurück in das frühe 20. Jahrhundert,<br />

als sich die Protagonistin<br />

Charlott nicht nur zwischen zwei<br />

Männern entscheiden muss. Es<br />

sind diese liebenswürdigmerkwürdigenLebensgeschichten,<br />

die den Adressaten einfangen,<br />

weil sie so detailreich und<br />

lebensnah aufgeschrieben sind.<br />

Und es ist der nostalgische Tonfall,<br />

der den Leser durch dieses<br />

Buch trägt.<br />

Elmar Faber,<br />

„Nürnberger Pakete“,<br />

Verlag Das Neue Berlin 2009,<br />

190 Seiten, 16,90 Euro<br />

Was denn nun:<br />

Kopf oder Bauch?<br />

„Wie wir<br />

entscheiden“<br />

Wie denn, noch ein Lebenshilfebuch?<br />

Jawohl! Der US-Amerikaner<br />

Jonah Lehrer (Jahrgang 1981)<br />

hat Theologie, Literatur und Neurowissenschaften<br />

studiert und<br />

ist sowas wie ein Allround-Genie.<br />

Schon heute gilt Jonah Lehrer als<br />

ein Wunderkind der amerikanischen<br />

Wissenschaftsliteratur. In<br />

seinem Buch "Wie wir entscheiden"<br />

geht es um eine der Grundfragen<br />

des menschlichen Alltags.<br />

Wie entscheiden wir <strong>–</strong> emotional<br />

oder rational?<br />

Das zu erklären ist keine leichte<br />

Aufgabe, aber Jonah Lehrer zeigt<br />

die komplizierten Vorgänge, die<br />

in unserem Gehirn ablaufen, einfach<br />

und nachvollziehbar auf:<br />

"Wenn unsere Gefühle außer<br />

Kontrolle geraten… wirkt dies bisweilen<br />

ebenso verheerend, wie<br />

wenn wir überhaupt keine<br />

Gefühle haben." Diese Augenblicke<br />

kennt wohl jeder von uns.<br />

der Autor zeigt die finsteren Seiten<br />

unserer Empfindungen auf,<br />

warum wir gegen jede Vernunft<br />

Kreditkarten überziehen, Beziehungen<br />

eingehen oder spielsüchtig<br />

werden. Jonah Lehrer<br />

erläutert das Zusammenspiel<br />

zwischen Kopf und Bauch leicht<br />

verständlich und bringt den<br />

Leser wichtigen Einsichten<br />

näher. Diese Lektüre ist unterhaltsam<br />

und erhellend.<br />

Jonah Lehrer,<br />

„Wie wir entscheiden“,<br />

Piper Verlag 2009,<br />

368 Seiten, 19,95 Euro<br />

Ehemalige kalte<br />

Krieger ganz<br />

entspannt<br />

„Putz- und<br />

Flickstunde“<br />

Dies ist ein besonderes Erinnerungsbuch:<br />

In "Putz- und Flickstunde"<br />

kommen zwei Autoren<br />

zu Wort, die einen prägenden Teil<br />

ihres Lebens in unterschiedlichen<br />

gesellschaftlichen Systemen verbracht<br />

haben, in der Bundesrepublik<br />

und in der DDR. Und nicht<br />

nur das, auch in zwei deutschen<br />

Armeen: Während Sten Nadolny<br />

(Jahrgang 1942) seine Erfahrungen<br />

als Bundeswehr-Rekrut<br />

abruft, berichtet Jens Sparschuh<br />

(Jahrgang 1955) aus seiner NVA-<br />

Zeit. Nadolny und Sparschuh präsentieren<br />

also ihre gar nicht so<br />

unterschiedlichen Erinnerungen.<br />

Vielleicht war die Zuspitzung<br />

unnötig, dass sie sich als militärische<br />

Gegner in einem möglichen<br />

Krieg der Systeme gegenüberstehen<br />

hätten können. Aber heute<br />

sitzen natürlich zwei Geister beieinander,<br />

die im Gegensatz zu<br />

den meisten ihrer Leidensgenossen<br />

das Erlebte gut reflektieren<br />

können. Und dann ist da noch<br />

etwas, das der Ost-West-<br />

Gesichtsschreibung richtig gut<br />

tut: Die beiden Autoren gehen<br />

die Sache mit Humor an. Auch<br />

der Leser kommt zu dem Schluss,<br />

dass sich diese beiden Armeen in<br />

den militärischen Gegebenheiten<br />

ziemlich ähnlich waren.<br />

Sten Nadolny & Jens Sparschuh,<br />

„Putz- und Flickstunde“,<br />

Piper Verlag 2009,<br />

208 Seiten, 16,95 Euro<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09


Karin Gustmann und Frank Schlößer pflegen eine rege Korrespondenz. Mit ihrem Kulturbrief will die<br />

Schweriner Journalistin ihren Kollegen aus <strong>Rostock</strong> in die Landeshauptstadt locken.<br />

Lieber Frank,<br />

ich h<strong>of</strong>fe, du hast den Sommer an<br />

der Küste gut überstanden. So<br />

langsam werden bei euch ja auch<br />

die Touristen weniger. Eine Erfahrung,<br />

die wir Schweriner in diesem<br />

Jahr auch machen. Dank der Buga<br />

wurde aus unserem Landeshauptdorf<br />

eine Landeshauptstadt mit<br />

vielen Besuchern und zu wenigen<br />

Parkplätzen <strong>–</strong> weil jeder Aut<strong>of</strong>ahrer<br />

meinte: Wenn ich komme,<br />

dann wird schon irgendwie zwanzig<br />

Meter vorm Eingang ein Platz<br />

frei sein. Manchmal hat’s<br />

geklappt, manchmal nicht. Dann<br />

machten die Herrschaften eine<br />

unfreiwillige Stadtrundfahrt <strong>–</strong> ist<br />

ja auch nicht verkehrt, denn<br />

Schwerin hatte ja auch außerhalb<br />

des Buga-Geländes so einiges zu<br />

bieten. Dass dir besonders der<br />

Bereich Grabgestaltung und<br />

Denkmal gefallen hat ist interessant<br />

<strong>–</strong> und lässt auf einen leicht<br />

morbiden Humor schließen. Ich<br />

mag den Platz dort oben auch,<br />

aber nur wegen der fantastischen<br />

Aussicht über den Faulen See.<br />

Ansonsten zieht es mich mehr zu<br />

irdisch-handfesten Dingen wie<br />

Foto: G&G (2)<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />

den Küchengarten <strong>–</strong> was bei einer<br />

so begeisterten Amateur-Köchin<br />

wie mir wohl auch nicht anders zu<br />

erwarten ist.<br />

Ob alle Buga-Blütenträume reiften,<br />

ob es auch finanziell ein gutes<br />

Ende nimmt, das wird man erst<br />

nach Abschluss der Bilanzen so<br />

zum Ende des Jahres wissen. Die<br />

Gäste auf jeden Fall waren begeistert<br />

von der Blumenschau mitten<br />

in der Stadt <strong>–</strong> und die Schweriner<br />

waren und sind es sowieso. Am<br />

liebsten würden sie alles so behalten,<br />

wie es jetzt ist <strong>–</strong> aber woher<br />

das Geld nehmen? Berlins Regierender<br />

hat ja für seine Stadt den<br />

Slogan „arm, aber sexy“ ausgegeben,<br />

für meine pekuniär chronisch<br />

klamme Heimatstadt will mir da<br />

nicht so recht was einfallen.<br />

Vielleicht ginge ja: „pleite, aber<br />

chic“? Würde irgendwie passen zu<br />

einer ehemaligen Residenz- und<br />

wieder Beamtenstadt.<br />

Weißt du übrigens was das Wichtigste<br />

an Schwerin ist? Das „r“ <strong>–</strong><br />

sonst hieße es ja Schwein. (Entschuldige,<br />

uralter Witz aus Schulzeiten,<br />

aber die ideale Überleitung<br />

zum nächsten Thema.) Schwerin<br />

hat gerade mal Schwein oder<br />

genauer Schweine im Plural. Im<br />

Schleswig-Holstein-Haus kann<br />

man sie bis zum 11. Oktober<br />

anschauen: „Die Tiefe der ländlichen<br />

Räume“ ist der Titel der Ausstellung,<br />

die Arbeiten von Wolf-<br />

Rüdiger Marunde zeigt. Seine<br />

Cartoons sind aufwendig und akribisch<br />

genau gestaltet, <strong>of</strong>t in Aquarell-<br />

oder Öltechnik, die Figuren, ob<br />

nun Schweine, anderes Getier<br />

oder Menschen hinreißend karikiert<br />

und seine Texte sind einfach<br />

wunderbar treffend frech.<br />

Ein bisschen frech-ironisch ist der<br />

Titel des Programms, das Schauspieldirektor<br />

Peter Dehler gemeinsam<br />

mit Markus Wünsch inszeniert.<br />

„Lob des Kapitalismus“ ist<br />

das Stück, das aus vielen kleinen<br />

Teilen besteht und passender<br />

Weise im Gebäude der ehemaligen<br />

Staatsbank in Schwerin<br />

gespielt wird. Als Zuschauer kann<br />

man sich nicht gemütlich hinsetzen<br />

und sich bespaßen lassen,<br />

aktiv mittun ist angesagt <strong>–</strong> dafür<br />

gibt es dann auch eine leckere<br />

Hartz IV-Suppe. Ich bin mächtig<br />

GRÜSSE AUS SCHWERIN<br />

gespannt auf das Projekt, der Ort<br />

ist auf jeden Fall schon mal abenteuerlich.<br />

Das Riesenhaus gleicht<br />

im Inneren einem Mittelding zwischen<br />

Ruine und Baustelle. Bei<br />

jedem Eigentümer- und Nutzungskonzeptwechsel<br />

ist irgendwas<br />

verschwunden, so dass es<br />

jetzt weder Decken noch Fußböden<br />

gibt <strong>–</strong> von Wandvertäfelungen<br />

und Intarsien ganz zu schweigen.<br />

Aus unseren ehemaligen Betrieben<br />

der ehemaligen DDR ist eben<br />

selbst heute noch was rauszuholen.<br />

Zum Abschluss des „Lob des<br />

Kapitalismus“-Spektakels wird am<br />

9. November im Großen Haus<br />

Markus Wünsch der Held sein aus<br />

Thomas Brussigs Roman „Helden<br />

wie wir“. Die absolute Garantie<br />

dafür, dass zumindest im Theater<br />

dieser bedeutungsschwere Tag<br />

unserer jüngeren Geschichte ohne<br />

allzu viel Pathos über die Bühne<br />

geht. Die Leute werden das<br />

machen, was sie meiner Beobachtung<br />

nach im Alltag viel zu wenig<br />

tun: Lachen.<br />

Tschüß bis zum nächsten Brief<br />

95


96<br />

KUNST<br />

Alexander Dettmar in Szczecin<br />

Kunst kann Brücken bauen: Brücken in andere<br />

Zeiten, zu anderen Menschen und Völkern,<br />

Brücken der Verständigung und der Begegnung.<br />

Deshalb gehört Kunst ganz selbstverständlich<br />

zur derzeitigen 6. Präsentation des<br />

Landes Mecklenburg-Vorpommern in der<br />

Wojewodschaft Westpommern, die unter dem<br />

Motto: „Aus Nachbarn werden Freunde” steht.<br />

Seit 1998 haben beide Regionen über 400 Projekte<br />

durchgeführt. Das sind 400 große und<br />

kleine Brücken, die Grenzen überwinden und<br />

Menschen zusammenbringen.<br />

Auch die Bilder Alexander Dettmars gehören<br />

dazu. Seine Stadtansichten von Stettin, Stralsund<br />

und Greifswald, seine Darstellung der<br />

Küstenlandschaft beiderseits der Odermündung,<br />

der ehrwürdigen Stadtkirchen<br />

Westpommerns fangen gemeinsamen Stolz<br />

und eigenen Reiz ein. Seine Sicht und sein<br />

malerischer Ausdruck zeugen von alter<br />

und neuer Verbindung der pommerschen<br />

Kulturlandschaft.<br />

„Von Greifswald nach Stettin“ ist im Schloss<br />

der Pommerschen Herzöge in Szczezin bis zum<br />

31. Oktobert zu sehen. Es ist eine Schau mit<br />

Ölbildern wie „Greifswald“ oder „Szczecin“.<br />

Der in Freibug lebende Alexander Dettmar<br />

hatte bereits im Norden durch seine Arbeiten<br />

auf den Spuren der Backsteingotik, über<br />

Güstrow und zerstörte Synagogen große Aufmerksamkeit<br />

erzielt. Der Träger des Ernst Barlach<br />

Preises gilt als einer der bedeutendsten<br />

Freiluftmaler Deutschlands. Seine Manier, vor<br />

Ort, an Ort und Stelle die unmittelbare Nähe<br />

zum Objekt seiner „malenden Begierde“ zu<br />

suchen, scheint ihm die Kraft zu geben, die<br />

Carl Malchin in Schwaan<br />

Zu Übertreibungen ist <strong>of</strong>t nicht geraten. Dass<br />

aber Carl Malchin der bedeutendste Mecklenburger<br />

Maler des 19. Jahrhundert ist, das<br />

ist unbestritten. Bilder dieses Mannes und<br />

einige seines bislang weniger bekannten<br />

Sohnes Friedrich Malchin hängen derzeit in<br />

der Schwaaner Kunstmühle.<br />

Es sind zumeist Ölgemälde, die bisher kaum<br />

in Öffentlichkeit waren, sie kommen aus privater<br />

Hand, von Nachfahren des einstigen<br />

Meisters. Im Schwaaner Kunsthaus in der<br />

Mühlenstraße 12 sind sie bis zum 18. Oktober<br />

zusammengefasst. Für Kunstkenner <strong>–</strong> so<br />

heißt es <strong>–</strong> seien sie eine unheimlich spannende<br />

Geschichte. Zwei beeindruckende Winterbilder,<br />

die Carl Malchin schon in jungen<br />

Malerjahren auf Leinwand gebracht hatte,<br />

sind Raritäten und beweisen schon da große<br />

Meisterschaft.<br />

Museumsleiter Heiko Brunner musste nicht<br />

hinterher laufen, um diese Sammlung auf Zeit<br />

zusammen zubekommen. „Die Verwandten<br />

hatten sich bei uns gemeldet, und die Bilder<br />

angeboten“, sagt der Schwaaner, der darin<br />

Anerkennung für die Erbepflege sieht, die sein<br />

Haus seit Jahren den alten „Landschaftern“<br />

angedeihen lässt.<br />

Sehr <strong>of</strong>t und sehr gern beruft man sich auf<br />

bedeutende Namen, Orte tun das, Malschulen<br />

oder Künstlerkolonien. Das schmückt, das kann<br />

auch von Vorteil sein. Die Warnowstadt hat<br />

Anspruch darauf, das zu tun. Carl Malchin war<br />

niemals Mitglied der von Pr<strong>of</strong>. Franz Bunke vor<br />

über 100 Jahren initiierten und geprägten<br />

Schwaaner Künstlerkolonie, schon wegen des<br />

Alters. Er hat in der Warnowstadt aber sechs<br />

Jahre gelebt. Hier lernte er den Beruf eines<br />

Landvermessers, hier traf er Maler wie Eduard<br />

Edvard Munch in Ordrupgaard<br />

Mit mehr als 100 Gemälden, grafischen<br />

Arbeiten und Fotografien zeigt das Museum<br />

Ordrupgaard die weit gehenden Einflüsse<br />

der dänischen Kunst- und Literaturszene auf<br />

Edvard Munchs (1863<strong>–</strong>1944) Schaffen zwischen<br />

1890 und 1910, das zu bedeutenden<br />

Teilen in und um Kopenhagen statt fand.<br />

Der international berühmte Erneuerer<br />

Munch hielt sich vor allem im ersten Jahrzehnt<br />

des 20. Jahrhunderts in Kopenhagen<br />

auf <strong>–</strong> die dänische Metropole war für den<br />

Norweger eine Brücke nach Europa. Gleichzeitig<br />

pflegte Munch engen Kontakt zum<br />

dänischen Künstlerkreis um „Den frie udstilling“<br />

(Die unabhängige Ausstellung) mit<br />

bekannten Künstlern wie J.F. Willumsen,<br />

Johan Rohde oder Paul Gauguins dänischer<br />

Frau Mette. Durch diese lernte das norwegische<br />

Ausnahmetalent auch die französische<br />

Szene und die Kunst Paul Gaugins kennen.<br />

Diese Einflüsse prägten Munchs Werke<br />

ebenso wie Ideen des dänischen Dichters<br />

und Übersetzers Emanuel Goldstein (1862<strong>–</strong><br />

1921), die maßgeblich Munchs impressionistischen<br />

und symbolistischen Stil prägten.<br />

Darüber hinaus präsentiert die Ausstellung<br />

„Edvard Munch und Dänemark“ Hauptwerke<br />

wie „Nacht in Saint Cloud“, „Das kranke<br />

Kind“, „Der Kuss“ und „Melancholie“. Die<br />

mehr als 100 Munch-Werke, die noch bis einschließlich<br />

3. Januar in Dänemark zu sehen<br />

sind, sind Leihgaben des Munch-Museums<br />

und des Nationalmuseums aus Oslo sowie<br />

des Bergen Kunstmuseums. Hinzu kommen<br />

zahlreiche Werke aus Privatsammlungen, die<br />

bislang nicht öffentlich zu sehen waren.<br />

„Edvard Munch und Dänemark“ im Kunstmuseum<br />

Ordrupgaard ist Dienstag bis Sonn-<br />

Alexander Dettmar, Lange Brücke in Szczecin, 2009.<br />

Foto: Privat<br />

Gefühls- und Farbdeutlichkeit zu vermitteln,<br />

die fast alle seine Arbeiten durchziehen. Die<br />

Ausstellung „Von Greifswald nach Stettin“ ist<br />

im Schloss der Pommerschen Herzöge Stettin<br />

dienstags bis sonntags von 9 bis 17 Uhr<br />

geöffnet.<br />

Winterbild von Carl Malchin, gemalt 1903.<br />

Privatbesitz<br />

Ehrke und Otto Dörr, hier betrieb er erste<br />

Naturstudien und nahm Anlauf zu einer<br />

bedeutenden Künstlerlaufbahn.<br />

Am 4. Oktober wird die Schwaaner Kunstwissenschaftlerin<br />

Lisa Jürß in der Kunstmühle eine<br />

Führung durch die Kabinettausstellung<br />

machen, dort am 14. Oktober auch einen Vortrag<br />

über Leben und Werk Carl Malchins halten.<br />

Kontakt: Kunstmühle Schwaan,<br />

Telefon 03844 <strong>–</strong> 891793.<br />

Edvard Munch,<br />

Der Kuss,<br />

1896/97,<br />

Öl auf Holz.<br />

Foto: Archiv „<strong>delüx</strong>“<br />

tag geöffnet. Zur Ausstellung erscheint ein<br />

mehrsprachiger Katalog, u.a. in englischer<br />

Sprache.<br />

Weitere Informationen: Ordrupgaard,<br />

Vilvordevej 110, DK-2920 Charlottenlund,<br />

Tel. 0045-3964 1183, www.ordrupgaard.dk.<br />

ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09

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