CARIBIC – the wave of relaxation - Rostock delüx
CARIBIC – the wave of relaxation - Rostock delüx
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ROSTOCK<br />
2. JAHRGANG · Herbst · 3/2009 · € 4,-<br />
GESELLSCHAFTSMAGAZIN FÜR ROSTOCK UND UMGEBUNG<br />
Eine Liebeserklärung<br />
Mein Sohn, der Frontmann von Rammstein<br />
Auf Wüstentour<br />
Sanddorntörtchen in der Kiste<br />
Wilder Herbst<br />
Raubtiere erobern Kleider<br />
Atmosphärentumult<br />
Dr. Jazz schaut in den Himmel
Fotos: www.pixelio.de<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
Liebe Leserin,<br />
lieber Leser,<br />
ob das Ihnen vorliegende neue<br />
Heft von <strong>Rostock</strong> „<strong>delüx</strong>“ für Sie<br />
nun ein richtiger „Knaller“ ist oder<br />
nicht, das müssen, das werden<br />
einzig und allein Sie entscheiden.<br />
Tatsache ist, es geht auch diesmal,<br />
zumindest in einigen Beiträgen,<br />
nicht ganz geräuschlos zu. Wer die<br />
Auftritte von Rammstein und dessen<br />
Frontmann Till Lindemann<br />
schon einmal erlebt hat, der wird<br />
wissen, die zerren zwar keine originalen<br />
Kanonen auf die Bühne,<br />
einige gewaltige Phon sind dennoch<br />
im Spiel. Verblüffend allerdings<br />
könnte vielleicht für Sie sein,<br />
dass dieser Mann, der ganz vorn<br />
auf der Bühne steht, der frühere<br />
<strong>Rostock</strong>er im besten Lebensalter,<br />
auch ganz still, ganz in sich gekehrt<br />
sein kann. Seine Mutter, die ehemalige<br />
NDR-Journalistin Gitta Lindemann<br />
kennt ihren Sohn ganz<br />
genau und hat über ihn, über sich,<br />
über beide die Titelgeschichte<br />
geschrieben.<br />
Horst Rahe, Geschäftsführender<br />
Gesellschafter der Deutschen Seereederei,<br />
ist bekannt als ein Mann<br />
der leisen Töne. Jahrzehnte im<br />
knallharten Geschäftsleben, feinsinnig<br />
in Lebensart und Lebenshaltung,<br />
posiert er für unser Magazin<br />
neben der berühmten Kanone seines<br />
Hotels Louis C. Jacob in Hamburg.<br />
Das ist nicht herbeigeholt, es<br />
gehört zu der Geschichte, die der<br />
Mann mit den Wohnsitzen in der<br />
Schweiz, in Hamburg und ein<br />
wenig auch in <strong>Rostock</strong>, im sehr<br />
privaten Gespräch am Elbufer von<br />
Blankenese uns <strong>of</strong>fenbarte.<br />
Der „Mann mit dem Hawaii-<br />
Hemd“, Jürgen von der Lippe,<br />
kommt nächstens nach <strong>Rostock</strong>.<br />
Wir haben ihn in seiner Berliner<br />
Wohnung besucht, und natürlich<br />
viel gelacht.<br />
Wie Doktoranden aus Lateinamerika<br />
an der <strong>Rostock</strong>er Universität das<br />
Leben in der Hansestadt empfin-<br />
EDITORIAL<br />
den, lässt schon eine gewisse<br />
Nachdenklichkeit aufkommen.<br />
„Die Wahrheit ruht auf dem Boden<br />
des Kochtopfes“ <strong>–</strong> wie der<br />
<strong>Rostock</strong>er Koch Carsten Loll mit<br />
diesem Motto des französischen<br />
Koch-Gurus Paul Bocuse umgeht,<br />
lesen Sie es.<br />
Das Autoereignis des Jahres lesen<br />
Sie natürlich in <strong>Rostock</strong> „<strong>delüx</strong>“ <strong>–</strong><br />
die Premiere des Porsche Panamera.<br />
Unser Team von <strong>Rostock</strong> „<strong>delüx</strong>“<br />
h<strong>of</strong>ft, Ihnen wieder etwas vorzulegen,<br />
dass Sie reicher macht,<br />
Vergnügen bereitet und <strong>–</strong> zumindest<br />
hin und wieder <strong>–</strong> besagten<br />
Aha-Effekt auslöst. Das würde<br />
mich freuen.<br />
Ihre<br />
Regina Rösler<br />
Leitende Redakteurin<br />
Foto: J. R.<br />
Die nächste Ausgabe erscheint im Dezember 2009<br />
1
2<br />
REGION / IMPRESSUM<br />
Die Region ROSTOCK<br />
IMPRESSUM<br />
Herausgeber:<br />
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Richard-Wagner-Straße 1a · 18055 <strong>Rostock</strong><br />
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Satz und Layout: Beatrice Rachow<br />
Druck:<br />
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Einzelheft: 4,- € incl. MwSt.<br />
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Carl-Hopp-Str. 15<br />
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Die Zeitschrift „<strong>delüx</strong>“ und alle in ihr enthaltenen Beiträge<br />
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der Autoren wieder.<br />
Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos wird<br />
keine Haftung übernommen. Rücksendung kann nur auf<br />
besonderen Wunsch erfolgen und wenn Rückporto beiliegt.<br />
Gerichtsstand: <strong>Rostock</strong><br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
7 16 34 76<br />
Jürgen von der Lippe<br />
hält es mit<br />
Shakespeare.<br />
8 Hanseatische Lebensart<br />
Horst Rahe über seine<br />
große Liebe zur Kunst.<br />
10 Im Geiste Yehudi Menuhins<br />
Live Music Now <strong>–</strong><br />
ein Weltverein auch in <strong>Rostock</strong>.<br />
18 Mit blauer Kiste<br />
durch die Wüste<br />
Frank Röntgen, Konditor<br />
in der fünften Generation.<br />
24 Es gibt kein Aber<br />
Günter Faltin:<br />
Gründer sind nie zu alt.<br />
26 80 Jahre Familientradition<br />
Die Firma Taschenbrecker<br />
gestern und heute.<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
Carsten Loll verehrt<br />
Frankreichs Kochguru<br />
Paul Bocuse.<br />
28 Geheimnisvolles „Fit“<br />
Die Spuren des <strong>Rostock</strong>er<br />
Luminol-Kommissars.<br />
30 Georg Kreisler/<br />
Corny Littmann<br />
„Das Aquarium oder die<br />
Stimme der Vernunft“.<br />
40 „Mädchen für alles“<br />
Pr<strong>of</strong>. Wolfgang Schareck<br />
ist gerne Rektor.<br />
Der Liebe wegen<br />
nach Abu Dhabi.<br />
42 Die Kraft der Natur<br />
Apo<strong>the</strong>ker Karsten Jantos<br />
über die Naturmedizin.<br />
46 Lederleggins sind im Kommen<br />
Was die modebewusste<br />
Frau anzieht.<br />
INHALT<br />
Titelfoto:<br />
Till Lindemann, Frontmann von Rammstein<br />
während eines Konzerts in Berlin.<br />
Foto: Imago/Kai Horstmann<br />
C 5: Erfahrbarer<br />
französischer<br />
Lebensstil.<br />
52 Mecklenburger Adelswappen<br />
Die schwarzen Adlerflügel<br />
derer von Lehsten.<br />
66 Aus Mais wird Gas<br />
Bei Güstrow wächst Europas<br />
größter Bioenergiepark.<br />
74 Ersehnt: Der Porsche Panamera<br />
Proportionen<br />
eines Sportwagens,<br />
Größe einer Limousine.<br />
78 Seitensprung<br />
Istrien, ein Paradies auf Erden.<br />
90 Treffpunkt<br />
„Mord in bester Gesellschaft“ <strong>–</strong><br />
Fritz Wepper drehte in<br />
Heiligendamm.<br />
3
4<br />
PROMINENT<br />
Mein Sohn, der Frontmann von<br />
Eine Liebeserklärung <strong>–</strong> von Gitta Lindemann<br />
Gitta Lindemann und Sohn Till Lindemann. Der heute in Hamburg lebende Maler Manfred W. Jürgens malte dieses Bild 2002. Jürgens, der als Vertreter des sachlichen<br />
Realismus gilt, verbindet eine langjährige Freundschaft mit Till Lindemann. „Wir kennen uns aus gemeinsamer Zeit in Wismar und Schwerin. Ich habe damals noch<br />
Scheiben in der Jugenddisco aufgelegt“, erinnert sich der in Grevesmühlen geborene Manfred W. Jürgens. Das Bild hat übrigens in Dirk Merbach, derzeit als Creativ-<br />
Director unter anderem fürs „Hamburger Abendblatt“ und das Wiener Wochenblatt „Falter“ tätig, einen Käufer gefunden. „Es hängt in meiner Berliner Wohnung“,<br />
sagt der „Rammstein“-Fan. Den ersten Blick konnte Dirk Merbach auf das Bild während einer Ausstellung bei der „Zeit“ werfen, wo er viele Jahre als Art-Director arbeitete.<br />
„Das war der Beginn einer großen Liebe zu diesem Bild.“ Repro: Manfred W. Jürgens<br />
Mein erstes Konzert mit Rammstein.<br />
Ich saß zwischen dunkel<br />
gekleideten Menschen, die ich<br />
mir anders gedacht hatte. Sie<br />
waren unaufgeregt und redeten<br />
über Studienaufträge, sie vertrieben<br />
sich die Zeit mit erstaunlich<br />
klugen Gesprächen. Der<br />
Beginn des Konzertes verzögerte<br />
sich um eine halbe Stunde.<br />
Soviel Zeit brauchten die Jungs,<br />
um zu überlegen, ob Anstößiges<br />
im Programm ist, was der Mutter<br />
missfallen könnte. Ich war heim-<br />
lich gekommen, er hatte es<br />
damals nicht gewollt. Aber er<br />
hatte mich entdeckt. Später, in<br />
größeren Sälen und Stadien, war<br />
ich selbstverständlicher Gast. Ob<br />
damals in einem kleinen Saal<br />
oder jetzt in gewaltigen Arenen<br />
<strong>–</strong> das Erlebnis bleibt gleich. Ich<br />
stehe zwischen den anderen und<br />
die Musik hastet auf mich zu,<br />
dröhnt und wirft sich auf, stößt<br />
sich an Wänden, stürzt in den<br />
Himmel, fällt zurück und setzt<br />
sich auf die Brust, der Atem wird<br />
flacher. Ich bin eingekeilt in<br />
Musik und starr. Vor Bewunderung.<br />
Der Dompteur auf der<br />
Bühne ist mein Sohn.<br />
Er dirigiert die Massen mit einer<br />
Handbewegung, er schlägt sich<br />
die Stirn wund und er brennt und<br />
er jagt seine rollende Stimme<br />
durch Raum und Zeit. Was für<br />
eine Verantwortung. Für all diese<br />
Menschen, die ihm begeistert<br />
zujubeln und ihm folgen würden,<br />
wohin er sie auch führen würde.<br />
Da hab ich Angst um ihn. Was tut<br />
er sich an, welche Überwindung<br />
muss es ihn kosten, sich so auszuliefern.<br />
Abend für Abend, Land um<br />
Land, Kontinent um Kontinent.<br />
Aber er ist entspannt, wenn ich<br />
vor dem Auftritt backstage bin<br />
und er sich um mich kümmert,<br />
als wären wir zu Hause.<br />
Zu Hause, das ist Mecklenburg.<br />
Seine Heimat, seine Wurzeln, sein<br />
Kraftquell.<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
Schon als Junge <strong>–</strong> in den Ferien <strong>–</strong><br />
jagte er durch die Landschaft,<br />
stand in der Frühe auf und ging<br />
mit den Melkern aufs Feld zu den<br />
Kühen. Schlief im Freien unter<br />
dem weiten Himmel, hörte die<br />
Äpfel fallen oder die Enten in den<br />
Teich switschen. Im Herbst<br />
durchkämmte er die Wälder nach<br />
Pilzen, im Winter lange Spaziergänge<br />
durch hohen Schnee, mit<br />
der Katze in der Jacke, weil die<br />
nicht mehr springen mochte von<br />
Schneehügel zu Schneehügel.<br />
Und die Menschen. Erzähl mal von<br />
früher <strong>–</strong> das hat er zu seinem Vater<br />
gesagt und zu den Gästen im<br />
Dorfkrug. Wie haben sie hier<br />
gelebt vor seiner Zeit. Er sitzt <strong>–</strong><br />
damals wie heute <strong>–</strong> mit den<br />
Leuten aus dem Dorf zusammen<br />
und kann stundenlang zuhören,<br />
wie sie in ihrer breiten Mundart<br />
und mit trockenem Humor<br />
Geschichten hervorquellen lassen.<br />
Er ist beliebt, sie suchen seine<br />
Gesellschaft. Das hat nichts mit<br />
seinem Beruf zu tun. Sein Vater hat<br />
über ihn ein Buch geschrieben,<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
darin berichtet er von seinem<br />
Erstaunen, dass seine Freunde ihm<br />
alles zutrauten. Einer will von ihm<br />
sein Moped repariert haben, der<br />
Vater fragt verwundert <strong>–</strong> meinst<br />
du, er kann das? Der Junge sagt:Till<br />
kann alles. Der Vater denkt<br />
ungläubig: Vor allem Unsinn. Er ist<br />
überrascht, dass die Karre in Kürze<br />
wieder läuft. „Er kann alles <strong>–</strong> wie<br />
viel Vertauen, wie viel Zutrauen“,<br />
schreibt sein Vater.<br />
Vertrauen <strong>–</strong> das ist das Wort. Und<br />
trauen, er traut sich. Er geht auf<br />
Grenzen zu und überschreitet sie.<br />
Was könnte geschehen, wenn...<br />
diese Frage kennt er nicht. Er probiert,<br />
er testet sich aus. Seine Texte<br />
sind keine Frage des Mutes, sie sind<br />
in ihm. Denn: über sich redet er<br />
nicht, über seine Sehnsüchte, seinen<br />
Schmerz, das schreit er heraus<br />
in seinen Gedichten. Ein Freund hat<br />
geschrieben: „Es sind Wunden aus<br />
Verzweiflung und H<strong>of</strong>fnung.<br />
Fluchtgedanken voller Einsamkeit<br />
aus einem Herz voller Mut und<br />
Sehnsucht geschossen.“<br />
Als seine Großmutter starb, war<br />
er an ihrem Bett, hat sie gestrei-<br />
chelt, bis in den Tod. In einem<br />
Gedicht kann er den Schmerz so<br />
sehr anders verarbeiten, so, dass<br />
es wehtut beim Lesen.Wo nimmt<br />
er die Ideen her, hab ich mich und<br />
ihn gefragt. Sie sind einfach in<br />
ihm. Aber manchmal bleibt die<br />
Gnade der Einfälle auch aus.<br />
Dann ist es schlimm. Dann verschließt<br />
er sich, schließt sich<br />
weg, dann stehe auch ich im<br />
Regen. Immer aber gibt es die<br />
Familie, die inzwischen angewachsen<br />
ist. Und er ist jetzt der<br />
Familiensachverwalter, er achtet<br />
darauf, dass keiner ausschert.<br />
Es gibt viele Gründe, zusammen<br />
zu sitzen. Da kommen seine<br />
Freunde und die Familie wird<br />
hinzu gebeten, da gibt es Weihnachten<br />
und Ostern und<br />
Geburtstage oder einfach nur<br />
einen schönen Abend, um<br />
gemeinsam unterm Sommer-<br />
Sternenhimmel zu sitzen und zu<br />
erzählen.<br />
Oder er hat Lust zu kochen, das<br />
kann er vorzüglich, vor allem Wildgerichte<br />
und Fisch. Er probiert neue<br />
PROMINENT<br />
Gerichte aus und wenn es uns allen<br />
vorzüglich schmeckt, mäkelt er<br />
herum, da hätte aber noch...<br />
Manchmal lädt er uns in sein<br />
großes Auto und wir fahren an die<br />
See oder gehen paddeln, immer<br />
die ganze Familie. In unseren Bötchen<br />
sitzen wir und lassen uns<br />
treiben durchs Wasser, über uns<br />
schattiges Gezweig. Dann sucht<br />
er einen Rastplatz auf einer Wiese<br />
Foto: Imago<br />
und hievt alle an Land. Aus der<br />
Kühltasche holt er Bouletten und<br />
Brot und Gummitiere für die<br />
Kinder und Wasser und Pro Secco,<br />
er selbst geht Angeln, während<br />
wir vespern. Abends gibt dann<br />
Fisch mit viel Knoblauch. Dann ist<br />
er ganz bei sich.<br />
Dies ist eines seiner Leben, das<br />
andere auf der Bühne, sein „Job“,<br />
wie er sagt. Manchmal fallen sie<br />
zusammen. Wenn wir z.B. am<br />
Strand in Costa Rica sitzen und<br />
drei junge Männer kommen auf<br />
ihn zu und bitten um ein Autogramm.<br />
Das ist ihm peinlich.<br />
Aber artig und freundlich setzt er<br />
die Unterschrift.<br />
5
6<br />
PROMINENT<br />
Manfred W. Jürgens in seinem Hamburger Atelier. 2009 wurde er Preisträger<br />
in der Kategorie Figurative Malerei des Fifth International ARC Salon Competition<br />
2008/2009, Glenham, New York. Auf unserem Bild am Porträt des bei<br />
Güstrow lebenden Fotografen Falko Baatz.<br />
Weitere Informationen unter www.m-w.juergens.de. Foto: Rö.<br />
„Mike Oldfield im Schaukelstuhl“ <strong>–</strong> Der <strong>Rostock</strong>er Kinderbuchautor Werner<br />
Lindemann veröffentlichte diesen Text schon 1988 im Buchverlag „Der Morgen“<br />
Berlin.Werner Lindemann erzählt damals über die Jugendzeit seines Sohnes Till,<br />
heute als Sänger der Band Rammstein weltbekannt. Im Buch wird er Timm<br />
genannt. Das Buch ist eine schon seinerzeit sehr bemerkenswerte Auseinandersetzung<br />
mit der Bedeutung von Geschichte und Gegenwart für junge Menschen<br />
gewesen.<br />
Werner Lindemann starb bereits 1993 und konnte so den Erfolg seines Sohnes<br />
nicht mehr erleben. Er liefert mit dem Buch aber vielleicht einen Schlüssel zum<br />
Verständnis der Lyrik und Musik von Rammstein. Doch prominenter Sohn hin<br />
oder her. Ganz allgemein ist dieses Buch durchaus auch ein wirklich lesenswerter<br />
Ratgeber für aufgeklärte Väter in unseren Tagen, egal ob die Kinder am<br />
Ende Sänger oder Straßenbahnfahrer werden. „Mike Oldfield im Schaukelstuhl“<br />
wurde 2006 im <strong>Rostock</strong>er Ingo Koch Verlag erneut aufgelegt.<br />
Meine schönste<br />
Erinnerung:<br />
Er holt uns ab in San Rose und wir<br />
fahren über endlose Straßen und<br />
holprige, staubige Wege, trotzdem<br />
wird er immer schneller und<br />
schneller, ich sage, warte doch,<br />
ich will den Sonnenuntergang<br />
sehen; er aber gibt Gas und fährt<br />
und fährt, schließlich einen Berg<br />
hinauf und hält endlich an und<br />
wir sehen: Die Sonne überm<br />
Meer. Wie sie glutrot untergeht.<br />
Diesen Augenblick sollten wir<br />
von hier oben aus erleben!<br />
Wir sind angekommen, und er<br />
kocht und summt dabei vor sich<br />
hin. Es wird dunkler und dunkler,<br />
über uns nur noch der Sternenhimmel<br />
und wir sind allein mit<br />
uns und unseren Gesprächen, die<br />
dauern bis spät in die Nacht. Wir<br />
haben herrliche Wochen, fahren<br />
durchs Land, schwimmen und<br />
schweben hoch überm Dschungel,<br />
halten uns fest an einem<br />
endlos scheinenden Seil. Tief<br />
unter uns das grüne Dickicht,<br />
über uns der Himmel und weit<br />
hinten das Meer und bei mir ein<br />
großes Angstgefühl im Magen.<br />
Beim Anlegen der Sicherheitsgurte<br />
wurden mir plötzlich<br />
meine über 65 Jahresherzschläge<br />
bewusst.<br />
Ohne ihn hätte ich mir dieses<br />
Abenteuer nicht zugetraut. Er<br />
schafft Vertrauen. Ich erinnere<br />
mich, wie wir <strong>–</strong> da war er 14 oder<br />
15 <strong>–</strong> bei einem Spaziergang über<br />
die Felder durch eine Bullenherde<br />
mussten. Ich hatte Angst, er<br />
wahrscheinlich auch, aber er<br />
ging auf die Tiere zu und rief mir<br />
zu, ich solle einfach hinter ihm<br />
bleiben.<br />
Dann mussten wir über einen<br />
Bach, ich stellte mich schusselig<br />
an, er legte ein Brett drüber und<br />
half mir ans andere Ufer.<br />
Bis vor kurzem hatten sich zu den<br />
Feiertagen fünf Generationen<br />
um seinen Tisch versammelt. Er<br />
holte seine Großmutter im Rollstuhl<br />
mit seinem Auto ab und<br />
fütterte sie und das Ur-Urenkelkind<br />
kroch auf ihren Schoß. Familienalltag.<br />
Sein Rückhalt.<br />
Ebenso wie die Natur. Er geht<br />
unter dem weiten Himmel am<br />
See entlang und kennt die Tiere,<br />
die hier leben. Er beliest sich und<br />
erklärt uns dann erstaunliche<br />
Sachen. Er kennt die meisten Länder<br />
der Welt, und sie kennen ihn.<br />
Als ich in Moskau war, wollten<br />
mir viele junge Menschen die<br />
Hand drücken, weil ich ja die<br />
„Rammsteinmutter“ war und ein<br />
Mann in meinem Alter erklärte<br />
mir mit Begeisterung die Einzigartigkeit<br />
dieser Band. Auf den<br />
Videos von den Gastspielen in<br />
aller Herren Länder sieht man,<br />
wie andächtig und inbrünstig die<br />
Zuschauer die Texte auf Deutsch<br />
mitsingen. In Mexico City ist das<br />
nicht anders als in Tokio, Rio,<br />
Manchester oder in Budapest.<br />
Das alles erlebt er. Aber das ist<br />
nichts gegen einen mecklenburgischen<br />
Sonnenaufgang überm<br />
Moor, sagt er, wenn du siehst, wie<br />
die Rehe aus dem Gebüsch kommen<br />
und du in dieser großen Stille<br />
die unterschiedlichen Tiergeräusche<br />
wahrnehmen kannst.<br />
Dieser unvergleichliche Himmel,<br />
die Wolken und Modderklumpen<br />
an den Schuhen, diese Landschaft<br />
erdet ihn und macht ihn<br />
auch demütig.<br />
Ich bin <strong>–</strong> wie so viele <strong>–</strong> gern mit<br />
ihm zusammen. Dass er berühmt<br />
ist, spielt keine Rolle. Nur manchmal<br />
fällt es mir mit leisem<br />
Erstaunen auf: was für ein<br />
Mensch.<br />
Wenn ich nicht zufällig seine<br />
Mutter wäre, mit diesem Mann<br />
wäre ich gern befreundet.<br />
Die Autorin, Gitta Lindemann, ist<br />
Journalistin und war von 1992 bis<br />
2002 beim Norddeutschen Rundfunk<br />
in Schwerin als Kulturchefin<br />
von NDR 1 Radio MV tätig. Am<br />
17. Dezember wird „Rammstein“<br />
in der <strong>Rostock</strong>er HanseMesse<br />
gastieren.<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
„Das hier ist ein altes Literatenviertel“,<br />
sagt Jürgen von der<br />
Lippe, der droben, im fünften<br />
Stock eines Mietshauses in<br />
Berlin-Friedenau zu Hause ist.<br />
Gleich um die Ecke sei die ehemalige<br />
Wohnung von Günter<br />
Grass, in der jetzt die Enkel wohnen,<br />
weiß von der Lippe. Auch<br />
Kästner und Tucholsky hätten<br />
einst in Steglitz und Friedenau<br />
gelebt. „Und Beppo Pohlmann<br />
von den Gebrüdern Blattschuss<br />
wohnt jetzt drei Minuten von<br />
hier.“<br />
Von der Lippe, in Bad Salzuflen<br />
geboren und in Aachen aufgewachsen,<br />
fühlt sich als Berliner.<br />
„Obwohl, na ja, vielleicht doch<br />
eher...“ Die Antwort bleibt <strong>of</strong>fen.<br />
In Bottrop jedenfalls habe er das<br />
erste Weiberherz mit einem Lied<br />
gebrochen. „Mit Daddys kleiner<br />
Melodie von Peter Steffen.“ Seit<br />
1973 lebt Jürgen von der Lippe in<br />
Berlin. „Ich krieg’ ja jetzt den<br />
Ehrenpreis der Berliner Wühlmäuse.“<br />
Nach Otto Waalkes und<br />
Emil Steinberger sei er nunmehr<br />
der Dritte... „Ach Otto, der war<br />
schon immer was Spezielles. Der<br />
ist schon doll.“ Trifft man sich?<br />
„Na ja, jeder hat so einen Terminplan<br />
wie ich.“ Wohl wahr. Im<br />
Oktober scheint Jürgen von der<br />
Lippe durch ganz Deutschland zu<br />
touren. Der Monat ist vollgepflastert.<br />
„Das Beste aus 30 Jahren“<br />
in Gießen, Oberursel, Braunschweig,<br />
<strong>Rostock</strong>, Neuruppin,<br />
Böhlen <strong>–</strong> unter anderem. „Alle<br />
sieben Tage gibt es einen freien<br />
Tag“, sagt der Bühnenpr<strong>of</strong>i.<br />
Wenn er denn mal frei habe <strong>–</strong> „ich<br />
muss ja gucken, wo stehen die<br />
anderen Kollegen, was machen<br />
die“ <strong>–</strong> dann geht von der Lippe<br />
natürlich auch weg. Jüngst zur<br />
Aufzeichnung des Quatsch Comedy<br />
Clubs. Und kam mit einer für<br />
ihn interessanten Feststellung<br />
zurück. „Es fängt jetzt allgemein<br />
an, dass Hitler parodiert wird.“<br />
Das sei wie ein Dammbruch.„Jetzt<br />
kann man es machen. Komödie ist<br />
eben Tragödie plus Zeit.“ Im Leonard<br />
Cohen-Konzert in Berlin war<br />
er im Juli. „Ein geiles Konzert.<br />
Seine volle, dunkle Stimme. Der<br />
Sound, die Band <strong>–</strong> ein Traum.“ Die<br />
Eagels hat er verpasst. „Im Folkrock<br />
sind die für mich das Maß<br />
aller Dinge“. Von der Lippe war<br />
selbst auf Tournee. Auch musika-<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
„Um ernst zu sein,<br />
genügt<br />
Dummheit“<br />
Am 13. und 14. Oktober gastiert Jürgen von der Lippe mit seinem aktuellen<br />
Programm „Das Beste aus 30 Jahren“ jeweils um 20 Uhr in der <strong>Rostock</strong>er Stadthalle.<br />
Foto: Agentur Prima Künstlermanagement<br />
lisch, versteht sich. „Seitdem ich<br />
Iris Wehner mit ihrer Orgel in meinem<br />
Programm habe, nehme ich<br />
Klavierunterricht bei ihr.“<br />
Neuerdings lernt der 61-Jährige<br />
Saxophon. Noch genügend Puste?<br />
„Braucht man nicht. Das Saxophon<br />
hat die gleiche Logik wie die<br />
Blockflöte.“ Zukünftig nimmt er<br />
die Tröte, wie er sagt, immer mit<br />
auf Tour.<br />
Jürgen von der Lippe hat Kaffee<br />
gekocht. Um die Ecke vom Esstisch,<br />
der für ihn auch Arbeitstisch<br />
ist, denn Laptop und allerlei Kram,<br />
Bücher, Notizzettel sind ausgebreitet,<br />
ist die Küche. Die Gitarre<br />
steht in der anderen Ecke des Zimmers.<br />
Geordnete Unordnung zum<br />
Wohlfühlen. Der Fernsehapparat<br />
ist wo? „Oben, in meinem Fitnessraum.<br />
Auf dem Laufband oder<br />
beim Rudern kann man wunderbar<br />
Fernsehgucken. Bei der Leichtathletik-WM<br />
bin ich den Damen-<br />
Marathon eine Stunde lang<br />
mitgelaufen. Ich gönne mir Fernsehzeit<br />
sonst nicht.“ Dafür gestattet<br />
er sich Bücher, auch Kochbücher.<br />
Das aktuellste von Tim<br />
Mälzer liegt noch unausgepackt<br />
auf dem Boden vor dem großen<br />
und übervollem Bücherregal.<br />
„Kochen ist schon Genuss.“ Das<br />
erste Mal koche er nach Kochbuch.<br />
„Dann modifiziere ich, probiere<br />
aus. Im Urlaub zum Beispiel. Da<br />
tobe ich mich richtig aus, indisch<br />
und chinesisch. Egal, die ganze<br />
Palette. Und meine Frau ist Testesserin.“<br />
Sie habe es bisher überlebt.<br />
Jürgen von der Lippe liebt Zettel.<br />
Und die scheinbar in ihrem Durcheinander.<br />
„Kisten und Schuber stehen<br />
in meinem Zimmer, voll mit<br />
Zetteln und herausgerissenen Zeitungsartikeln,<br />
die ich auf Verdacht<br />
aufhebe.“ Er hasse die Einstellung,<br />
all das, was man nach einem Jahr<br />
nicht mehr braucht, wegzuwerfen.<br />
„Das ist Unfug. Der Geistesblitz<br />
stellt sich bei vielen Sachen, die ich<br />
zwölf oder fünfzehn Jahre aufbe-<br />
PROMINENT<br />
wahrt habe genau beim Wiederfinden<br />
ein.“ Das sei das Seligmachende.<br />
Blödeln, das sei schon<br />
Schwerstarbeit. „Wenn ich das<br />
nicht ernsthaft betreibe, gibt es<br />
auch keine Erfolge. Das komische<br />
Fach ist das Schwerere von allen.“<br />
Jürgen von der Lippe zitiert Shakespeare:<br />
„Um ernst zu sein, genügt<br />
Dummheit.“<br />
Mitten auf dem Arbeits-Ess-Tisch<br />
liegt „Das witzigste Vorlesebuch<br />
der Welt“. „Habe ich gerade<br />
herausgebracht. Taufrisch.“ Nun<br />
gut, jetzt liest der von der Lippe<br />
also auch noch vor. Er singt, moderiert,<br />
blödelt, schreibt Bücher, synchronisiert<br />
Kin<strong>of</strong>ilme. „Vorlesen ist<br />
wunderbar. Ein Lesepublikum ist<br />
immer was anderes. Die rechnen<br />
nicht unbedingt mit einem Gag im<br />
Zehnsekundentakt. Es ist entspannter.<br />
Nach einem Bühnenauftritt<br />
<strong>–</strong> das schönste auf der Welt<br />
und mein Lieblingstatort <strong>–</strong> bin ich<br />
fertig. Nach einer Lesung topfit.“<br />
Auch andere könnten durchaus<br />
aus diesem „Vorlesebuch“ vorlesen,<br />
warum nicht. „Dann bringen<br />
sie endlich mal Menschen zum<br />
lachen.“ Lachen, ja, das kann von<br />
der Lippe über alles, wie er sagt.<br />
Auch über Kritiker.„Die sitzen doch<br />
nur da, und suchen das Haar in der<br />
Suppe. Eine traurige Rolle.“ Sie<br />
könnten ruhig zu Hause bleiben.<br />
„Die wollen doch gar nicht lachen“.<br />
Jürgen von der Lippe, der Mann<br />
mit den furchterregend schrillen<br />
Hawaiihemden. Die Deutschen<br />
kennen ihn und sein Outfit. Von<br />
der Lippe bekennt: „Die Hemden<br />
waren meine Idee. Ich habe<br />
die Kostümbildnerinnen dazu<br />
gezwungen, weil ich mich schon<br />
immer weigerte, Anzüge zu tragen.“<br />
Bunte Hemden, dagegen<br />
sei ja nun mal nichts zu sagen.<br />
„Richtig echt waren die Hawaiihemden<br />
meist nicht. Oft selbst<br />
genäht. Bunte St<strong>of</strong>fe gibt es<br />
immer.“ Das Ding mit den<br />
scheußlich-bunten Hemden hätten<br />
ja nun inzwischen schon<br />
viele Kollegen nachgemacht.<br />
„Privat trage ich sie aber nicht.“<br />
Und auf Hawaii war Jürgen von<br />
der Lippe übrigens auch noch<br />
nicht. Dafür aber immer zu Weihnachten<br />
im Hotel Neptun in Warnemünde.<br />
„Die Broilerbar dort ist<br />
fantastisch“.<br />
Regina Rösler<br />
7
8<br />
LEBENSART<br />
Ein großes<br />
Lebensglück<br />
Wera und Horst Rahe - seit 1964 sind sie verheiratet. Foto: privat<br />
Das Hotel Louis C. Jacob liegt genau dort, wo Hamburg wohl am<br />
hanseatischsten ist - an der Elbchaussee. In dem stilvollen Haus,<br />
das heute zu den ersten Adressen der Stadt zählt, logierte im vergangenen<br />
Jahrhundert bereits der Impressionist Max Liebermann,<br />
allein um verschiedene Aus- und Ansichten von der Lindenterrasse<br />
zu malen. Heute schmückt eines jener Bilder die<br />
Lobby des Louis C. Jacob. Glanz - und wohl auch besonderer Stolz<br />
- einer inzwischen umfangreichen Kunstsammlung des Hausherrn<br />
Horst Rahe, zugleich Geschäftsführender Gesellschafter der<br />
Deutschen Seereederei.<br />
Eigentlich wollte <strong>Rostock</strong> „<strong>delüx</strong>“ mit ihm im Angesicht des Liebermannschen<br />
Bildes plaudern. Doch Schauspielerin Hannelore<br />
Hoger kam uns zuvor, saß bereits zu einem Interview mit einer<br />
renommierten Programmzeitschrift unter eben jenem Liebermann.<br />
Aber in der Biblio<strong>the</strong>k des Louis C. Jacob ist es ebenso<br />
behaglich.<br />
Herr Rahe, in Ihrem Hotel hat vor<br />
einigen Wochen der bekannte USamerikanische<br />
Schauspieler<br />
Robert Redford geheiratet. Wie<br />
kommt’s?<br />
Er heiratete eine Hamburgerin. Da<br />
das hier das schönste Haus am<br />
Platz ist, hat Robert Redford schon<br />
immer, wenn er in Hamburg war,<br />
bei uns gewohnt. Und weil es ihm<br />
ausgesprochen gefiel, hat er natürlich<br />
auch hier geheiratet. Aber in<br />
meinem Hotel haben schon ganz<br />
andere Persönlichkeiten gewohnt,<br />
auch, weil wir absolute Diskretion<br />
wahren.<br />
Max Liebermann zum Beispiel vor<br />
-zig Jahren...<br />
Zu seinem Aufenthalt gibt es übrigens<br />
eine lange Geschichte. Alfred<br />
Lichtwark, Hamburgs erster Kunsthallendirektor,<br />
gab bei Liebermann<br />
zwei Bilder mit Elbblick in<br />
Auftrag, und das mit dem Versprechen,<br />
beide Bilder zu kaufen. Aber<br />
wie das manchmal so ist, auch<br />
Mäzene springen ab. Das Geld<br />
reichte also damals nur für ein<br />
Bild. Es hängt heute in der Kunsthalle.<br />
Das, was hier bei uns im<br />
Hause zu sehen ist, galt zunächst<br />
viele Jahre als verschollen, auch<br />
durch die Wirren des zweiten<br />
Weltkrieges. Ein Hamburger<br />
Kunsthändler entdeckte eines<br />
Tages das zweite Elbblick-Bild und<br />
bot es mir bei Übernahme des<br />
Louis C. Jacob zum Kauf an. Allerdings<br />
wurde zunächst mit den<br />
wohl zwölf Liebermann-Sammlern<br />
im deutschsprachigen Raum<br />
Rücksprache gehalten. Elf stimmten<br />
damals gleich zu, gegen den<br />
zwölften Sammler musste ich auf<br />
einer Auktion bieten. Ganz kurz<br />
vor meinem Limit sprang er ab. Ich<br />
habe mich damals verpflichtet,<br />
das Bild öffentlich im Louis C.<br />
Jacob zu zeigen. Mein Versprechen<br />
ist also eingelöst.<br />
Aber nicht nur die Malkunst des<br />
Max Liebermann scheinen Sie zu<br />
mögen.<br />
Stimmt. Die Richtungen sind da<br />
schon sehr breit. Hier, in diesem<br />
Haus, hängen über 500 Arbeiten<br />
von Künstlern des 19. und 20. Jahrhunderts,<br />
die in Hamburg gelebt<br />
oder zeitweise gearbeitet haben.<br />
Sehr viele Bilder beispielsweise von<br />
Horst Janssen. Aber nicht nur im<br />
Louis C. Jacob hängt echte Kunst.<br />
Sie ist in allen meiner Häuser zu<br />
finden.<br />
Welche Kunst bevorzugen Sie?<br />
Nun, bei einem neuen Haus ist es<br />
stets regionale Kunst. Meistens<br />
Arbeiten von Malern oder Bildhauern,<br />
die ich persönlich kenne. So<br />
haben wir es unter anderem in<br />
unseren Hotels in Osnabrück,<br />
<strong>Rostock</strong> oder Travemünde gehalten.<br />
Die Kraniche für unsere Arkona-<br />
Hotels hat zum Beispiel Jo Jastram<br />
gegossen. Auch die „Afrikanische<br />
Reise“ vor den Silos 4 und 5 im<br />
<strong>Rostock</strong>er Stadthafen, heute Sitz<br />
von Aida-Cruises. Unser Konzept<br />
ist, das Schaffen der regionalen<br />
Künstler zu unterstützen und zu<br />
zeigen. Es ist nicht mein Anliegen,<br />
mit Kunst Geld zu verdienen oder<br />
zu spekulieren.<br />
Schauen Sie eigentlich gern mal<br />
in den Ateliers der Künstler vorbei?<br />
Aber ja. Bei Jo Jastram in Kneese<br />
sind meine Frau und ich häufig.<br />
Mit Inge und Jo sind wir befreundet.<br />
Oder in der Schweiz, im<br />
Engadin, meinem zweiten Wohnsitz,<br />
ist es Not Vital, der heute sehr<br />
stark in den USA arbeitet. Es treibt<br />
mich schon meine Neugierde in<br />
die Ateliers. Zudem gibt es heute<br />
sehr viel abstrakte Kunst. Die muss<br />
ich ja auch verstehen. Meine<br />
Gespräche mit den Künstlern<br />
erleichtern mir das Verständnis,<br />
öffnen neue, andere Sichten. Eine<br />
absolute Freude.<br />
Seit zehn Jahren fördern Sie mit<br />
Ihrer Stiftung auch junge Musiker<br />
und Schauspieler an der Hochschule<br />
für Musik und Theater in<br />
<strong>Rostock</strong>. Warum tun Sie das?<br />
Da muss ich Ihnen wieder eine<br />
Geschichte erzählen. Als ich 1993<br />
in <strong>Rostock</strong> die Deutsche Seereederei<br />
übernommen habe, ging ich<br />
abends alleine bei einem Italiener<br />
essen. Am Nebentisch saß auch ein<br />
vereinsamter Herr. Und da ich ein<br />
bisschen kommunikativ bin, bat<br />
ich ihn, dass wir uns doch zusammensetzen<br />
und ein wenig plaudern<br />
könnten. Es war Pr<strong>of</strong>essor Wilfrid<br />
Jochims, zu jener Zeit<br />
Gründungsrektor der HMT. Unser<br />
erstes gemeinsames Essen war der<br />
eigentliche Grundstein für meine<br />
Stiftung, denn ich bot mögliche<br />
Unterstützung unseres Unternehmens<br />
für talentierte junge Studenten<br />
an. Mit Gründung der Stiftung<br />
potenzierte sich alles. Das Stiftungsengagement<br />
macht heute<br />
viel Freude, ich bekomme sehr viel<br />
von den jungen Leuten zurück.<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
Dafür gehe ich auch gerne mal betteln,<br />
denn gegenwärtig geben wir<br />
etwa 60 000 Euro im Jahr für<br />
unsere bislang 60 Stipendiaten<br />
aus. Sie alle musizieren heute in<br />
weltweit anerkannten Orchestern.<br />
Da muss ich auch andere Firmen<br />
ersuchen, den einen oder anderen<br />
Euro zu spenden.<br />
Gute Gespräche, wie wichtig sind<br />
sie Ihnen eigentlich?<br />
Geselligkeit, Gedankenaustausch<br />
sind für mich unabdingbar. Ich<br />
weiß nicht, wie viele hunderte von<br />
Menschen ich in meinem Leben<br />
kennen gelernt habe und noch<br />
kennen lernen werde. Das ist<br />
schon spannend.<br />
Und wer war bislang der spannendste<br />
Mensch darunter?<br />
Ich denke, es war meine Frau Wera,<br />
damals vor ewigen Jahren in Köln.<br />
Aber im Ernst, ob nun Angela Merkel,<br />
Willy Brandt, die englische<br />
Königin. Ich vermag es im eigentlichen<br />
Sinne nicht zu sagen.<br />
Werden Sie Memoiren schreiben?<br />
Nein. Memoiren zu schreiben,<br />
halte ich für gefährlich. Die positiven<br />
Dinge im Laufe eines<br />
Lebens werden stets viel positiver<br />
gesehen, das Negative häufig<br />
verdrängt. Angebote gab es allerdings<br />
schon viele.<br />
Wir sprachen über Kunstneigungen.<br />
Bleibt da überhaupt noch<br />
Muße für andere Dinge?<br />
Doch,doch. Ich golfe,fahre Rad,laufe<br />
Ski und habe bis vor einem Jahr noch<br />
intensiv Tennis gespielt. Und dann<br />
sind da noch meine elf- und zwölfjährigen<br />
Enkel, für die ich mir vor<br />
allem in der Schweiz viel Zeit nehme.<br />
Wandern, schwimmen, einfach spie-<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
Diese Kanone ist Schuld, dass hier das Hotel Louis C. Jacob steht, sagt Horst Rahe<br />
und erzählt folgende Legende: Um 1780 befand sich an dieser Stelle, wo heute das<br />
Lous C. Jacob steht, die Zuckerbäckerei des Paridom Burmester. Seine Verbundenheit<br />
zur Seefahrt tat Burmester kund, indem er diese kleine Kanone bauen ließ.<br />
Jedes Mal, wenn ein großes Schiff die Stelle unterhalb des Hauses passierte, feuerte<br />
er schallende Böllerschüsse ab. Am 18. Juni 1790 hatte Paridom Burmester nun<br />
eine extra große Pulverladung für einen besonderen Gruß ins Kanonenrohr<br />
geschoben. Anscheinend zu viel, denn die Böllerkanone verletzte den Zuckerbäcker<br />
tödlich. Damit kam auch das Aus der Zuckerbäckerei. Foto: Re. Rö.<br />
len oder ins Theater gehen, gehören<br />
dazu. Ich kann sie verwöhnen, ich<br />
muss sie nicht erziehen.<br />
Holen Sie bei den Enkeln vielleicht<br />
nach, was Sie aufgrund beruflicher<br />
Belastungen bei Ihrer Tochter<br />
versäumt haben?<br />
Nach Aussagen meiner Frau und<br />
meiner Tochter, würde ich mir<br />
immer noch nicht genug Zeit nehmen.<br />
Aber es ist schon so, als meine<br />
Tochter klein war, begann zugleich<br />
die Aufbauphase meines Unternehmens.<br />
Da kommt die Familie<br />
natürlich häufig zu kurz. Es gibt<br />
manchmal schwer Kompromisse.<br />
Herr Rahe, wie fühlen Sie sich<br />
eigentlich? Sie feierten gerade<br />
Ihren 70. Geburtstag.<br />
(Lächelt) Es tut nicht weh.<br />
Es ist zu hören, Sie würden es<br />
genießen, in Zeitnot zu leben. Was<br />
ist dran?<br />
Das unterstellt man mir immer.<br />
Durch die unterschiedlichen<br />
Standorte meines Unternehmens<br />
mag diese Auffassung bei<br />
dem einen oder anderen existieren.<br />
Aber das ist nicht so. Natürlich<br />
ist mein Terminkalender<br />
noch immer randvoll. Für mich<br />
ist alles eine Frage der Organisa-<br />
LEBENSART<br />
tion. Aber als Kaufmann geht<br />
mir immer noch Sorgfalt vor<br />
Eile. Privates, Beruf, Hobbys und<br />
Neigungen <strong>–</strong> ich habe das große<br />
Lebensglück, alles zu verbinden.<br />
Also nichts mit dem so genannten<br />
Lebensabend?<br />
Was ist eigentlich Lebensabend?<br />
Natürlich, alles ist endlich, auch<br />
das Leben. Ich finde es fürchterlich,<br />
wenn man in einem gewissen<br />
Alter anfängt zu sagen, es<br />
lohnt sich nicht mehr, ein Haus<br />
zu bauen oder sich einen neuen<br />
Anzug zu kaufen. Ich muss Ihnen<br />
deshalb noch diese Geschichte<br />
erzählen: Als ich nach Hamburg<br />
kam, habe ich sehr früh den Reeder<br />
Alfred C. Toepfer kennen<br />
gelernt. Toepfer war damals<br />
Anfang 80. Ich kaufte zwei Schiffe<br />
von ihm, die er dann<br />
zurückcharterte. Als es um die<br />
Charter ging, kämpfte Toepfer<br />
um jedes Prozent. Nach seiner<br />
Unterschrift fragte ich ihn nach<br />
den Gründen dafür. Seine Antwort:<br />
‚Herr Rahe, wenn ich so<br />
nicht mehr kämpfe, dann werde<br />
ich auch nie 90.’<br />
Und wie alt ist Alfred C. Toepfer<br />
geworden?<br />
99 und bis zu seinem 98.<br />
Lebensjahr ging er täglich ins<br />
Büro. Ob ich das allerdings<br />
schaffe, habe ich ja nicht allein<br />
in der Hand. Jetzt fühle ich mich<br />
topfit und werde wohl noch eine<br />
Weile arbeiten. Lust habe ich<br />
jedenfalls nicht, morgens den<br />
Staubsauger zu schwingen und<br />
nachmittags auf dem Golfplatz<br />
zu stehen.<br />
Herr Rahe, danke für das<br />
Gespräch, sagt Regina Rösler<br />
9
10<br />
MUSIK<br />
Im Geiste Yehudi Menuhins<br />
Festliches Glockengeläut durchzieht an diesem<br />
sommerlichen Samstagnachmittag den<br />
Häktweg in <strong>Rostock</strong>. In der hiesigen Christusgemeinde<br />
ist Konzert.<br />
Der große, helle Speisesaal wird von leisem,<br />
erwartungsvollem Gemurmel beherrscht.<br />
10.09.07 Johanneshaus Bad Doberan Hanna Jo (Klavier) und Yosep<br />
Park (Gesang)<br />
Männer und Frauen haben um die Tische<br />
Platz genommen. Männer und Frauen, die<br />
sonst von der Ambulanten Behindertenhilfe<br />
der Caritas betreut werden, sich in häuslicher<br />
Pflege befinden. Sie, die sonst Musik „live“<br />
allein nicht mehr erleben können, sind heute<br />
extra gekommen, um diesem Konzert zu lau-<br />
13.09.07 Unfallchirurgie Uniklinik <strong>Rostock</strong> Rebecca Frömmling, Harfe<br />
schen. Für alle ein absolut seltenes Erlebnis.<br />
Der Eintritt ist frei.<br />
Mitsuyo Okamoto und Yuko Yokomichi sind<br />
besonders festlich gekleidet. Die beiden Japanerinnen<br />
sind Studierende der Hochschule für<br />
Musik und Theater in <strong>Rostock</strong> (HMT) und musi-<br />
04.07.07 JVA Waldeck Anna Medvid,Violine (beim Einspielen vor dem<br />
Konzert)<br />
Unfallchirurgie<br />
Uniklinik <strong>Rostock</strong><br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
zieren an diesem Nachmittag vor Menschen<br />
mit geistiger und körperlicher Behinderung.<br />
Sie tun es im Dienste des Vereins Yehudi<br />
Menuhin Live Music Now <strong>Rostock</strong> e.V. Mitsuyo<br />
trägt Lieder vor. Sanft und fröhlich; leise und<br />
kräftig. Yuko, ihre Mitstudentin, begleitet sie<br />
am Klavier. Und als nach einiger Zeit das „Ave<br />
Maria“ erklingt, wird das Gänsehautgefühl der<br />
Zuhörer förmlich spürbar. Entspannte Freude<br />
und Weichheit zeichnen ihre Gesichter.<br />
Vereinsvorsitzende Christiane Prechtel<br />
„Ich denke, wir haben diese Menschen heute<br />
glücklich gestimmt, ihnen Freude geschenkt. Es<br />
hat sich gelohnt“, sagt Christiane Prechtel, Vorsitzende<br />
des Vereins. „Wir haben die Musik<br />
dorthin gebracht, wo sonst keine stattfindet.“<br />
Aus dem Speisesaal der Christusgemeinde<br />
wurde ein Konzertsaal. „Diese Atmosphäre zu<br />
zaubern, ist wirkliche Kunst, die nur mit großer<br />
Kunst gelingen kann.“ Den beiden jungen<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
Musikstudentinnen ist es gelungen. Sie haben<br />
mit ihrer Musik das Publikum dieses nachmittags<br />
für ihre Kunst gewonnen. Zuhörer und<br />
Musiker erfahren gemeinsam, dass Musik tröstet,<br />
heilt und Freude bringt. „Ganz im Sinne<br />
Yehudi Menuhins, des großen Geigers und Dirigenten,<br />
der seine Musik nicht nur als Kunst, sondern<br />
auch als einen Beitrag zu einer besseren<br />
Gesellschaft verstand“, erzählt Christiane Prechtel.<br />
Dieser Gedanke, die Idee begeistert und<br />
bestimmt ihr ehrenamtliches Engagement und<br />
das weiterer sechs Gründungsmitglieder von<br />
Yehudi Menuhin Live Music Now <strong>Rostock</strong> e. V. .<br />
Und das seit knapp fünf Jahren. Inzwischen ist<br />
der Verein auf acht Mitglieder gewachsen. Frauen,<br />
die der Musik sehr nahe stehen.<br />
„Natürlich kam mir damals, 2004, zu Gute, dass<br />
ich im <strong>Rostock</strong>er Motettenchor sang. So konnte<br />
ich zum Beispiel Adelheid Göckeritz für den<br />
27.06.07 Seniorenzentrum Tessin <strong>–</strong> Fachklinik für Geriatrische Rehabilitation<br />
David Ameln, Tenor<br />
MUSIK<br />
Musikvorstand gewinnen.“ Den so genannten<br />
Anstoß,Yehudi Menuhin Live Music Now in <strong>Rostock</strong><br />
zu gründen, gab eine Freundin in Karlsruhe,<br />
wo Familie Prechtel, bevor sie an die Warnow<br />
zog, viele Jahre wohnte. „Live Music Now<br />
wurde 1992 in Deutschland mit dem ersten<br />
Verein in München gegründet. 16 Vereine gibt<br />
es bundesweit mittlerweile. In den alten Bundesländern<br />
also schon recht aktiv. In den neuen<br />
Bundesländern gibt es uns bis dato nur in Dresden<br />
und <strong>Rostock</strong>“, weiß Christiane Prechtel, die<br />
selbst gern Klavier spielt.<br />
Live Music Now in der Hansestadt wendet sich<br />
zuvorderst an Menschen, Vereine oder Einrichtungen<br />
und bietet eigene Konzerte an, die ausschließlich<br />
von eigens ausgewählten Studenten<br />
der <strong>Rostock</strong>er Hochschule für Musik und Theater<br />
dargeboten werden. Die jungen Musiker wählen<br />
für jeden Auftritt ihre Musikstücke selbst aus,<br />
beratend zur Seite steht Adelheid Göckeritz,<br />
zugleich Korrepetitorin an der HMT. Nahezu 40<br />
Spielstätten habe man bereits seit 2004 in <strong>Rostock</strong><br />
und Umgebung gezählt. „Zwischen 60 und<br />
70 Konzerte pro Jahr bringen wir. Ob nun in<br />
Altersheimen, Krankenhäusern, Heimen oder<br />
anderen sozialen Einrichtungen.“ Selbst in den<br />
Gefängnissen Bützow und Waldeck haben<br />
Künstler von Yehudi Menuhin Live Music Now<br />
gespielt. „Das war schon eine besondere und<br />
wichtige Art der Begegnung,“ blickt Christiane<br />
Prechtel zurück. „Vielleicht hat unser Konzert<br />
dazu beigetragen, die Menschen dort zum Guten<br />
zu erziehen.“ Die Pastorentochter, studierte Pädagogin<br />
und Germanistin, ist davon überzeugt, dass<br />
klassische Musik glücklich machen,ja heilen kann,<br />
das Herz wärmt und freundlich stimmt. Jedes<br />
Konzert ihres Vereins genießt sie, natürlich wissend,<br />
dass diese Auftritte auch Leid erlebbar werden<br />
lassen. „Es wird mir schon ganz nah<br />
bewusst.“ Und diese Erlebnisse sind es auch, die<br />
sie bei Sponsoren ganz selbstverständlich „Klinken<br />
putzen“ lassen. Denn die Finanzierung der<br />
Konzerte von Yehudi Menuhin Live Music Now<br />
erfolgt ausschließlich durch Spenden.<br />
Regina Rösler<br />
16.04.09 JVA Bützow Suleika Bauer und Dorle Fassmann (Violinen)<br />
Fotos: Thomas Häntzschel<br />
11
12<br />
MUSIK<br />
Fotograf Thomas Häntzschel<br />
Sanfte Stimmung<br />
Fotograf Thomas Häntzschel begleitet Konzerte<br />
Thomas Häntzschel, <strong>Rostock</strong>er<br />
Fotograf und seit 1991 gemeinsam<br />
mit Frank Horrmann Inhaber<br />
der Fotoagentur nordlicht,<br />
begleitet seit gut drei Jahren die<br />
Konzerte von Yehudi Menuhin<br />
Live Music Now <strong>Rostock</strong> e. V.. Das<br />
waren sei<strong>the</strong>r ungefähr 40<br />
Veranstaltungen.<br />
Herr Häntzschel, wie kam es<br />
eigentlich dazu, dass Sie bei Konzerten<br />
des Vereins Yehudi Menhuhin<br />
Live Music Now fotografieren?<br />
Der Kontakt entstand über<br />
Christiane Prechtel. Sie kannte<br />
mich aus meiner täglichen Arbeit<br />
als Pressefotograf und sprach<br />
mich ganz einfach an. Und so hab<br />
ich am 17. November 2006 zum<br />
ersten Mal ein solches Konzert<br />
erlebt. Es war damals ein Auftritt<br />
beim Verein Ohne Barrieren e. V.,<br />
wo Ernesto Martinez, Violine<br />
und Adam Soltan, Gitarre vor<br />
behinderten Kindern und<br />
Jugendlichen musizierten.<br />
Entstand der Gedanke, an eine<br />
Fortsetzung unmittelbar?<br />
Im eigentlichen Sinne ja. Das<br />
Konzert damals war so ergreifend<br />
und interessant, dass ich<br />
zunächst für mich beschloss,<br />
mehr darüber zu erfahren und zu<br />
versuchen intensiver zu fotografieren.<br />
Und da ich immer nach<br />
Fotoprojekten suche, die ich<br />
neben meiner so genannten<br />
Brotarbeit machen kann, passte<br />
das ganz einfach. Ich kann hier<br />
ganz ohne Druck eines Auftraggebers<br />
fotografieren.<br />
In einem Karteikästchen haben<br />
Sie die Aufnahmen fein geordnet.<br />
Warum fotografieren Sie eigentlich<br />
schwarz-weiß?<br />
Es sind auf alle Fälle keine nostalgischen<br />
Gründe. Bei den Konzerten<br />
sind völlig verschiedene<br />
Situationen, ganz unterschiedliche<br />
Lichtbedingungen. Da würde<br />
Farbe verwirren, denn Farbe<br />
bringt in diesem Falle keine Informationen<br />
rüber. Die Bilder von so<br />
vielen verschieden Orten, ob nun<br />
in Krankenhäusern, Altenheimen<br />
oder im Gefängnis, gehen einfach<br />
besser zusammen, wenn man<br />
abstrahiert. Und das machen<br />
schwarz-weiß-Aufnahmen.<br />
Zudem fotografiere ich mit einer<br />
Leica Messsucherkamera. Sie ist<br />
leise und unauffällig, der sanften<br />
Stimmung, die bei den Konzerten<br />
herrscht, von fröhlich bis<br />
bedrückt, auch bis hin zu skurrilen<br />
Situationen angepasst.<br />
Was soll aus Ihren Aufnahmen<br />
werden?<br />
Gute Frage. Natürlich will ich diese<br />
Fotos zeigen. Geeignet wäre ein<br />
Ausstellung oder ein Buch.<br />
Gibt es schon einen Zeitpunkt<br />
für Ausstellung und Buch?<br />
Ich denke im nächsten Jahr kann<br />
ich mit diesem Projekt in größerem<br />
Umfang in die Öffentlichkeit<br />
gehen.<br />
Gibt es Sponsoren oder Leute, die<br />
das Vorhaben mitfinanzieren?<br />
Ich bin noch auf der Suche. Es gab<br />
bislang nur positive Reaktionen<br />
bei Leuten, die meine Bilder gesehen<br />
haben. Ins<strong>of</strong>ern bin ich ganz<br />
optimistisch.<br />
Re. Rö.<br />
Die Vereine Yehudi Menuhin Live Music Now e.V. (LMN) organisieren<br />
mit den von ihnen geförderten Musikern eintrittsfreie Konzerte,<br />
für Menschen, die in Krankenhäusern, Altersheimen, Waisenhäusern,<br />
Gefängnissen, Heimen oder anderen sozialen<br />
Einrichtungen leben. Diese Menschen bilden dadurch, dass sie<br />
Musik „live“ allein nicht mehr erleben können und sie vielleicht<br />
schon lange entbehrt haben, ein außergewöhnliches Publikum. Die<br />
jungen Musiker sollen es mit ihrer Kunst zu gewinnen suchen, so<br />
dass das Publikum und die Künstler gemeinsam erfahren, welche<br />
Kraft Musik für beide haben kann, nämlich ob sie im Sinne Yehudi<br />
Menuhins tröstet, heilt und Freude bringt. Musiker bis zum Alter<br />
von 28 Jahren können sich bei Live Music Now bewerben. Bei Vorspielterminen<br />
an den Musikhochschulen werden sie von einer Jury,<br />
bestehend aus Hochschulpr<strong>of</strong>essoren, nach strengen Kriterien ausgewählt<br />
und in die Stipendienförderung von Live Music Now aufgenommen.<br />
Die Stipendiaten werden von Musik<strong>the</strong>rapeuten bzw.<br />
Musikpädagogen in Fortbildungsveranstaltungen betreut und bei<br />
der Programmgestaltung für die einzelnen Konzerte beraten.<br />
Die Musiker erhalten keine Gage, sondern für die Zeit ihrer Zugehörigkeit<br />
zu LMN ein Stipendium, das bei den einzelnen LMN Vereinen<br />
unterschiedlich hoch sein kann, weil es unter der Voraussetzung<br />
gewährt wird, dass die vorwiegend aus Spenden<br />
stammenden Mittel hierfür ausreichen. Weitere Voraussetzung ist<br />
natürlich, dass die Musiker nicht nur die von LMN organisierten<br />
Konzerte als Gelegenheit, Erfahrung zu sammeln wahrgenommen,<br />
sondern auch die sonstigen von LMN angebotenen Veranstaltungen<br />
zur Einführung und Fortbildung besucht haben.<br />
Die Finanzierung der Konzerte erfolgt ausschließlich durch Spenden.<br />
Spender haben auf Wunsch auch die Möglichkeit einzelne<br />
Häuser oder Künstler gezielt zu unterstützen, indem Sie für diese<br />
Patenschaften übernehmen, die beispielsweise darin bestehen,<br />
eine bestimmte Anzahl von Konzerten pro Zeiteinheit über Spenden<br />
zu finanzieren. Der <strong>–</strong> nicht kommerziell arbeitende <strong>–</strong> und als<br />
gemeinnützig anerkannte Verein ist auf Spenden angewiesen und<br />
stellt Spendenquittungen aus. Sowohl Einzelspender als auch<br />
Firmensponsoren sind willkommen.<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
Was haben Frauen eigentlich an<br />
der Universität verloren?<br />
Friedrich Franz, „von Gottes Gnaden<br />
Großherzog von Mecklenburg“,<br />
hat <strong>of</strong>fenbar lange über<br />
diese Frage nachdenken müssen.<br />
Erst vor 100 Jahren, zum Wintersemester<br />
1909, ließ er zu, dass<br />
sich in <strong>Rostock</strong> auch Studentinnen<br />
einschreiben durften <strong>–</strong><br />
womit die hiesige Alma Mater die<br />
letzte im gesamten Deutschen<br />
Reich war, die dies gestattete.<br />
Damals, zu Beginn des 20. Jahrhunderts,<br />
waren die Rollen zwischen<br />
den Geschlechtern noch<br />
klar aufgeteilt. Das Rauchen in<br />
der Öffentlichkeit galt beispielsweise<br />
als absolutes Vorrecht der<br />
Männer. Damen, so die Idealvorstellung<br />
jener Zeit, hielten sich<br />
dezent im Hintergrund, ordneten<br />
den Haushalt und beschäftigten<br />
sich ansonsten damit, schön auszusehen.<br />
Doch nicht alle gaben<br />
sich mit dieser Aufteilung zufrieden.<br />
In <strong>Rostock</strong> waren es einige<br />
besonders engagierte Frauen, die<br />
bereits Ende des 19. Jahrhunderts<br />
die Privatinitiative ergriffen. Sie<br />
klopften direkt bei den Pr<strong>of</strong>essoren<br />
an und fragten, ob sie deren<br />
Vorlesungen besuchen dürften.<br />
Ihr erster kleiner Sieg: Ab 1896<br />
wurden in der Hansestadt <strong>of</strong>fiziell<br />
Gasthörerinnen zugelassen,<br />
wenn auch zunächst nur in der<br />
Philosophischen Fakultät. Bettina<br />
Kleinschmidt, die sich als Mitarbeiterin<br />
im Universitätsarchiv viel<br />
mit dem Thema befasst hat,<br />
erklärt: „Das war vorher gar nicht<br />
verboten, es hatte nur einfach nie<br />
jemand in Erwägung gezogen.“<br />
1906 öffneten sich auch die anderen<br />
Fachrichtungen. Und als 1909<br />
schließlich eine gleichberechtigte<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
Immatrikulation möglich wurde,<br />
konnten die Frauen endlich auch<br />
Prüfungen ablegen.<br />
Elisabet Bernhard, die Tochter<br />
eines damals sehr angesehenen<br />
Jurapr<strong>of</strong>essors, war die erste, die<br />
sich in die Matrikelliste der Philosophischen<br />
Fakultät eintrug.<br />
Gemeinsam mit Frida Ortmann<br />
(Germanistik) und Sophie Jourdan<br />
(Medizin) stand sie zu Beginn<br />
des Semesters etwa 700 männlichen<br />
Kommilitonen und einem<br />
Berg von Vorbehalten gegenüber.<br />
So sollten sich die Damen keinerlei<br />
modische Extravaganzen<br />
erlauben, im Hörsaal ihre Hüte<br />
absetzen und überhaupt den<br />
Kontakt zu ihren männlichen<br />
Kommilitonen meiden. Auch<br />
fachlich gab es Einschränkungen.<br />
Bettina Kleinschmidt nennt ein<br />
Beispiel: „Studentinnen der Medizin<br />
sollten auf keinen Fall eine<br />
männliche Leiche sezieren, sondern<br />
sich möglichst auf Kinderund<br />
Frauenkrankheiten konzentrieren.<br />
An eine fortschrittliche<br />
medizinische Ausbildung war da<br />
überhaupt noch nicht zu denken.“<br />
Es erstaunt wenig, dass sich das<br />
Frauenstudium unter diesen<br />
Startbedingungen zunächst nur<br />
sehr zögerlich entwickelte und<br />
erst im ersten Weltkrieg ein<br />
wenig Aufschwung bekam. Im<br />
Sommersemester 1919 verzeichnete<br />
die Universität <strong>Rostock</strong> erstmals<br />
180 Studentinnen, also zehn<br />
Prozent. 1933 waren es 20 Prozent,<br />
1940 stieg ihr Anteil auf 30, 1944,<br />
als fast alle Männer im Krieg<br />
GESCHICHTLICHES<br />
„Im Hörsaal bitte die Hüte abnehmen“<br />
Seit 100 Jahren dürfen in <strong>Rostock</strong> Frauen studieren<br />
Arbeitet im <strong>Rostock</strong>er Universitätsarchiv: Bettina Kleinschmidt. Foto: Bülow<br />
waren, auf 60 Prozent. So wie der<br />
Herzog lange gebraucht hatte,<br />
um Frauen überhaupt den<br />
Zugang zur Bildung zu gewähren,<br />
so kostete es gleichfalls viele Diskussionen,<br />
bis die mecklenburger<br />
Pr<strong>of</strong>essoren der ersten Promotion<br />
zustimmten. In alten Papieren ist<br />
denn auch nachzulesen, dass sie<br />
dies nur „mit erheblichem Unbehagen“<br />
taten.<br />
Viel ist seit dieser Zeit passiert. Ob<br />
man schon von echter Gleichberechtigung<br />
sprechen kann, sei<br />
allerdings dahin gestellt. Das<br />
etwas unrühmliche 100. Jubiläum<br />
jedenfalls ist an der Universität<br />
bislang kein großes Thema. Weil<br />
sich niemand anderes dafür interessierte,<br />
hat Archivarin Bettina<br />
Kleinschmidt im Sommer eine<br />
kleine Ausstellung dazu erarbeitet.<br />
Der Soziologe Pr<strong>of</strong>essor Norbert<br />
Werz, der bereits viel zur Universitätsgeschichte<br />
publiziert<br />
hat, bemerkte bei der Eröffnung:<br />
„Inzwischen haben Frauen die<br />
Männer längst übertr<strong>of</strong>fen. 51<br />
Prozent unserer Studierenden<br />
und sogar 55 Prozent unserer<br />
Absolventen sind weiblich. Aber<br />
bei Promotionen und Habilitationen<br />
geht die Schere dann wieder<br />
weit auseinander.“ Von den 500<br />
Ehrendoktortiteln, die seit Gründung<br />
der Universität vergeben<br />
wurden, gingen nur sechs an<br />
Frauen. Und in der Aula, wo die<br />
Porträts aller Rektoren der letzten<br />
590 Jahre versammelt sind, hängt<br />
bis heute noch kein einziges<br />
weibliches Konterfei. Doch was<br />
nicht ist, kann ja noch werden <strong>–</strong><br />
deutschlandweit gibt es derzeit<br />
350 Hochschulleiter, davon sind<br />
33 Frauen.<br />
Katja Bülow<br />
13
14<br />
GESCHICHTLICHES<br />
125 Jahre Stadtarchiv...<br />
und der Platz reicht<br />
kaum noch aus<br />
Am 1. Oktober ist es genau 125<br />
Jahre her, seit Dr. Karl Koppmann,<br />
<strong>Rostock</strong>s erster Archivar, seinen<br />
Dienst antrat. Über die Geschichte,<br />
wie es dazu kam, lachten<br />
damals Zeitungsleser in ganz<br />
Deutschland.<br />
Den Anstoß nämlich gab das Verschwinden<br />
eines hochwichtigen<br />
Buches, das der Bürgermeister Hermann<br />
Zastrow für eine Entscheidung<br />
benötigte. Geschlagene drei<br />
Jahre suchte man das gesamte<br />
Rathaus nach dem Dokument ab <strong>–</strong><br />
ohne Erfolg. Erst als die „alte Rademachersch,<br />
die städtische Scheuerfrau“<br />
beauftragt wurde, den Sitzungssaal<br />
einmal ordentlich zu<br />
putzen, tauchte der Foliant zufällig<br />
wieder auf. Der Bürgermeister per-<br />
sönlich, der zwar klein von Wuchs<br />
war, aber doch gerne ein wenig<br />
über seinen Ratsherren thronte,<br />
hatte sich den dicken Band als Sitzerhöhung<br />
auf den Stuhl gelegt<br />
und dort vergessen.<br />
Keine Frage, so ging es nicht weiter.<br />
Die Stadtoberen entschieden,<br />
dass, wie in anderen Kommunen<br />
bereits geschehen, auch in <strong>Rostock</strong><br />
ein Archivar angestellt werden<br />
müsse. Wobei Dr. Karsten Schröder,<br />
der heute dieses Amt bekleidet,<br />
deutlich macht: „Eine Art<br />
Archiv gab es natürlich schon viel<br />
länger.“ Bereits in einer Urkunde<br />
aus dem Jahre 1252 ist von einer<br />
Urkunden-Truhe die Rede, die im<br />
Petrikirchsprengel aufgestellt sei<br />
und sich in Obhut der Kämmerer<br />
befinde. Schröder: „Ein Kämmerer<br />
ist nun einmal für das städtische<br />
Vermögen zuständig und die in<br />
Verträgen festgehaltenen Rechte,<br />
die in der Truhe aufbewahrt wurden,<br />
waren Geldes wert.“ Das Problem:<br />
Es gab keine festangestellten<br />
Verwaltungsmitarbeiter. Über<br />
Jahrhunderte waren es Politikamateure,<br />
Unternehmer, die sich<br />
nach Feierabend um die öffentli-<br />
Im kommenden Jahr hat Karsten Schröder sein 20. Jubiläum als Leiter des<br />
Stadtarchivs. Fotos: Bülow<br />
chen Belange und eben auch gelegentlich<br />
um die Sicherstellung der<br />
Dokumente kümmerten.<br />
Als der Archivar Dr. Karl Koppmann<br />
1884 aus Hamburg nach<br />
<strong>Rostock</strong> geholt wurde, hatte er<br />
erst einmal alle Hände voll zu tun,<br />
Ordnung in die Unterlagen zu<br />
bringen. Sie waren von seinen<br />
Vorgängern in Räumen abgelegt<br />
Der Sitz des <strong>Rostock</strong>er Stadtarchivs.<br />
worden, die man sonst nicht<br />
brauchte, also unterm Dach, in<br />
Besenkammern oder Abstellräumen.<br />
Koppmann erstellte einen<br />
Katalog, baute Sammlungen von<br />
Plakaten, Siegeln oder Druckschriften<br />
auf. Vor allem aber<br />
wandelte er die bis dahin geheime,<br />
nur wenigen zugängliche<br />
Urkundensammlung in ein<br />
modernes, öffentliches Archiv<br />
um. Karsten Schröder hat in seinem<br />
Büro ein Bild seines Vorkämpfers<br />
aufgehängt. Während<br />
er den Mann mit dem weißen<br />
Rauschebart betrachtet, kommentiert<br />
er anerkennend: „Der<br />
war ein Glücksgriff für <strong>Rostock</strong>.<br />
Ungeheuer engagiert, hatte Kontakte,<br />
die weit über Deutschland<br />
hinaus reichten.“ Dass er es<br />
schließlich schaffte, den Bau des<br />
heutigen Stadtarchivs hinterm<br />
Rathaus durchzusetzen, war die<br />
Krönung seines Werkes. Schröder<br />
schwärmt: „So einen eigens für<br />
diesen Zweck errichteten Bau gab<br />
es in Mecklenburg sonst nicht. Für<br />
eine Stadt mit 60 000 Einwohnern<br />
bot er ideale Bedingungen.“<br />
Die Nutzer des Stadtarchivs<br />
Hatte einst nur die Obrigkeit<br />
das Recht, Einblick ins<br />
Geheimarchiv zu nehmen, so<br />
steht das Gedächtnis der Stadt<br />
heute jedermann während der<br />
Öffnungszeiten zur Verfügung.<br />
700 bis 800 Nutzer jährlich<br />
zählt die Einrichtung im<br />
Schnitt. Wobei Dr. Karsten<br />
Schröder betont: „Viel aussagekräftiger<br />
sind die Nutzertage.<br />
Da liegen wir bei 25 000.“<br />
Er veranschaulicht: „Ein<br />
Schüler, der einen Aufsatz<br />
über den 30-jährigen Krieg<br />
schreibt, der kommt nur einmal.<br />
Ein Wissenschaftler, der<br />
sich Urkunden über die<br />
Kartause von Marienehe ansehen<br />
will, der bleibt mit Sicherheit<br />
länger.“ Vorwiegend<br />
genutzt werde das Archiv von<br />
Leuten, die etwas über Ortsgeschichte<br />
wissen wollen. An<br />
zweiter Stelle stehen jene, die<br />
sich für die Historie ihrer Familie<br />
interessieren, danach<br />
Schüler und erst an vierter<br />
Stelle die Wissenschaft.<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
Im Stadtarchiv lagern viele Schätze,<br />
darunter der älteste Theaterzettel<br />
aus dem deutschsprachigen<br />
Raum. Repro: Stadtarchiv<br />
Inzwischen allerdings ist es hinter<br />
den alten Backsteinmauern ein<br />
wenig eng geworden. Denn das<br />
Archiv wächst beständig, schließlich<br />
gilt es, wichtige Dokumente<br />
aus sämtlichen städtischen<br />
Ämtern aufzubewahren. Schulzeugnisse,<br />
Autoanmeldungen,<br />
Gesundheitszeugnisse... „Unsere<br />
Aufgabe ist es, die Gegenwart für<br />
die Zukunft zu sichern“, erklärt<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
der Chef. Dass man dabei gelegentlich<br />
in sehr großen Zeiträumen<br />
denken muss, zeigte sich beispielsweise<br />
Anfang der 90er<br />
Jahre. „Damals musste die Stadt<br />
<strong>Rostock</strong> vor dem Verwaltungsgericht<br />
eine Urkunde aus dem Jahr<br />
1251 vorlegen, um die <strong>Rostock</strong>er<br />
Heide zurückzubekommen. Die<br />
war ja zu dem Zeitpunkt fast<br />
komplett in staatliches Eigentum<br />
übergegangen.“<br />
Fein säuberlich in hellgraue Pappkartons<br />
verpackt lagern die<br />
Schriften aus alter und neuer Zeit<br />
nun in den Regalen. 3500 laufende<br />
Meter Akten sind mittlerweile<br />
zusammengekommen. Maximal<br />
4000 Meter stehen zur Verfügung<br />
<strong>–</strong> wobei man immer auch<br />
Platz zum Ordnen benötigt. Und<br />
schließlich muss das Stadtarchiv<br />
zusätzlich zu den Akten auch<br />
noch eine umfangreiche Zeitungssammlung<br />
und eine Biblio<strong>the</strong>k<br />
von etwa 25.000 Bänden<br />
unterbringen. Seit Jahrzehnten<br />
wird bereits um eine Lösung des<br />
Problems gerungen, jetzt scheint<br />
sie endlich in Sicht. Schon im<br />
kommenden Jahr soll die Sanie-<br />
rung des Rathauskomplexes entlang<br />
der Großen Wasserstraße<br />
beginnen, so versichert Ines<br />
Sponholz, die in der Stadtverwaltung<br />
für Raumplanung zuständig<br />
ist. Im Kellergeschoss werden<br />
GESCHICHTLICHES<br />
dann etwa 500 Quadratmeter<br />
Platz für das Stadtarchiv bereitgestellt.<br />
Schröder atmet auf: „Damit<br />
können wir dann erstmal überwintern.“<br />
Katja Bülow<br />
Dr. Karl Koppmann, <strong>Rostock</strong>s erster fest angestellter Stadtarchivar. Repro: Stadtarchiv<br />
15
16<br />
GENUSS<br />
„Die Wahrheit ruht<br />
auf dem Boden des Kochtopfes“<br />
Er bekochte bereits New Yorks<br />
Ex-Bürgermeister Rudolph Giuliani,<br />
den kalifornischen Gouverneur<br />
Arnold Schwarzenegger<br />
und Popsternchen Britney<br />
Spears. Und dennoch: Kart<strong>of</strong>feln<br />
mit Mischgemüse stehen ganz<br />
oben auf der Liste seiner liebsten<br />
Gerichte. Carsten Loll, Inhaber<br />
vom CarLo 615 im Stadthafen,<br />
gerät ins Schwärmen.„So geht es<br />
vielen guten Köchen. Avantgardeküche<br />
hin oder her. Hausgemachte<br />
regionale Kost, möglichst<br />
zubereitet nach guter alter<br />
Rezeptur. Das ist wahrer<br />
Genuss“.<br />
Es ist früh am Vormittag. In der<br />
einstigen Fischhalle, unmittelbar<br />
an der Kaikante, ist es noch<br />
erstaunlich ruhig. „In wenigen<br />
Stunden sieht es hier ganz<br />
anders aus.“ Dann wirbelt eine<br />
ganze Küchenschar an Herd,<br />
Tisch und auf der Terrasse. Den<br />
Traum vom eigenen Restaurant<br />
erfüllte sich Carsten Loll vor<br />
einem knappen Jahr. „Zeit und<br />
Ort waren einfach perfekt.“ Kulinarischer<br />
Genuss mit gepflegten<br />
Jazzeinlagen und fantastischem<br />
Weitblick bringen genau die richtige<br />
Würze in das ohnehin<br />
schmackhafte Leben des jungen<br />
Gastronomen.<br />
Mit zwanzig wusste der bodenständige<br />
Dreißiger bereits was er<br />
will. Ein Haus bauen, einen Sohn<br />
zeugen, Amerika bereisen und<br />
einen Audi besitzen. Auch wenn<br />
er heute darüber schmunzelt <strong>–</strong><br />
den Audi ist er gefahren. Sohn<br />
und Haus hat er ebenfalls. Und<br />
auch den amerikanischen Traum<br />
hat er sich bereits erfüllen können.<br />
Zwei Jahre war er im amerikanischen<br />
Vail tätig, einem hoch<br />
gelobten Wintersportort in Colorado.<br />
1989 und 1999 wurden dort<br />
die Alpinen Skiweltmeisterschaften<br />
ausgetragen. „Im Prinzip ist<br />
Vail das moderne Aspen. Die Region<br />
ist berühmt für ,Back-Bowls’,<br />
das sind riesige Tiefschneekessel“.<br />
Den bodenständigen <strong>Rostock</strong>er<br />
interessierte jedoch weniger<br />
der angesagte Winterspaß im<br />
Eagle County <strong>–</strong> so bezeichnet man<br />
den zentralen bis nordwestlichen<br />
Teil des US-Bundesstaates <strong>–</strong> vielmehr<br />
waren es die kulinarischen<br />
Besonderheiten, die er als Sous<br />
Chef in einem Deutsch-Französischen<br />
Spezialitäten-Restaurant<br />
kennen und zubereiten lernte.<br />
„Die Zeit in Vail war für mich als<br />
Koch wertvoll und vor allem lehrreich“,<br />
gerät Loll wieder einmal<br />
ins Schwärmen. Es wurde flambiert<br />
und trangiert. „Chateaubriand<br />
zum Beispiel. Ein doppeltes<br />
Filetsteak, direkt vor den Augen<br />
der Gäste zubereitet.“ Auf der<br />
Menükarte des französischen<br />
Gourmetrestaurants standen <strong>–</strong><br />
für den deutschen Gaumen recht<br />
exotisch klingend <strong>–</strong> auch andere<br />
höchst interessante Gerichte:<br />
Klapperschlange, Bären- und<br />
Elch-Steak. Und: es wurde<br />
deutsch gekocht. Deftig und traditionell.<br />
Schnitzel Wiener Art<br />
und Kalbsragout. Loll klatscht vergnügt<br />
in die Hände. „Kaum zu<br />
glauben, aber die amerikanischen<br />
Promis waren verrückt danach.“<br />
Zugegeben, Schlangen- und Elch-<br />
Steak sucht man heute auf der<br />
Lollschen Menükarte vergebens,<br />
ebenso wie den konventionellen<br />
Gemüsemix aus der heimischen<br />
Küche. Anstelle dessen machen<br />
fantasievolle Kreationen wie<br />
gebackener Ziegenfrischkäse an<br />
mariniertem Löwenzahnsalat<br />
mit Erdbeeren und kanadischem<br />
Baumsirup oder Labskaus nach<br />
altdeutscher Art mit zarter Rinderbrust<br />
und Roter Beete Appetit<br />
auf mehr. Die Karte sei allerdings<br />
nur ein Vorschlag und ganz und<br />
gar nicht das Maß aller Dinge.<br />
„Die Wahrheit ruht auf dem<br />
Boden des Kochtopfes.“ So fasste<br />
es bereits der französische Meis-<br />
terkoch Paul Bocuse in seinem<br />
Standartwerk in Worte. „Bocuse<br />
trifft den Nagel auf den Kopf. Er<br />
macht in seinem Buch immer<br />
wieder deutlich, dass die ideale<br />
Küche eine bodenständige sei.<br />
Regional, saisonal und in 1a-Qualität.<br />
Das macht ein gutes Essen<br />
aus.“ Die Hauptspeise frisch und<br />
aus der Region. Beilage und Dessert<br />
raffiniert aufeinander abgestimmt.<br />
„Das Drumherum darf<br />
dann ruhig auch exotisch sein“.<br />
Schon François de La Rochefoucauld,<br />
einer der ersten französischen<br />
Moralisten, pflegte zu<br />
sagen: „Essen ist ein Bedürfnis.<br />
Genießen ist eine Kunst“ <strong>–</strong> acht<br />
knappe Worte, die das Leben von<br />
Carsten Loll unlängst bestimmen.<br />
Die regionale Küche erlebt derzeit<br />
eine Renaissance erster Klasse.<br />
Vorbei sind die Zeiten der<br />
Stickst<strong>of</strong>fzauberei. Der<br />
anspruchsvolle Esser hat die<br />
molekularen Experimente auf<br />
seinem Teller satt. Die Avantgardeküche<br />
hat ausgedient, das XXL-<br />
Format schon lange. Loll wirkt<br />
nachdenklich, holt kurz tief Luft<br />
und hebt den Zeigefinger. „Wir<br />
müssen au<strong>the</strong>ntisch sein und<br />
dabei menschlich bleiben. Das ist<br />
ehrlich.“ Auf die berühmten Sterne<br />
verzichtet der Mecklenburger<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
ewusst.„Wir sollten uns auf das<br />
Wesentliche besinnen. Lieber<br />
Klasse statt Masse.“ Gibt es auf<br />
dem Markt Bar<strong>the</strong>r Tomaten,<br />
wird gekauft. Gibt es frischen<br />
Dorsch, wird ebenfalls zugelangt.<br />
„Die Güte eines Gerichtes wird<br />
nicht durch den Preis der Zutaten<br />
bestimmt, sondern von ihrer<br />
Qualität“. Gute Gründe den<br />
Köcheverein Mittleres Mecklenburg,<br />
ein Zusammenschluss<br />
mehrerer Gastronomen aus der<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
Region, zu gründen, gab es für<br />
Carsten Loll gleich mehrere:<br />
„Kompetenzpartner, Netzwerkbildung,<br />
Lehrlingsausbildung,<br />
Kommunikationsplattform“,<br />
zählt er auf.<br />
Au<strong>the</strong>ntisch ist der stämmige<br />
Vollblutgastronom <strong>–</strong> das steht<br />
außer Frage. Genießer durch und<br />
durch ist er ebenfalls. „Ich koche<br />
mit Leib und Seele, was an meiner<br />
Statur kaum zu übersehen<br />
ist“. Fest<br />
steht <strong>–</strong><br />
auch wenn<br />
er das<br />
scheinbar beiläufige<br />
Grinsen<br />
nicht zurückhalten<br />
kann <strong>–</strong> was er<br />
kredenzt, kredenzt<br />
er mit Liebe.<br />
Und fest steht auch,<br />
dass sich mit einfachen<br />
Kniffen<br />
GENUSS<br />
wahre Geschmackserlebnisse<br />
kreieren lassen. Loll muss es<br />
wissen, ist er doch des Öfteren<br />
in der ein oder anderen Privatküche<br />
anzutreffen. Ein bisschen<br />
Zartbitterschokolade<br />
und einen Schuss Balsamico<br />
in die Bratensoße und schon<br />
ist das Sonntagsmahl<br />
geschmacklich rund.<br />
Text/Fotos: Doreen Bülow<br />
17
18<br />
UNTERNEHMEN<br />
Frank Röntgen vor Ort mit der „Blauen Kiste“ und Daniela Calligaro, die <strong>–</strong> als Head <strong>of</strong> Development Services der Außenhandelskammer der Vereinigten Arabischen<br />
Emirate <strong>–</strong> ihm behilflich ist, mit den Leckereien von der Ostseeküste Fuß zu fassen. Foto: Privat<br />
Mit der blauen<br />
Eine blaue Kiste hat er durch die<br />
Wüste geschleppt. Mühevoll, mit<br />
Vorsicht, behutsam, erwartungsvoll.<br />
Vielleicht ein Stück Unternehmenszukunft.Schockgefrostete<br />
Leckereien sind der Inhalt.<br />
Im Sommer machte sich Frank<br />
Röntgen auf den Weg, um<br />
die Chefs in den<br />
Nobelhotels der<br />
Vereinigten ArabischenEmirate<br />
für sich,<br />
für sein<br />
Kiste<br />
Unternehmen und die Produkte<br />
einzunehmen, die in dem von ihm<br />
geführten Unternehmen gefertigt<br />
werden.<br />
Der Kühlungsborner wollte sie<br />
davon zu überzeugen, dass an der<br />
deutschen Ostseeküste, in der<br />
Classic <strong>–</strong> Conditorei GmbH von<br />
Steffenshagen, in unverfälschter<br />
Handarbeit produziert wird, was<br />
auch zum Genuss erlesener Gäste<br />
in Dubai oder Abu Dhabi gehören<br />
sollte. In Hotels und Clubs, insgesamt<br />
auf 11 Stationen wie das Kempinski<br />
Hotel Abu Dhabi oder<br />
Armed Forces Officers Club &<br />
Hotel, machte er besagte Kiste, die<br />
Kühlbox auf. Er präsentierte seine<br />
Köstlichkeiten, fand Wohlgefallen,<br />
bereitete den „Chef Andreas“ und<br />
„Chef Klaus“, seit Jahrzehnten aus-<br />
durch die<br />
gewanderte Deutsche und Österreicher,<br />
gar Entzücken.<br />
Classic-Conditorei & Cafe Röntgen<br />
wird Kuchen, Torten und<br />
andere Köstlichkeiten an den Ara-<br />
Blick in die Backmanufaktur bei Röntgen:<br />
Konditormeisterin Clara Lange.<br />
Wüste<br />
bischen Golf exportieren. Der<br />
Markt ist da, das Emirates Palace,<br />
das teuerste Hotel der Welt zeigt<br />
Interesse, das Offiziers-Klubhotel<br />
braucht 1000 Desserts am Tag.<br />
Dorthin ist der erste Schritt<br />
getan. Der Distributor, unbedingt<br />
ein einheimischer Verteiler <strong>–</strong> so<br />
die Gesetzlichkeit <strong>–</strong> muss noch<br />
gefunden werden, ein Local,<br />
damit der Strom der Leckereien<br />
auch fließen kann. Die werden<br />
nicht Extra <strong>–</strong> Creationen sein, sie<br />
berücksichtigen freilich dortige<br />
Eigenart, wie kein Mohn, „der<br />
wird schon als Rauschmittel<br />
angesehen, ist verboten“, weiß<br />
Frank Röntgen. Alkohol gehört<br />
gemäß islamischer Religion<br />
selbstverständlich auch nicht zu<br />
den Ingredienzien, „und dass die<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
Robert Röntgen in seinem Kühlungsborner Café.<br />
Gelatine nicht vom Schwein<br />
stammen darf, versteht sich von<br />
selbst“. Voraussetzungen, damit<br />
Röntgens Back- und Konditorwaren<br />
als „Halal“ angesehen werden,<br />
also für Moslems geeignet.<br />
Natürlich ist der dortige Markt<br />
hart umkämpft. Die Franzosen, die<br />
Belgier sind längst am Platz. „Aber,<br />
die bieten eher eine relativ<br />
gleichschmeckende süße Ware“,<br />
bemerkt Röntgen den Unterschied,<br />
„wir stehen für den fruchti-<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
Fotos (2): Thomas Häntzschel<br />
gen Geschmack“. Der gefällt <strong>of</strong>fenbar,<br />
ist seine Chance.<br />
Die Premium-Qualität sei undiskutable<br />
Voraussetzung, nur<br />
Handwerkliches, wenn auch in<br />
moderner Herstellung, könne<br />
bestehen. Keine industrielle<br />
Masse. Und wichtig ist ihm:<br />
„Manches sieht außen anders<br />
aus, die Schwarzwälder Kirschtorte<br />
schmeckt aber wie<br />
gewohnt“. Also, Konditorei-<br />
Klassiker im neuen Gewande, die in<br />
moderner Herstellung entstehen,<br />
vorrangig per Hand. Exportiert<br />
werde nur, „was es auch in unseren<br />
Kaffeehäusern hier gibt“, also in<br />
Kühlungsborn, in Warnemünde,<br />
Ahlbeck, Schwerin und neuerdings<br />
auch in Berlin. Man könne auch<br />
hierzulande den Sechs-Sterne-<br />
Qualitätsanspruch vom Arabischen<br />
Golf erwarten, der solle nicht<br />
abschrecken. „Kleiner Luxus im Alltag,<br />
den man sich leisten kann“. So<br />
Röntgens Credo. Imagepflege sei es<br />
für ihn nicht, in die Hitzeregion der<br />
Araber zu liefern, eher schon, das<br />
„Winterloch” an der Ostsee zu glätten,<br />
also eine kommerzielle Überlegung.<br />
Er möchte sich nicht immer<br />
jahreszeitlich von seinen „Torten-<br />
Spezialisten“ trennen. Spitzenpersonal<br />
müsse man halten, er brauche es<br />
für den Anspruch, den sein Hause<br />
hat.<br />
Frank Röntgen, der 47-Jährige,<br />
nutzt eine über 100jährige Backund<br />
Konditortradition, und er will<br />
diese fortsetzen. Natürlich ist ihm<br />
von Vorteil, diesen Namen zu tragen.<br />
Röntgen kennt man. Der Physiker<br />
Wilhelm Conrad Röntgen, der<br />
Entdecker der elektromagnetischen<br />
Strahlen und Begründer der<br />
radiologischen Diagnostik gehört<br />
in die Ahnenreihen, Bischöfe,<br />
international renommierte<br />
Möbeltischler und auch der Bäcker<br />
Robert Röntgen, der sich in der<br />
Region angesiedelt hatte und im<br />
Jahre 1879 im vormaligen Brunshaupten,<br />
heute Kühlungsborn<br />
<strong>–</strong> Ost, mit den<br />
Techel-Brüdern den<br />
ersten Backbetrieb<br />
gründete. Der<br />
Stammsitz.<br />
UNTERNEHMEN<br />
Nun gibt es einen Nachfolger,<br />
einen weltreisenden Konditor, in<br />
fünfter Generation. Der wird<br />
seine Premiumprodukte in<br />
Sechs-Sterne-Hotels der Arabischen<br />
Emirate liefern. Nach<br />
strengem Verkosten und <strong>of</strong>fenbarem<br />
Gefallen soll die erste<br />
Lieferung dorthin im nächsten<br />
Jahr erfolgen.<br />
Zum finnischen Luxus-Warenhaus<br />
Stockmann war schon im<br />
August der erste Export, zwei<br />
Paletten Mousse au chocolat,<br />
nach Helsinki getätigt worden.<br />
Röntgens Törtchen werden jetzt<br />
in finnischen und schwedischen<br />
Häusern des Kaufhaus-Konzern<br />
angeboten. Irgendwie ist auch<br />
durchgedrungen, Frank Röntgen,<br />
Mitglied der Deutsch-Japanischen<br />
Gesellschaft zu <strong>Rostock</strong>,<br />
hat seine Fühler auch gen<br />
Fernost ausgestreckt. Aus Japan<br />
ist zu hören, dass dort das Konditor-Handwerk<br />
als Kunsthandwerk<br />
angesehen wird. Die Sanddorn-Torte,<br />
eine besondere, eine<br />
haustypische und unverwechselbare<br />
Creation und auch die<br />
bevorzugte Gaumenfreude des<br />
Geschäftsführenden Gesellschafters,<br />
ist also Resultat künstlerischen<br />
Umgangs.<br />
Jürgen Rösler 1<br />
19
20<br />
HOTEL<br />
Very British<br />
Petra und Willi Harnack führen in <strong>Rostock</strong> ein Kleinod<br />
Bevor der Englische Salon feierlich geöffnet wird,<br />
spielt das elektrische Klavier. „Über den Wolken,<br />
muss die Freiheit wohl grenzenlos sein“.<br />
Dann gehen wir in den Salon, und gleich den<br />
ersten, der garantiert teuren Sessel, hat der<br />
Besucher nötig. Alles sieht aus, lebt und brilliert,<br />
wie in feinen Häusern Englands, die man<br />
aus Filmen und Büchern zu kennen glaubt.<br />
Durchgestylt bis zum letzten Punkt auf dem i.<br />
Das Hotel Landhaus Dierkow von Petra und<br />
Willi Harnack hat eine Kostbarkeit, die in <strong>Rostock</strong><br />
unvergleichbar ist: Schneeweiße Stuckdecken,<br />
das Rot der Teppiche und Sesselbezüge<br />
korrespondiert mit der kristallenen Eleganz der<br />
Kronleuchter. Es ist eingedeckt. Silberbestecke<br />
mit den Initialen des Hauses. Dazu Markenporzellan<br />
und edle Accessoires. Gleich werden die<br />
Damen und Herren des Hotels auftragen <strong>–</strong> im<br />
weißen Frack. Im Augenblick dieser Vorstellung<br />
möchte man verweilen.<br />
Aber wir sind ja auf einem Rundgang durch<br />
eines der bekanntesten familiengeführten Privathotels<br />
der Hansestadt. Also kehren wir in<br />
die Kaminecke zurück und bleiben damit aber<br />
immer noch in einer Atmosphäre des britischen<br />
Stils, die das Gespräch mit Willi Harnack<br />
wohltuend anregt.<br />
2010 begeht das Ehepaar Harnack und seine 14<br />
Mitarbeiter ein beachtliches Jubiläum. Ihr<br />
Landhaus Dierkow wird 15 Jahre alt. Nein, vergessen<br />
sind die Mühen, die schlaflosen Nächte<br />
und der Dauerdruck des hohen Risikos, einen<br />
beruflichen Neuanfang in dieser Dimension zu<br />
wagen, von den Hotelgründern und Inhabern<br />
nicht. Doch alles wurde gut. Aber keiner ahnt,<br />
wie es angesichts der Arbeitslosigkeit damals<br />
war, im Vorzimmer eines Bankmanagers zu sitzen<br />
und um einen Millionenkredit zu ersuchen.<br />
Petra und Willi Harnack haben sich durchgesetzt<br />
und höchst erfolgreich bis zum heutigen<br />
Tag als Hotelbesitzer behauptet. Mit seit Jahren<br />
beständig steigenden Gästezahlen, mit einem<br />
Team, das so fit ist, wie Leistungssportler und<br />
treu noch dazu. Ute Rauhut fing vor 14 Jahren<br />
als Zimmermädchen im Landhaus Dierkow an,<br />
jetzt ist sie die rechte Hand der Hotelinhaber.<br />
Küchenchef Jörg Nehls-Gerhard kam auch vor<br />
14 Jahren ins Haus und ist immer noch da. Wer<br />
bei Harnacks arbeitet, bleibt lange, weil das<br />
Arbeitsklima und andere Alltagsbedingungen<br />
stimmen. Und wer bei den „Vollblutpr<strong>of</strong>is“ dieser<br />
Branche lernt, hat eine Ausbildung durchlaufen,<br />
die gründlicher kaum sein kann. Erhebliche<br />
Förderung junger Damen und Herren<br />
aber auch fachliche Forderungen an den<br />
Berufsnachwuchs sind bei Petra und Willi<br />
Harnack stets ein Bündnis. Aber mit den<br />
Referenzen aus dem Landhaus Dierkow ist ein<br />
guter Weg in die Zukunft der Gastronomie und<br />
Hotellerie zu machen <strong>–</strong> viele junge Leute haben<br />
das eindrucksvoll gemerkt.<br />
Wer in einem der 45 Zimmer oder zwei Appartements<br />
wohnt, ist nicht nur bei einer guten<br />
Adresse im Landhaus-Idyll angekommen, hat<br />
nicht die Freuden gediegener Gastronomie vor<br />
sich, sondern kann auch aus Sicht der Verkehrsanbindungen<br />
<strong>Rostock</strong> sowie die Umgebung der<br />
Hansestadt leicht entdecken. Die Altstadt und<br />
der Stadthafen liegen fast vor der Haustür. Zur<br />
Autobahn und zum Fährterminal des Seehafens<br />
ist es nur eine Kurzstrecke. Nach Warnemünde<br />
ein Katzensprung und zur Straßenbahn<br />
nur einige Schritte. Petra und Willi Harnack<br />
haben allein schon mit Blick auf die Lage ihres<br />
Hotels strategisch gedacht.<br />
Für den unübersehbaren Erfolg des Unternehmens<br />
sieht der Chef, der übrigens am 10. Oktober<br />
2009 sage und schreibe 55 Jahre in seinem<br />
Beruf steht, diese Gründe:„Wir hatten eine hervorragende<br />
Ausbildung und wir verfügen über<br />
jahrzehntelange Erfahrungen. All dies kann<br />
nun in die Führung unseres Hauses eingebracht<br />
werden“.<br />
Geschäftsreisende, Urlauber, Firmenempfänge,<br />
Hochzeiten oder Hochzeitsjubiläen, „runde“<br />
Geburtstage oder Familienfeiern mit anderen<br />
Vorzeichen <strong>–</strong> es ist das ganz große Spektrum<br />
der Gästebetreuung, das ein jeweils arbeitsreiches<br />
Jahr im Landhaus Dierkow prägt.<br />
Willi Harnack bezeichnet seine Gattin als „das<br />
Herzstück des Unternehmens“. Dem hat der<br />
Chronist nichts hinzu zu fügen. Nur kleine<br />
Anmerkungen noch: Willi Harnack ist seit 1999<br />
der einziger Vertreter Mecklenburg-Vorpommerns<br />
im Beirat des größten Hotelverbandes<br />
Deutschlands (IHA). Die Berufswege des<br />
gelernten Kellners und diplomierten Ökonomen<br />
könnten mehrere Kapitel füllen.Vom Sohn<br />
einer Hotelliersfamilie aus Kühlungsborn bis<br />
zum heutigen Hotelinhaber und immer wieder<br />
käme man an viele Stationen der ehrgeizigen<br />
Weiterbildung, dieses Mannes, der von seiner<br />
Frau und sich sagt:„Wir leben Gastronomie und<br />
Hotellerie“.<br />
Seit geraumer Zeit hat das Landhaus Dierkow<br />
eine Hotel-Motoryacht. Skipper für seine Gäste<br />
ist Willi Harnack. Wer denn auch sonst? Ein<br />
Pr<strong>of</strong>i seines Formats lässt sich schließlich das<br />
Ruder nicht aus der Hand nehmen.<br />
Weitere Informationen: www.Landhauss-Dierkow.de<br />
Horst Marx<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
22<br />
Foto: www.pixelio.de<br />
Dieser Mann zaudert<br />
nicht lange. „Machen kommt<br />
von tun“, sagt Volker Saß kurzum,<br />
seit 17 Jahren in der Gastronomie<br />
tätig.<br />
Der Inhaber von „Gosch“ in Warnemünde<br />
wirkt entschlossen, ja<br />
handfest, spricht schnell, bringt<br />
das Gespräch auf den Punkt. Wie<br />
sonst hätte es der Gastronom<br />
wohl geschafft, im Mai 2008 in<br />
St. Peter Ording sein erstes<br />
„Gosch“-Restaurant zu eröffnen,<br />
ein knappes Jahr später ein zweites<br />
am Alten Strom von Warnemünde.<br />
„Im nächsten Sommer<br />
wollen wir in Binz auf Rügen<br />
eröffnen. Wenn Konzept und<br />
Partner stimmen, dann funktioniert’s“.<br />
Ein Mann der Tat. Absolut.<br />
Denn „Gosch“ in Warnemünde<br />
ist zugleich das erste<br />
Restaurant an der Ostsee überhaupt.<br />
Bislang nur entlang der<br />
Nordsee und im Binnenland,<br />
unter anderem auch auf dem<br />
Münchner Flughafen.<br />
Volker Saß<br />
bezeichnet sich als Lizenznehmer<br />
der Marke „Gosch“, dessen<br />
Gründer Jürgen Gosch 1984 in<br />
Westerland auf Sylt sein erstes<br />
Fischgeschäft eröffnete. Inzwischen<br />
steht der Name Gosch als<br />
Inbegriff für absolut frisches<br />
Ein Macher: Volker Saß, Inhaber von „Gosch“ in Warnemünde. Foto: Re. Rö.<br />
Frischer<br />
Meeresgetier und moderne<br />
Gastronomie.<br />
„Ich mag an ’Gosch’, dass es hier<br />
keine Berührungsängste gibt“,<br />
sagt Volker Saß.„Egal ob der Gast<br />
nun ein Fischbrötchen, ein Alsterwasser,<br />
ein Glas Champagner<br />
trinkt oder einen halben Hummer<br />
essen möchte, jeder sitzt mit<br />
jedem an einem Tisch. Bei uns<br />
kommen Menschen zusammen,<br />
die äußerst kommunikativ und<br />
locker drauf sind. Bei uns herrscht<br />
für mich ein bisschen Dolce<br />
Vita.“ Für ihn sei das Prinzip<br />
„Gosch“ Lebensfreude. Die<br />
Anordnung der großen und klei-<br />
nen rustikalen Holztische führe<br />
dazu, dass „Alt und Jung bei uns<br />
zusammen rücken“. Es herrsche<br />
eine gewisse Hafenkneipenatmosphäre.<br />
„Aber zeitgemäß“,<br />
setzt Volker Saß nach. Und:<br />
„Unser Küchenbereich ist total<br />
modern. Wir zeigen unsere Ware,<br />
bevor wir sie dem Gast verkau-<br />
fen. Frischer geht es einfach<br />
nicht. Der Gast ist ganz nah<br />
dran“.<br />
„Gosch“ steht aber auch für<br />
Hummer, Austern und Champagner.<br />
Da widerspricht Volker Saß<br />
ein wenig. „Gosch steht ebenso<br />
für ein leckeres Matjesbrötchen<br />
für 2,50 Euro mit dem Glas Bier<br />
dazu.“ Der 44-Jährige isst in seinem<br />
Restaurants am liebsten<br />
Rotbarsch. „Ganz klassisch zubereitet<br />
mit hausgemachtem Kart<strong>of</strong>felsalat<br />
und ein Bier dazu.“<br />
Klingt ehrlich. „Rotbarsch ist für<br />
mich ein klar definierter Fisch,<br />
sehr saftig vom Fleisch her,<br />
geht es nicht<br />
schmeckt nicht zu fischig. Da<br />
braucht man nur Salz und Pfeffer<br />
zu. Besser geht’s nicht.“<br />
Und wie ist das mit dem Hummer?<br />
„Wir kochen den Hummer<br />
vor Ort. Er wird frisch geliefert.<br />
Der richtig gute Fleischgeschmack<br />
bleibt dadurch erhal-<br />
ten.“ Frischer Hummer und dazu<br />
einen Champagner Rose`, das<br />
habe schon was. Wie wahr…<br />
„Gosch“ scheint in Warnemünde<br />
fest vor Anker gegangen. Das<br />
zeigte sich unter anderem auch<br />
bei der jüngsten Warnemünder<br />
Woche.„Wir sind als Sponsor eingestiegen.<br />
Das gehört sich doch<br />
so“, sagt Volker Saß, für den das<br />
Ostseebad vor den Toren<br />
<strong>Rostock</strong>s so etwas ist wie die<br />
Perle in einer halbgeöffneten<br />
Muschel.„Man muss sie nur noch<br />
ganz aufklappen.“<br />
4<br />
Regina Rösler<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
Kochkunst trifft Hightech<br />
„Das Leben kann so wunderbar<br />
einfach sein, wenn man es zu<br />
genießen versteht.“ Stephan<br />
Sietas, Geschäftsführer vom Sie-<br />
Matic-Küchenstudio in <strong>Rostock</strong>-<br />
Dierkow, blickt entschlossen in<br />
den glänzenden Edelstahl-Topf,<br />
der nur darauf wartet <strong>–</strong> so scheint<br />
es <strong>–</strong> mit köstlichen Ingredienzien<br />
befüllt zu werden. Der Endvierziger<br />
weiß wovon er spricht, dreht<br />
sich in seinem Leben seit 16 Jahren<br />
doch nahezu alles ums Kochen<br />
und Genießen. Dann blickt er wieder<br />
auf und betont mit fester<br />
Stimme: „Die Küche sollte der Mittelpunkt<br />
der Familie sein. Sie sollte<br />
als Ort der Konversation und des<br />
Genusses dienen.“<br />
Gepflegte Konversation betreibe<br />
der Endvierziger ohnehin regelmäßig<br />
in der Showküche seines<br />
Studios <strong>–</strong> dem Herzstück der 800-<br />
Quadratmeter-Ausstellung. Hier<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
wird blanchiert, trangiert und<br />
abgeschmeckt. Und: auf den Punkt<br />
genau gegart. Apropos Garen.<br />
Dampfgaren sei gegenwärtig in<br />
aller Munde. Der bewusste<br />
Genießer lege wieder mehr Wert<br />
auf die gesunde Küche. „Mit dem<br />
Dampfgarer werden die Speisen<br />
schonend und ohne Vitaminverlust<br />
zubereitet. Das Gemüse bleibt<br />
bissfest und intensiv im<br />
Geschmack“, unterstreicht der<br />
Mann, der gerne auch zu Hause <strong>–</strong><br />
im Kreise der Familie und unter<br />
Freunden <strong>–</strong> den Kochlöffel<br />
schwingt. „So viel Zeit muss sein“,<br />
betont genussvoll der umtriebige<br />
Unternehmer und fügt hinzu:„Das<br />
funktioniert natürlich am besten<br />
mit den richtigen Geräten.“ Miele,<br />
AEG, Gaggenau <strong>–</strong> namhafte Hersteller,<br />
die genussvollem Kochen<br />
Pr<strong>of</strong>iwürze verleihen. Ähnlich wie<br />
der Multigarer, sei beispielsweise<br />
auch das energiesparende Indukti-<br />
onskochfeld aus der<br />
modernen Küche<br />
nicht mehr wegzudenken.<br />
Oder <strong>–</strong> wer gerne exotisch<br />
kredenzt <strong>–</strong> sollte auf die integrierte<br />
Wokmulde nicht verzichten.<br />
Stephan Sietas ist <strong>–</strong> ohne Zweifel <strong>–</strong><br />
ein Verfechter intelligenter<br />
Küchenlösungen. „Das hier ist ein<br />
Teppan-Yaki-Grill. Das Gerät<br />
kommt aus dem Asiatischen.“<br />
Scampi-Spieße in etwa gelängen<br />
auf dem unscheinbar anmutenden<br />
Edelstahl-Feld im Handumdrehen<br />
<strong>–</strong> auch mit wenig Öl.„Oder<br />
hier, der Salamander, der eignet<br />
sich wunderbar zum Gratinieren,<br />
da er nur mit Oberhitze arbeitet.“<br />
Der Fachmann drückt auf ein<br />
unauffälliges Knöpfchen in der<br />
Menüleiste und aus der hochglanzpolierten<br />
Arbeitsplatte fährt<br />
geräuschlos ein in etwa 60 Zentimeter<br />
breiter Wandgrill heraus,<br />
SieMatic Küchenstudio <strong>Rostock</strong>, Brückenweg 25, 18146 <strong>Rostock</strong>, Tel. 03 81/67 32 40<br />
Öffnungszeiten: Mo.-Fr. 10-19 Uhr, Sa. 10-16 Uhr oder nach Vereinbarung<br />
siematic-rostock@freenet.de, www.siematic-kuechenstudio-rostock.de<br />
der sich bestens zum Überbacken<br />
von Zwiebelsuppen oder Crème<br />
Brulee, zum Grillen oder einfach<br />
nur zum Warmhalten der Speisen<br />
eignet. Die Experten-Augen<br />
leuchten. Der Vorführeffekt hat<br />
wieder einmal funktioniert.<br />
Und wie sollte sich die moderne<br />
Küche rein äußerlich präsentieren?<br />
„Die kommt in Hochglanz und<br />
edlem Materialmix daher.“ Echtholz,<br />
Edelstahl, Granit und Glas <strong>–</strong><br />
versiegelt, patiniert, poliert. Polierte<br />
Oberflächen seien ohnehin<br />
benutzerfreundlicher, lassen sich<br />
leicht säubern und sehen einfach<br />
nach mehr aus. Klares Design,<br />
gepaart mit der richtigen Portion<br />
Hightech <strong>–</strong> eine Küche, die alle<br />
Sinne anspricht.<br />
Text/Fotos: Doreen Bülow<br />
23
24<br />
GRÜNDERGEIST<br />
Es gibt kein Aber: Gründer sind nie zu alt<br />
Der Wirtschaftswissenschaftler<br />
Pr<strong>of</strong>. Günter Faltin erhielt in diesem<br />
Jahr für sein Unternehmen „Teekampagne“<br />
den Deutschen Gründerpreis:<br />
Was vor 24 Jahren als Entrepreneurship-Projekt<br />
an der<br />
Freien Universität Berlin begann,<br />
hat sich bis heute zum weltweit<br />
größten Importeur von Darjeeling-<br />
Tee mit rund 200 000 Kunden entwickelt.<br />
Die Idee ist einfach: Auf<br />
eine einzige Sorte Tee konzentrieren,<br />
damit die Einkaufsmengen<br />
groß genug werden, um den Zwischenhandel<br />
auszuschalten. In<br />
Großpackungen abgefüllt, direkt<br />
an die Kunden verschickt, die ihre<br />
Bestellungen überwiegend im<br />
Internet tätigen, spart Transportwege<br />
und Verpackungsmaterial.<br />
Das Ergebnis ist ein hochwertiges<br />
Produkt - zu einem äußerst günstigen<br />
Preis. Das Modell der Teekampagne<br />
ist inzwischen auch auf<br />
andere Produkte angewendet worden:<br />
zum Beispiel auf Rapskernöl,<br />
Apfelsaftkonzentrat oder Energiesparlampen.<br />
Pr<strong>of</strong>. Günter Faltin hat<br />
das „Labor für Entrepreneurship“<br />
gegründet und wirbt für mehr<br />
Gründergeist in Deutschland. In<br />
seinem Buch „Kopf schlägt Kapital“<br />
legt er seine Vorstellungen vom<br />
„Citizen-Entrepreneur“ ausführlich<br />
dar.<br />
<strong>Rostock</strong> „<strong>delüx</strong>“ besuchte den<br />
Entrepreneurship-Workshop in<br />
Berlin und sprach mit Pr<strong>of</strong>. Günter<br />
Faltin.<br />
Günter Faltin, ich würde ja gern<br />
gründen, aber ich hab doch kein<br />
Geld.<br />
Ich würde mich freuen, wenn man<br />
die Klischees über das Gründen<br />
einmal zu Hause lassen würde.<br />
Heute ist Kapital längst nicht mehr<br />
der Engpass. Es gibt Bereiche, beispielsweise<br />
im High-Tech-Sektor,<br />
die kapitalintensiv sind. Aber sie<br />
liegen statistisch eher bei zehn bis<br />
15 Prozent der Gesamtzahl der<br />
Gründungen. Im Gegensatz dazu<br />
gibt es einen großen Sektor, den<br />
wir „Konzept-kreative Gründungen“<br />
nennen. Dafür braucht man<br />
nur wenig Kapital. Die Investition<br />
entsteht da im Ausarbeiten eines<br />
guten Ideenkonzepts. Von Richard<br />
Branson stammt der Satz „Wir hatten<br />
kein Geld, also mussten wir<br />
kreativ sein.“ Ein Beispiel aus der<br />
Teekampagne: Für den ersten Container<br />
Darjeeling-Tee, der 1985 für<br />
uns in Deutschland landete, war<br />
ein Zahlungsziel von 60 Tagen vereinbart:<br />
30 Tage war die Fracht<br />
unterwegs, drei Tage brauchten wir<br />
zum Abfüllen <strong>–</strong> blieben uns vier<br />
Wochen zum Verkaufen. Wir haben<br />
unsere Rechnung pünktlich beglichen.<br />
Ich bin auch skeptisch<br />
gegenüber Fördermitteln: Der Förderdschungel<br />
hält sie auf, lenkt<br />
nicht selten in die falsche Richtung,<br />
weg von der Arbeit an der Idee, hin<br />
zu den Fördertöpfen, und bindet<br />
ihre Kreativität. Und wenn sie doch<br />
Geld brauchen, dann gehen sie<br />
nicht unbedingt zu den Banken,<br />
sondern suchen Sie sich besser<br />
einen Business Angel.<br />
Aber ich bin doch zu alt zum<br />
Gründen.<br />
Noch so ein Klischee. Natürlich<br />
ist es gut, jung anzufangen. Aber<br />
wer heute mit 50 oder schon mit<br />
45 zu alt ist für den Arbeitsmarkt,<br />
der hat durchaus das richtige<br />
Alter, um ein Unternehmen zu<br />
gründen! Entrepreneurship hält<br />
jung an Körper und Geist. Unser<br />
ältester Gründer im Labor ist<br />
übrigens 78 Jahre alt, er etabliert<br />
sich gerade <strong>–</strong> erfolgreich <strong>–</strong> in der<br />
Kosmetikbranche.<br />
Aber ich komm doch mit der<br />
ganzen Bürokratie nicht klar.<br />
Es ist richtig, dass gerade in<br />
Deutschland die bürokratischen<br />
Anforderungen besonders ausgeprägt<br />
sind. Deshalb: Lagern Sie<br />
die Bürokratie aus! Lassen Sie das<br />
andere für Sie erledigen, das Geld<br />
dafür ist gut angelegt. Auch die<br />
Gründungsidee von Holger Johnson<br />
mit seinem „ebuero“ geht in<br />
diese Richtung. Dort kann Ihnen<br />
ein großer Teil der täglichen<br />
Büroarbeit abgenommen werden.<br />
Holger selbst hat es zu<br />
Beginn auch so gemacht und den<br />
ganzen Bürokram <strong>–</strong> Buchhaltung<br />
und Steuern, Bilanzen und Statistiken<br />
<strong>–</strong> jemandem überlassen,<br />
der sich damit auskannte.<br />
Wir arbeiten in der Projektwerkstatt<br />
auch schon an einem Angebot,<br />
das viel des internen Rechnungswesens<br />
für den Gründer<br />
bewältigt.<br />
Im Teelabor von Darjeeling prüft Pr<strong>of</strong>. Günter Faltin die Ernte. Engagiert in Indien: Die Teekampagne hilft bei der Aufforstung.<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
Aber womit soll ich denn gründen:<br />
Es ist doch schon alles erfunden.<br />
Sie müssen doch nichts völlig<br />
Neues machen! Nur besser. Oder<br />
billiger. Am besten natürlich beides<br />
<strong>–</strong> wie bei der Teekampagne. Sehen<br />
Sie: 80 Prozent aller Zahnbürsten in<br />
deutschen Läden kommen aus<br />
einer einzigen Fabrik. Und sie<br />
kosten <strong>–</strong> egal wie bunt die Super-<br />
Bürste daherkommt <strong>–</strong> rund 20 Cent<br />
in der Herstellung, die besonders<br />
ausgefallenen vielleicht 40 Cent.<br />
Da ist die Verpackung schon dabei.<br />
Wer sagt denn, dass nur die eingeführten<br />
Marken eine Zahnbürste in<br />
Auftrag geben dürfen? Das können<br />
Sie auch! Gehen Sie in den Supermarkt,<br />
suchen Sie sich ein Produkt,<br />
das Ihnen zu teuer vorkommt und<br />
recherchieren Sie, wie man es preiswerter<br />
machen kann.<br />
Aber die großen Firmen beherrschen<br />
doch den Markt.<br />
Das sieht so aus und natürlich<br />
haben die Konzerne auch ein Interesse<br />
daran, dass dieses Bild erhalten<br />
bleibt. Aber wer genau hinschaut,<br />
der sieht,dass die wirklichen Innova-<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
tionen nicht von den Großen kommen,<br />
sondern von kleinen, flexiblen<br />
Unternehmen. Es gibt viele Beispiele<br />
dafür, dass die Kleinen nicht nur<br />
innovativer, sondern auch erfolgreicher<br />
sind als die Großen.<br />
Aber die Anderen klauen mir doch<br />
die Ideen.<br />
Die Angst davor, per Ideenklau<br />
ausgebootet zu werden, ist im Stadium<br />
vor der Gründung unbegründet.<br />
Das kommt viel seltener vor,<br />
als man denkt. Viel schlimmer<br />
wäre es, wenn Sie sich einigeln in<br />
dem Bemühen, Ihre Idee vor Nachahmungen<br />
schützen zu wollen.<br />
Lassen Sie sich lieber darauf ein,<br />
Partner zu finden und Netzwerke<br />
zu knüpfen. Das bringt Sie weiter.<br />
Erst wenn Sie bereits erfolgreich<br />
im Markt sind, wird das Thema<br />
Imitation virulent.<br />
Aber ich hab Angst, dass ich mit<br />
einem Riesenberg Schulden dastehe,<br />
wenn die Gründung schief geht.<br />
Das kann Ihnen dann passieren,<br />
wenn Sie mit Fremdkapital gründen.<br />
Fangen Sie klein an, probieren<br />
Sie Ihre Idee im Freundes- und<br />
Bekanntenkreis aus und analysieren<br />
Sie die Reaktionen. Erst wenn<br />
Sie sehen, dass es klappt, sollten<br />
Sie in größerem Maßstab investieren.<br />
Erst dann, wenn der „pro<strong>of</strong> <strong>of</strong><br />
concept“ vorliegt, sollten Sie riskieren,<br />
sich zu verschulden.<br />
Aber wenn ich gründe, hab ich<br />
doch gar keine Zeit mehr für mich<br />
und meine Familie.<br />
Überarbeitet zu sein gehört in<br />
Deutschland schon fast zum guten<br />
Ruf eines Selbstständigen. Aber wir<br />
leben heute in einer Gesellschaft,<br />
die in hohem Maße spezialisiert ist.<br />
Das heißt: Alles was andere besser<br />
können, sollten Sie als Gründer<br />
auch von anderen erledigen lassen.<br />
Sie sind der Komponist, sie müssen<br />
sich nicht damit beschäftigen, jedes<br />
Instrument selbst zu lernen, um es<br />
spielen zu können. Wenn Ihr Unternehmen<br />
nicht genug Geld abwirft,<br />
um diese Dienstleistungen zu<br />
bezahlen, dann müssen Sie an<br />
Ihrem Geschäftsmodell noch weiter<br />
arbeiten. Dann gründen Sie besser<br />
noch nicht.<br />
GRÜNDERGEIST<br />
Aber ich hab doch keine Ahnung<br />
von Betriebswirtschaft.<br />
Die würde Ihnen im Gründungsstadium<br />
auch nicht viel helfen. Die<br />
Betriebswirtschaftslehre ist zur<br />
Bewältigung von Komplexität in<br />
Großunternehmen entstanden.<br />
Zum Gründen brauchen sie ein<br />
Konzept, eine Idee, Kreativität,<br />
einen langen Atem. Mit Ihren<br />
finanziellen Mitteln müssen Sie<br />
äußerst sparsam und vorsichtig<br />
umgehen - aber das wissen Sie<br />
h<strong>of</strong>fentlich auch ohne BWL-Studium.<br />
Wenn Ihre Gründung erfolgreich<br />
ist, Ihr Unternehmen wächst,<br />
komplexer wird, dann brauchen<br />
Sie BWL, dann ist es an der Zeit,<br />
sich intensiver mit dem Thema zu<br />
beschäftigen und jemanden zu<br />
suchen, der Sie als Gründer kongenial<br />
ergänzt. Dann wird das Thema<br />
„Lead Entrepreneur und Management<br />
Team“ wichtig.<br />
Günter Faltin, danke für das<br />
Gespräch.<br />
Frank Schlößer<br />
Informationen unter :<br />
www.teekampagne.de
26<br />
TRADITION<br />
So begann alles.<br />
80 Jahre Taschenbrecker<br />
Es begann mit demRöhrenradio<br />
Ausgerechnet 1929, im Jahr der<br />
Weltwirtschaftskrise, hat Walter<br />
Taschenbrecker sein Geschäft in der<br />
Wismarschen Straße eröffnet.<br />
Gerade erst hatte der 22-Jährige in<br />
Sternberg seinen Techniker<br />
gemacht, sich dann in der Verwandtschaft<br />
Geld zusammengeliehen,<br />
um am 1. Juli mit einer Verkaufsstelle<br />
der Mitteldeutschen<br />
Fahrradwerke den Sprung in die<br />
Selbstständigkeit zu wagen. Ein<br />
selbst in normalen Zeiten mutiger<br />
Schritt. Hätte der junge Mann<br />
geahnt, dass schon im Oktober die<br />
Börse zusammenbrechen würde <strong>–</strong><br />
er hätte ihn wohl kaum getan. Doch<br />
das Unternehmen, das damals ganz<br />
nebenbei auch Plattenspieler und<br />
die ersten Rundfunkempfänger verkaufte,<br />
hat überlebt. Heute ist es<br />
spezialisiert auf Unterhaltungselektronik<br />
der gehobenen Preisklasse<br />
und feierte jüngst sein 80.<br />
Jubiläum.<br />
„Die Anfänge müssen wirklich hart<br />
gewesen sein“, erzählt Gerhard<br />
Klippstein, der Schwiegersohn des<br />
Firmengründers. Es sei vorgekommen,<br />
dass an einem kompletten<br />
Geschäftstag nicht mehr als<br />
eine einzige Fahrradklingel über<br />
den Tresen ging. Doch Walter<br />
Taschenbrecker und seine Frau<br />
Adele gaben nicht auf. In ihrer<br />
mechanischen Werkstatt fertigten<br />
sie nebenbei Feuerzeuge, Ölpressen<br />
oder Kochhexen, jene einfachen<br />
Holz-/Kohleöfen, mit denen sich<br />
auch in schwierigen Zeiten etwas<br />
Warmes zaubern ließ. Plattenspieler<br />
zum Kurbeln, die man auch an<br />
den Strand mitnehmen konnte,<br />
entwickelten sich zum Verkaufsschlager.<br />
In den 30er Jahren wurden<br />
sie abgelöst vom „Volksempfänger“,<br />
dem Rundfunkgerät für jedermann.<br />
Gerhard Klippstein blättert<br />
im Firmenalbum und bleibt bei<br />
Gerhard und Kristin Klippstein im Laden heute.<br />
einem Foto aus dem Jahr 1939 hängen.<br />
Ein Röhrenradio neben dem<br />
anderen präsentiert sich da im<br />
Schaufenster. Die Fahrräder, die<br />
anfangs noch im Mittelpunkt standen,<br />
hängen darüber an der Decke.<br />
Später im zweiten Weltkrieg, wurde<br />
der Sitz des Unternehmens in der<br />
Wismarschen Straße 14 restlos zerbombt,<br />
was Drama und Neuanfang<br />
Fotos: Privat (2)<br />
zugleich bedeutete. Zunächst fand<br />
sich ein Ausweichquartier, wenige<br />
Schritte entfernt, in der Hausnummer<br />
18. Dann kaufte Taschenbrecker<br />
das Trümmergrundstück und<br />
machte sich mit Unterstützung der<br />
gesamten Familie ans Aufräumen.<br />
Sein 1934 geborener Nachfolger<br />
erinnert sich: „Die ganzen Ausschachtungsarbeiten<br />
haben wir<br />
mit der Hacke in der Hand selbst<br />
gemacht.“ Auf das Ergebnis ist er<br />
heute noch stolz: „Ostern 1957 war<br />
alles fertig. Das war in <strong>Rostock</strong> der<br />
erste privat finanzierte Neubau<br />
eines Wohn- und Geschäftshauses<br />
nach dem Krieg.“<br />
Privatwirtschaftlich zu arbeiten,<br />
das war und blieb erklärtes Ziel des<br />
Familienbetriebs. Doch in sozialistischen<br />
Zeiten drohte beständig das<br />
Damoklesschwert der Verstaatlichung.<br />
Kristin Klippstein, die heute<br />
in dritter Generation die Geschäfte<br />
führt, erinnert sich: „Mein Großvater<br />
hat alles Mögliche getan, damit<br />
es dazu nicht kommt.“ Ein Beispiel:<br />
Walter Taschenbrecker ließ sich als<br />
einer der ersten in der Stadt darauf<br />
ein, als Kommissionshändler für die<br />
Handelsorganisation (HO) aufzutreten.<br />
Gerhard Klippstein, der mit<br />
seiner Frau Waltraud, geborene<br />
Taschenbrecker, 1976 das Zepter<br />
übernahm, winkt ab: „Es war ein<br />
beständiger Kampf um Ware.“<br />
Immerhin gelang es zeitgleich,<br />
einen Direktliefervertrag mit dem<br />
Nähmaschinenwerk Wittenberg<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
Werkstattleiter Jürgen Justus. Fotos: Katja Bülow (2)<br />
abzuschließen. Und so rollten die<br />
Maschinen waggonweise in die<br />
Hansestadt. Natürlich wurde nicht<br />
nur Neuware vertrieben, sondern<br />
auch der entsprechende Service<br />
geboten. „Ich habe in 30 Jahren<br />
22.000 Nähmaschinen repariert“,<br />
erinnert sich Gerhard Klippstein.<br />
„Wenn man die alle aneinander reihen<br />
würde, käme man von hier bis<br />
nach Warnemünde.“<br />
Erst Mitte der 70er Jahre war der<br />
Wandel zum ausschließlichen Handel<br />
mit Unterhaltungselektronik<br />
vollzogen. Aus dem einstigen Ein-<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
mann-Betrieb ist inzwischen ein<br />
florierendes mittelständisches<br />
Unternehmen mit 50 Mitarbeitern<br />
geworden, aus dem heraus sich in<br />
diesem Jahr sogar noch eine GmbH<br />
gegründet hat. Die 41-jährige<br />
Kristin Klippstein erklärt: „Wir<br />
machen den Reparatur- und Lieferservice<br />
für alle Saturn-Märkte in<br />
Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg,<br />
Lübeck und Flensburg. Allein<br />
in Hamburg sind das zehn Märkte.“<br />
Im Laufe der Zeit sei dieser Servicebereich<br />
so sehr gewachsen, dass<br />
eine Teilung sinnvoll wurde.<br />
Geschäftsführender Gesellschafter<br />
der neuen TasaT GmbH sind<br />
übrigens Kristin Klippstein und ihr<br />
Lebenspartner Tilo Strauch <strong>–</strong> ein<br />
Familienunternehmen, wie es im<br />
Buche steht.<br />
Wenn Kristin Klippstein mit ihrem<br />
Hund, dem Golden Retriever Danny,<br />
an der Seite durchs Geschäft geht,<br />
dann ist sie umgeben von Hightech-Elektronik<br />
der gehobenen<br />
Klasse. Zentrale Themen, mit denen<br />
sie sich befasst, sind „Multiroom<br />
und Connectivity“. Zu deutsch: Die<br />
Kundschaft möchte von jedem<br />
TRADITION<br />
Familienunternehmen<br />
sind eine Klasse für sich, davon ist Kristin Klippstein überzeugt. Ein<br />
wichtiger Faktor dabei: die Kontinuität. Sie zählt auf: „Unser Außendiensttechniker<br />
Wolf-Dieter Tabel ist schon seit 21 Jahren bei uns,Werkstattleiter<br />
Jürgen Justus und Henrik Schönfeld, unser Verkaufschef im<br />
Laden seit über zehn Jahren...“ Und <strong>of</strong>fenbar funktioniert auch der<br />
Zusammenhalt. So laufen die „Taschenbreckers“ jedes Jahr als Firma<br />
beim Staffelmarathon auf dem Darss mit. Zum Jubiläum schließlich<br />
wurde nicht einfach nur mit einem Sekt angestoßen. Man startete<br />
gemeinsam zu einer 17 Kilometer langen Draisinenfahrt, stieg dann auf<br />
ein Pferdefuhrwerk um und beendete den Tag mit einer Bootstour über<br />
den Nossentiner See.<br />
Raum aus die Technik im gesamten<br />
Haus steuern können. Und sie<br />
möchte selbstverständlich auch,<br />
dass Fernseher, Computer und Co.<br />
nahtlos miteinander vernetzt sind,<br />
Internetradio ebenso über den<br />
Fernseher wie das Fernsehprogramm<br />
auch über den PC zu empfangen<br />
ist. Ärgerlich sei vielmehr,<br />
dass es kaum noch Laufkundschaft<br />
gebe. Die Verkehrsberuhigungen<br />
der jüngsten Vergangenheit hätten<br />
das Leben als Unternehmer in der<br />
Wismarschen Straße deutlich<br />
schwerer gemacht. Katja Bülow<br />
27
28<br />
KRIMINELL<br />
Die erste Leiche hat er vor 35<br />
Jahren gesehen. Sie war kohlrabenschwarz<br />
und stank aufs Übelste.<br />
Bestimmt ein Afrikaner oder<br />
so, dachte sich der angehende<br />
Kriminalist und zwang sich trotz<br />
zittriger Knie zur coolen Maskerade.<br />
Als der obduzierende<br />
Pathologe den vergammelten<br />
Körper aufschneidet und widerliche<br />
Gase entfleuchten, verliert<br />
Hartmut Olth<strong>of</strong>f dann doch die<br />
Gesichtsfarbe. Das Gespött seiner<br />
anwesenden Kollegen ist<br />
ihm nun sicher. Heute lacht Hartmut<br />
Olth<strong>of</strong>f, kurz Oli genannt,<br />
über die Geschichte.<br />
Die Macht der Demütigung setzte<br />
der junge Mann in Ehrgeiz um.<br />
Das würde ihm nie wieder passieren,<br />
schwört er sich und entschied<br />
zugleich, von nun an jede<br />
Leiche nicht als Mensch, sondern<br />
als Gegenstand zu betrachten.<br />
Das hat sich bis heute nicht<br />
geändert. Auch seine Strebsamkeit<br />
hat er sich in all den Jahren<br />
nicht nehmen lassen: Hartmut<br />
Olth<strong>of</strong>f ist längst zum Kripo-Chef<br />
avanciert, eine Koryphäe auf seinem<br />
Gebiet und durch Funk und<br />
Fernsehen über die Landesgrenzen<br />
hinaus populär. Der St<strong>of</strong>f, der<br />
ihn in den Fokus der Öffentlichkeit<br />
rückte, ist handelsübliches<br />
DDR-„Fit“, vom VEB Fettchemie<br />
Karl-Marx-Stadt/Hirschfelde hergestellt.<br />
Das Spülmittel diente dem Kommissar<br />
als Effektverstärker für<br />
eine Substanz namens Luminol.<br />
Diese wird bei der Spurensicherung<br />
für den Nachweis von Blutresten<br />
eingesetzt. Auch bereits<br />
weggewischte Blutspuren können<br />
Jahre später mithilfe der<br />
Substanz wieder sichtbar<br />
gemacht werden. Unter Zugabe<br />
von Wasserst<strong>of</strong>fperoxid wird die<br />
Substanz auf die zu untersuchenden<br />
Flächen gesprüht.<br />
Befinden sich darauf auch nur<br />
kleinste Blutspuren kommt es<br />
zu einer sichtbaren Fluoreszenz.<br />
Diese bläuliche Chemolumineszenz<br />
leuchtet jedoch nur kurz<br />
auf, was die fotographische<br />
Beweissicherung erschwert.<br />
Um das magische Leuchten<br />
sowohl zu intensivieren als auch<br />
zu verlängern, experimentierte<br />
Olth<strong>of</strong>f mit DDR-„Fit“. Das Verfahren<br />
scheint den gewünschten<br />
Effekt zu erzielen und<br />
wird schließlich in der Fachabteilung<br />
für Kriminaltechnik<br />
der <strong>Rostock</strong>er Polizei gängige<br />
Praxis. Später geht es als<br />
<strong>Rostock</strong>er Methode in die<br />
Polizei-Lehrbücher ein. Olth<strong>of</strong>f<br />
lacht und winkt ab. Er ist vor<br />
wenigen Monaten in Pension<br />
gegangen. Die kriminaltechnischen<br />
Anfänge hat er noch gut<br />
vor Augen: erst die empfindlichen<br />
Fotoapparate, dann die 8mm-Filmkamera,<br />
„ein olles Russending<br />
mit nur 30 Meter Film<br />
drauf“. Oder die polnischen<br />
Steckschablonen zur Phantombilderstellung.<br />
Geheimnisvolles „Fit“<br />
Dem Luminol-Kommissar<br />
auf der Spur<br />
Zu DDR-Zeiten war Olth<strong>of</strong>f im 24-<br />
Stunden-Bereitschaftsdienst für<br />
den Bezirk <strong>Rostock</strong> zuständig.<br />
„Das war ein Leben auf dem<br />
Sprung“, sagt er knapp. Wurde er<br />
samstags und sonntags mal nicht<br />
zum Dienst gerufen, fuhr er trotzdem<br />
in den Sektionssaal,„um dort<br />
mit den Kollegen neue Methoden<br />
durchzuexerzieren“. Um vor<br />
Gericht Beweisfilme vorführen zu<br />
dürfen, legte er ihm Theater des<br />
Friedens eine Prüfung zum Filmvorführer<br />
ab. Er absolvierte neben<br />
Kamera- und Fotokursen, Lehrgänge<br />
bei Präparatoren und ließ<br />
sich, wann immer er etwas ganz<br />
genau wissen wollte, von einem<br />
Fachmann seiner Wahl unterweisen.<br />
Er hat seinen Job nie als<br />
Beruf, sondern als Berufung verstanden.<br />
Seine Frau habe ihm<br />
dafür den Rücken freigehalten<br />
und die drei Jungs erzogen.<br />
„Fit“-Spülmittel aus DDR-Zeiten wird in den Beständen der Polizeidirektion<br />
<strong>Rostock</strong> gelagert.Verdünnt man wenige Tropfen mit der chemischen<br />
Verbindung Luminol lassen sich alte Blutspuren wieder sichtbar machen.<br />
Seiner Wissbegierde und dem<br />
ehrgeizigen Fleiß folgte Schritt<br />
für Schritt der berufliche Aufstieg.<br />
Dennoch blieben seine Verdienste<br />
außerhalb der polizeibehördlichen<br />
Mauern unbeachtet.<br />
Bis zu jenem Tag, an dem er die<br />
geheimnisvolle „Fit“-Wirkung<br />
gegenüber einem Bild-Reporter<br />
beiläufig erwähnte. Die Nachricht<br />
verbreitete sich wie ein<br />
Lauffeuer. Das Interesse der<br />
Medien war riesig <strong>–</strong> in der Polizeidirektion<br />
<strong>Rostock</strong> gaben sich<br />
Journalisten aus halb Europa die<br />
Klinke in die Hand. Hartmut<br />
Olth<strong>of</strong>f wurde berühmt und<br />
dass, obwohl er es „mit der Presse<br />
eigentlich nicht so hat und<br />
lieber in Ruhe seine Arbeit<br />
macht“.<br />
Ein ebenfalls prominenter Kollege,<br />
der medienaffine Kriminalbiologe<br />
Dr. Mark Benecke, war es dann<br />
aber, der ihn „ein wenig verschnupfte“.<br />
Er hatte in einer wissenschaftlichen<br />
Abhandlung die<br />
Wirkung des Spülmittels „Fit“ auf<br />
die Fluoreszenz untersucht. In der<br />
vorgelegten Arbeit heißt es: „Es<br />
fanden sich keine Inhaltsst<strong>of</strong>fe in<br />
der alten „Fit“-Version, die den<br />
berichteten Effekt der Intensivie-<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
ung und gleichzeitigen Verlängerung<br />
bewirken würde.“ Damit war<br />
das DDR-Fit entzaubert, der<br />
Mythos zerstört. Olth<strong>of</strong>f zuckt mit<br />
den Schultern und grinst:„Ich habe<br />
nur gesagt, dass unter den damaligen<br />
technischen Bedingungen das<br />
Leuchten der Fluoreszenz besser<br />
auf Fotopapier zu bahnen war.<br />
Mehr nicht“. Inzwischen ist der<br />
kleine Disput vergessen.<br />
Hartmut Olth<strong>of</strong>f hat sich auf<br />
seinem Wissen nie ausgeruht. Er<br />
war ständig unterwegs, um<br />
Neues zu lernen. 2006 flog er ins<br />
Thailändische Phuket. Dort<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
Hartmut Olth<strong>of</strong>f im Overall. Er gehört zur<br />
kriminalpolizeilichen Standardausrüstung.<br />
identifizierte er mit einem internationalen<br />
Team die letzten Tsunami-Opfer.<br />
Das Ganze habe<br />
ihm nichts ausgemacht, sagt er.<br />
„Die harte Dusche am Anfang<br />
war für mich gerade das Richtige.“<br />
Dann atmet er tief aus und<br />
spricht über das permanente<br />
Ausblenden von Emotionen, von<br />
seinem Enkel, mit dem er jetzt<br />
viel Zeit verbringen will. Er<br />
möchte seinen Hobbys, wie dem<br />
Krimilesen, nachgehen und<br />
natürlich die ihm angebotene<br />
Dozentenstelle an der Polizeischule<br />
Güstrow antreten.<br />
Text/Fotos: Susanne Walter
30<br />
THEATER<br />
Georg Kreisler Foto: Frank Schlößer<br />
„Ich freu mich auf<br />
Corny und <strong>Rostock</strong>“<br />
Am 14. November hat die Oper<br />
„Das Aquarium oder die Stimme<br />
der Vernunft“ des österreichischen<br />
Komponisten, Satirikers, Schriftstellers<br />
und Chansonniers Georg<br />
Kreisler uraufgeführt.<br />
Georg Kreisler, ich darf Ihnen eine<br />
schönen Gruß von Corny Littmann<br />
übermitteln, der Ihre Oper inszenieren<br />
wird. Er hat ein wenig Angst,<br />
dass Sie ihm beim Proben zu sehr<br />
über die Schulter schauen.<br />
Danke für den Gruß, ich freu<br />
mich auf Corny und <strong>Rostock</strong>. Aber<br />
seine Angst ist unbegründet. Ich<br />
werde sicher ein paar Tage früher<br />
in <strong>Rostock</strong> sein und natürlich als<br />
Ansprechpartner zur Verfügung<br />
stehen. Vor allem für Peter Leonard<br />
und das Orchester, falls es<br />
Fragen mit der Partitur gibt. Aber<br />
ich werde niemandem dreinreden.<br />
Außerdem: „Das Aquarium“<br />
ist eine absurde Oper, da ist jede<br />
Idee erlaubt. Und Corny Littmann<br />
ist ein guter Regisseur, ich kenne<br />
seine Inszenierungen, die haben<br />
mir gefallen und vertraue ihm<br />
voll und ganz.<br />
Sie haben mal ein Lied geschrieben,<br />
das ihr gebrochenes Verhältnis zu<br />
Oper beschreibt, den „Opernboogie“.<br />
Jetzt haben sie selbst eine komponiert.<br />
Wie geht das zusammen?<br />
Das sehen Sie falsch: Ich habe mit<br />
acht Jahren den „Freischütz“ gesehen<br />
und seitdem liebe ich die Oper.<br />
Der Opernboogie ist schon sehr alt,<br />
den habe ich ja schon in Amerika<br />
auf Englisch gesungen, also vor<br />
1955. Das Lied kritisiert aber nicht<br />
die Oper, sondern den ganzen<br />
Betrieb drumherum, die Eitelkeiten<br />
der Dirigenten, Musiker, Sänger<br />
und vor allem des Publikums. Ich<br />
habe das gerade wieder bei den<br />
Salzburger Festspielen gesehen:<br />
Die richtige Garderobe ist vielen<br />
wichtiger als die Aufführung.<br />
Man kennt Sie kaum als Komponist<br />
von Opern, immer nur als den Taubenvergifter<br />
mit den bösen Liedern.<br />
Ist das schlimm, wenn man Sie<br />
immer wieder auf Ihre Lieder<br />
anspricht?<br />
Überhaupt nicht, ich hab sie ja<br />
geschrieben, ich kann zu ihnen stehen.<br />
Und die Tauben sind ja doch<br />
nicht weniger geworden über all<br />
die Jahre. Was das Publikum<br />
betrifft, so ist das völlig in Ord-<br />
nung, es ist ein Kompliment für<br />
mich und die Lieder, dass sie so<br />
lange überlebt haben. Aber ich<br />
gebe zu, dass es kaum hilft, wenn<br />
es darum geht, Opern zur Aufführung<br />
zu bringen. Dann heißt es<br />
bei den Intendanten immer: Der<br />
Kreisler soll seine Lieder singen<br />
und nicht mit modernen, absurden<br />
Opern die Leute erschrecken. Dabei<br />
läuft mein Musical „Adam Schaf<br />
hat Angst“ mit Tim Fischer recht<br />
gut und „Heute abend: Lola Blau“<br />
ist auch ziemlich <strong>of</strong>t zu sehen.<br />
Wie kamen Sie dann zu Peter Leonard?<br />
Sie haben ja einen amerikanischen<br />
Pass. Waren das vielleicht<br />
Beziehungen von einem Amerikaner<br />
zum anderen?<br />
Nein, das spielt keine Rolle. Corny<br />
Littmann hat uns in Hamburg<br />
am Rande einer Lesung einander<br />
vorgestellt, dabei haben wir über<br />
die Oper gesprochen, Peter Leonard<br />
zeigte Interesse. Das ist<br />
alles. Es hätte genausogut ein<br />
deutscher Regisseur oder Intendant<br />
sein können.<br />
Trotzdem: <strong>Rostock</strong>. Einem Georg<br />
Kreisler müsste man doch schon die<br />
Opern aus der Hand reißen, wenn<br />
sie noch gar nicht fertig sind: Für die<br />
großen Häuser in Wien, Berlin und<br />
Zürich.<br />
Das möchte man glauben, aber<br />
dem ist nicht so. Früher fuhren die<br />
Intendanten und Regisseure<br />
durchs Land und suchten nach<br />
neuen, originellen Stücken. In den<br />
großen Städten wird das heute<br />
unter der Hand verschoben, da<br />
geht es eher um Postenschacher<br />
und Geld als um Kunst. Wie risik<strong>of</strong>reudig<br />
kann denn ein Intendant<br />
heute noch sein, wenn sein Theater<br />
von Subventionen abhängig<br />
ist? Für den ist doch die Meinung<br />
des Kulturministers wichtiger, und<br />
der bildet sich die Meinung nach<br />
dem, was er in der Zeitung liest. Ob<br />
das Stück dem Publikum gefällt, ob<br />
die Leute ins Theater kommen <strong>–</strong><br />
das interessiert immer weniger.<br />
Nun, man weiß doch, dass Sie Probleme<br />
haben mit denen, die heute<br />
darüber entscheiden, was auf deutschen<br />
Bühnen gespielt wird...<br />
Ich bin ein alter Mann, ich habe mit<br />
meinen Beinen Probleme. Aber<br />
nicht mit anderen Leuten. Das ist<br />
ein hartnäckiges Gerücht unter<br />
Journalisten. Ich gebe zu, dass es<br />
Leute gibt, die mit mir Probleme<br />
haben. Weil ich zu makaber wäre<br />
oder zu aggressiv oder sonstwas.<br />
Ich hab da inzwischen Gelassenheit<br />
entwickelt. Zur Gelassenheit<br />
sind aber die Medien nicht fähig,<br />
die brauchen immer irgendeinen<br />
blöden Streit. Der Schriftsteller<br />
Daniel Kehlmann hat in seiner<br />
wunderbaren Eröffnungsrede der<br />
Salzburger Festspiele das moderne<br />
Regie<strong>the</strong>ater kritisiert, bei dem die<br />
Regisseure meinen, sie müssten<br />
sich mit ihren Mätzchen über die<br />
Intention des Autors erheben. Da<br />
sind sie von allen Seiten über ihn<br />
hergefallen! Dabei hat er nur<br />
gesagt, was er meinte, sachlich<br />
und begründet. Kaum einer hatte<br />
die Rede gelesen, das lief nur über<br />
die Presse und ein paar Zitate:<br />
Plötzlich haben die Leute Probleme<br />
mit Daniel Kehlmann <strong>–</strong> aber da<br />
sind eigentlich keine.<br />
Dass Corny Littmann aus ihrem<br />
Stück etwas macht, mit dem Sie<br />
nicht einverstanden sind, diese<br />
Befürchtung haben sie nicht?<br />
Nein. Der Unterschied ist: Corny<br />
Littmann versteht sein Handwerk.<br />
Und er kann komische Vorlagen<br />
komisch inszenieren. Das können<br />
die Regisseure des Regie<strong>the</strong>aters<br />
nicht. Und sie wollen es nicht, denn<br />
deren Intention ist die Zerstörung<br />
des Autors. Heraus kommt belangloses<br />
Zeug. Mit ein paar Skandalen<br />
- damit die Presse was zu schreiben<br />
hat. Was wiederum die Publicity<br />
erhöht. Die jungen Leute aber, die<br />
Shakespeare kennenlernen möchten,<br />
kommen aus dem Theater und<br />
denken: Shakespeare ist blöd, oberflächlich<br />
und langweilig. Und<br />
gehen beim nächsten Mal ins Kino.<br />
Zwei Tage vor der Premiere des<br />
„Aquariums“ stellen Sie den<br />
<strong>Rostock</strong>ern Ihr Buch „Letzte Lieder“<br />
vor. Was steht da drin?<br />
Das ist wirklich meine Autobiografie.<br />
Natürlich nicht chronologisch,<br />
dafür gibt es das Buch „Georg<br />
Kreisler gibt es gar nicht“ von<br />
Hans-Juergen Fink und Michael<br />
Seufert. So wie die beiden das aufgeschrieben<br />
haben, könnte ich das<br />
gar nicht. Nein, in „Letzte Lieder“<br />
geht es um meine Erinnerungen,<br />
Gedanken und Betrachtungen.<br />
Und ihr letztes Lied?<br />
Das steht dort noch nicht drin!<br />
Georg Kreisler, danke für das<br />
Gespräch. Frank Schlößer<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
Widerborstig und unangepasst<br />
Der Hamburger Theaterbesitzer,<br />
Präsident des FC St. Pauli und<br />
Regisseur Corny Littmann wird<br />
am <strong>Rostock</strong>er Volks<strong>the</strong>ater die<br />
Uraufführung von Georg Kreislers<br />
Oper„Das Aquarium oder die<br />
Stimme der Vernunft“ inszenieren.<br />
„<strong>Rostock</strong> <strong>delüx</strong>“ besuchte<br />
ihn.<br />
Corny Littmann, Sie haben noch<br />
nie eine Oper inszeniert, und dann<br />
gleich von Georg Kreisler. Haben<br />
Sie nicht ein bisschen Angst?<br />
Nein. Georg Kreisler hat meine<br />
Inszenierungen gesehen, es hat<br />
ihm gefallen, wir sind auch <strong>–</strong> in<br />
Bezug auf den Humor, die Intention,<br />
die Musik <strong>–</strong> auf einer Wellenlänge.<br />
Das ist ja nicht unwichtig.<br />
Aber es gibt natürlich ein<br />
paar Unwägbarkeiten bei dieser<br />
Inszenierung: Ich habe ein neues<br />
Team, ich begebe mich in den<br />
Betrieb eines städtischen Theaters<br />
mit seinen Plänen, Abteilungen<br />
und Zuständigkeiten. Da<br />
muss ich sehen, wie ich zurechtkomme,<br />
das bin ich nicht<br />
gewohnt. Ich habe nur vor einer<br />
Sache ein wenig Angst: Dass sich<br />
Georg Kreisler mit in die Endproben<br />
setzt und mir Tipps für die<br />
Inszenierung gibt...<br />
Woher kennen Sie Georg Kreisler?<br />
Ich bin seit Ewigkeiten ein glühender<br />
Fan von Georg Kreisler,<br />
ich hüte seine Platten und kenne<br />
viele seiner Lieder. Ich muss ihn<br />
so Anfang der 70er Jahre kennengelernt<br />
haben...<br />
Ach, so lange schon?<br />
Natürlich nicht persönlich! Das<br />
war erst vor einigen Jahren in<br />
Hamburg. Als die beiden Journalisten<br />
Hans-Juergen Fink und<br />
Michael Seufert seine Biografie<br />
„Georg Kreisler gibt es gar nicht“<br />
vorstellten, hat uns Tim Fischer<br />
miteinander bekanntgemacht.<br />
Und dann stand fest, dass er sein<br />
Ein-Mann-Musical „Adam Schaf<br />
hat Angst“ gern selbst inszenieren<br />
würde, nachdem die Uraufführung<br />
im Berliner Ensemble so<br />
danebengegangen war. Und<br />
eines weinseligen Abends bekam<br />
ich einen Anruf aus München, ob<br />
er das nicht im Schmidt-Theater<br />
machen könne. Und das war<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
natürlich die Erfüllung eines<br />
Jugendtraumes für mich.<br />
Was mögen Sie an Kreisler?<br />
Dass er über all die Jahre hinweg<br />
so widerborstig und unangepasst<br />
geblieben ist. Dieser hervorragende<br />
Komponist, brillanter<br />
Texter und <strong>–</strong> bis vor wenigen<br />
Jahren <strong>–</strong> großartige Interpret<br />
hätte sich mit ein wenig mehr<br />
Ranschmeißen an die Plattenindustrie<br />
und ans Fernsehen ein<br />
Riesenpublikum erarbeiten können.<br />
Er hat das aber nie getan,<br />
sich entweder widersetzt oder<br />
er hat seine Bedingungen<br />
gestellt. Das ist mir sehr nah.<br />
Georg Kreislers Bekann<strong>the</strong>it ist<br />
zwar gewachsen, und natürlich<br />
gibt es Plattenaufnahmen und<br />
Fernsehauftritte. Aber der Kreis<br />
seiner Fans ist immer begrenzt<br />
geblieben, sein Publikum bleibt<br />
bis heute ein spezielles.<br />
Das Schmidt-Theater an der Reeperbahn<br />
ist bekannt für Stücke,<br />
die sehr lange sehr erfolgreich<br />
laufen. Sie haben in beiden Häusern,<br />
dem Schmidt Theater und<br />
Schmidt‘s Tivoli, täglich über 1000<br />
Plätze zu besetzen und sind mit<br />
rund 90 Prozent ausgelastet. Wie<br />
machen sie das?<br />
Das muss man sich <strong>–</strong> selbst in<br />
einer Stadt wie Hamburg - lange<br />
erarbeiten und dann darf man<br />
natürlich nicht locker lassen.<br />
Wenn ich zum Beispiel eine<br />
Schlager-Revue inszeniere, dann<br />
weiß das Publikum, dass es mitsingen<br />
kann, aber dass es natürlich<br />
erlaubt ist, sich über<br />
bestimmte Textzeilen zu amüsieren:<br />
„Er gehört zu mür wie<br />
mein Name an der Tür“ <strong>–</strong> das ist<br />
überwältigend! Ich bin erst im<br />
reiferen Alter, mit der Distanz<br />
von zwei Jahrzehnten ein Verehrer<br />
von Marianne Rosenberg<br />
geworden, aber dafür umso heftiger.<br />
Natürlich tritt in der Revue<br />
„Karacho“ auch ein Heino auf,<br />
der gehört einfach dazu. Aber<br />
mit seinem Lied „Karamba, Karacho,<br />
ein Whisky“ kommt er nicht<br />
weit - dann explodiert immer<br />
irgendwas. Er kann einem leid<br />
tun. Statt dessen freut sich das<br />
Publikum jedes Mal. Selbst<br />
wenn es nach dem dritten<br />
Vorhang auf für Corny Littmann am<br />
<strong>Rostock</strong>er Volks<strong>the</strong>ater.<br />
Foto: Frank Schlößer<br />
Besuch keine wirklichen Überraschungen<br />
mehr gibt.<br />
Ihr „Caveman“ lief um die<br />
800mal...<br />
Und läuft auch weiter im<br />
Schmidt‘s Tivoli. Caveman ist<br />
eben ein gutes Stück, leicht, temporeich<br />
und intelligent. Deshalb<br />
funktioniert es auch mit den vielen<br />
anderen „Cavemen“, die in<br />
der Bundesrepublik unterwegs<br />
sind. Aber haben wir das Glück,<br />
dass wir sozusagen das deutsche<br />
Original verpflichten konnten:<br />
Kristian Bader hat das englische<br />
Stück von Rob Becker übersetzend<br />
bearbeitet, Es<strong>the</strong>r Schweins<br />
hat bei ihm Regie geführt.<br />
Ihre beiden Theater befinden sich<br />
mitten auf der Amüsiermeile von<br />
Sankt Pauli, sozusagen zwischen<br />
Puffs und Striptease-Lokalen.<br />
THEATER<br />
Färbt dieses anrüchige Rotlicht-<br />
Milieu nicht auf Ihre Häuser ab?<br />
Nein, das ist so gewachsen. Man<br />
kennt sich eben. Man kennt seine<br />
Nachbarn, man weiß, in welcher<br />
Striptease-Bar auch erotische<br />
Literatur gelesen wird. Und wo<br />
nicht. Die Grenzen sind fließend,<br />
das stimmt <strong>–</strong> aber niemand wird<br />
gezwungen, nach einem Besuch<br />
im Tivoli noch woanders hin zu<br />
gehen.<br />
Georg Kreisler hat in Ihrem Theater<br />
inszeniert, Sie wussten, dass er<br />
an einer Oper schreibt. Warum<br />
haben sie die Uraufführung nicht<br />
zu sich ins Schmidt-Theater<br />
geholt?<br />
Theoretisch hatte ich diese Chance.<br />
Praktisch nicht. Ich habe hier<br />
wunderbare Musical-Sängerinnen<br />
und Sänger. Aber die kann<br />
ich nicht einfach Oper singen lassen,<br />
das ist eine andere Technik.<br />
Umgekehrt funktioniert das -<br />
manchmal. Das ist der eine<br />
Grund. Der andere: Eine Oper<br />
gehört in ein Opernhaus. In diesem<br />
Fall in ein Mehrspartenhaus,<br />
in dem aber die Oper einen festen<br />
Platz hat. Das Schmidt-Theater<br />
ist anders pr<strong>of</strong>iliert: Bei uns<br />
gibt es musikalisches Unterhaltungs<strong>the</strong>ater.<br />
Wir haben mit großem<br />
Erfolg das Singspiel „Im weißen<br />
Rößl“ von Benatzky<br />
aufgeführt, aber das liegt schon<br />
ziemlich am Rand unserer Bandbreite.<br />
Sie hatten aber doch schon „Carmen“<br />
im Programm...<br />
Ich bitte Sie: Das Stück hieß„Marlene<br />
Jaschke ist Carmen“! Es lief<br />
erfolgreich, war über 100mal<br />
ausverkauft. Aber das war auch<br />
das letzte Mal, dass ich ein<br />
Orchester engagiert habe: Punkt<br />
13 Uhr war Mittagspause und die<br />
Probe war zu Ende! So kann ich in<br />
meinem Theater nicht arbeiten.<br />
Inzwischen haben wir ein eigenes<br />
Orchester, das allerdings viel<br />
zu klein ist für diese Oper. Ehrlich:<br />
Ich kam gar nicht auf die Idee,<br />
das „Aquarium“ bei mir zu inszenieren.<br />
Umso schöner ist es,<br />
wenn ich in <strong>Rostock</strong> die Möglichkeit<br />
dazu habe.<br />
Frank Schlößer<br />
31
32<br />
KUNST<br />
Redakteur Jan-Peter Schröder<br />
schwingt bereits zum dritten<br />
Mal den Hammer bei der OZ-<br />
Kunstauktion.<br />
„Wir sind ja nicht bei So<strong>the</strong>bys.“<br />
Auktionator Jan-Peter Schröder<br />
sagt das nicht mit Bescheidenheit,<br />
sondern mit einem amüsierten<br />
Unterton:„Bei uns gibt es<br />
immer noch einen Schnack zu<br />
den Exponaten, dazu musikalische<br />
Pausen und ein Gläschen<br />
Wein.“ Inzwischen steht die 17.<br />
Kunstauktion der Ostsee-Zeitung<br />
ins Haus und so wichtig es im<br />
Laufe der Zeit es auch geworden<br />
ist, Geld für die Künstler und für<br />
den guten Zweck einzuspielen -<br />
Kern der Kunstbörse ist eine journalistische<br />
Aktion. „Wir wollten<br />
dafür sorgen, dass die Künstler<br />
des Bundeslandes bekannter<br />
werden. Für uns war die Artikelserie,<br />
die jährlich vor der Auktion<br />
in der Ostsee-Zeitung erscheint,<br />
wichtiger als die Auktion. Erst im<br />
Laufe der Zeit hat sie sich zum<br />
Schwerpunkt entwickelt, wir<br />
haben unsere Veröffentlichungen<br />
auf sie ausgerichtet.“ Selten<br />
genug, dass Public Relations und<br />
gediegener Kulturjournalismus<br />
heutzutage die Chance zu so<br />
einer stimmigen Symbiose<br />
bekommen. Der Kunstverein zu<br />
<strong>Rostock</strong> übernimmt einen großen<br />
Teil der Organisationsarbeit,<br />
der Künstlerbund MV ist an der<br />
Vorauswahl beteiligt.<br />
Zuschlag für alle<br />
17. Kunstauktion der Ostsee-Zeitung am 5. Dezember<br />
Harald Metzkes:„Morgenbad in Lütten Ort“ (1970),<br />
Öl auf Leinwand, 30cm x 40cm. Ab 2100 Euro<br />
In diesem Jahr haben sich Redakteur<br />
Jan-Peter Schröder, Kulturjournalistin<br />
Brigitta Meuche und<br />
der Fotograf Thomas Häntzschel<br />
gemeinsam auf eine Tour zu 13<br />
Künstlern gemacht: Arbeiten<br />
gesichtet, die Exponate für die<br />
Auktion ausgewählt und über<br />
Pläne gesprochen. Schöne vier<br />
Tage seien es gewesen, getragen<br />
von kreativem, durchaus ergebnisorientiert<br />
ausgetragenem<br />
Gesprächen: „Wir haben von<br />
allen drei repräsentative Arbeiten<br />
bekommen. Dazu noch kleinere<br />
Stücke, die wir zu niedrigschwelligen<br />
Einstiegspreisen<br />
anbieten können.“ Als Köder?<br />
Auktionator Jan-Peter Schröder<br />
lacht und gibt mit entwaffnender<br />
Bereitwilligkeit Auskunft<br />
über seine Strategie: Die Architektur<br />
des Foyers der Hochschule<br />
für Musik und Theater, die lockere<br />
Stimmung mit Musik, Wein,<br />
Andrea Schürgut:„Zwei“ (2008), Steinzeug und Muscheln, 20 cm hoch. Ab 180 Euro<br />
Schnittchen und ein plaudernder<br />
Auktionator sollen die Portemonnaies<br />
öffnen - schließlich gehen<br />
alle Erlöse, die über das Einstiegsgebot<br />
hinaus erzielt werden, an<br />
den Verein „Ferien für die Kinder<br />
von Tschernobyl“. Viele Gäste<br />
werden sich in der Kunstbörsen-<br />
Ausstellung vorab darüber informieren,<br />
welche Künstler mit welchen<br />
Werken vertreten sind.<br />
Etliche werden mit einem Ziel zur<br />
Auktion kommen, einige werden<br />
nur zuschauen. „Und dann gibt<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
Falko Behrendt:<br />
„Des Kaisers neue Kleider“ (2003),<br />
Farbradierung 40cm x 30cm.<br />
Ab 220 Euro.<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
Ute Gallmeister:„o.T.“ (2009),<br />
Tusche, Acryl, Kreide auf Leinwand 20cm x 30cm. Ab 120 Euro.<br />
es noch die, die nicht zuschauen,<br />
sondern mal gucken wollen. Für<br />
die sind die kleinen, zauberhaften<br />
Stücke gedacht.“<br />
Jan-Peter Schröder ist sicher, dass<br />
die Kraft des Originalen seine<br />
Wirkung entfalten wird: „Natürlich<br />
kann man daran glauben,<br />
dass eine gute Reproduktion von<br />
Munchs ‚Schrei‘ auch ihren Wert<br />
hat. Aber zu einem Original hat<br />
man eine andere, eine viel stärke-<br />
re Beziehung. Das ist kein Wandschmuck<br />
mehr und keine kunstpädagogische<br />
Anschaffung. Eine<br />
eigene Plastik, ein eigenes Bild<br />
verändert seinen Besitzer. Einen<br />
Kunstkauf bereut man niemals.<br />
Aber der Zuschlag bei einer<br />
Kunstauktion - das ist noch viel<br />
besser.“<br />
Frank Schlößer<br />
Thomas Häntzschel (Fotos)<br />
KUNST<br />
Bei der 17. Kunstauktion der Ostsee-Zeitung<br />
am 5. Dezember ab<br />
19 Uhr (Einlass) im Foyer der<br />
Hochschule für Musik und<br />
Theater sind folgende Künstler<br />
mit ihren Arbeiten vertreten:<br />
Gün<strong>the</strong>r Rösler (Fotografie)<br />
Harald Metzkes (Malerei/Grafik)<br />
Andrea Schürgut (Keramik)<br />
Falko Behrendt (Malerei/Grafik)<br />
Biene Feldt (Malerei/Grafik)<br />
Thomas Sander (Videokunst)<br />
Udo Richter (Metall)<br />
Susanne Feldt (Malerei/Grafik)<br />
Ute Gallmeister (Malerei/Grafik)<br />
Jana Vagt (Schmuck)<br />
Silke Paustian (Fotografie)<br />
Joachim Lautenschläger<br />
(Malerei / Grafik)<br />
Gertraud Wendland (Plastik)<br />
Die Ausstellung mit den Exponaten<br />
der Kunstbörse der Ostsee<br />
Zeitung ist ab dem 16. November<br />
im Kreuzgang der HMT zu sehen.<br />
Kataloge für die Kunstauktion<br />
kann man anfordern unter kultur@ostsee-zeitung.de.<br />
33
34<br />
WIRTSCHAFT<br />
Liebe<br />
Obwohl seit Wochen kein Tropfen<br />
Regen gefallen und laut Wetterbericht<br />
auch keiner zu erwarten ist,<br />
verlässt Heide Olsen das Haus<br />
stets unter aufgespanntem<br />
Schirm. Der Grund: Die Sonne am<br />
Himmel über Abu Dhabi brennt<br />
bis in den Spä<strong>the</strong>rbst hinein mit<br />
unverminderter Kraft. Tagestemperaturen<br />
von über 40 Grad sind<br />
hier normal. ,,Man gewöhnt sich<br />
an die Hitze“, so die ehemalige<br />
<strong>Rostock</strong>erin, die Anfang der 90er<br />
Jahre ,,aus Liebesgründen“ nach<br />
Norwegen umgezogen war.<br />
Diese Liebe hat sie mehr als fünfzehn<br />
Jahre später bewogen, ihren<br />
Ehemann für knapp zwei Jahre in<br />
die Hauptstadt der Vereinigten<br />
Arabischen Emirate (VAE) zu<br />
begleiten. Kjell Einar Olsen ist<br />
sicher etlichen ehemaligen Warnow-Werftlern<br />
als Mitarbeiter von<br />
Norske Veritas (DNV) bekannt.<br />
1865 in Oslo als Stiftung gegründet,<br />
agiert die renommierte Klassifikationsgesellschaft<br />
bei mehr als<br />
18 Prozent der Weltflotte mit dem<br />
Zielen: Schutz von Leben, Eigentum<br />
und Umwelt. Der Schiffbauinge-<br />
zwischen Fjord und Wüste<br />
nieur Olsen mit Diplom der Universität<br />
Strathclyde in Glasgow stieg<br />
1964 bei DNV ein und arbeitete in<br />
diesem Sinne rund um den Globus,<br />
in den 70er Jahren auch auf der<br />
Warnow-Werft, klassifizierte, unter<br />
anderem Schiffe für Indien, Singapore<br />
und Norwegen. ,,Tüchtige<br />
Leute in Warnemünde. Erstaunlich,<br />
wie sie sich damals bei den allzu<br />
häufigen Engpässen zu helfen<br />
wussten“, schickt er noch heute ein<br />
Kompliment an die Warnow.<br />
Der Auftrag aber, der Kjell Einar und<br />
Heide Olsen nun nach Abu Dhabi<br />
führte, ist selbst für den erfahrenen<br />
Spezialisten Neuland und eine<br />
enorme Herausforderung: Die blutjunge<br />
emiratische Werft als Teil der<br />
weltweit agierenden Yachtbau-<br />
Organisation Abu Dhabi Mar, neuerdings<br />
auch Besitzer der renommierten<br />
Nobiskrugwerft in<br />
Rendsburg, debütiert spektakulär<br />
mit dem Umbau zweier ehemaliger<br />
Fregatten der Königlichen<br />
Marine der Niederlande <strong>–</strong> später<br />
von der Marine der VAE übernommen<br />
<strong>–</strong> zu Megayachten mit den<br />
Arbeitsnamen Swift (Seeschwalbe)<br />
141 und Swift 135. Mit 141 Metern<br />
und 135 Metern Länge, jeglicher<br />
technischen Finesse, dem futuristischen<br />
Design des berühmten Pierrejean<br />
Design-Studio Paris und<br />
ihrer geradezu märchenhaften<br />
Ausstattung, sollen die beiden Seeschwalben<br />
vordere Plätze in der<br />
Hitliste der Luxusyachten der Welt<br />
einnehmen.<br />
Auftraggeber ist ein Mitglied des<br />
Herrscherhauses. Das ehrgeizige<br />
Projekt ist schiffbautechnisch ein<br />
Novum. Doch sollen hier <strong>of</strong>fensichtlich<br />
auch politisch Zeichen<br />
gesetzt werden: Schwerter zu<br />
Pflugscharen! Bei den Kosten allerdings<br />
auf emiratische Art. Außerdem<br />
demonstriert Seine Hoheit<br />
Umweltbewusstsein mit seiner<br />
Forderung, so viel Material der Fregatten<br />
wie möglich wieder zu verwenden,<br />
um die Gesamtenergiebilanz<br />
des Projekts zu verbessern. Mit<br />
solcherart Auflage pr<strong>of</strong>iliert sich<br />
Abu Dhabi einmal mehr als Sitz der<br />
Internationalen Agentur für Erneuerbare<br />
Energien IRENA (International<br />
Renewable Energy Agency),<br />
wenn auch im weiteren Sinne.<br />
In die neuen Yachten integriert<br />
würden die Propellerwellen, Propeller,<br />
Ruder und die stählernen<br />
Rümpfe der Fregatten, ist vor Ort<br />
von Projektmanager Johan<br />
Valentijn von Logistics International<br />
SAL zu erfahren, die sich<br />
Abu Dhabi Mar mit ins Boot<br />
geholt hat.<br />
„Weil in einer Yacht mehr Platz<br />
benötigt wird als in den schmalen<br />
Kriegsschiffen, haben wir einige<br />
nicht tragende Schotts raus<br />
genommen. Die Aufbauten seien<br />
Sandwich-Konstruktionen aus<br />
den USA, zusammengeklebt mit<br />
Epoxidharz “, detailliert der<br />
Holländer Valentijn. Um auch<br />
während der Fahrt Energie zu<br />
sparen, würden die Turbinen der<br />
Kriegsschiffe durch hocheffiziente<br />
Dieselmotoren ersetzt. ,,Sie verbrauchen<br />
nur noch ein Drittel der<br />
herkömmlichen Menge an Treibst<strong>of</strong>f<br />
und werden von der MTU<br />
GmbH mit Sitz im deutschen Friedrichshafen<br />
gebaut.“ Die Ausstattung<br />
eines der sechs Decks<br />
käme komplett aus der deutschen<br />
Werkstatt des Schweizer<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
Unternehmens Metrica interior,<br />
ist von dem Projektmanager auf<br />
Nachfrage nach Aufträgen an<br />
weitere Betriebe zu erfahren. Die<br />
Teppiche, allesamt handgetufft<br />
und Einzelstücke selbstverständlich,<br />
liefere die OT Oliver Treutlein<br />
GmbH mit Sitz im nordrheinwestphälischen<br />
Meerbusch.<br />
Weltweit sind mehr als 50 Firmen<br />
aus aller Welt in den Bau von<br />
Swift 141 und Swift 135 involviert,<br />
außer emiratischen, deutschen,<br />
holländischen, amerikanischen,<br />
französischen auch australische,<br />
neuseeländische, finnische und<br />
spanische. Die Konzeption für die<br />
Stahlkonstruktionen, die altes<br />
und neues vereinen, entstanden<br />
auf den Reißbrettern kroatischer<br />
Fachleute. ,,Wir haben in Abu<br />
Dhabi hervorragende Fachleute<br />
für Technik und Verwaltung, und<br />
wir beauftragen nur weltweit<br />
führende Fachfirmen für Konstruktion,<br />
Engineering und Innenausstattung<br />
...“, betont Luuk V.<br />
van Zanten, Marketing-Direktor<br />
von Abu Dhabi MAR, auf der letzten<br />
Monaco Yacht Show.<br />
Nach Einschätzung von Johan<br />
Valentijn sind 850 Menschen aus<br />
vieler Herren Länder mittelbar und<br />
unmittelbar bei dem Seeschwalben-Projekt<br />
in Lohn und Brot. Beispielsweise<br />
kommt Mergrace<br />
Dawinan, seine Sekretärin und<br />
rechte Hand, von den Philippinen.<br />
„Es ist wahnsinnig spannend und<br />
interessant, solch ein Vorhaben von<br />
der Pike auf zu begleiten, ein<br />
Traumjob“ schwärmt die 27jährige,<br />
die am heimatlichen AMA Computer<br />
College mit dem Abschluss<br />
Bachelor <strong>of</strong> Science (BS) Computer<br />
Engineering studiert hat.<br />
Während dessen kämpfen Karima<br />
und weitere seiner Landsleute aus<br />
Bangladesh auf der künftigen Swift<br />
135 mit dem Rost. Auf die Frage,<br />
was ihn so weit weg von der Heimat<br />
getrieben hat, sagt der überschlanke<br />
dunkelbraune Moslem:<br />
,,Die Möglichkeit, Geld für den<br />
Unterhalt der Familie zu verdienen.“<br />
Ein Kollege aus Indien, Subhash<br />
Topinkatti, erweist sich als<br />
gut informiert: ,,Viele Deutsche<br />
müssen ja jetzt auch ins Ausland<br />
gehen, um Arbeit zu finden. Hab’<br />
ich im TV gesehen.“ - ,,Aus <strong>Rostock</strong><br />
in Germany kommst Du“, vergewissert<br />
sich ein Landsmann. ,,Kenn’ich.<br />
FC-Hansa. Was ist bloß mit den<br />
Jungs los“, fragt er. Und hat auch<br />
Projektmanager Johan Valentijn zeigt, wie die Mega-Luxusyachten aussehen werden. Fast 40 Jahre verliebt: Heide und Kjell Olsen.<br />
Die Swift 135 im Urzustand als Fregatte. Blick auf die größte Moschee der VAE. Computeranimation der Swift 135.<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
gleich einen Vorschlag: ,,Frag doch<br />
mal’ Pagelsdorf, der trainiert doch<br />
jetzt den Al-Nasr Sports Club in<br />
Dubai. Das ist doch nicht weit.“<br />
Sprachs, klemmt seinen eingerollten<br />
Gebetsteppich unter den Arm<br />
und folgt wie seine muslimischen<br />
Glaubensbrüder der Lautsprecherstimme<br />
vom Minarett der<br />
Moschee. Es ist kurz nach 16 Uhr.<br />
Zeit, Allah zu preisen.<br />
Für die Verständigung mit den<br />
zumeist Pidgin sprechenden Männern<br />
sorgt die ehemalige <strong>Rostock</strong>erin<br />
Heide Olsen. Als Berufsdolmet-<br />
WIRTSCHAFT<br />
scherin für deutsch und englisch<br />
war sie schon zu DDR-Zeiten<br />
gefragt und ist seit ihrem Umzug<br />
nach Oslo mit nunmehr um das<br />
Norwegische erweiterten Sprachkenntnisse<br />
vor allem im skandinavischen<br />
Raum aktiv. Unter anderem<br />
bei Staatsbesuchen und<br />
anderen gesellschaftlichen Ereignissen,<br />
in der Wirtschaft oder auf<br />
juristischem Sektor. Und so kommt<br />
es durchaus vor, dass sie von Abu<br />
Dhabi aus mal schnell nach Finnland,<br />
ins schwedische Kiruna oder<br />
ins schottische Edinburgh zum<br />
Einsatz jettet.<br />
Aber ihre schönste berufliche<br />
Erinnerung ist zugleich auch die<br />
schönste private.„Während meines<br />
Dolmetscher-Jobs auf der Warnemünder<br />
Warnow-Werft habe ich<br />
Kjell Einar getr<strong>of</strong>fen“, sagt sie und<br />
dass es damals Liebe auf den<br />
ersten Blick war. Doch beide waren<br />
gebunden und ihr Glück im<br />
wahrsten Sinne des Wortes nicht<br />
grenzenlos. ,,Er musste nach Kiel<br />
35
36<br />
WIRTSCHAFT<br />
Kamele sind heute noch Touristenattraktion.<br />
zur Fähre nach Norwegen. Ich hab’<br />
ihn damals in seinem Auto bis Grevesmühlen<br />
begleitet. Der Abschied<br />
an der B 105 und die Zeit danach<br />
waren furchtbar“, erinnert sie sich.<br />
20 Jahre später fällt die Mauer: Einsatzort<br />
Kopenhagen, Mittagspause<br />
im Straßenkaffee und plötzlich<br />
eine vertraute Stimme: ,,Is this seat<br />
taken?“. Das Wiedersehen stand<br />
unter einem besseren Stern. Kjell<br />
war inzwischen frei und Heides<br />
Auch Ikea findet in der VAE Interessenten.<br />
Ehe ohnehin am Ende. Und so<br />
bestätigte sich wieder einmal das<br />
uralte Sprichwort von der alten<br />
Liebe, die niemals rostet. Und<br />
<strong>of</strong>fensichtlich jung erhält, denn die<br />
Dolmetscherin aus <strong>Rostock</strong> <strong>–</strong><br />
attraktiv, gertenschlank, dynamisch<br />
<strong>–</strong> hat jüngst ihren 66.<br />
Geburtstag gefeiert. Der weltweit<br />
gefragte Norske-Veritas-Mann ist<br />
sogar über die 70 hinaus. Das Fitnessrezept<br />
von Heide Olsen: täglich<br />
45 Minuten Sport, Schwimmen,<br />
Power-Walking, Gymnastik, Krafttraining.<br />
Gut und genussorientiert<br />
essen, aber nur halbe Portionen:<br />
Fisch, Meeresfrüchte,<br />
Joghurt, Obst, frisches Gemüse.<br />
Keine Süßigkeiten, kaum Kuchen.<br />
,,Doch wenn wir in <strong>Rostock</strong> sind,<br />
gönne ich mir stets eine richtig<br />
herzhafte Bockwurst und mein<br />
Mann sich seine geliebte Soljanka.<br />
Wie einst zu Warnowwerft-<br />
Zeiten“, gesteht sie. Es zieht die<br />
Olsens nämlich immer wieder an<br />
die Warnow, wo ihre Lovestory<br />
begann und wo Freunde leben.<br />
Heide Olsen: ,,Es ist schön zu erleben,<br />
wie die Stadt aufblüht. Wir<br />
Hintergrund<br />
Ende 1971 haben sich die Emirate<br />
Dubai, Al Sharjah, Ras al Khaimah,<br />
Ajman, Umm al Quwain,<br />
Al Fujairah und Abu Dhabi zu<br />
der Förderation Vereinigte Arabische<br />
Emirate (VAE) mit einer<br />
Gesamtfläche von 84 000 Quadratkilometernzusammengeschlossen.<br />
80 Prozent davon<br />
nimmt Abu Dhabi (übersetzt:<br />
Vater der Gazelle) ein. Das Emirat<br />
liegt an der Südostspitze der<br />
Arabischen Halbinsel, hat eine<br />
Küstenlänge von 700 Kilometern,<br />
200 vorgelagerte Inseln,<br />
besteht zu fast drei Vierteln aus<br />
Wüste und ist aus einer 1791<br />
vom Beduinenstamm der Bani<br />
Yas am Ort einer Süßwasserquelle<br />
gegründeten kleinen<br />
Siedlung hervorgegangen.<br />
Der Kern der pulsierenden und<br />
von kosmopolitischem Lebensstil<br />
geprägten Stadt Abu Dhabi,<br />
Metropole der VAE und Regierungssitz,<br />
liegt auf einer 70<br />
Quadratkilometer großen Mangroveninsel.<br />
Scheichs setzen auf<br />
Grün<br />
Um seinem Ruf als zuverlässiger<br />
Globalplayer auf dem Energiesektor<br />
zu festigen und um<br />
für die Zeit nach dem Öl vorzusorgen,<br />
konzentriert sich Abu<br />
Dhabi nun auf Erneuerbare<br />
Energien und hat zu diesem<br />
Zweck die Masdar-Initiative ins<br />
Leben gerufen. Nach der sich<br />
nahe Abu Dhabi Airport im Bau<br />
befindlichen CO2-neutralen<br />
haben in <strong>Rostock</strong> sogar eine Lieblingsboutique:<br />
Note 21 in der Langen<br />
Straße. Nirgendwo werde ich<br />
so gut und ehrlich beraten.“<br />
Wann das außergewöhnliche<br />
Paar wieder einschaut, hängt von<br />
der Fertigstellung von Swift 135<br />
ab. Eigentlich sollte die Luxusyacht<br />
noch in diesem Jahr vom<br />
Stapel laufen. Doch hat Kjell Einar<br />
Olsen aus seiner langjährigen<br />
Erfahrung eine eigene Theorie<br />
darüber entwickelt, warum Schiffe<br />
Frauennamen tragen. ,,Weil sie<br />
nie zum versprochenen Zeitpunkt<br />
fertig werden!“<br />
Text/Fotos: Angela Golz<br />
und nach einer strengen Nachhaltigkeitsleitlinie<br />
ausgerichtet<br />
Wissenschaftsstadt Masdar<br />
City benannt, bezieht sich die<br />
22 Milliarden-Dollar-Initiative<br />
vor allem auf die Technologiebereiche<br />
Photovoltaik, Solar<strong>the</strong>rmie,<br />
Wasserst<strong>of</strong>f, Technologien<br />
zur Abscheidung und<br />
Speicherung von CO2, Energieeffizienz<br />
und Energiespeicherung.<br />
Firmenpartner sind u. a.<br />
Shell, BP und General Elektrik.<br />
Forschung und Entwicklung<br />
werden betrieben unter anderem<br />
mit dem Massachusetts<br />
Institut für Technologie (MIT),<br />
TokyoTech, der Rheinisch Westfälischen<br />
Technischen Hochschule<br />
Aachen (RWTH), dem<br />
Imperial College London, dem<br />
Deutschen Zentrum für Luftund<br />
Raumfahrt (DLR) und der<br />
New Yorker Columbia University.<br />
Die Emirati setzen bei Produktionsansiedlungen<br />
im Rahmen<br />
der Masdar-Initiative auf<br />
eine Joint-Venture-Strategie. So<br />
ist der Energieriese Eon mit der<br />
Abu Dhabi Future Energy Company<br />
durch ein Offshore-Windparkprojekt<br />
nahe London verbandelt.<br />
Masdar PV, eine<br />
100-prozentige Tochter selbiger<br />
Company, investiert derzeit 140<br />
Millionen Euro in eine Produktionsanlage<br />
für Dünnfilm-Solartechnik<br />
in Erfurt. Sie soll im<br />
Herbst in Betrieb gehen und der<br />
Region zunächst 180 und mittelfristig<br />
600 Arbeitsplätze<br />
bringen. Später wird diese Referenzanlage<br />
in Abu Dhabi nachgebaut.<br />
ango<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
37
UNIVERSITÄT<br />
Es wird zu wenig gelacht…<br />
Wenn Jesús Azcargorta in die<br />
Cafeteria der Mensa in der<br />
<strong>Rostock</strong>er Südstadt geht, fragt<br />
die Kassiererin schon s<strong>of</strong>ort, ob<br />
er wieder einen Milchkaffee<br />
möchte. Über die netten Worte<br />
freut sich der 31-Jährige, denn so<br />
ist er es aus seiner Heimat in<br />
Venezuela gewohnt. „Hier im<br />
Supermarkt geht alles so<br />
schnell“, sagt der Soziologe, der<br />
zurzeit in <strong>Rostock</strong> an seiner Dissertation<br />
arbeitet.<br />
Durch einen Zufall lernte der<br />
Wissenschaftler den <strong>Rostock</strong>er<br />
Politologiepr<strong>of</strong>essor Nikolaus<br />
Werz in Caracas kennen, als dieser<br />
dort einen Vortrag hielt. So<br />
ergab sich die Idee, dass Jesús in<br />
Deutschland seine Promotion<br />
macht: „Ich hätte niemals<br />
gedacht, in Deutschland zu studieren.“<br />
Aber er ist begeistert,<br />
denn schließlich sei dies das Land<br />
„vieler wichtiger Theoretiker“.<br />
Ihm gelang es, das Auswahlverfahren<br />
beim Deutschen Akademischen<br />
Austausch Dienst<br />
(DAAD) zu überstehen und ein<br />
Stipendium zu ergattern.<br />
„Zeit zu studieren<br />
und zu denken“<br />
Die nächsten drei Jahre sitzt<br />
Jesús von morgens 9 bis abends<br />
18 Uhr in der Biblio<strong>the</strong>k und<br />
schreibt an seiner Doktorarbeit -<br />
auf Spanisch. Der Wissenschaftler,<br />
der als Kind davon träumte,<br />
38<br />
Rockstar zu werden, ist begeistert<br />
von den Bedingungen an der<br />
<strong>Rostock</strong>er Uni: „Die Biblio<strong>the</strong>k ist<br />
toll ausgestattet, durch die Fernleihe<br />
komme ich an alle Bücher,<br />
die Computer sind besser“, zählt<br />
er auf. In seiner Heimat, in der<br />
Universität von Caracas, sei die<br />
Situation wesentlich schlechter<br />
gewesen. „Es ist dort schwierig,<br />
unabhängig zu denken“, erzählt<br />
der Venezolaner. Die Gesellschaft<br />
sei sehr gespalten.<br />
Jesús Azcargorta aus Venezuela schreibt an seiner Doktorarbeit.<br />
<strong>Rostock</strong> ist eine sehr ruhige<br />
Stadt, findet Jesus.„Man hat Zeit<br />
zu studieren, an einem Thema<br />
zu arbeiten und zu denken.“ Er<br />
hat eine kleine Wohnung in der<br />
Altstadt, spielt in seiner Freizeit<br />
Fußball, geht regelmäßig im<br />
Stadthafen joggen und hört<br />
gerne Rockmusik. Am Anfang,<br />
räumt der Südamerikaner ein,<br />
habe er sich allein gefühlt. Es fiel<br />
ihm schwer, andere Leute kennen<br />
zu lernen. Dann gelang es<br />
ihm, über andere Lateinamerikaner<br />
auch Kontakt zu Deutschen<br />
zu bekommen. Viele seien sehr<br />
nett zu ihm und hätten viel<br />
Geduld. „Man muss versuchen,<br />
das Eis zu brechen.“ Ein größeres<br />
kulturelles Angebot würde er<br />
sich wünschen <strong>–</strong> aber dafür<br />
könne er nach Berlin fahren.<br />
Interessiert stellt er fest, wie<br />
sehr die Deutschen über die<br />
Unterschiede Ost und West diskutieren.<br />
Es gibt viele Vorurteile,<br />
hat Jesús festgestellt. „Ich weiß<br />
nicht, wer Recht hat. Das ist<br />
doch etwas irrationales.“ Man<br />
merkt die Mauer in den Köpfen,<br />
sagt der Lateinamerikaner,<br />
dabei seien München oder Heidelberg<br />
und <strong>Rostock</strong> doch sehr<br />
ähnlich. „In Spanien sind die<br />
Unterschiede zwischen dem<br />
Baskenland und Barcelona viel<br />
größer“, sagt der 31-Jährige.<br />
Regelmäßig betreut Nikolaus<br />
Werz Doktoranden aus Lateinamerika.<br />
Denn diese Region<br />
gehört zu den Spezialgebieten<br />
des Pr<strong>of</strong>essors, der sich selbst<br />
häufig in der Region aufhält.<br />
„Ich finde, dass die Universität<br />
davon pr<strong>of</strong>itiert, denn es kommen<br />
Studenten mit Stipendien,<br />
Internationalität und Welt<strong>of</strong>fenheit“,<br />
sagt der 57-Jährige. Amüsiert<br />
erlebt er immer wieder,<br />
dass die ausländischen Promovenden<br />
eine Kleingartenanlage<br />
für ein Armutsviertel halten.<br />
Per e-mail hatte Cynthia Mora<br />
Kontakt zu dem <strong>Rostock</strong>er<br />
Politikwissenschaftler aufgenommen.<br />
Die 34-Jährige aus<br />
Costa Rica wollte unbedingt ihre<br />
Dissertation in Deutschland<br />
machen. „Pr<strong>of</strong>. Werz wurde mir<br />
von anderen empfohlen“, erzählt<br />
die Politologin, die gemeinsam<br />
mit ihrem Mann Ignacio Chaves,<br />
der in der Kieferchirurgie promoviert,<br />
und mit ihrem Sohn vor vier<br />
Jahren in die Hansestadt kam.<br />
Zuvor hatte sie bereits als Journalistin<br />
und in der Presseabteilung<br />
des Außenministeriums in San<br />
Jose gearbeitet. „Es war immer<br />
mein Traum, mal in Deutschland<br />
zu leben“, erzählt die junge<br />
Doktorin, die voraussichtlich<br />
gegen Ende des Jahres in ihre<br />
Heimat zurückkehrt. „Es war ein<br />
langer Weg“, erinnert sie sich.<br />
Anderes Wetter,<br />
andere Mentalität<br />
Am Anfang, räumt die Wissenschaftlerin<br />
ein, sei es „kompliziert“<br />
gewesen in <strong>Rostock</strong>. „Die<br />
Mentalität und das Wetter sind<br />
so anders.“ Zum Beispiel wunderte<br />
sie sich darüber, dass die<br />
Straßenbahnen nach einem<br />
Fahrplan fahren. „Zu Hause wartet<br />
man einfach auf einen Bus,<br />
der dann irgendwann kommt.“<br />
Auch der erste Winter war hart.<br />
Und doch genoss die Mittelame-<br />
Cynthia Mora, Ehemann Ignacio Chaves und Sohn Daniel aus Costa Rica.<br />
Fotos: Privat/ RHL<br />
rikanerin die vier Jahreszeiten.<br />
„Das werde ich vermissen.“ In<br />
ihrer Heimat gibt es nur die<br />
Regen- und Trockenzeit und es<br />
wird immer um 18 Uhr abends<br />
dunkel.<br />
Sie hätte die Deutschen für<br />
emanzipierter gehalten, erzählt<br />
die Politologin, die ihre Promotion<br />
über die „Migration von Frauen<br />
von Nicaragua nach Costa<br />
Rica“ geschrieben hat. Anfangs,<br />
als sie zu einem viermonatigen<br />
Sprachkurs in Berlin und ihre<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
Lateinamerikakenner Pr<strong>of</strong>. Nikolaus Werz. Gern betrachtet der Inhaber des<br />
Lehrstuhls für vergleichende Regierungslehre an der <strong>Rostock</strong>er Universität<br />
dieses Bild. Das Familienerbstück hängt in seinem Büro und zeigt eine alte<br />
Hafenansicht von Buenos Aires. Foto: Re. Rö.<br />
Familie noch in San Jose, wurde<br />
sie permanent gefragt, warum<br />
sie das mache <strong>–</strong> ohne Mann und<br />
Kind in der Fremde.„Ich war naiv,<br />
ich dachte, hier in Deutschland<br />
sind alle gleichberechtigt“, sagt<br />
sie heute.<br />
Was kommt<br />
in eine Schultüte?<br />
Ihr achtjähriger Sohn Daniel<br />
spricht besser Deutsch als seine<br />
Eltern und bezeichnet Deutschland<br />
als seine „zweite Heimat“.<br />
Doch auch er freut sich wieder<br />
auf Costa Rica, denn seine Verwandten<br />
vermisst er schon. Ratlos,<br />
berichtet Cynthia lachend,<br />
waren sie bei der Einschulung.<br />
Das Ritual der Schultüte war<br />
ihnen völlig fremd. „Was ist das?<br />
Was kommt da rein? Was sollen<br />
wir machen?“, fragten sich die<br />
Eltern besorgt.<br />
In <strong>Rostock</strong> gefällt ihr der Strand<br />
sehr gut - auch wenn es im Winter<br />
natürlich viel zu kalt ist - und<br />
die Nähe nach Skandinavien. <strong>Rostock</strong><br />
sei sehr schön, sagt Cynthia.<br />
„Was ich vermisse, ist die Freude<br />
der Menschen.“ Es werde wenig<br />
gelacht. In besonders guter Erinnerung<br />
wird die Mittelamerikanerin<br />
den G 8 Gipfel und die<br />
Fußballweltmeisterschaft behalten.<br />
Immerhin spielte da Costa<br />
Rica im Eröffnungsspiel gegen<br />
Deutschland <strong>–</strong> und verlor 2:4.<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
Renate Heusch-Lahl<br />
<strong>Rostock</strong>er Uni hat wenig<br />
ausländische Studierende<br />
Im Vergleich zu anderen Universitäten<br />
ist der Ausländeranteil<br />
in <strong>Rostock</strong> gering. Insgesamt<br />
sind 790 ausländische<br />
Studierende an der Universität<br />
immatrikuliert, davon 444<br />
Männer und 346 Frauen. Aus<br />
den EU-Staaten komme 208<br />
Studenten, aus dem übrigens<br />
Europa 189, aus Afrika 51, aus<br />
Australien zwei Studenten,<br />
aus Amerika (Nord/Süd) 29<br />
und aus Asien 291. Im Sommersemester<br />
arbeiten an der<br />
<strong>Rostock</strong>er Universität 200 ausländischePromotionsstudenten.<br />
33 kommen aus Syrien, 19<br />
aus China, 14 aus Indien, 14 aus<br />
Pakistan, zehn aus Polen. Insgesamt<br />
sind 57 Nationen vertreten.<br />
Die meisten Einschreibungen<br />
gab es in der Chemie<br />
mit 41 Doktoranden, in der<br />
Physik 13, in Agrarökologie 13<br />
und bei den Biologen 24.<br />
Im Sommersemester arbeiten<br />
an der <strong>Rostock</strong>er Universität<br />
200 ausländische Promotionsstudenten.<br />
33 kommen aus<br />
Syrien, 19 aus China, 14 aus<br />
Indien, 14 aus Pakistan, zehn aus<br />
Polen. Insgesamt sind 57 Nationen<br />
vertreten. Die meisten<br />
Einschreibungen gab es in der<br />
Chemie mit 41 Doktoraden, in<br />
der Physik 13, in Agrarökologie<br />
13 und bei den Biologen 24.
40<br />
UNIVERSITÄT<br />
Unermüdlich ist Pr<strong>of</strong>. Wolfgang Schareck unterwegs, um die Universität zu<br />
vertreten.<br />
Als Kommunikator sucht er regelmäßigen Kontakt zur Presse.<br />
Mit seiner Frau Ursula auf dem Weg zum Sommerball der Universität.<br />
Kommunikator und<br />
„Mädchen für alles“<br />
Pr<strong>of</strong>. Wolfgang Schareck ist gerne Rektor<br />
Einer seiner Vorgänger im Amt des<br />
Rektors der <strong>Rostock</strong>er Universität,<br />
Nathan Chyträus, hat einmal<br />
gesagt:„Ich bin Mädchen für alles,<br />
das nennen sie hier Rektor.“ Dies<br />
sagte er im 16. Jahrhundert. Der<br />
906. Rektor Pr<strong>of</strong>. Dr. Wolfgang<br />
Schareck will mit diesem Selbstverständnis<br />
die <strong>Rostock</strong>er Alma<br />
mater im 21. Jahrhundert fit<br />
machen. „Ich sehe meine Rolle<br />
darin, die Fakultäten in ihren<br />
Fähigkeiten zu unterstützen und<br />
weiter zu entwickeln“, sagt der<br />
Pr<strong>of</strong>essor für Gefäß- und Transplantationschirurgie.<br />
Forschung<br />
müsse stärker konzentriert und<br />
die Lehre verbessert werden. „Wir<br />
müssen uns auf bestimmte Aufgaben<br />
fokussieren und uns auf innovative<br />
Forschungsfelder stürzen“,<br />
so der 56-Jährige. Einem Verzicht<br />
auf Fächer erteilt er eine Absage.<br />
Er selbst sieht sich als Kommunikator:<br />
„Ich führe viele Gespräche,<br />
bündele und erlebe spannende<br />
Prozesse.“ Er sei harmoniebedürftig<br />
und möchte vermitteln, gibt<br />
der katholische Christ freimütig<br />
zu. „Nur so kann ich motivieren.“<br />
Aber, so betont er, er möchte schon<br />
wissen, woran er sei: „Ich möchte<br />
nicht, dass jemand mit der Faust in<br />
der Tasche ein Gespräch mit mir<br />
verlässt.“ Diese Ruhe strahlt er<br />
auch in seiner Stimme und seiner<br />
Körperhaltung aus. „Ich nehme es<br />
nicht persönlich, wenn jemand<br />
anderer Meinung ist. Dann müssen<br />
wir eben noch mehr<br />
Gespräche führen.“ Einen Machtkampf<br />
verschiedener Gruppierungen<br />
an der Universität sieht er<br />
nicht, jeder vertrete eben seine<br />
Interessen.<br />
Unermüdlich ist der <strong>Rostock</strong>er<br />
unterwegs, um die Universität zu<br />
vertreten. „Es ist interessant,<br />
Menschen kennen zu lernen.“<br />
Früher, so schmunzelt er, habe er<br />
manche nur als Patienten getr<strong>of</strong>fen.<br />
Er will der Stadt und der<br />
Wirtschaft zeigen, dass die Uni<br />
für sie da ist. Manchmal reicht es,<br />
wenn er Kontakte herstellt. „Für<br />
die Universität ist mir kein Gang<br />
zu schwer.“ Ein Rektor sei eben<br />
ein „Dienstleister“. Erstaunlich<br />
findet er es, wie sehr es auch<br />
innerhalb der Universität<br />
geschätzt werde, wenn der Rektor<br />
auftaucht.Wenn er Veranstaltungen<br />
der Universität besucht,<br />
erfährt er <strong>of</strong>t große Dankbarkeit.<br />
Immer wieder wird der Chirurg<br />
gefragt, ob er den OP-Tisch vermisse.<br />
Immerhin 500 Transplantationen<br />
gehen auf sein Konto. Zahlen,<br />
so versichert der Arzt, interessierten<br />
ihn nicht, aber die Patienten,<br />
die vermisse er schon.„Es geht mir<br />
immer unter die Haut, wenn ich<br />
jemanden treffe“, räumt Schareck<br />
ein. So begegnete er kürzlich im<br />
Supermarkt einer ehemaligen<br />
Patientin, die sagte, es wäre ein<br />
Segen, wieder gesund zu sein. Mit<br />
seinem Nachfolger hält er regelmäßig<br />
Kontakt und lässt sich auch<br />
mal Röntgenbilder zeigen. „Es ist<br />
schön, jemanden wie Oberarzt PD<br />
Dr. Carsten Bünger ausgebildet zu<br />
haben, der jetzt einfach gut ist<br />
und Hervorragendes leistet, in Forschung<br />
und Lehre aber auch in der<br />
Krankenversorgung“, sagt der<br />
Mediziner.<br />
Als er den neuen Job als Rektor<br />
antrat, war es schon eine Heraus-<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
forderung: „Ich habe etwas aufgegeben,<br />
von dem ich wusste, ich<br />
kann es, um eine Aufgabe anzunehmen,<br />
von der ich nicht wusste,<br />
ob ich es kann.“ Für vier Jahre<br />
wurde er als Rektor gewählt, das<br />
ersten hundert Tage hat er nun<br />
gemeistert. Für ihn ist es völlig<br />
<strong>of</strong>fen, ob er in drei Jahren wieder<br />
in der Gefäßchirurgie tätig ist.<br />
Mit fester Stimme sagt er:<br />
„Genau wie ein Klavierspieler<br />
verlernt man das Operieren<br />
nicht. Man braucht wieder<br />
Übung, aber das Gefühl für<br />
Gewebe und die Fähigkeit, Situationen<br />
einzuschätzen <strong>–</strong> das<br />
bleibt.“<br />
Der <strong>Rostock</strong>er spielte in seiner<br />
Jugend mit dem Gedanken,<br />
katholischer Geistlicher zu werden.<br />
Aber die Liebe zu den Naturwissenschaften<br />
war dann stärker<br />
und ließ ihn Medizin studieren.<br />
Heute genießt er es, mehr über<br />
Fachbereiche zu erfahren, von<br />
denen er wenig wusste. Z.B.<br />
Maschinenbau oder Theologie <strong>–</strong><br />
er ist begeistert von der Vielfalt.<br />
Seine Vision ist klar:„Ich wünsche<br />
mir, dass <strong>Rostock</strong> eine bedeuten-<br />
de Universität hat mit vielen Studierenden,<br />
die sich hier wohl<br />
fühlen. Ob <strong>of</strong>fen oder als<br />
Geheimtipp soll die Uni für Studierende<br />
und Forscher bekannt<br />
sein in einer wirtschaftlich prosperierenden<br />
Stadt.“ Er ist davon<br />
überzeugt, dass er in <strong>Rostock</strong><br />
bleibt <strong>–</strong> beruflich entweder als<br />
Rektor oder als Chirurg.<br />
Privat genießt er mit seiner Frau<br />
die Stadt und das weite Land und<br />
den Himmel. Ab und zu wagt er<br />
sich auf ein Segelboot. Rad fahren,<br />
Musik hören und sich mit<br />
Freunden treffen gehört zu den<br />
Aktivitäten, die der Vater dreier<br />
erwachsener Kinder mit seiner<br />
Frau am liebsten macht. Sie ist<br />
übrigens ganz zufrieden mit der<br />
neuen beruflichen Aufgabe ihres<br />
Mannes. Sonnabends und sonntags<br />
ist er zumeist zu Hause und<br />
nicht in der Klinik, er wird nicht<br />
mehr nachts aus der Klinik gerufen<br />
und manchmal begleitet sie<br />
ihn auch auf dienstliche Termine.<br />
Eine neue Herausforderung<br />
kommt in diesem Jahr noch auf<br />
ihn zu: das erste Enkelkind.<br />
Text/Fotos: Renate Heusch-Lahl<br />
Die Amtseinführung als Rektor im vergangenen Herbst war der Höhepunkt<br />
seiner beruflichen Laufbahn.<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
42<br />
GESUNDHEIT<br />
Die KRAFT der NATURMEDIZIN<br />
Gesundheit und Attraktivität ein<br />
leben lang <strong>–</strong> der Wunsch wohl<br />
eines jeden Menschen. Das<br />
befindet auch der Inhaber der<br />
Warnemünder Kurapo<strong>the</strong>ke Karsten<br />
Jantos. Er ist Spezialist für<br />
Naturmedizin und bietet jetzt im<br />
Äs<strong>the</strong>tikzentrum in <strong>Rostock</strong>s<br />
Breiter Straße umfangreiche<br />
Beratung und Betreuung.<br />
<strong>Rostock</strong> „<strong>delüx</strong>“ unterhielt sich<br />
mit Karsten Jantos über das<br />
Thema Naturmedizin.<br />
Herr Jantos, was ist eigentlich<br />
Naturmedizin?<br />
Sie ist für mich kurz gesagt all das,<br />
was uns die Natur zur Verfügung<br />
stellt. Wir brauchen, zum Beispiel<br />
bei Stress, nicht unbedingt zu Psychopharmaka<br />
greifen. Es gibt<br />
genügend Substanzen, wie Pflanzen<br />
oder Pflanzenextrakte oder<br />
bestimmte Mineralien, um den<br />
Menschen gesund zu erhalten<br />
bzw. ihm seine Gesundheit wiederzubringen.<br />
Wer lässt sich bei Ihnen in Sachen<br />
Naturmedizin beraten?<br />
Es kommen viele Menschen, die<br />
chronisch krank sind. Sie versuchen<br />
gezielt einen anderen<br />
Ansatz als in der Schulmedizin,<br />
zumal naturheilkundliche Therapien<br />
meistens ohne Nebenwirkungen<br />
sind. Diese Maßnahmen<br />
bringen den Patienten ein gesteigertes<br />
Wohlbefinden. Mit anderen<br />
Worten, sie können gesünder<br />
älter werden mit einer höheren<br />
Lebensqualität, als bei einer ausschließlich<br />
schulmedizinischen<br />
Betreuung.<br />
Worauf führen Sie diese Ansicht<br />
zurück?<br />
Es ist die Erfahrung. Unsere<br />
moderne Schulmedizin ist vielleicht<br />
120 Jahre alt. Die Naturmedizin<br />
ist eine jahrtausende alte<br />
Erfahrungsmedizin, zum Beispiel<br />
die Chinesische, die Indische, Persische<br />
oder Ägyptische. Die<br />
Beschäftigung mit der heilenden<br />
Kraft von Kräutern, Wurzeln, Rinden<br />
und Blüten galt schon im<br />
alten China als eine anerkannte<br />
Wissenschaft. Bereits vor etwa<br />
viertausend Jahren waren in Indien<br />
Heilkräuter und ihre Wirkun-<br />
gen katalogisiert und schriftlich<br />
festgehalten. Während bei uns<br />
das Wissen um die Heilkraft der<br />
Natur mit dem Aufstieg der<br />
Schulmedizin immer mehr verschwand,<br />
blieb in Asien die<br />
Naturmedizin stets eine hoch<br />
geachtete Wissenschaft. Das<br />
sind Dinge, auf die man auch in<br />
Deutschland zurückgreifen kann.<br />
Sie haben einen ganzheitlichen<br />
Ansatz. Und es ist Tatsache,<br />
Naturmedizin wird bei uns<br />
immer öfter mit Erfolg angewandt,<br />
unter anderem gegen<br />
Immunschwäche, Verdauungsprobleme,Wechseljahresbeschwerden,<br />
in der Krebsvorsorge,<br />
als Anti-Aging Mittel und bei seelisch-körperlich<br />
bedingten<br />
Beschwerden. Und wie bereits<br />
gesagt, nebenwirkungsfrei.<br />
Trotzdem hat man das Gefühl, die<br />
Naturmedizin tut sich in deutschen<br />
Landen etwas schwer.<br />
Woran liegt das aus Ihrer Sicht?<br />
Die Nachfrage nach Naturmedizin<br />
ist weit verbreitet. Nur, die<br />
Kosten für die Naturmedizin<br />
werden von den gesetzlichen<br />
Krankenkassen leider nicht<br />
erstattet. Und, es gibt bedauerlicherweise<br />
einige Ärzte, die<br />
davon abraten; aus welchen<br />
Gründen auch immer.<br />
Stichwort Stress. Viele Menschen<br />
leiden heute darunter. Was empfehlen<br />
Sie, Herr Jantos?<br />
Menschen, die sehr viel Stress<br />
haben, verlieren überproportional<br />
Mineralien. Also sollte man<br />
auf einen ausgewogenen Mine-<br />
Karsten Jantos, Inhaber der Warnemünder Kurapo<strong>the</strong>ke, berät im Äs<strong>the</strong>tikzentrum<br />
zur orthomolekularen Medizin. Foto: Thomas Ulrich<br />
ralienhaushalt achten. Und da<br />
gibt es in der Naturmedizin viele<br />
Möglichkeiten. Natürlich muss<br />
man beachten, dass der Körper<br />
diese gut aufnehmen kann. Vielleicht<br />
noch B-Vitamine ausreichend<br />
dosiert. Und dann eventuell<br />
auch mehrfach ungesättigte<br />
Fettsäuren, um die Nerven zu<br />
schonen. Das wäre aus meiner<br />
Sicht ein naturheilkundlichorthomolekularer<br />
Cocktail, den<br />
der Patient braucht.<br />
Was bitte verbirgt sich hinter<br />
orthomolekularer Medizin?<br />
Das ist quasi das richtige Molekül<br />
in der richtigen Menge am richtigen<br />
Ort. Wer sich zum Beispiel<br />
mit vielen Fertiggerichten<br />
ernährt, schlittert in Defizite bei<br />
Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen.<br />
Hier kann die<br />
orthomolekulare Medizin einspringen.<br />
Sie kann ganz gezielt<br />
nachweisen, wo der Patient Mangelerscheinungen<br />
hat. Ein biochemisches<br />
Ungleichgewicht<br />
im Körper kann also durch<br />
geeignete, gesunde Ernährung<br />
und unter Hinzunahme von so<br />
genannten Nahrungsergänzungsmitteln<br />
ausgeglichen werden.<br />
Natürlich mit der Maßgabe,<br />
dass diese Vitalst<strong>of</strong>fe auch im<br />
Körper ankommen. Ich persönlich<br />
halte die orthomolekulare<br />
Medizin als eine hervorragende<br />
Methode, um die Menschen<br />
lange gesund zu erhalten. Auch<br />
für jemanden, der mehr für seine<br />
Gesundheit tun möchte, zum<br />
Beispiel ein seriöses Anti-Aging<br />
betreibt, durchaus geeignet.<br />
Also ewige Jugend durch orthomolekulare<br />
Medizin?<br />
Darüber kann man viel diskutieren,<br />
denn <strong>the</strong>oretisch ist der<br />
Mensch für 120 Jahre ausgelegt.<br />
Warum soll man nicht mehr für<br />
seine Lebensqualität tun, wenn<br />
man bestimmte St<strong>of</strong>fe, die dem<br />
Körper im Alter fehlen, ausgleicht.<br />
Ich sehe daran nichts Verwerfliches.<br />
Q 10 zum Beispiel kennt jede<br />
Dame aus der Kosmetik für Cremes.<br />
Warum sollen dieses Coenzym<br />
Q 10 nicht Patienten ab Mitte<br />
50 nehmen, damit ihre Zellen<br />
mehr Energie haben. Es ist nebenwirkungsfrei<br />
und stärkt Herz und<br />
Kreislauf. Für mich ist die orthomulekulare<br />
Medizin seriös, die<br />
nach Blutentnahme die Defizite<br />
im menschlichen Körper aufzeigt<br />
und aufgrund dieser Analyse<br />
ganz gezielt Vitalst<strong>of</strong>fe zuführt.<br />
Herr Jantos, danke für die<br />
Informationen.<br />
Re. Rö.<br />
Mehr individuelle Beratung,<br />
unter anderem auch zum Thema<br />
naturmedizinisches Anti-Aging<br />
erhalten Sie, liebe Leserinnen<br />
und Leser, im Äs<strong>the</strong>tikzentrum<br />
<strong>Rostock</strong>, Breite Straße 16,<br />
Telefon 0381/12 83 003 oder<br />
www.aes<strong>the</strong>tik-zentrum.de.<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
44<br />
FITNESS<br />
Aktuell: Pilates und Flexi-Bar<br />
Mit dem Flexi-Bar kann man auch an der frischen Luft trainieren.<br />
Katrin H<strong>of</strong>richter, Managerin Spa<br />
Service bei AIDA-Cruises, stellt<br />
für <strong>Rostock</strong> „<strong>delüx</strong>“ die aktuellsten<br />
Trends der Wellness- und<br />
Fitnessbranche vor. Dieses Mal<br />
geht es um Pilates und Flexi-Bar.<br />
Frau H<strong>of</strong>richter, wer erfand<br />
eigentlich Pilates?<br />
Erfinder ist der 1880 in Deutschland<br />
geborene Joseph Hubert<br />
Pilates, der in seiner Jugend unter<br />
Asthma und Rachitis litt. Deshalb<br />
befasste er sich intensiv mit der<br />
Verbesserung seiner Kondition<br />
und Gesundheit und entwickelte<br />
eine Reihe von Übungen unter<br />
dem Namen „Contrology“.<br />
Was wollte Pilates mit seinen<br />
Übungen erreichen?<br />
Den Körper gleichmäßig zu entwickeln,<br />
falsche Haltungen zu<br />
korrigieren und die körperliche<br />
Vitalität wieder herzustellen.<br />
Pilates Übungen enthalten auch<br />
Elemente aus dem Yoga und dem<br />
Tanz, unterscheiden sich <strong>of</strong>t aber<br />
in Technik, Bewegungsablauf<br />
oder Atmung. Allgemein zielen<br />
alle Pilates-Übungen darauf ab,<br />
die Körpermitte zu kräftigen, das<br />
Körpergefühl und die Beweglich-<br />
keit zu verbessern. Es gibt über<br />
500 Übungen, die durch Variationen<br />
dem Leistungsniveau angepasst<br />
werden können.<br />
Was benötige ich, um Pilates zu<br />
machen?<br />
Alle Übungen können ohne<br />
Zusatzmaterialien, nur auf einer<br />
einfachen Matte ausgeführt<br />
werden. Außerdem gibt es<br />
Übungen mit dem Pilates-Ball,<br />
dem Pilates-Ring oder an speziellen<br />
Pilates-Trainingsgeräten.<br />
Auf welche Muskulatur unseres<br />
Körpers konzentriert sich Pilates<br />
ganz besonders?<br />
Eine zentrale Rolle bei der Ausführung<br />
der Übungen spielt das<br />
so genannte Powerhouse.<br />
Powerhouse, die Kraftquelle,<br />
umfasst die Anspannung der<br />
Bauch-, Rücken- und Beckenbodenmuskulatur.<br />
Diese Muskulatur<br />
ist hauptsächlich verantwortlich<br />
für die Stabilisierung des<br />
Rumpfes und hilft, Rückenbeschwerden<br />
zu vermeiden. Die<br />
Belastung der Gelenke und insbesondere<br />
der Wirbelsäule wird<br />
durch ein aktives „Powerhouse“<br />
vermindert. Die spezielle Pilates<br />
Atemtechnik ist ein wichtiges<br />
Mittel, um die Übungen präzise<br />
und mühelos auszuführen. Die<br />
langsame und präzise Ausführung<br />
der Pilates-Übungen<br />
bewirkt ein hohes Maß an mentaler<br />
Entspannung und schenkt<br />
neue Energie. Auch auf den<br />
Schiffen der AIDA Flotte steht<br />
Pilates bei den Gästen ganz hoch<br />
im Kurs. In den „Pilates Workshops“<br />
können Anfänger die spezielle<br />
Pilates-Technik erlernen<br />
und Fortgeschrittene trainieren<br />
in den Pilates Kursen.<br />
Flexi-Bar begeistert ebenfalls<br />
immer mehr Anhänger. Das hat<br />
wohl weniger mit einer wirklichen<br />
Bar zu tun? Oder?<br />
Pilates ist in Mode gekommen. Fotos: AIDA-Cruises<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
Flexi-Bar ist eine Fiberglas-Stange.<br />
Und wer sie zum ersten Mal<br />
in seinen Händen hält, sollte<br />
nachsichtig mit sich sein:<br />
anfangs schwingt der Stab mit<br />
dem Besitzer- und nicht umgekehrt.<br />
Doch wenn man den richtigen<br />
Schwung erst einmal raus<br />
hat, erweist sich der Schwing-<br />
Stab als echter Alleskönner.<br />
Und wann greife ich nun zum<br />
Flexi-Bar?<br />
Eigentlich kommt Flexi-Bar aus<br />
der Krankengymnastik. Gerade<br />
dort geht es darum, Muskelgruppen<br />
zu stärken, die zwar<br />
wichtig für tagtägliche Bewegungen<br />
sind, sich aber durch<br />
Krafttraining, Joggen und Aerobic<br />
nicht so gut trainieren lassen.<br />
Für diese Muskeln erweist<br />
sich der Flexi-Bar als Zauberstab:<br />
Er beansprucht die so<br />
genannte Tiefenmuskulatur, die<br />
bei den meisten von uns eher<br />
schwach ausgeprägt ist. Besonders<br />
Büroarbeiter pr<strong>of</strong>itieren<br />
deshalb von den Übungen, die<br />
Fitmacher vor allem für Rücken<br />
und Schultern sind. Das liegt<br />
zum einen an der Grundbewegung,<br />
die man mit dem Stab<br />
ausführt: Das Rütteln kräftigt<br />
die vielen kleinen Muskeln rund<br />
um das Schultergelenk,Verspannungen<br />
im Nacken-Schulter-<br />
Bereich sind deshalb eines der<br />
besten Angriffsziele für das Training<br />
mit der flexiblen Stange.<br />
Zum anderen muss, wer den Bar<br />
zur Hand nimmt, Haltung<br />
bewahren. Wichtig ist, dass man<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
Katrin H<strong>of</strong>richter stellt für<br />
<strong>Rostock</strong> „<strong>delüx</strong>“ die aktuellsten<br />
Trends der Wellness- und Fitnessbranche<br />
vor. Als Managerin<br />
Spa Services bei AIDA-Cruises<br />
ist sie für Wellness, Fitness<br />
und Schönheit an Bord der<br />
AIDA-Schiffe verantwortlich.<br />
den ganzen Körper anspannt und<br />
ruhig hält, damit sich die Schwingungen<br />
übertragen. Statt also<br />
„nur“ Bauch, Beine oder Po stärkt<br />
man den ganzen Körper.<br />
Übrigens, an Bord der AIDA-<br />
Schiffe können die Gäste an<br />
„Pilates und Flexi-Bar-Workshops“<br />
teilnehmen. Für zu Hause<br />
kann man an Bord entsprechende<br />
DVD´s kaufen.<br />
■ 1 Tag kostenfreier Probeunterricht ab 5 Jahre bis Klasse 6<br />
vom 12.10. bis 27.11.2009 nach vorheriger Anmeldung<br />
■ nächste Einschulungstermine 16.1.2010 und 7.8.2010 <strong>–</strong><br />
Einschulung ab dem 5. Lebensjahr<br />
■ Betreuungsangebot von 7 bis 18 Uhr<br />
■ Schulbesuch von der Vorschule bis zum Abitur<br />
■ 16 Schüler pro Klasse<br />
■ individuelle Förderpläne für jeden Schüler<br />
■ individuelles Sprachlernkonzept<br />
■ harmonische Entwicklung <strong>–</strong><br />
Gesundheit, Werte, Regeln, Sozialverhalten<br />
PRIVATSCHULE UNIVERSITAS<br />
Patriotischer Weg 120<br />
18057 <strong>Rostock</strong><br />
Schulleiterin Ricarda Wilhelm<br />
mail@universitas-rostock.de<br />
Tel. 0381/ 45 82 88 82<br />
Funk 0173/ 880 71 69<br />
Fax 0381/ 45 82 88 81<br />
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ODE<br />
Sie, Ex-Model und Choreographin,<br />
besucht regelmäßig die<br />
angesagten Fashion-Weeks in<br />
Berlin, Paris, Milano und New<br />
York: Roswitha Salabaschew. Seit<br />
vielen Jahren werden Modenschauen,<br />
wie die Dance-Fashion-<br />
Show in der Nikolaikirche, unter<br />
ihrer künstlerischen Leitung<br />
geführt. <strong>Rostock</strong> <strong>delüx</strong> trifft sich<br />
regelmäßig mit der Modeexpertin<br />
und plaudert bei einem<br />
gemütlichen Tässchen Kaffee<br />
über aktuelle Laufstegtrends.<br />
Frau Salabaschew, der Herbst ist<br />
da. Entgegen der meteorologischen<br />
Tristesse hält in den Boutiquen<br />
demnächst schon wieder<br />
der modische Frühling Einzug.<br />
Da kann man ja mit den<br />
Jahreszeiten ganz durcheinander<br />
kommen, oder?<br />
Roswitha Salabaschew (lacht):<br />
That’s business. In der Mode-<br />
branche gibt es immer ein Jahr<br />
Vorlauf. Planung, Produktion,<br />
Vertrieb <strong>–</strong> all das braucht seine<br />
Zeit. Wer modebewusst lebt und<br />
kauft, muss sich in den Schönwettermonaten<br />
mit der kommenden<br />
Herbst/Wintermode<br />
beschäftigen und spätestens zu<br />
Beginn der dunklen Jahreszeit<br />
den Frühling fest im Blick haben.<br />
Ach so.Wie sieht er denn aus <strong>–</strong> der<br />
Frühling?<br />
Der modische Frühling bringt uns<br />
feinen, edlen Strick. Für dieses<br />
hochwertige Material werden<br />
meist Seidengarne verwendet,<br />
aber auch reine Baumwoll- oder<br />
Viskosegarn. Oder alles miteinander<br />
gemischt <strong>–</strong> in hoher Qualität<br />
versteht sich. Avantgardistischer<br />
Strick liegt nach wie vor im Trend.<br />
Mit Strick verbinde ich irgendwie<br />
immer Winter.<br />
Sie denken wahrscheinlich an<br />
groben Wollstrick. Ich meine aber<br />
feinen Strickst<strong>of</strong>f. Er wird im<br />
Lagenlook getragen. Wirklich<br />
aufregend wird ein Outfit aber<br />
erst durch den Materialmix.<br />
Feine, seidige und kuschlige St<strong>of</strong>fe<br />
wie Jersey werden mit natürlichen<br />
Materialien wie Baumwolle,<br />
Leder oder grobem Leinen<br />
kombiniert.<br />
Also, keine St<strong>of</strong>finnovationen im<br />
Frühjahr?<br />
Die italienischen St<strong>of</strong>fhersteller<br />
haben Cupro wiederentdeckt.<br />
Die Faser besteht aus<br />
natürlichen Polymeren und ist<br />
der Viskose sehr ähnlich. Die<br />
Vorteile liegen auf der Hand:<br />
das Material ist pflegeleicht<br />
und muss nicht gebügelt werden.<br />
Total angesagt sind auch<br />
Strechst<strong>of</strong>fe mit Lederoptik.<br />
Egal ob echtes Leder in der<br />
gehobenen Preisklasse oder die<br />
Kaffee<br />
Auf einen<br />
mit Roswitha Salabaschew<br />
günstige Kunstleder-Variante:<br />
Die modebewusste Frau trägt<br />
in der kommenden Saison<br />
Lederleggins.<br />
Lederleggins?<br />
Ja. Egal ob Jacken, Schuhe, oder<br />
eben Leggins <strong>–</strong> Leder liegt im<br />
Trend. Im Winter sorgen übrigens<br />
Wollleggins für superkuschlige<br />
Beine. Leggins bleiben weiterhin<br />
Thema, denn sie lassen<br />
sich bestens mit Kleidern kombinieren.<br />
Und die kommen mit der<br />
Frühjahrsmode nun in allen Formen,<br />
Farben und Längen in die<br />
Läden.<br />
Apropos Farben. Was macht<br />
eigentlich die Modefarbe Lila<br />
in der kommenden Saison?<br />
Lila wird <strong>–</strong> ebenso wie die zarten,<br />
pudrigen Töne <strong>–</strong> von Grau<br />
verdrängt. Die Farbe ist bereits<br />
im Winter verstärkt zu sehen<br />
und lässt sich perfekt mit Weiß<br />
und Espressobraun kombinieren.<br />
Wir dürfen uns zudem auf<br />
Blautöne, Türkis und Vanille<br />
freuen. Aquatöne und die maritimen<br />
Programme werden sich<br />
zum Sommer 2010 weiterhin<br />
verstärken.<br />
„Die Mode kennt keine Krise“ so<br />
der allgemeine Tenor. Es bleibt<br />
also lässig-elegant?<br />
Die Mode ist wieder feminin<br />
geschnitten. Für eine figurnahe<br />
Silhouette sorgen schlanke Gürtel,<br />
die außerdem die Taille wunderbar<br />
betonen. Der Trend geht<br />
zu alltagstauglichen Designs.<br />
Jerseys sorgen für ein Höchstmaß<br />
an Bequemlichkeit. Viele<br />
große bunte Taschen mit zarten<br />
Nieten runden das Outfit ab.<br />
Und was tragen modebewusste<br />
Füße?<br />
Man könnte sagen im nächsten<br />
Sommer sind die Schuhe auf<br />
extrem hohem Niveau:<br />
Highheels und Plateau-Schuhe<br />
mit 15 Zentimeter hohen<br />
Absätzen. Ich weiß, dass hört sich<br />
furchtbar an. Erst kürzlich bin ich<br />
auf solchen Schuhen rumgestelzt<br />
und wissen Sie was: Das<br />
läuft sich gut! Aber wehe man<br />
knickt um. Wem das zu heikel<br />
ist, entscheidet sich einfach für<br />
Römersandalen oder Ballerinas.<br />
Denn auch im kommenden Jahr<br />
gilt: entweder extrem hoch oder<br />
ganz flach.<br />
Und auch die voluminösen<br />
Accessoires bleiben?<br />
Roswitha Salabaschew: Ja, und sie<br />
werden noch größer. Ich habe bei<br />
internationalen Modeschauen<br />
Halsketten so groß wie<br />
Riesengebirge gesehen. Dem Glitzer-Look<br />
wird Schmuck aus Naturmaterialien<br />
entgegen gesetzt. Die<br />
Palette reicht von Muscheln und<br />
Bernstein bis hin zu Horn. Halstücher<br />
werden voluminös und farbenfroh<br />
getragen. Und: Der Hut<br />
kommt wieder. Die kleinen verrückten,<br />
ein bisschen zickige Hütchen<br />
und Strickkappen aus den<br />
20er Jahren sind total angesagt.<br />
Und Stirnbänder, die zu den Kleiden<br />
kombiniert werden.<br />
Text/Foto: Susanne Walter<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
Im Trend:<br />
Mode aus Dänemark<br />
Natürlich habe es Unkenrufe<br />
gegeben, erinnert sich Annette<br />
Hentschel, als sie vor gut drei Jahren<br />
im Souterrain der <strong>Rostock</strong>er<br />
Stephanstraße 2 ihr Modegeschäft<br />
eröffnete. Mitten in der situierten<br />
Steintorvorstadt.<br />
Ihr Vorhaben hat funktioniert.<br />
Denn dass man bei der gelernten<br />
Einzelhandelskauffrau vorwiegend<br />
dänische Qualitätsmode <strong>–</strong><br />
inzwischen kam das deutsche<br />
Modelabel Tuzzi hinzu - zu kaufen<br />
bekommt, hat sich bei<br />
modebewussten Frauen herumgesprochen.<br />
„Die Kundinnen<br />
kommen ganz gezielt, manche<br />
sogar von weit her“, weiß die<br />
große schlanke Frau, der man<br />
ansieht, dass sie die Mode und<br />
das Modische liebt. Ja, Annette<br />
Hentschel lebt Mode. „Ich kaufe<br />
handverlesen ein, ich weiß, was<br />
Trend ist“, sagt sie selbstbewusst.<br />
Inzwischen sind weitere<br />
zwei Läden hinzugekommen,<br />
einer davon in ihrer Geburtsstadt<br />
Berlin, ein weiterer in Wismar.<br />
Annette Hentschel bevorzugt<br />
dänische Mode. Marken wie<br />
Friendtex, Fransa, St. Tropez oder<br />
Dranella zählen dazu. „Die<br />
Dänen sind ja viel trendiger als<br />
die Deutschen. Sie sind uns meistens<br />
ein Jahr voraus.“ Trotzdem<br />
Inhaberin Annette Hentschel mit Friendtex-Fotomodel Daniel. Fotos: Agentur<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
sei die dänische Mode durchaus<br />
kommerziell, ja verkaufbar, wie<br />
es in der Fachsprache heiße. Was<br />
ist denn nun das Besondere an<br />
der dänischen Mode? „Es sind<br />
zuvorderst die phantastischen<br />
St<strong>of</strong>fe, zumeist pflegeleichte und<br />
moderne Hightech-Materialien,<br />
die man zum Beispiel nicht<br />
bügeln braucht. Außerdem sind<br />
die Schnitte total cool, sagt die<br />
Fachfrau. „Dadurch haben dänische<br />
Modelle einfach eine gute<br />
Passform. Der Style ist super,<br />
man kann sehr gut kombinieren.<br />
Und das mögen natürlich Frauen.“<br />
Vielleicht inspirieren Sie,<br />
liebe Leserinnen, unsere Modelle<br />
auf dieser Seite, sich mit dänischer<br />
Mode einmal mehr zu<br />
beschäftigen.<br />
Weitere Informationen unter<br />
www.annettehentschel.com.<br />
MODE<br />
47
48<br />
LIFESTYLE<br />
Neues aus der Gerücheküche<br />
Für ihn<br />
Maskuline Sinnlichkeit versprüht<br />
„Hot Water“ aus dem Hause David<strong>of</strong>f<br />
durch das Zusammenspiel von rotem<br />
Basilikum und Absinth mit elegantem<br />
Wermut und feurigem Piment.<br />
60 ml Eau de Toilette ca. 45 Euro<br />
Würzige Hölzer und exotische<br />
Fruchtaromen vereinen sich<br />
in „Zen for Men“ von Shiseido<br />
zu einem leidenschaftlichen Duft,<br />
der zugleich Stress mildert und<br />
Kraft spendet. 50 ml EdT ca. 54 Euro<br />
Der holzig-orientalische Duft<br />
„Epic“ von Amouage besteht aus Rohst<strong>of</strong>fen,<br />
die auf der legendären Seidenstraße<br />
zwischen China und Arabien zu<br />
finden waren: exotische Gewürze,<br />
Myrrhe, Moschus, Zedernholz...<br />
50 ml Eau de Parfum ca. 175 Euro<br />
Edle Herbstdüfte für sie und ihn<br />
Sie wird die frische Zitrusnote,<br />
gepaart mit den Aromen von Basilikum,<br />
Iris und Zedernholz ebenso lieben<br />
wie er. „Pegaso“ heißt das Unisex-Parfum<br />
aus dem Mailänder<br />
Modehaus Etro, welches das geflügelte<br />
Pferd Pegasus seit seiner Gründung<br />
vor 41 Jahren im Logo trägt.<br />
50 ml EdT ca. 70 Euro<br />
Inspiriert von der legendären Zauberpflanze<br />
Mandragora (Alraune) verführt<br />
Annick Goutals Unisex-Duft<br />
„Mandragore Pourpre“ mit wertvollen<br />
Aromen wie Bergamotte, Ambra,<br />
Patchouli, Weihrauch und schwarzem<br />
Pfeffer. 100 ml EdT 82 bzw. 91 Euro<br />
Für sie<br />
Hollywoodstar Demi Moore (46, links)<br />
betört noch immer mit ihrer<br />
Schönheit <strong>–</strong> und dem sinnlichen<br />
neuen Duft von Helena Rubinstein:<br />
„Wanted“, komponiert aus Ylang<br />
Ylang, Magnolie, Holz und Iris.<br />
50 ml EdP ca. 65 Euro<br />
Die feminine Interpretation eines der<br />
erfolgreichsten Herrendüfte<br />
des Hauses Lalique ist „Encre Noire<br />
pour Elle“, eine blumig-holzige Kreation<br />
von erlesener Weiblichkeit mit<br />
betörenden Moschus-Anklängen.<br />
50 ml EdP ca. 79 Euro<br />
Georgio Armanis Ode an<br />
die Weiblichkeit: ein opulenter Duft,<br />
der zarte, blumige Noten mit einem<br />
kostbaren Hauch von Leder und<br />
einer feinen Gewürznote<br />
vereint. „Idole d’ Armani“.<br />
50 ml EdP ca. 68 Euro<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
Der Herbst wird wild<br />
Empfindliche Raubkatzenaugen schützt<br />
diese Sonnenbrille von Miu-Miu<br />
mit braun getönten Gläsern.<br />
165 Euro, gesehen bei<br />
www.net-a-porter.com<br />
Damit gleiten Sie elegant durch den Tag oder Abend:<br />
Tunika-Kleid mit Schlangenmuster von Single,<br />
auch über Hosen zu tragen. Seidenchiffon,<br />
489 Euro. www.stylebop.com<br />
Für die Königinnen im<br />
Großstadtdschungel:<br />
Luxuriöse Leder-Wedges<br />
von Giuseppe Zanotti mit<br />
12 cm Keilabsatz im Animal-Print.<br />
449 Euro, www.stylebop.com<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
Rassiger Modeschmuck von Kenneth Jay:<br />
Massiver Metall-Ring mit Leo-Muster<br />
und Brillant-Imitat. 129 Euro,<br />
www.stylebop.com<br />
Frankreichs Filmstar<br />
Isabelle Adjani lieh dieser<br />
edlen Kalbsledertasche<br />
mit Kroko-Prägung ihren<br />
Namen:„L’Adjani“ in Amber,<br />
gibt es in drei Größen<br />
für 990, 1150 oder 1290 Euro.<br />
www.lancel.com<br />
Tel. 089/39 29 64 72<br />
Raubtiere erobern den Großstadtdschungel <strong>–</strong><br />
als Animal-Prints auf Kleidung und Accessoires<br />
Da wird der Leo neidisch:<br />
Mantel mit Allover-Druck von Paule Ka.<br />
Aus Polyester und Baumwolle.<br />
999 Euro, www.unger-fashion.com<br />
LIFESTYLE<br />
Rasse mit Klasse verleiht<br />
dieser Seidenschal mit<br />
Raubtiermuster und im<br />
Saum eingenähter Goldkette.<br />
Von Chloé, 419 Euro.<br />
www.net-a-porter.com<br />
Animal-Print muss nicht braun-beige-schwarz<br />
sein: Cashmere-Cardigan von Crumpet in<br />
knalligem Lila mit Leoparden-Druck.<br />
293 Euro, www.net-a-porter.com<br />
49
Perfektion als Maß aller Dinge!<br />
Wussten Sie, dass Sie im Laufe Ihres Lebens 4x die Welt zu Fuß<br />
umrunden?<br />
Doch leider schenken die meisten von uns den Schuhen nicht die Aufmerksamkeit<br />
die sie eigentlich verdient hätten. Schon Chung Tse wusste:<br />
„Wenn der Schuh passt, vergisst man den Fuß”.<br />
Für viele ist der Schuh nur ein Bekleidungsstück. Es gibt aber auch Menschen<br />
die Schuhe lieben und verehren. Denn ein guter Schuh besticht<br />
durch hohen Tragekomfort. Ein sehr guter Schuh jedoch, ist darüber hinaus<br />
nicht nur ein Blickfang, sondern zweifellos auch Ausdruck der Persönlichkeit.<br />
Und für den Kenner ist der Maßschuh das Maß aller Dinge!<br />
Er ist ein Lebensgefühl, ja sogar eine Lebenseinstellung. Denn nicht<br />
zuletzt durch seine Schuhe lässt sich direkt und ohne Umwege auf den<br />
Stil des Trägers schließen.” Ein scharfer Beobachter erkennt am Zustand<br />
der Schuhe immer, mit wem er es zu tun hat”, formulierte es schon der<br />
französische Schriftsteller Balzac.<br />
Seit kurzem fertigt Michael Kluth nach uralter Methode traditionell handgefertigte<br />
Herrenmaßschuhe an. Der <strong>Rostock</strong>er Schuhmachermeister übt<br />
sein Handwerk in der Firma OTS AG in der Innenstadt als Abteilungsleiter<br />
der dort ansässigen Schuhmacherei aus.<br />
Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, Geschmack und Äs<strong>the</strong>tik mit traditioneller<br />
Handarbeit zu verbinden, und so seinen Kunden zu einem stilsicheren<br />
Auftritt zu verhelfen.<br />
Das rechte Maß finden<br />
Um später eine einzigartige Passform der Schuhe zu gewährleisten,<br />
die den Fuß umschmeichelt und höchste Bequemlichkeit garantiert,<br />
sollten Sie einige Zeit einplanen. Denn Meister Kluth nimmt sich für<br />
seine Kunden viel Zeit. „Da darf man sich wirklich nicht hetzen<br />
lassen. Die Kunden erwarten später von mir <strong>–</strong> zu Recht <strong>–</strong> ein<br />
perfektes Ergebnis” so Kluth.<br />
Nach einem Vorgespräch, bei dem der Kunde bereits seine Vorstellungen<br />
äußern kann und sollte, wird maßgenommen. Dazu wird<br />
eine sogenannte Trittspur <strong>–</strong> eine 2 dimensionale Abbildung des<br />
Fußumrisses <strong>–</strong> mit allen erforderlichen Maßen erstellt. Anschließend<br />
lässt er den Kunden in einen Trittschaum hineintreten. „Den benutze<br />
ich eigentlich selten, nach fast 20 Jahren Schuhmacherei. Aber<br />
haben ist besser als brauchen” sagt er und schmunzelt.<br />
Zwei Probeschuhe stellt der Meister her, ehe der Kunde seine Schuhe<br />
in Empfang nehmen darf. Der erste wird aus einer Art Folie hergestellt,<br />
um die Proportionen zu überprüfen. Der zweite Probeschuh<br />
besteht dann schon aus einfachem Leder.“ Den gebe ich meinen<br />
Kunden für eine Woche mit. Damit laufen sie dann zu hause oder im<br />
Büro 1-2 Stunde täglich.“ Anschließend wird der Schuh wieder aus-<br />
einander getrennt und nach Belastungsspuren untersucht. Erst jetzt<br />
geht es an dass kostbare Leder. Nach und nach entsteht so unter seinen<br />
Händen ein Paar Maßschuhe. Von Hand eingestochen und mit<br />
Liebe zum Detail. Unverfälscht im Schnitt, Material und Verarbeitung.<br />
Dazu bequem und vielseitig ist er so keinen kurzfristigen<br />
Moden unterworfen. Letztlich stecken 40-50 Arbeitsstunden in einem<br />
Paar Schuhe, die mit einem Finish gearbeitet werden, dass es einem<br />
die Freudentränen in die Augen treibt.<br />
„Die besonders anspruchsvolle Art der Herstellung und die Spitzenqualität<br />
der Rohst<strong>of</strong>fe verleihen dem Schuh seine einzigartige Passform<br />
und hervorragende Haltbarkeit. Schuhe von 15 Jahren und<br />
älter sind keine Seltenheit. Zumal die Schuhe, die nur durch Nähte<br />
und nicht durch Verklebung hergestellt wurden, sehr reparaturfreundlich<br />
sind.” Mit einem Augenzwinkern bemerkt er nebenbei:<br />
„Also auch ein Beitrag für die Umwelt”.<br />
Selbst für fußgeplagte Kunden hat der Schuhmacher etwas im Programm.<br />
„Ich komme ja eigentlich aus der Orthopädie und kann von<br />
da aus mein ganzes Knowhow ausspielen. Wenn ein Kunde es<br />
wünscht, lässt sich auch ein diskretes Fußbett in meinen Maßschuhen<br />
berücksichtigen”.<br />
Das die Kunden solcher Schuhe auch ihre Ansprüche bei der Reparatur<br />
haben, versteht sich von selbst. Schließlich vertraut man nicht irgend<br />
jemand seine Schätze an. „Ich repariere natürlich auch Schuhe. Das<br />
kann nämlich nicht jeder machen, dafür braucht`s Erfahrung im<br />
Umgang mit solchen Herstellungsmethoden. Auf jeden Fall müssen<br />
meine Kunden nicht mehr extra nach Hamburg fahren, wie mir einmal<br />
jemand sagte”.<br />
Heute erlebt der handgemachte Maßschuh fast eine Renaissance.<br />
Die anspruchsvolle Kundschaft möchte sich <strong>–</strong> wenn auch sehr diskret<br />
<strong>–</strong> von der Massenware abheben. Denn der Maßschuhkunde neigt<br />
zum Understatement. Nur<br />
dem „Eingeweihten” <strong>of</strong>fenbart<br />
sich der Schuh auf den<br />
ersten Blick.<br />
„Ich möchte meine Kunden<br />
mit meiner Arbeit begeistern.<br />
Sie sollen das bekommen,<br />
was sie sich vor ihrem<br />
geistigen Auge vorgestellt<br />
haben”.<br />
Und somit ist eigentlich<br />
der Kunde das<br />
Maß aller Dinge.<br />
Michael Kluth<br />
OTS AG I Wismarsche Straße 32 I 18057 <strong>Rostock</strong> I Tel.: 0160 / 96 91 63 34 <strong>–</strong> Termine nach Vereinbarung<br />
www.massschuhe-rostock.de
Eleganz<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
gepaart mit<br />
Zeitlose maßgefertigte Möbel bei SYS Inneneinrichtungen<br />
Viele Trends gehen so schnell wie sie<br />
gekommen sind. Doch der Wert<br />
einer kultiviert eingerichteten<br />
Wohnung und ihre Ausstrahlung auf<br />
das Lebensgefühl sind unbestritten.<br />
Inhaberin Karin Stransky: „Mit Standardschränken<br />
erreicht man selten<br />
eine schöne und optimale Raumnutzung<br />
in einem klassisch zeitlosen<br />
Design, das die Räume zudem auch<br />
noch richtig zur Geltung bringt.“<br />
Hans-Ulrich und Karin Stransky<br />
sehen ihre Aufgabe daher in der<br />
Erschaffung zeitloser Wohnkultur<br />
maßgetreu nach Kundenwunsch.<br />
Die Firma SYS Inneneinrichtung<br />
nimmt sich dieser Herausforderung<br />
bereits seit 20 Jahren mit Erfolg an.<br />
Nicht zuletzt pr<strong>of</strong>itiert das Unternehmen<br />
auch aus seiner Anfangszeit,<br />
als es sich Laden- und Objekteinrichtungen<br />
widmete. Sie haben<br />
mit ihren individuellen hochwertigen<br />
Schranklösungen innerhalb der<br />
letzten zehn Jahre in <strong>Rostock</strong> schon<br />
so manchem Kunden ein Strahlen ins<br />
Gesicht gezaubert.<br />
Gemeinsam mit dem fachkompetenten<br />
Team um Karin Stransky wird<br />
eine individuelle Lösung gefunden.<br />
Für den präzisen Einbau wird vor Ort<br />
beim Kunden Aufmass genommen.<br />
Hersteller CABINET, ein kompetentes<br />
Unternehmen aus Kerpen mit 30<br />
Jahren Markterfahrung, produziert<br />
nach Händlerplanung. In nur sechs<br />
bis acht Wochen wird der CABINET-<br />
Schrank maßgefertigt geliefert und<br />
von Fachleuten der Firma SYS<br />
Inneneinrichtung beim Kunden eingebaut.<br />
Wohnraumlösungen der<br />
Firma GRUBER + SCHLAGER Möbelwerkstätten,<br />
mit denen Eheleute<br />
CABINET Schranksysteme<br />
Eine besonders imposante Maserung,<br />
die GRUBER + SCHLAGER anbietet, ist<br />
das Kernholz des Tulpenbaumes aus<br />
Südamerika.<br />
Stransky seit langem kooperieren,<br />
vermitteln mit ihrer Eleganz und<br />
ihrer Schönheit pures Lebensgefühl.<br />
Aufgrund der hochwertigen Qualität,<br />
der zeitlosen Eleganz und der<br />
Individualität sind sowohl CABINET<br />
als auch Schranklösungen von<br />
„GRUBER + SCHLAGER“ Entscheidungen<br />
für eine kleine Ewigkeit.<br />
Der Wunsch nach optimaler<br />
Lösung der Wohnsituation und<br />
mehr Ordnung im Haus hat sich<br />
www.sys-inneneinrichtungen.de<br />
Präzision<br />
auch für die Eheleute Langwasser<br />
aus <strong>Rostock</strong> endlich erfüllt. Ihr<br />
Besuch bei Karin Stransky hat sich<br />
gelohnt. Die Besitzer eines Häuschens<br />
in der Östlichen Altstadt<br />
Ein Haus in der Östlichen Altstadt verlangt<br />
nach einem perfekten Einrichter.<br />
schwärmen: „Für unser Haus kam<br />
nur eine individuelle Lösung in Frage.<br />
Kein Einkauf von der Stange, sondern<br />
eine zeitlos elegante und den Raum<br />
optimal nutzende Variante. Die<br />
Innensysteme sind sehr ausgereift.<br />
Die Bedienung der Türen und Schubläden<br />
ist perfekt. ”Rafinierte Extras<br />
sind sorgfälltig auf den Stil des<br />
gesamten Ensembles abgestimmt.<br />
Dank der leichtgängigen Rollensysteme<br />
macht das Öffnen und<br />
Schließen beinahe Spaß!<br />
Unter dem Dach befindet sich jetzt<br />
unter anderem ein Ebenen übergreifendes<br />
Schranksystem von<br />
GRUBER + SCHLAGER für Bücher und<br />
Wäsche. Schrägen an der einzig<br />
möglichen Stellfläche für den<br />
Gästezimmerschrank sowie ein<br />
Schlafzimmerschrank, der keine<br />
Ecke ungenutzt lassen darf, waren<br />
die Vorgaben, für die das Ehepaar<br />
gemeinsam mit dem Team der<br />
Firma SYS Inneneinrichtung eine<br />
perfekte Lösung fand.<br />
Fotos: Thomas Ulrich<br />
51
52<br />
ADEL<br />
Das Institut für Personengeschichte in Bensheim bei Frankfurt am Main. Foto: privat Lupold von Lehsten hat die Erforschung von<br />
Familien- und Personengeschichte zu seinem Beruf<br />
gemacht. Foto: privat<br />
Mecklenburger Adelswappen (3): Die schwarzen Adlerflügel derer von Lehsten<br />
Urahn Bernardus kam mit Heinrich dem Löwen<br />
Fische, Hasen, Störche, verschnörkelte Schlüssel<br />
oder auch mal ein schief hängendes Drehtor...<br />
wer Adelswappen aus Mecklenburg betrachtet,<br />
findet manches Detail, das Rätsel aufgibt.<br />
Dahinter stecken <strong>of</strong>t abenteuerliche Erzählungen,<br />
in jedem Falle reichlich bunte Historie, die<br />
in dieser Serie erzählt werden soll. Denn<br />
Geschichte wird erst dann lebendig, wenn man<br />
etwas über die Menschen weiß, die sie mit<br />
geschrieben haben.<br />
Die Kreuzzüge nach Jerusalem haben Heinrich<br />
den Löwen <strong>of</strong>fenbar nicht locken können.<br />
Zumindest weigerte sich der mächtigste Reichsfürst<br />
des 12. Jahrhunderts standhaft, daran teilzunehmen<br />
und zog stattdessen quer durch<br />
Deutschland, um sein Herrschaftsgebiet zu<br />
erweitern. Vor allem die dünn besiedelten<br />
Gebiete östlich der Elbe, die bis dahin von Wenden,<br />
Obotriten und anderen Völkern bewohnt<br />
waren, machte er sich zu eigen. Auf dem Wege<br />
dorthin nahm er von überall Männer mit, die ihn<br />
unterstützen sollten. Auch den Prämonstratenserorden<br />
band er für die Christianisierung und<br />
Besiedelung der eroberten Gebiete mit ein. Der<br />
Ritter Bernardus de Leesten war einer dieser ersten<br />
Kolonisatoren. Er zog aus dem Thüringischen<br />
Naumburg über Magdeburg nach Ratzeburg<br />
und von dort weiter in den Osten. „Das ist der<br />
Urahn unserer Familie hier in Mecklenburg“,<br />
erzählt Irmgard von Lehsten. Die 90-Jährige<br />
trägt zu sportlich frisiertem schneeweißem<br />
Haar ein hellblaues T-Shirt, einen weißen Armreif<br />
und natürlich ihren Siegelring. Die eigene<br />
Vergangenheit zu erkunden, das ist ein Steckenpferd<br />
der gebürtigen <strong>Rostock</strong>erin. Nach dem Abitur<br />
hat sie einst begonnen, Sprachen zu studieren,<br />
doch der 2.Weltkrieg machte ihr einen Strich<br />
durch die Rechnung. Später setzte sie sich 40<br />
Jahre lang für das Kinderhilfswerk Unicef ein,<br />
gründete eine Arbeitsgruppe in Hamburg, die<br />
mittlerweile die größte in ganz Deutschland ist,<br />
und arbeitete auch in Afrika an Wasserprojekten<br />
und in der Aids-Prävention mit. Ein Engagement,<br />
für das sie 1984 das Bundesverdienstkreuz<br />
bekam. Als durch Zufall eines Tages ein<br />
Manuskript des Archivars und Juristen Gustav<br />
von Lehsten auftauchte, der sich im 19. Jahrhundert<br />
ausführlich mit der Geschichte des Adels in<br />
Mecklenburg im Allgemeinen und der seiner<br />
eigenen Familie insbesondere auseinandergesetzt<br />
hatte, begannen Irmgard und ihr Mann<br />
Jochen von Lehsten, dieses abzuschreiben und<br />
weiter zu forschen. Sie erzählt mit leuchtenden<br />
Augen:„Wir haben unsere Lateinkenntnisse wieder<br />
aufgefrischt, um alles lesen zu können. Und<br />
wir sind in Archive gegangen, haben zusammengesucht,<br />
was wir finden konnten.<br />
Zwei Wanderungsbewegungen habe es<br />
gegeben. Die erste führte die Familie ins Ratzeburger<br />
Domland, wo ein Nachfahre des<br />
besagten Bernardus de Leesten, der mit Heinrich<br />
dem Löwen in den Nordosten kam, am 8.<br />
März 1255 erstmals urkundlich erwähnt<br />
wurde. In einer zweiten Welle, etwa 70 Jahre<br />
später, kamen die Lehstens in die Gegend um<br />
Güstrow. Im 14. Jahrhundert war zunächst<br />
Gottin ihr Hauptsitz, Anfang des 15. Jahrhunderts<br />
kamen Klein Wardow und später auch<br />
Groß Wardow hinzu. Weitere Lehstengüter<br />
waren Pölitz, Dölitz, Lissow, Striesenow... Irmgard<br />
von Lehsten schmunzelt und bemerkt<br />
spöttisch: „Die Güter wurden ja damals<br />
gehandelt wie die Kart<strong>of</strong>feln.“<br />
Wo Licht ist, ist auch Schatten <strong>–</strong> das alte<br />
Sprichwort gilt natürlich auch in diesem Falle.<br />
So hat der Name Lehsten beispielsweise in<br />
Striesenow noch heute einen schlechten<br />
Klang. Ende des 15. Jahrhunderts hatte das<br />
Dorf ein schweres Joch zu tragen: Es wurde<br />
sowohl vom Hospital zu Lübeck und dem<br />
mecklenburgischen Herzog als auch von den<br />
von Lehstens beherrscht und ausgebeutet.<br />
Junker Johann von Lehsten, so heißt es, habe<br />
sich in dieser Zeit regelrecht zum Raubritter<br />
entwickelt. Als beispielsweise auf Befehl des<br />
Herzogs neun Pferde, acht Ochsen und fünf<br />
Schweine gepfändet wurden, habe er weitere<br />
57 Ochsen für sich selber weggeführt und den<br />
Nachbarn der Striesenower auch noch verboten,<br />
ihnen zu helfen. In einem Gedicht zum<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
700. Geburtstag des Dorfes klingt das so: „Dei<br />
Junker läwt in sienen Wahn un dacht nicht an<br />
denn Nächsten. Die Slimmsten wiern de Grafen<br />
Hahn un ok Johann von Lehsten.“<br />
Andere Vertreter der adeligen Familie erwarben<br />
sich große Verdienste im Land. Da gab es<br />
zum Beispiel Carl von Lehsten, der sich 1834<br />
für die Aufhebung der Leibeigenschaft in<br />
Mecklenburg einsetzte. Oder der Landrat<br />
Christian Wilhelm von Lehsten, der lange Präsident<br />
der Stände war. Als der als despotisch<br />
verrufene Herzog Carl Leopold versuchte,<br />
diese zu entmachten, setzte er sein gesamtes<br />
Hab und Gut ein, um dagegen zu prozessieren<br />
<strong>–</strong> immerhin mit einem gewissen Erfolg.<br />
Und auch Generalpostmeister Ludolf von<br />
Lehsten (1760 bis 1830) ging in die Historie<br />
ein. Er hat um 1800 die Mecklenburger Post<br />
aufgebaut und die Eisenbahnlinie Berlin <strong>–</strong><br />
Hamburg mit geplant.<br />
Heute ist kein einziges der ehemaligen Lehsten-<br />
Güter mehr im Besitz der Familie. Irmgard von<br />
Lehsten lebt zwar seit ein paar Jahren wieder in<br />
einem Gutshaus in der Nähe von Güstrow, doch<br />
das ist eher Zufall und hat nichts mit „Heimkehr“<br />
zu tun, wie sie betont. Nachdenklich betrachtet<br />
sie den Siegelring an ihrer Hand. Zu sehen ist<br />
darauf ein Wappen, über dessen Herkunft nur<br />
wenig bekannt ist. Selbst darüber, was darauf zu<br />
sehen ist, scheiden sich die Geister. Gustav von<br />
Lehsten schilderte es einst so: „In silbernem<br />
Felde ein aufgerichteter schwarzer Leisten,<br />
begleitet von zwei schwarzen Adlersflügeln. Auf<br />
dem gekrönten Helm der geflügelte Leisten.<br />
Helmdecken silbern und schwarz. Schildhalter:<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
Ein Wappen der Familie von Lehsten, zu bewundern im Rittersaal des Herrensaales<br />
Hohen Luckow. Foto: Jürgen Luttmann/Archiv für Familiengeschichtsforschung<br />
zwei silberne, an Brust und Flügeln schwarze<br />
Greife.“ Sprechende Wappen nennt man solche<br />
Bilder, wie jenen Leisten, der sich auch im<br />
Namen „Lehsten“ wiederfindet. Doch Irmgard<br />
von Lehsten ist skeptisch. „Wir sind der Ansicht,<br />
das war niemals als sprechendes Wappen<br />
gedacht, sondern ist irrtümlich unterlegt worden.“<br />
Vermutlich sei das leere Feld zwischen den<br />
Flügeln im 15. Jahrhundert als Leisten gedeutet<br />
worden, obwohl es diese Bedeutung ursprünglich<br />
nie hatte. Unterstützung bekommt die Frau<br />
von Lupold von Lehsten, einem Familienmitglied,<br />
das die Erforschung von Personengeschichte<br />
zu seinem Beruf gemacht hat. Der Historiker<br />
kommentiert schlicht: „Man stelle sich<br />
einen Ritter vor, der sein Wappen dekoriert. Ich<br />
halte es für sehr unwahrscheinlich, dass der sich<br />
ein paar Schuhsohlen darauf genagelt hätte.“<br />
Lupold von Lehsten ist stellvertretender Leiter<br />
des nahe Frankfurt/Main gelegenen Instituts für<br />
Personengeschichte (www.personenge-schichte.de).<br />
Das Institut hat vier hauptamtliche Mitarbeiter<br />
und ist sowohl Biblio<strong>the</strong>k als auch Dokumentationsstelle,<br />
sammelt beispielsweise<br />
wichtige Nachlässe der Personen- und Familiengeschichte<br />
im gesamten deutschsprachigen<br />
Raum. Und von Lehsten beteuert: „Das Interesse<br />
an diesem Themengebiet wächst beständig.“<br />
Gerade jetzt erreiche eine Gruppe der Bevölkerung<br />
das Rentenalter, in deren Vorgeschichte es<br />
viele Fragezeichen gibt, meint er und erklärt:„Als<br />
deren Väter damals im Krieg und in Gefangenschaft<br />
waren, ist viel passiert, worüber später nie<br />
mehr gesprochen wurde.“<br />
Etwas darüber zu erfahren, wer die eigenen<br />
Vorfahren wirklich waren und wie sie gelebt<br />
ADEL<br />
Die Heraldische Fachgruppe<br />
„Zum Greifen <strong>Rostock</strong>“<br />
Sich mit Ahnenforschung und der Bedeutung<br />
von Wappen zu befassen, liegt im<br />
Trend. Die „Heraldische Fachgruppe Zum<br />
Greifen <strong>Rostock</strong>“ allerdings gibt es schon<br />
seit mehr als zwei Jahrzehnten. 1988 entstand<br />
die Gruppe im Kulturbund der DDR,<br />
seitdem sind ihre Mitglieder zusammen<br />
geblieben. Jürgen Luttmann, der erst auf<br />
Umwegen dazu kam, erzählt: „Mich hat<br />
eigentlich nur die Geschichte von Burg<br />
Schlitz interessiert, wo ich immer Führungen<br />
anbiete. Aber weil ich auch die Wappen<br />
verstehen wollte, die es da zu sehen<br />
gibt, habe ich mich mit einem Menschen<br />
unterhalten, der sich auskennt <strong>–</strong> und der<br />
war Mitglied in dieser Fachgruppe.“ Seit<br />
jener Zeit mischt Jürgen Luttmann bei den<br />
Heraldikern mit. Zu sämtlichen Wappen im<br />
Rittersaal des Herrenhauses in Hohen<br />
Luckow hat der 73-Jährige etwas zu<br />
erzählen. Und allein in der Dorfkirche zu<br />
Basedow fotografierte und bestimmte er<br />
160 Wappen. Luttmann versichert begeistert:<br />
„Das macht unglaublich viel Spaß!<br />
Die Wappen sind ja nur vordergründig das<br />
Thema, dahinter verbirgt sich ganz viel<br />
Geschichte.“<br />
Neun Männer und eine Frau gehören zu der<br />
Heraldischen Fachgruppe, die sich achtmal<br />
jährlich zusammensetzt und darüber hinaus<br />
zwei Exkursionen organisiert. Neueinsteiger<br />
sind willkommen, als Ansprechpartner ist<br />
der Vorsitzende Peter Heinke unter der Rufnummer<br />
038355/12466 erreichbar.<br />
haben, das sei ein ureigenes Interesse des<br />
Menschen, ein wesentlicher Teil seiner Identitätssuche.<br />
Die Begeisterung dafür erwachte<br />
in Lupold von Lehsten schon als er noch ein<br />
Kind war. „Ich habe bei einer Großtante in<br />
Ostfriesland, die immer Ortsgeschichte aufgeschrieben<br />
hat, am Teetisch gesessen und<br />
zugehört“, so erinnert er sich. „Die Tante war<br />
noch aus dem vorletzten Jahrhundert, kleidete<br />
und benahm sich etwas altertümlich und<br />
hatte auch ihren Gemüsegarten entsprechend<br />
angelegt.“ Vor allem aber: Sie konnte<br />
so plastisch aus ihrem Leben erzählen, dass<br />
der Junge an ihren Lippen hing und irgendwann<br />
begann, deren Aufzeichnungen abzuschreiben<br />
und zu erweitern. Auch wenn die<br />
von Lehstens heute kein eigenes Landgut<br />
mehr besitzen <strong>–</strong> ihre Geschichte ist durch<br />
Leute wie ihn, Irmgard und Jochen sowie Gustav<br />
von Lehsten erhalten geblieben. Und<br />
Lupold von Lehsten, der sich nach wie vor als<br />
Mecklenburger fühlt, freut sich darüber, dass<br />
auch seine fünf Kinder einigermaßen über<br />
ihre Familiengeschichte Bescheid wissen.<br />
Katja Bülow<br />
53
54<br />
LEBENSART<br />
Gutshaus Stellshagen <strong>–</strong><br />
„Wir sind gewachsen“<br />
Wenn man im Dorf beim Briefkasten<br />
rechts in die Lindenstraße<br />
einbiegt und sich unter den mächtigen<br />
Bäumen dem stilvollen Gebäude<br />
nähert, fühlt man sich irgendwie<br />
gleich zuhause. Vertraut wirkt das<br />
Gutshaus Stellshagen bereits auf<br />
den ersten Blick, unverwechselbar<br />
sein Charme, scheinbar unberührt<br />
die geschmeidige Natur.<br />
Im Lavendelbeet <strong>–</strong> gleich neben<br />
dem schwedenroten Saunahaus <strong>–</strong><br />
tanzen Kohlweißlinge zu hunderten<br />
in der Mittagssonne. Im großzügigen<br />
Kräutergarten duftet es aromatisch<br />
nach Thymian und Melisse.<br />
Nur gelegentlich dringt muntere<br />
Konversation vom anderen Ende<br />
des Dorfteiches herüber. Eine Seminargruppe<br />
pausiert gerade vor dem<br />
ziegelroten Tagungshaus. „Qigong<br />
der 5 Wandlungen“ steht heute auf<br />
dem Programm.<br />
Gertrud Cordes, die neue Hausherrin,<br />
hat das ländliche Anwesen, das<br />
einst die Familie ihrer Mutter Lore<br />
Cordes bewohnte, in eine Perle verwandelt<br />
die ihresgleichen sucht.<br />
Gemeinsam mit ihrem Mann Bill<br />
Nikiel, einem gebürtigen Amerika-<br />
Hausherrin Gertrud Cordes mit ihrem Mann Bill Nikiel. Foto: Privat<br />
ner und Geschäftsführer einer<br />
Musikfirma, etablierte die Hamburgerin<br />
ein Bio- und Gesundheitshotel<br />
mit Restaurant, Saunahaus und<br />
Naturbadeteich, Gesundheitszentrum,<br />
Tagungshaus und eigener<br />
Landwirtschaft. „Für die Region wie<br />
ein Sechser im Lotto“, hört man die<br />
Dorfbewohner heute sagen. Als Gertrud<br />
Cordes und ihr Mann dem<br />
Landkreis vor mehr als 15 Jahren ein<br />
Nutzungskonzept mit ökologischem<br />
Pr<strong>of</strong>il vorlegten, hatten sie<br />
ganz klare Vorstellungen. Damals<br />
ahnten die Heilpraktikerin und der<br />
Kaufmann allerdings nicht, dass das<br />
Haus derart wachsen wird <strong>–</strong> es 2007,<br />
elf Jahre nach der Eröffnung <strong>–</strong> als<br />
erstes Haus in Mecklenburg-Vorpommern<br />
die Zertifizierung als Bio-<br />
Hotel erhält und sich schon bald an<br />
einem Bekann<strong>the</strong>itsgrad, bis weit<br />
über die Landesgrenzen hinaus,<br />
erfreut. „Das war so nicht geplant.<br />
Wir sind erst nach und nach<br />
gewachsen“, gibt sich die 54-jährige<br />
Geschäftsführerin bescheiden.<br />
Auf der einladenden Liegewiese hat<br />
es sich ein Gast des Hauses im<br />
Schatten einer hochgewachsenen<br />
Weide gemütlich gemacht. Ein<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
weiterer genießt sorglose Urlaubslektüre<br />
auf einer beigefarbenen<br />
Hängematte. Aus der Ferne ist leise<br />
das zufriedene Rattern der Erntemaschinen<br />
zu vernehmen. Berg auf,<br />
Berg ab arbeiten sie sich scheinbar<br />
rastlos durch den fruchtbaren<br />
Boden des Klützer Winkels. Ja <strong>–</strong> der<br />
kleine verträumte Ort im Nordwesten<br />
Mecklenburgs scheint geradezu<br />
maßgeschneidert für das ökologische<br />
Pr<strong>of</strong>il des Hauses. Man sieht es,<br />
riecht es und spürt es überall. Der<br />
Ausblick vom Naturbadeteich, der<br />
seinen Platz auf einer Anhöhe am<br />
Rande der pittoresken Anlage<br />
gefunden hat, ist ohnegleichen. Im<br />
Treibhaus gedeihen schmackhafte<br />
Zucchini und purpurrote Paprikaschoten.<br />
Im großen Saal duftet es<br />
kulinarisch nach appetitlichen Speisen.<br />
Alles in hundertprozentiger<br />
Bio-Qualität. Selbst das Gutshaus,<br />
das der Hamburger Bauingenieur<br />
Franz Bach für seinen Sohn Franz,<br />
Vater von Lore Cordes, 1925 konzipierte,<br />
wurde von deren Urenkelin<br />
konsequent nach baubiologischen<br />
Gesichtspunkten saniert. Ebenso<br />
die einladenden Nebengebäude, die<br />
neu entstandenen Sonnenhäuser<br />
im Osten, Sauna- und Gartenhaus<br />
im Westen sowie Gesundheitszentrum<br />
und Tagungshaus im Süden.<br />
„Unser Pr<strong>of</strong>il richtet sich ganz klar<br />
an die ökointeressierten Urlauber“,<br />
betont Gertrud Cordes. Wer Wert<br />
auf gesunde Ernährung legt, wer<br />
sich nach Ruhe und Entspannung<br />
sehnt, wer den Alltag einfach mal<br />
hinter sich lassen möchte, der ist in<br />
Stellshagen an der richtigen<br />
Adresse. Im lichtdurchfluteten Tao<br />
Gesundheitszentrum, am Rande<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
des von Trauerweiden gesäumten<br />
Dorfteiches, erfährt der Ruhesuchende<br />
das, was man sich unter<br />
einer außergewöhnlichen Auszeit<br />
vorstellt. Klangmassage, Ayurvedische<br />
Behandlungen, Akkupunktur,<br />
Farbpunktur, Qi Gong, Shiatsu,<br />
Ernährungsberatung nach den fünf<br />
Elementen <strong>–</strong> die Liste der <strong>the</strong>rapeutischen<br />
Anwendungen ist lang und<br />
der Mensch ein ganzheitliches<br />
Wesen. Ein Patentrezept für Wohlbefinden<br />
auf Knopfdruck gib es<br />
nicht, aber:„In dieser schnelllebigen<br />
Zeit sollte sich jeder, auch wenn es<br />
meist schwierig zu realisieren ist,<br />
immer mal Zeitinseln gönnen. Zeitinseln<br />
um zur Ruhe zu kommen und<br />
um Kontakt mit sich aufzunehmen“,<br />
rät Gertrud Cordes. Ebenso<br />
habe sie im Laufe ihres Lebens mehr<br />
und mehr realisiert, dass neben Zeit<br />
und Ruhe insbesondere die richtige<br />
Ernährung eine wichtige Rolle<br />
spielt. Was auch sie als junge Frau<br />
nicht konsequent befolgte, ist der<br />
Heilpraktikerin heute umso klarer:<br />
„Wir sind was wir essen.“ In Stellshagen<br />
kommen deshalb überwiegend<br />
Produkte von den hauseigenen<br />
Bio-Anbauflächen auf den Tisch.<br />
Auf der Sonnenterrasse,unmittelbar<br />
vor dem prächtigen Eingangsportal,<br />
duftet es inzwischen nach schonend<br />
zubereitetem Gemüseauflauf und<br />
knackigem Gartensalat. Stellshagen<br />
ist zweifelsohne ein Ort der Ruhe<br />
und des leisen Genusses. Ein Ort, an<br />
dem es sich gut allein sein lässt, an<br />
dem man aber genauso gut Gleichgesinnte<br />
treffen kann. Ein Ort, der<br />
seinesgleichen sucht, an dem man<br />
sich schlichtweg zuhause fühlt.<br />
Text/Fotos: Doreen Bülow<br />
Wismarsche Straße 14, 18057 <strong>Rostock</strong><br />
Telefon (0381) 4 92 27 02, Email: service@taschenbrecker.de<br />
LEBENSART<br />
55
56<br />
VEREIN<br />
Typisch hanseatisch ….<br />
Damit <strong>Rostock</strong> auch künftig wächst und gedeiht<br />
Wer in einer Stadt lebt und dort<br />
gutes Geld verdient, der trägt auch<br />
Verantwortung für das Florieren<br />
des Gemeinwesens. Diese hanseatische<br />
Grundhaltung war es wohl,<br />
die <strong>Rostock</strong>er Bürger einst motivierte,<br />
den „Verschönerungsverein<br />
von 1836“ zu gründen. Lange<br />
genug hatten sie neidvoll Richtung<br />
Schwerin geblickt, wo prachtvolle<br />
Gartenanlagen rund um das<br />
Schloss zum Spazieren einluden.<br />
Jetzt nahmen sie die Sache selbst<br />
in die Hand. Sie wandelten erst die<br />
einstigen Wallanlagen in einen<br />
Park um und kümmerten sich dann<br />
im ganzen Stadtgebiet um Bäume,<br />
Büsche und Blumen. Heute, 173<br />
Jahre später, wiederholt sich die<br />
Geschichte:Weil Grünpflege in Zeiten<br />
knapper Stadtkassen kaum<br />
noch stattfindet, haben sich im<br />
Januar 13 Hanseaten zu einem<br />
neuen „Verschönerungsverein zu<br />
<strong>Rostock</strong>“ zusammengetan. Und<br />
seitdem haben sie schon einige<br />
Vorhaben angeschoben.<br />
Den Lindenpark, einstmals der erste<br />
öffentliche Friedh<strong>of</strong> vor den Toren<br />
der Stadt, haben sie sich ganz oben<br />
auf ihre Agenda geschrieben. Hannes<br />
Ro<strong>the</strong>r, der als Landschaftsplaner<br />
zum Vorsitzenden des Vereins<br />
gewählt wurde, bedauert:„Der Park<br />
wird zwar notdürftig gepflegt, aber<br />
bei weitem nicht so, wie es seiner<br />
historischen Bedeutung entsprechen<br />
würde.“ Eine Kritik, der Grünamtsleiter<br />
Stefan Neubauer nur<br />
wenig entgegensetzen kann. Er hat<br />
gerade mal 17 Pflegekräfte zur Verfügung,<br />
um sämtliche Parks und<br />
Biotope <strong>Rostock</strong>s in Schuss zu halten.<br />
Wobei alleine die Parks sich<br />
über eine Fläche von 156 Hektar<br />
erstrecken. Pro Einwohner lasse sich<br />
die Hansestadt ihre Grünpflege<br />
jährlich 36 Euro kosten, so rechnet<br />
er vor. Mit dieser Summe lässt sich<br />
nicht mehr als das Allernötigste<br />
bewegen.<br />
Die Begründer des Verschönerungsvereins,<br />
das sind Anwohner<br />
des Lindenparks, die benachbarte<br />
Waldorfschule, Laien und Fachleute.<br />
Sie alle wollen regelmäßig selber<br />
mit Hand anlegen. Vor allem<br />
Hannes Ro<strong>the</strong>r. Foto: Katja Bülow<br />
aber ist es ihr Ziel, Interesse zu<br />
wecken, Spenden zu sammeln und<br />
Kräfte für ihre Sache zu bündeln.<br />
Ro<strong>the</strong>r:„Nachdem wir jetzt endlich<br />
die Gemeinnützigkeit bekommen<br />
haben, können wir als Verein viel<br />
unkomplizierter als eine Behörde<br />
Träger von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen<br />
sein, die dann wiederum<br />
vom Grünamt angeleitet<br />
werden.“ Abgesehen davon, dass<br />
Pflanzen und Wege künftig besser<br />
gepflegt werden sollen, schwebt<br />
es den Initiatoren vor, historische<br />
Grabstätten wieder herrichten zu<br />
lassen. Der Geinitzstein, ein<br />
schlichter Findling, mit dem an den<br />
bedeutenden Mineralogen Franz<br />
Eugen Geinitz erinnert wird, solle<br />
vermutlich der erste sein, dem<br />
noch in diesem Jahr eine Verschönerungskur<br />
gegönnt wird. Darüber<br />
hinaus ist es geplant, eine hundefreie<br />
Liegewiese zu schaffen oder<br />
auch den einstigen Haupteingang<br />
zum jüdischen Friedh<strong>of</strong> auf der<br />
Südseite des Areals wieder begehbar<br />
zu machen. Letzterer sei derzeit<br />
von Garagen verbaut, die allerdings<br />
längst nicht mehr genützt<br />
würden, so heißt es.<br />
Doch Ro<strong>the</strong>r und seine Mitstreiter<br />
haben keineswegs vor, sich auf den<br />
Lindenpark zu beschränken. Langfristig<br />
haben sie sich vorgenommen,<br />
sämtlichen Grünanlagen in<br />
der Stadt auf die Sprünge zu helfen.<br />
Zu tun gibt es genug, versichert<br />
der Vorsitzende: Der einstige<br />
Stadtpark in Brinckmansdorf sei<br />
kaum noch als solcher erkennbar,<br />
Lindenpark:Wunderschön ist es, durch den <strong>Rostock</strong>er Lindenpark zu spazieren.<br />
Doch Wege, Bäume und Grabstellen könnten etwas mehr Pflege gebrauchen.<br />
Foto: Dierken<br />
Das Kröpeliner Tor. Foto: Verlag der H<strong>of</strong>- Steindruckerei <strong>Rostock</strong>.<br />
der alte Friedh<strong>of</strong> Gehlsdorf vollkommen<br />
zugewuchert... Je mehr<br />
Mitstreiter man finde, um so mehr<br />
lasse sich erreichen. Immerhin:<br />
Das historische Vorbild, der Verschönerungsverein<br />
von 1836, sammelte<br />
schon im ersten Jahr seines<br />
Bestehens 236 Taler, fand Sponsoren,<br />
die Fuhrwerke stellten, Erdarbeiten<br />
erledigten oder Pflanzen<br />
schenkten.<br />
Katja Bülow<br />
Arbeitseinsatz<br />
Am 17. Oktober, gegen 10 Uhr,<br />
lädt der Verschönerungsverein<br />
zu <strong>Rostock</strong> zum Arbeitseinsatz<br />
in den Lindenpark. Wegearbeiten<br />
stehen an, es sollen Stockausschläge<br />
an den Linden<br />
beschnitten und Müll gesammelt<br />
werden. Am Nachmittag<br />
wird gemeinsam gegrillt.<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
UNTERNEHMEN<br />
„Wir machen was draus“<br />
„Man feiere nur, was glücklich<br />
vollendet ist“ <strong>–</strong> dieses Zitat des<br />
altehrwürdigen deutschen<br />
Dichters Johann Wolfgang von<br />
Goe<strong>the</strong> ziert die Firmenphilosophie<br />
des Unternehmens Kampen<br />
rent an event.<br />
Auf den Punkt gebracht: „Andere<br />
Menschen wollen wir glücklich<br />
machen“, sagt Doreen Roeschke,<br />
Finance & Management, im Hause<br />
Kampen. „Wenn ein Fest geplant<br />
wird, brauchen sich unsere Kunden<br />
um nichts, aber auch gar<br />
nichts kümmern. Wir organisieren<br />
alles. Dabei sei egal, ob Candle-<br />
Light-Dinner, Hochzeiten, Vernissagen<br />
oder riesige Kongresse. Wir<br />
machen was draus.“ Festzelte,<br />
Stühle,Tische, edles Geschirr, Caterer<br />
- bei Kampen gibt es nichts,<br />
was es nicht gibt. „Alles klappt.<br />
Das garantieren wir. Organisieren<br />
ist unser Ding“, lächelt Doreen<br />
Roeschke und zählt einige aktuelle<br />
Veranstaltungshöhepunkte auf.<br />
„Unter anderem die Bestuhlung<br />
bei den derzeit stattfindenden<br />
Festspielen Mecklenburg-Vorpom-<br />
mern,Lufthansa-Betriebsveranstaltungen oder gar das Eröffnungsevent<br />
von Paramount Pictures<br />
zu Jahresbeginn in München.“<br />
Auch für Großveranstaltungen bis<br />
zu 40 000 Personen könne Kampen<br />
beispielsweise gleiches<br />
Geschirr liefern. „Groß, größer am<br />
größten ist allerdings kein Maßstab<br />
für uns. Jede Veranstaltung,<br />
jeder Kunde ist uns wichtig“, sagt<br />
die Fachfrau.<br />
Seit knapp zwei Jahrzehnten gibt<br />
es die Firma Kampen, deren<br />
Hauptsitz Neustadt-Glewe,<br />
unweit Schwerin, ist. Niederlassungen<br />
sind inzwischen in Hamburg,<br />
Berlin, Leipzig, Hannover und<br />
Bremen aufgebaut.<br />
Anfang August wurde nun Am<br />
<strong>Rostock</strong>er Hechtgraben 2 eine<br />
neue Filiale eröffnet. „Die Zeit<br />
dafür war reif“, sagt Cora Birkner,<br />
die als Ansprechpartner der hansestädtischen<br />
Dependance dem<br />
Kunden zur Seite steht. Die studierte<br />
Betriebwirtschaftlerin war<br />
zuvor in Neustadt-Glewe tätig.<br />
Cora Birkner berät die Kunden in der neuen <strong>Rostock</strong>er Filiale. Fotos: Kampen/ Re. Rö.<br />
„Jetzt habe ich die Chance bekommen,<br />
hier das neue Studio zu leiten.<br />
Eine Chance, die ich mir natürlich<br />
nicht entgehen lassen wollte“,<br />
so die junge Frau selbstbewusst.<br />
Auf die Frage, ob es denn irgendetwas<br />
gäbe, was Kampen für einen<br />
Kongress, Event oder Familienfeier<br />
nicht habe, lacht sie. „Nein, wir<br />
können alles arrangieren. Wir sind<br />
wahre Organisationstalente.“ Und<br />
die Liebe fürs Detail, die garantiere<br />
die Firma, die insgesamt 73 Angestellte<br />
hat, sowohl für kleine als<br />
auch große Veranstaltungen. Cora<br />
Birkner findet ihre neue Aufgabe<br />
in <strong>Rostock</strong> spannend. „Hier<br />
pulsiert das Leben. <strong>Rostock</strong> ist eine<br />
sehr schöne Stadt. Sie ist Tourismuszentrum,Dienstleistungsund<br />
Messestadt, hier passiert<br />
was“, so die Erfahrungen der<br />
gebürtigen Sachsen-Anhalterin,<br />
sich auf zahlreiche Veranstaltungen,<br />
die Kampen in <strong>Rostock</strong> und<br />
Umgebung organisieren will,<br />
freuend.<br />
Weitere Informationen unter<br />
www.kampen-rentanevent.com<br />
Gala?Heirat?Jubilärum?Überraschungsgäste?<br />
FüralleVeranstaltungen<br />
Woundwieauchimmer!<br />
An der Autobahn 14-16<br />
19306 Neustadt-Glewe<br />
Tel. 03 87 57 - 55 90<br />
www.kampen-rentanevent.com<br />
57
58<br />
UNTERNEHMEN<br />
Ohne meine Frau konnte ich mir<br />
den Besuch in einem Studio für<br />
Badeinrichtungen gar nicht vorstellen.<br />
Bisher! Das hat sich<br />
gründlich geändert seit der<br />
Berichterstatter das Ehepaar<br />
Yvonne und Andreas Voth in<br />
ihrer exclusiven Badausstellung<br />
in Reutershagen besuchte: Walter-Stoecker-Straße<br />
31, ehemalige<br />
Ladenstraße des traditionsreichen<br />
<strong>Rostock</strong>er Stadtteils,<br />
wenige Schritte vom Markt entfernt,<br />
fast gleich hinter dem Rondell,<br />
Parkplätze kein Problem.<br />
Nein, das ist keine Ladenklingel.<br />
Eine Harmonie erklingt, die den<br />
Gast fast in das Studio zieht, damit<br />
keiner der schwebenden Akkorde<br />
verpasst wird. Die Farbe weiß dominiert<br />
den ersten Blick. Andere<br />
„Töne“ kommen nach der schnellen<br />
Orientierung hinzu. Aber ein<br />
Zustand beginnt den Besucher<br />
durch den von der Sonne durchfluteten<br />
Raum zu führen, der nur so<br />
bezeichnet werden kann: Wohlgefühl!<br />
Raumharmonie ! Italienisches<br />
Design fasziniert den Betrachter.<br />
Ganze Badeinrichtungen oder Einzelstücke,<br />
von denen besonders<br />
Männer bisher gar nicht wussten,<br />
dass es sie gibt und in so einer perfekten<br />
Linienführung gibt. Bella<br />
Italia in <strong>Rostock</strong>.<br />
Seit zwei Jahren und sechs Monaten<br />
haben Yvonne und Andreas<br />
Voth nach eigener Bekundung hier<br />
ihren „Traum verwirklicht“. Auf insgesamt<br />
200 Quadratmetern Aus-<br />
Bella Italia in <strong>Rostock</strong><br />
Yvonne und Andreas Voth in ihrer exklusiven Badausstellung in Reutershagen.<br />
stellungs- und Bür<strong>of</strong>läche beraten<br />
und betreuen sie ihre Besucher und<br />
Kunden mit einer im Großraum<br />
<strong>Rostock</strong> seltenen oder gar einmaligen<br />
Tugend: Zeit, Ruhe und behutsam<br />
vorgebrachte Anregungen sind<br />
die „Säulen“ aller Kundengespräche.<br />
„Wir nehmen uns viel Zeit,<br />
um zu ergründen, was der Kunde<br />
braucht, wo seine Vorlieben liegen.“<br />
Vertrauen aufbauen und auf diesem<br />
seriösen Weg einen Kontakt,<br />
auch mit Blick auf die Zukunft<br />
herstellen <strong>–</strong> das gehört bei Voth &<br />
Voth zur Firmenphilosophie.<br />
Viele zufriedene Kunden haben in<br />
der jungen Unternehmensgeschichte<br />
Yvonne und Andreas Voth<br />
sowie ihre drei Außendienstmitarbeiter<br />
so kennen gelernt. Privatpersonen<br />
mit einem Eigenheim<br />
oder der eigenen Wohnung. Hoteliers<br />
und Pensionsbesitzer. Inhaber<br />
von Ferienwohnungen oder<br />
Wochenendhäusern, Firmenchefs,<br />
die ihrem Team eine besonders<br />
angenehme Atmosphäre in den<br />
„stillen Bereichen“ bieten möchten<br />
oder, die Wärme aus der Heizung<br />
rationeller, kostengünstiger,<br />
zuweilen auch umweltfreundlicher,<br />
beziehen wollen.<br />
Voth baut oder modernisiert Bäder<br />
und Heizungen. Was im Studio in<br />
Reutershagen nicht besprochen,<br />
geplant oder kalkuliert werden<br />
kann, wird beim Hausbesuch vollendet.<br />
Wer ein Defizit räumlicher<br />
Vorstellungskraft hat, kann seinen<br />
Blick an einer perfekten Computeranimation<br />
weiten.<br />
„Au<strong>the</strong>ntizität, Ech<strong>the</strong>it und Glaubwürdigkeit<br />
sind unsere Geschäftsprinzipien“,<br />
sagt das Ehepaar, und<br />
ergänzt: „Jeder Kunde soll sich mit<br />
Vergnügen und Achtung an alle<br />
Mitarbeiter und an uns erinnern“.<br />
Andreas Voth ist diplomierter Ingenieur<br />
seines Fachgebietes, das er<br />
nach eigenem bekunden „mit Leidenschaft“<br />
ausfüllt. Yvonne Voth<br />
war Diplom-Lehrerin für Deutsch<br />
und Musik. Ihre musische Begabung<br />
hat die hübsche und charmante<br />
Frau zu einer ganz eigenen<br />
„Handschrift“ bei Kundenberatung<br />
um Formen und Farben erweitert.<br />
Die Firma Voth ist umsichtig und<br />
mit viel Einfühlungsvermögen<br />
unterwegs, um dem Auftraggeber<br />
diesen „Druck“ zu nehmen. Das<br />
beginnt schon bei der Wahl der<br />
Kooperationspartner für größere<br />
Aufträge.„Ob die Elektriker-, Tischler-<br />
oder Malerfirma, mit denen wir<br />
arbeiten <strong>–</strong> die teilen voll und ganz<br />
unsere Auffassungen: Ehrlich,<br />
pünktlich, zuverlässig, sauber <strong>–</strong> 110<br />
Prozent Leistung für die Zufriedenheit<br />
des Kunden, erzählt das Ehepaar<br />
Voth. Bliebe noch vom zusätzlichen<br />
Service einer kostenlosen<br />
Grundreinigung nach vollbrachten<br />
Arbeiten zu berichten. Und der<br />
blühende Gruß, den Yvonne Voth<br />
gern dem Auftraggeber überreicht,<br />
wenn alles fertig ist, gehört auch<br />
zur Unternehmenskultur.<br />
Weitere informationen:<br />
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Horst Marx<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
Kinderzimmer<br />
Von diesem Kinderzimmer kann<br />
man wohl einen der schönsten<br />
Blicke auf <strong>Rostock</strong> genießen: Am<br />
leichten Anstieg am Stadtausgang,<br />
Hang Alt-Barteldorf. Am Bäckerhörn.<br />
Eine weiße Villa mit viel Glas<br />
und geraden Linien.<br />
Hier verwirklicht Lisa Henkel derzeit<br />
ihren Lebenstraum. Sie richtet<br />
ein Kinderzimmer ein. Und das<br />
nicht für ihre beiden vier- und zweijährigen<br />
Söhne Steven und Javan,<br />
sondern für viele etwa Gleichaltrige,<br />
die ganz sicher gern in Begleitung<br />
ihrer Eltern kommen werden.<br />
„Jetzt für Kleinstkinder bis zu drei<br />
Jahren. Vielleicht werde ich später<br />
für Kinder bis zu sechs Jahre erwei-<br />
Lisa Henkel<br />
tern“, sagt die 33-Jährige. Denn ein<br />
Wintergarten für die Kleinen soll<br />
einmal hinzukommen. Sogar ein<br />
Kronleuchter ist für das Kinderzimmer<br />
demnächst genauso geplant<br />
wie ein Kamin.<br />
Dieses Kinderzimmer birgt viel<br />
Wärme und Charakter. Ist es die<br />
sympathische, viel Ruhe ausstrahlende<br />
Art von Lisa Henkel oder ist<br />
es der helle, freundliche Raum mit<br />
den zahlreichen wunderschönen<br />
Sachen, wie Kindersöckchen, Mützen,<br />
Hüte, Spielzeug, Kinderbett,<br />
Kuscheltiere und noch viel mehr?<br />
Alles hier hat Stil, ist wohl ausge-<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
sucht und aufeinander<br />
abgestimmt. Und dass<br />
das so ist, dafür gibt es<br />
gute, eigene Gründe.<br />
Die Kinderartikel präsentieren<br />
englischen<br />
Chic und Charme. Alles<br />
in leichten, weichen<br />
und zarten Tönen. Lisa<br />
Henkel ist von Beruf<br />
Stylistin. Man spürt ausgesprochene<br />
Qualität<br />
und Anspruch.<br />
„Das Vorbild für unser Kinderzimmer<br />
sind die englischen Kinderläden<br />
Mamas & Papas“, lächelt Lisa<br />
Henkel. Sie und ihr Ehemann<br />
haben über vier Jahre in England<br />
gelebt, dort die englische Art des<br />
Umgehens mit Kindern erlebt.<br />
Und natürlich auch, weil langsam<br />
eigener Kinderwunsch wuchs.<br />
„Mamas & Papas ist ein Unternehmen,<br />
das vor einigen Jahren in<br />
England von Müttern gegründet<br />
wurde, weil sie nichts Passendes<br />
für ihre Kleinen fanden. Es gab<br />
alles nur in quietschgrellen<br />
Farben. Der Kinderwagen und die<br />
Ausstattung sollten zum Beispiel<br />
Ton in Ton sein.“ Inzwischen ist<br />
das Ganze in England zu einem<br />
Erfolg geworden. „Denn es gab<br />
und gibt viele Eltern, die sich für<br />
ihre Kinder warme und zarte Farben<br />
wünschen.“ Das möchte Lisa<br />
Henkel nun gern nach <strong>Rostock</strong><br />
übertragen, und von ihrem Kinderzimmer<br />
Am Bäckerhörn 51<br />
andere Kinderzimmer einrichten.<br />
Mamas & Papas sind übrigens<br />
erst seit diesem Jahr auf dem<br />
deutschen Markt, und das nur in<br />
wenigen ausgewählten Läden.<br />
„In wenigen Wochen werden wir<br />
auch die italienische Kindermodemarke<br />
Chicco führen“, sagt Lisa<br />
Henkel. Sie ist auch neu auf dem<br />
deutschen Markt und ebenfalls<br />
nur in ausgewählten Läden<br />
zu bekommen.<br />
„Von der Tapete bis<br />
zum Kinderbett, von<br />
der Gardine bis zum<br />
Stillkissen, in meinem<br />
Kinderzimmer<br />
finden Eltern alles in<br />
einem Stil.“ Lisa<br />
Henkel arbeitet<br />
auch mit Hebammen-<br />
UNTERNEHMEN<br />
mit englischem Chic<br />
praxen in <strong>Rostock</strong> zusammen. So<br />
können junge Mütter im Kinderzimmer<br />
von Lisa Henkel demnächst<br />
auch Milchpumpen ausleihen.<br />
Eltern, die gerne von Zuhause<br />
shoppen wollen, die können das<br />
gerne tun: www.kinderzimmerrostock.de.<br />
Weitere Informationen auch unter<br />
mamasandpapas.com.<br />
59
Die Berater von KSR <strong>Rostock</strong> haben für die Leser von<br />
<strong>Rostock</strong> „<strong>delüx</strong>“ aktuelle Informationen und Wissenswertes<br />
aus den Bereichen Steuern, Wirtschaft und Recht zusammengestellt.<br />
Liebe Leserin, lieber Leser!<br />
Die Turbulenzen der Weltmärkte spüren auch wir in Mecklenburg.<br />
Mit der gewohnt ruhigen, hanseatischen Herangehensweise<br />
nähern wir uns dem Thema und wissen, nach jedem<br />
Sturm kommen Zeiten der Ruhe.<br />
Nutzen Sie jetzt die Gelegenheit und analysieren Sie Ihre Produkt-<br />
und Dienstleistungsportefolios. Welche Sparte verdient<br />
Geld und warum? Mit Hilfe von Branchenvergleichen und<br />
Kostenrechnungen erkennen Sie zuverlässig Schwachstellen<br />
und decken Potential auf.<br />
Die Einrichtung dieses Informationssystems bedarf der gezielten<br />
Vorbereitung und zahlt sich bereits nach kurzer Zeit aus.<br />
Der konsequente Einsatz von technischen Möglichkeiten im<br />
Bereich der Verwaltung hilft, entstehende Aufwendungen zu<br />
verringern. Durch den Einsatz eines integrierten Systems erfassen<br />
Sie alle Daten nur einmal. Diese werden elektronisch übernommen<br />
und Fehler bei einer Doppelerfassung vermieden. Die<br />
Belege werden elektronisch erfaßt und die Daten für den Zahlungsverkehr<br />
bereit gestellt. Sie entlasten sich und Ihre Mitarbeiter<br />
von Routineaufgaben.<br />
Schnelle Auswertungen werden möglich. Sie könnten tagesaktuell<br />
Ihre Umsätze auswerten, die entstandenen Kosten prüfen<br />
und aus diesen Daten die überlebenswichtige Liquiditätsvorschau<br />
erstellen.<br />
Es geht um Ihr Geld. Nutzen Sie regelmäßige Erinnerungen Ihrer<br />
Kunden an Zahlungen und verbessern gleichzeitig Ihr Rating<br />
bei Ihrer Hausbank.<br />
Über Zeitreihenvergleiche lesen Sie den Abverkauf und die<br />
Attraktivität Ihrer Leistungen ab und steuern gezielt.<br />
Welche S<strong>of</strong>tware für den Einsatz bei Ihnen ideal ist?<br />
Wir beraten Sie.<br />
Tobias Kaiser I Steuerberater<br />
Kaj Mende I Rechtsanwalt<br />
Ben Karl Rippen I Rechtsanwalt, Steuerberater, Mediator<br />
Nico Schade I Steuerberater<br />
Felix Westphal I Dipl.-Kaufmann<br />
60<br />
Die öffentliche Hand hält zahlreiche Programme bereit, die<br />
den Einsatz der Leistungen von KSR <strong>Rostock</strong> und anderer Kollegen<br />
finanziell bezuschussen. Die KfW bietet mit dem Programm<br />
„Gründercoaching Deutschland“ attraktive Möglichkeiten der<br />
Förderung. Und dies bis zu 5 Jahre nach der Gründung des<br />
Unternehmens. Auch die durch die „Umweltprämie“ bekannte<br />
BAFA und das Landesförderinstitut unterstützen Beratungen.<br />
Wie es funktioniert? Wir zeigen es Ihnen.<br />
Die größten Änderungen, seit Einführung der harmonisierten<br />
europäischen Umsatzsteuer, greifen ab dem Jahr 2010. Die<br />
Regelungen zur Umsatzbesteuerung sonstiger Leistungen werden<br />
umfassend neu geregelt. Ob Ihre Dienstleistungen, zum<br />
Beispiel Restaurant- und Verpflegungsleistungen, Vermietung<br />
von Beförderungsmitteln, die Personalgestellung und weitere,<br />
die Sie an im europäischen Ausland ansässige Unternehmer<br />
anbieten, unverändert besteuert werden, ist zu klären.<br />
Sie wollen die Zeit bis 2010 nutzen?<br />
Wir klären Ihre Rechnungslegung.<br />
Gemeinsam nehmen wir einen Ausblick auf das Jahr 2010. Sie<br />
sind herzlich zu den Herbstgesprächen 2009 unter dem Motto:<br />
„Mut und Kraft für 2010“ eingeladen.<br />
Sie sind neugierig? Testen Sie uns und vereinbaren<br />
einen Termin.<br />
KSR <strong>–</strong> Kompetenz Steuern Recht - ist ein spezialisiertes Team, das sich auf die<br />
Erbringung von Beratungsleistungen für Unternehmen fokussiert hat. Zu den<br />
Schwerpunkten zählen u. a. die Existenzgründungsberatung, steuerliche Gestaltungsberatung,<br />
Fragen zur Umsatzsteuer in der Europäischen Union sowie Unternehmensbewertung<br />
und die Beratung zur Steigerung von Unternehmenswerten<br />
sowie Finanzierung und Controlling im Unternehmen. In unserem Haus sind Spezialisten<br />
in den Bereichen Gesellschafts- und Vertrags- sowie Arbeits- und Sozialversicherungsrecht.<br />
Sie pr<strong>of</strong>itieren von unserer interdisziplinären Zusammenarbeit.<br />
Jede Maßnahme muß sich am erzielten Erfolg beim Mandanten messen lassen.<br />
Unser Mandantenstamm umfaßt vom Einzelunternehmen bis zur börsennotierten<br />
Kapitalgesellschaft vor allem Unternehmen aus der Region Mecklenburg mit<br />
dem Schwerpunkt auf dem Großraum <strong>Rostock</strong>. Wir arbeiten weit über die Buchhaltung<br />
hinaus u. a. mit Programmen der DATEV e.G.. Unsere Berater sind als<br />
Dozenten bei regionalen Bildungsträgern sowie Existenzgründerinitiativen im Einsatz<br />
und fungieren als Coaches für die KfW, IHK´s sowie die Steuerberaterkammer<br />
Mecklenburg-Vorpommern (Runder Tisch).<br />
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ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
WISSENSCHAFT<br />
Doktor Jazz schaut in den Himmel<br />
Warum es anderswo im Sommer kälter als im Winter ist<br />
Eiswolken über Südfrankreich - ein Frühwarnsystem der Erdatmosphäre?<br />
Na klar! Auf den Wetterbericht<br />
hat jeder schon mal geschimpft.<br />
Erst recht, wenn nicht eingetreten<br />
ist, was vorausgesagt wurde.<br />
Trotz aller Messungen und Beobachtungen,<br />
die dem vorausgegangen<br />
waren. Vielleicht hat<br />
aber auch bloß die eigene Wetterstation<br />
zu Hause im Wohnzimmer<br />
mal wieder verrückt<br />
gespielt. So ein Ding hat ja inzwischen<br />
fast jeder.<br />
Doch wie sieht es 50 Kilometer<br />
über uns aus? Darauf hat bis heute<br />
kaum jemand eine Antwort. Selbst<br />
grundlegende physikalische und<br />
chemische Mechanismen im<br />
Bereich der mittleren Atmosphäre<br />
zwischen zehn und 100 Kilometer<br />
über uns sind bis heute nicht völlig<br />
geklärt.<br />
In Kühlungsborn, im Leibniz Institut<br />
für Atmosphärenphysik (IAP),<br />
sind 65 Mitarbeiter, darunter zahlreiche<br />
Doktoranden, drauf und<br />
dran, diesen letzten Geheimnissen<br />
unserer vergleichsweise unmittelbaren<br />
und doch so schwer einzusehenden<br />
Umwelt auf die Spur zu<br />
kommen.<br />
Reicht die Klimaerwärmung bis in<br />
diese Schicht, die Mesosphäre,<br />
hinein, wie sieht es dort mit Treibhausgasen<br />
aus, haben mögliche Ver-<br />
62<br />
änderungen dort oben Auswirkungen<br />
auf das Weltklima? Noch<br />
immer gibt es mehr Fragen als Antworten.<br />
Mit selbst entwickelten Forschungsraketen<br />
dringen der Leiter<br />
des Instituts, Pr<strong>of</strong>essor Dr. Franz-<br />
Josef Lübken, der vor nunmehr<br />
zehn Jahren von der Bonner Universität<br />
dem Ruf nach Kühlungsborn<br />
folgte, und sein Team zunehmend<br />
erfolgreicher in diese<br />
Schichten vor. Um anhand der<br />
gesendeten bzw. mit zurückgebrachten<br />
Daten so manches auf<br />
der Erde schon gesehene, aber<br />
bislang nicht zu erklärende Naturschauspiel,<br />
zu analysieren. Leuchtende<br />
Nachtwolken beispielsweise.<br />
Sie erscheinen im gestreuten<br />
Licht der flach stehenden Sonne<br />
zumeist bläulich weiß. Schon seit<br />
längerem hegen Wissenschaftler<br />
die Vermutung, dass es sich dabei<br />
um Eiskristalle handelt, die spontan<br />
in der Mesopause, einer Zwischenschicht<br />
in etwa 88 Kilometer<br />
Höhe, entstehen. Hier herrschen<br />
speziell im Bereich der polaren<br />
Breiten mit bis zu 150 Grad unter<br />
Null die kältesten Temperaturen<br />
der Erdatmosphäre. Damit ist es<br />
dort im Sommer um bis zu 70 Grad<br />
kälter als im Winter. Und das<br />
bei permanenter Sonneneinstrahlung.<br />
Für den Laien nur schwer vor-<br />
stellbar, für die Experten in der<br />
Grundlagenforschung ein Fakt,<br />
noch detailliert zu erklären ist.<br />
Erst recht nachdem Eiswolken vor<br />
zwei Jahren erstmals auch über<br />
Südfrankreich gesichtet wurden.<br />
Anfangs waren sie ausschließlich<br />
über der Arktis aufgetaucht.<br />
Zuletzt, mit von den Kühlungsborner<br />
Experten weiterentwickelter<br />
Technik, in fast gleichem Temperaturpr<strong>of</strong>il<br />
auch über der Antarktis.<br />
Und hin und wieder auch schon<br />
mal über Mecklenburg-Vorpommern,<br />
hier über der Ostseeküste.<br />
Der Zug der Wolken weiter Richtung<br />
Süden wirft neue Fragen auf.<br />
Sind die Eiswolken über Südfrankreich<br />
ein Frühwarnsystem der Erdatmosphäre?<br />
Während die Erde<br />
sich zunehmend erwärmt, von<br />
spürbarem Klimawandel, vom<br />
Abschmelzen der Pole die Rede ist,<br />
geht es 60-70 Kilometer über uns<br />
in genau die entgegengesetzte<br />
Richtung. Dort wird es Jahr für Jahr<br />
um bis zu 0,5 Grad Celsius kälter.<br />
Seit nunmehr 40 Jahren sind das<br />
inzwischen bereits 20 Grad. Als<br />
Grund dafür wird hier wie da Kohlendioxid<br />
angegeben. Während es<br />
die Schichten auf der Erde aufheizt,<br />
kühlt es die oberen ab. Noch<br />
so ein Phänomen.<br />
Um die stetig weiterziehenden<br />
Nachtwolken als Warnsystem für<br />
den sich vollziehenden Klimawandel<br />
nicht aus den Augen zu verlieren,<br />
haben die Kühlungsborner<br />
Atmosphärenphysiker inzwischen<br />
ein weltweites automatisiertes<br />
Kamera Netzwerk aufgebaut, NLC<br />
<strong>–</strong> nocti-lucent clouds - , zu deutsch:<br />
leuchtende Nachtwolken. Bilder<br />
gibt es inzwischen von den Standorten<br />
Kühlungsborn, der Institutsaußenstelle<br />
Juliusruh auf Rügen,<br />
Collm in Sachsen, Katlenburg-Lindau<br />
im Harz, aber auch aus Calar<br />
Alto in Spanien und Pic du Midi in<br />
Frankreich.<br />
Die Erfolge bei der Erforschung<br />
der mittleren Atmosphäre, insbesondere<br />
ihrer oberen Hälfte, erregen<br />
zunehmend auch internationales<br />
Aufsehen. Zumal das<br />
Leibniz Institut auch für die Entwicklung<br />
technischen know<br />
hows steht. Aktive Fernerkundungsmethoden,<br />
insbesondere<br />
Lidar- und Radarverfahren, liefern<br />
immer besseres Beobachtungsmaterial<br />
über die physikalischen<br />
Prozesse, die sich<br />
vergleichsweise nur wenige Kilometer<br />
über uns in der mittleren<br />
Atmosphäre abspielen. Mit<br />
Lasern Temperaturpr<strong>of</strong>ile vom<br />
Erdboden bis in 120 km Höhe zu<br />
messen, das können weltweit<br />
nur die Kühlungsborner. Die<br />
Amerikaner haben es, trotz Mil-<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
Blick auf das moderne Haus des Instituts für Atmosphärenphysik in Kühlungsborn.<br />
lionenaufwands, bislang nicht<br />
geschafft. Beeindruckend auch<br />
die Teleskope, die im nach der<br />
Wende neu erbauten Institutsgebäude<br />
hoch oben über Kühlungsborn<br />
stehen.<br />
Erfolge, die in Veröffentlichungen<br />
von Mitarbeitern in zahlreichen<br />
wissenschaftlichen Fachzeitschriften<br />
weltweit nachzulesen sind. Die<br />
hauseigene Biblio<strong>the</strong>k hat fast alle<br />
diese für die internationale Reputation<br />
so wichtigen Veröffentlichungen<br />
im Bestand. Immer wieder<br />
zu finden sind aktuelle<br />
Forschungs<strong>the</strong>men auch in der<br />
Broschüre „Leibniz Nordost“, in<br />
der über die Arbeit der Institute<br />
in Mecklenburg-Vorpommern<br />
berichtet wird.<br />
Besonders stolz ist das IAP, das<br />
eng mit der Universität <strong>Rostock</strong><br />
zusammenarbeitet für die gerade<br />
ein Master <strong>of</strong> science vorbereitet<br />
wird darauf, dass 2007 erstmals<br />
in der Geschichte des<br />
Instituts zwei Mitarbeiter an<br />
auswärtige Universitäten berufen<br />
wurden. Und auf den wissenschaftlich<br />
und technischen Austausch<br />
mit Kollegen weltweit.<br />
Schaut man sich in den technischen<br />
Räumen des bestens ausgestatteten<br />
Instituts um, glaubt<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
man sich zeitweilig in ein Raketenforschungszentrum<br />
versetzt.<br />
Gerade wird wieder an einem<br />
neuen Modell gearbeitet. In nur<br />
drei Minuten soll es 88 Kilometer<br />
hoch hinaus in die weiterhin so<br />
geheimnisvolle Atmosphäre<br />
gehen und genau so schnell<br />
zurück. Kaum vorstellbar. Am 14.<br />
November, am Tag der <strong>of</strong>fenen<br />
Tür, können sich Interessierte<br />
alles selbst ansehen.<br />
Gestartet werden die Raketen<br />
zumeist im ebenfalls zum Institut<br />
gehörenden ALOMAR Observatorium<br />
im norwegischen<br />
Andenes, oder auch schon mal<br />
von Ny Alesund auf Spitzbergen.<br />
Fast immer mit im Boot: das<br />
Deutsche Zentrum für Luft und<br />
Raumfahrt, DLR, in Oberpfaffenh<strong>of</strong>en.<br />
Und was Pr<strong>of</strong>. Lübken<br />
besonders freut; es beteiligen<br />
sich zunehmend mehr Firmen<br />
aus der unmittelbaren Region an<br />
Projektentwicklungen. Gerade<br />
konnte ein <strong>Rostock</strong>er Unternehmen<br />
für den Bau von Sensortechnik<br />
für die Höhenforschungsraketen<br />
gewonnen werden.<br />
Unterdessen kümmert sich eine<br />
Neubukower Feinmechanikfirma<br />
um die Fertigung von Bauteilen.<br />
Für ein high-tech-Projekt, das<br />
schon im Vorfeld für internationales<br />
Aufsehen sorgt.<br />
Am Ende dient alles nur dem einen<br />
Zweck; immer besser zu wissen,<br />
was über unseren Köpfen<br />
geschieht. Zehn bis 100 Kilometer<br />
entfernt. Weil, auch das hat mit<br />
unserem Wetter zu tun. Und nichts<br />
ist doch wünschenswerter als<br />
künftig nur noch Berichte über<br />
Sonne, Wind oder Regen zu hören,<br />
die dann auch wirklich so, wie vorausgesagt,<br />
eintreffen. Das wäre ein<br />
Hit!<br />
Für den Institutsdirektor und Familienvater<br />
zudem ein guter Grund<br />
sich mal wieder seinem Hobby<br />
zuzuwenden. Als Arrangeur der<br />
„Doktor Jazz Ambulanz“, einer der<br />
führenden europäischen Jazzformationen,<br />
könnte er seinem Team<br />
doch einen eigenen Erfolgstitel<br />
sozusagen auf den Leib schreiben.<br />
WISSENSCHAFT<br />
Pr<strong>of</strong>essor Dr. Franz-Josef Lübken. Fotos: Jürgen Drewes (2), IAP (1)<br />
Vielleicht eine Mischung aus mitreißendem<br />
Hot Jazz der frühen<br />
Swing-Ära, also der 20er und 30er<br />
Jahre des vergangenen Jahrhunderts,<br />
als in der mittleren Atmosphäre<br />
sozusagen noch fast alles in<br />
den Sternen stand, und aktueller<br />
Entwicklungen, aus einer Zeit, da<br />
der Atmosphäre gerade die letzten<br />
Geheimnisse entlockt werden.<br />
Apropos Sterne. Wer denen ein<br />
Stück näher kommen will und<br />
dafür Lufthansa bevorzugt <strong>–</strong> im<br />
Bordprogramm der Airline sind<br />
einige Titel der„Bonner Botschafter<br />
des Jazz“ schon jetzt zu hören.<br />
Und auch für den Norddeutschen<br />
Rundfunk wurden bereits<br />
Produktionen eingespielt.<br />
1<br />
Jürgen Drewes<br />
63
64<br />
WISSENSCHAFT<br />
Bernt Lüchtenborg.<br />
Christa Pohl und Bernt Lüchtenborg<br />
kennen sich schon lange. Sie ist<br />
Wissenschaftlerin am Leibnitz-<br />
Institut für Ostseeforschung in<br />
Warnemünde, er war 20 Jahre lang<br />
selbstständiger Bauunternehmer.<br />
Was sie verbindet: Beide sind Segler,<br />
sind schon gemeinsam im indischen<br />
Ozean unterwegs gewesen.<br />
Zwei Jahre ist es her, seit Bernt<br />
Lüchtenborg zum ersten Mal von<br />
seinem Plan erzählte, zweimal um<br />
die Welt zu segeln. Einmal mit und<br />
einmal gegen den Wind, das hatte<br />
er sich vorgenommen, 65 000 Seemeilen,<br />
nonstop und ganz alleine.<br />
Christa Pohl lacht heute noch, wenn<br />
sie an die Situation zurückdenkt.<br />
„Ich hab ihm gesagt, Du hast nicht<br />
alle Tassen im Schrank, aber wenn<br />
Du schon so was machst, dann<br />
Beeindruckend: Die Aluminiumyacht „Horizons“ unterwegs.<br />
Sportlicher Ehrgeiz<br />
65 000 Seemeilen nonstop zweimal um die Welt<br />
kannste auch ein paar Wasserproben<br />
für mich mitbringen.“ Gesagt<br />
getan. Sportlicher Ehrgeiz trifft wissenschaftliche<br />
Neugier. Als der 56-<br />
Jährige am 13. Juni 2009 tatsächlich<br />
in Wismar aufbrach, war seine<br />
Yacht ausstaffiert mit Messsonden<br />
und 70 mit Reinstwasser gefüllten<br />
Probenflaschen.<br />
Die Kontinente seien heute bestens<br />
erforscht, über die restlichen 70<br />
Prozent der Erde, über die Ozeane,<br />
wisse man dagegen nur sehr<br />
wenig, bedauert die Biologin. Das<br />
Problem der Forschung: „Um arbeiten<br />
zu können, brauchen wir Schiffe<br />
und die sind nicht billig.“ Schon seit<br />
Christa Pohl.<br />
den 1990er-Jahren bedient sich die<br />
Wissenschaft darum des sogenannten<br />
„Ship-<strong>of</strong>-Opportunity-<br />
Prinzips“, sprich: Auch Handelsoder<br />
Fährschiffe werden für Studien<br />
genutzt, wann immer sich die<br />
Chance dazu bietet. Die allerdings<br />
sind naturgemäß nicht überall<br />
unterwegs. Die wissenschaftliche<br />
„Mitfahrgelegenheit“ auf Lüchtenborgs<br />
Yacht „Horizons“ könnte helfen,<br />
eine Wissenslücke zu schließen,<br />
die insbesondere rund um die Antarktis<br />
klafft. Besonderer Vorteil der<br />
Sloop vom Typ Glacer 52: Sie ist<br />
komplett aus Aluminium gefertigt,<br />
so dass man in direkter Bootsnähe<br />
Proben ziehen kann, ohne Verfälschungen<br />
etwa durch Rost von der<br />
Schiffshaut befürchten zu müssen.<br />
Nachdem die Kollegen im IOW die<br />
Idee anfangs noch milde belächelt<br />
hatten, wird das Projekt mittlerwei-<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
trifft wissenschaftliche Neugier<br />
le von der Deutschen Forschungsgesellschaft<br />
mit 20 000 Euro gefördert<br />
und Christa Pohl ist Teil eines<br />
fünfköpfigen Teams. Eine zentrale<br />
Frage, die die Studie beantworten<br />
soll: Wie hoch sind die Konzentrationen<br />
von Eisen, Mangan und<br />
Kobalt im Oberflächenwasser des<br />
Südlichen Ozeans? Die Biologin<br />
erklärt: „Das sind Mikronährst<strong>of</strong>fe,<br />
die für das Phytoplankton-Wachstum<br />
nötig sind.“ In der Ostsee gebe<br />
es davon mehr als genug, andernorts<br />
geht man dagegen von regelrechten<br />
„ozeanischen Wüsten“ aus.<br />
Seit einigen Jahren wird deshalb<br />
diskutiert, ob es nicht sinnvoll wäre,<br />
diese Meere mit Eisen zu düngen.<br />
Grundgedanke: Durch erhöhtes<br />
Algenwachstum lasse sich mehr<br />
Kohlendioxid im Ozean binden -<br />
eine Art Wunderheilung für das<br />
bedrohte Erdklima. Christa Pohl<br />
betrachtet diesen Ansatz skeptisch.<br />
Das Ausbringen großer Mengen<br />
„Düngemittels“ könne unabsehbare<br />
Folgen für das Ökosystem haben.<br />
Und überhaupt sei erst einmal zu<br />
klären, wie hoch die Konzentration<br />
der Mikronährst<strong>of</strong>fe im südlichen<br />
Ozean tatsächlich ist <strong>–</strong> und zwar<br />
beobachtet über einen längeren<br />
Zeitraum. Die Wissenschaftlerin<br />
vermutet:„Wenn da unten zum Beispiel<br />
ein Eisberg schmilzt, dann<br />
bedeutet das, dass auch die Staub-<br />
Bernt Lüchtenborg ist unterwegs: 65.000 Seemeilen, zweimal Nonstop um<br />
die Welt. Fotos: IOW<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
partikel, die sich über Jahrtausende<br />
in ihm abgelagert haben, ins Meer<br />
geraten.“ Es könnte also sein, dass<br />
sich das Problem fehlender Nährst<strong>of</strong>fe<br />
teilweise von ganz alleine<br />
löst. Die Studie wird es zeigen.<br />
Bernt Lüchtenborg engagiert sich<br />
ehrenamtlich für das Forschungsprojekt<br />
und Christa Pohl musste<br />
ihn dazu nicht erst lange überreden.<br />
Auf seiner ersten Weltumseglung<br />
vor ein paar Jahren sei er auf<br />
Zeugnisse des extremen Klimawandels<br />
gestoßen, so erklärt er.<br />
Zum Beispiel in der Antarktis oder<br />
im Südpazifik. Der Extremsegler<br />
erinnert sich: „Das Meer erhebt<br />
sich. Millimeter um Millimeter.<br />
Drei Zentimeter in zehn, dreißig in<br />
hundert Jahren! Der Untergang<br />
einiger Inseln, vor denen ich<br />
damals im Südpazifik ankerte,<br />
steht bevor. Tuavalu ist eine davon,<br />
Palmerston eine andere.“ Vor fünf<br />
Jahren habe man geglaubt, dass<br />
das Grönlandeis noch 2000 Jahre<br />
zum Schmelzen brauche. Neue<br />
Erkenntnisse aber zeigen, dass es<br />
bereits in 600 Jahren verschwinden<br />
kann. Die Erderwärmung sei<br />
also eine reale Gefahr für den Menschen<br />
<strong>–</strong> noch dazu eine, die er<br />
selbst verschuldet hat. Wenn sich<br />
WISSENSCHAFT<br />
Bernt Lüchtenborg je nach Wetterbedingungen<br />
alle drei bis fünf Tage<br />
der Wissenschaft widmet und Proben<br />
zieht, dann ist das für ihn zum<br />
einen eine willkommene Abwechslung,<br />
mitunter aber auch eine Zirkusnummer<br />
in rollender See. Doch<br />
der Mann nimmt das gelassen:<br />
„Wenn ich meinen Ego-Trip verzahnen<br />
kann mit Inhalten die mir<br />
wichtig sind, dann mache ich<br />
das gerne.“<br />
Christa Pohl und ihre Kollegen stehen<br />
im ständigen Mail-Kontakt<br />
mit ihrem „Assistenten auf See“.<br />
Im Frühjahr, wenn seine erste Erdumrundung<br />
auf ihr Ende zugeht,<br />
wird einer von ihnen mit Ersatzsonden<br />
und neuen Probeflaschen<br />
auf der Kanareninsel Teneriffa warten.<br />
Und eines Tages, so träumt die<br />
Wissenschaftlerin, werde auch sie<br />
mit einer Yacht die Welt umrunden<br />
- allerdings wohl nicht alleine und<br />
mit Sicherheit nicht nonstop.<br />
Katja Bülow<br />
Die aktuelle Route, auf der sich<br />
Bernt Lüchtenborg gerade befindet,<br />
sowie einen täglichen Logbuchauszug<br />
findet man im Internet<br />
unter: www.sail2horizons.com<br />
65
66<br />
UNTERNEHMEN<br />
Ein kilometerlanger Zaun, dahinter<br />
hoch aufgetürmte Erde. Nur<br />
wenige erhöhte Stellen geben so<br />
den Blick frei auf die riesige Baustelle<br />
am Stadtrand von<br />
Güstrow, mitten auf einem<br />
Acker. Ein Gelände, so groß wie<br />
27 Fußballfelder, das viele Rätsel<br />
aufgibt.<br />
„Wir wollen hier nichts verstecken.<br />
Die Erdwälle sind rein technologisch<br />
bedingt. Das ist<br />
zusammengeschobener Mutterboden,<br />
den wir später wieder für<br />
unsere Grünanlagen brauchen“,<br />
erklärt Dr. Eckhard Pratsch. Direktor<br />
der NAWARO Engineering<br />
GmbH Leipzig, die hier, nach<br />
eigenen Angaben, den aktuell<br />
größten Bioenergiepark Europas<br />
baut.<br />
„Die bereits fertig gestellten 24<br />
runden Betonbauten, die eher an<br />
überdimensionale arabische<br />
Kegelzelte erinnern, sind Fermenter,<br />
in denen das Gas produziert<br />
wird“, lässt der Bauchef wissen,<br />
der schon einiges in seinem<br />
Leben erlebt hat.<br />
Zur Wende war Eckhard Pratsch<br />
Oberbürgermeister in Halle. Erst<br />
im Sommer 1989 hatte er mit<br />
Aus Mais<br />
wirdGas<br />
Bei Güstrow wächst Europas größter Bioenergiepark<br />
SED Parteiauftrag seinen erfolglosen<br />
Vorgänger im Amt abgelöst,<br />
um schon ein Jahr später<br />
selbst wieder Platz für einen<br />
Nachfolger zu machen. Freiwillig.<br />
„Ich wollte einfach zurück in die<br />
Wirtschaft“ sagt der heute 56-<br />
Jährige, der zuvor viele Jahre das<br />
Wohnungsbau- und später das<br />
Dienstleistungskombinat in<br />
Halle geleitet hatte. Mit über<br />
30.000 Mitarbeitern.„Wir hatten<br />
allein 7.000 Schneider. Ich habe<br />
im ganzen Bezirk Boutiquen<br />
bauen lassen, wir hatten eigene<br />
Models, tolle Klamotten, es gab<br />
eigentlich Nichts, was wir nicht<br />
hatten. Das war alles nur eine<br />
Frage des Organisierens“ erzählt<br />
Eckard Pratsch nicht ohne Stolz.<br />
Seit Talent auch schwierige<br />
Situationen erfolgreich zu lösen,<br />
Neuem stets aufgeschlossen<br />
gegenüberzustehen, all das<br />
kommt ihm heute wieder zugute.<br />
„Vor vier Jahren, mit 52, habe<br />
ich gedacht, das kann es noch<br />
nicht gewesen sein. Nach meinem<br />
Abstecher in die Politik<br />
hatte ich in Zwintschöna, unweit<br />
von Halle, eine eigene Immobiliengesellschaft<br />
gegründet. Und<br />
die immer weiter ausgebaut. Mit<br />
Projektierung, Hausverwaltung,<br />
Grundstücksvermittlung. Bis ich<br />
2005 davon genug hatte und das<br />
ganze meinem Sohn Guido übertragen<br />
habe.“ Zu jener Zeit sind<br />
die beiden Unternehmer Balthasar<br />
Schramm und Felix Hess<br />
gerade dabei, Nawaro zu gründen.<br />
„Sie fragten, ob ich nicht<br />
Lust hätte, Bioenergieparks zu<br />
projektieren und dann auch den<br />
Bau zu betreuen“, erzählt der<br />
promovierte Betriebswirtschaftler<br />
mit einem vielsagenden<br />
Lächeln.<br />
Sein Wissen über Bioenergie<br />
hatte Pratsch, der auch ein<br />
Diplom als Rechtswissenschaftler<br />
in der Tasche hat, bis dato<br />
allein aus der Schule. Umso<br />
erstaunlicher, mit welcher<br />
Sicherheit er heute <strong>–</strong> vier Jahre<br />
später <strong>–</strong> sein bislang größtes Projekt<br />
vorstellt.<br />
In insgesamt 24 Fermentern,<br />
jeweils vier bilden ein Modul,<br />
wird künftig das Gas produziert.<br />
Jeder einzelne Turm fast 4.000<br />
Kubikmeter. Bereits seit Anfang<br />
Juni wird das erste Gas in die<br />
unmittelbar neben der Anlage<br />
verlaufende Erdleitung eingespeist.<br />
Am Ende, mit Fertigstellung<br />
aller Einheiten Anfang 2010,<br />
sollen es jährlich 46 Millionen<br />
Kubikmeter sein, produziert rund<br />
um die Uhr. Soviel, das damit eine<br />
Stadt mit 50.000 Einwohnern<br />
versorgt werden kann. Und das<br />
nach einem in der Nawaro-Forschungsabteilung<br />
selbst entwickelten<br />
Verfahren.<br />
„Dabei entziehen wir dem in traditionellen<br />
Anlagen produzierten,<br />
eher unreinem Biogas, das<br />
darin enthaltene CO2, also Kohlendioxid.<br />
Nach wenigen weiteren<br />
Schritten haben wir am Ende<br />
ein nahezu 100-prozentiges<br />
Methangas. In einer Qualität, wie<br />
sie jederzeit ins Netz eingespeist<br />
werden kann. Sogar noch einen<br />
Tick besser als Erdgas“, lässt Projektmanager<br />
Pratsch wissen.<br />
Güstrows Bürgermeister ist<br />
begeistert: „Über 50 Arbeitsplätze<br />
werden hier längerfristig<br />
geschaffen. So viele hatten wir in<br />
einem neu entstehenden Unternehmen<br />
schon lange nicht mehr.<br />
Zudem macht das zukunftsorientierte<br />
Pilotprojekt unsere Stadt<br />
weltweit bekannt“, freut sich<br />
Arne Schuldt.<br />
Unterdessen muss Alleskönner<br />
Pratsch noch ein letztes Problem<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
Modernste Technik: Blick auf die Nawaro-Gasanlage, die jüngst an Netz ging.<br />
aus der Welt schaffen. Für das<br />
Befüllen der Fermenter fehlen<br />
ihm derzeit noch etliche Tonnen<br />
Mais. Insgesamt braucht er Jahr<br />
für Jahr 450.000 Tonnen. Das<br />
entspricht dem Ertrag von über<br />
10.000 Hektar. Ursprünglich sollten<br />
die Anbauer in einem Umfeld<br />
von 50 Kilometer zur Anlage<br />
gewonnen werden. Doch längst<br />
nicht alle Landwirte machen mit.<br />
Markus Böckermann im nahe<br />
gelegenen Bergfeld beispielsweise<br />
ist die Anlage „einfach<br />
eine Nummer zu groß. Auf Teufel<br />
komm raus fast nur noch Mais<br />
anzubauen geht nicht gut“, so<br />
Böckermann.<br />
Mit dabei ist unterdessen Ulrich<br />
Behnke, Chef des Landwirtschaftlichen<br />
Unternehmens im unmittelbar<br />
benachbarten Sarmstorf. Er<br />
hat bereits im vergangenen<br />
Herbst Mais von etwa 100 Hektar<br />
für Nawaro eingelagert. In diesem<br />
Jahr ist es ähnlich viel. „Das haben<br />
wir vertraglich so miteinander<br />
vereinbart. Bleibt ja immer die<br />
Frage, womit lässt sich von Jahr zu<br />
Jahr am meisten Geld verdienen,<br />
mit Getreide, mit Raps, mit Mais?<br />
Da möchte ich flexibel bleiben“,<br />
verweist Behnke auf seine unternehmerischen<br />
Überlegungen.<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
Im Landesbauernverband hält<br />
man sich aus der Diskussion weitestgehend<br />
raus. „Anlagen aller<br />
Größen, die gesetzliche Rahmenbedingungen<br />
erfüllen, unterliegen<br />
unternehmerischen Aktivitäten<br />
und sind zu billigen. Die<br />
Bauern sollten allerdings darauf<br />
achten, dass sie an der Wertschöpfung<br />
beteiligt werden und<br />
sich nicht als pure Rohst<strong>of</strong>flieferanten<br />
degradieren lassen“,<br />
erklärt Sprecher Harald Kienscherf.<br />
Unterdessen setzt Eckhard<br />
Pratsch auf eine Superernte<br />
2009. „Der Mais steht gut,<br />
sodass wir mit allen bisherigen<br />
Vertragspartnern im Umkreis<br />
von 50 Kilometer die benötigte<br />
Menge wohl zusammenbekommen.<br />
Mehr als 70 Kilometer von<br />
Güstrow weg, werden wir nicht<br />
fahren. Da würde die Wirtschaftlichkeit<br />
unseres Parks im wahrsten<br />
Sinne des Wortes auf der<br />
Strecke bleiben. Zudem haben<br />
wir auch noch die Möglichkeit<br />
Grassilage, Getreide, oder Hirse<br />
einzusetzen“, macht Pratsch<br />
seine Rechnung auf.<br />
Für die Aufbereitung der Rückstände<br />
aus der Biogasproduktion<br />
UNTERNEHMEN<br />
Dr. Eckhard Pratsch.<br />
Der Hahn wird aufgedreht und<br />
das erste Gas eingespeist. Felix<br />
Hess, Vorstandsvorsitzender der<br />
Nawaro BioEnergie AG (links) und<br />
Dr. Gerhard Holtmeier, Technikvorstand<br />
Verbundnetz Gas AG<br />
Leipzig.<br />
Fotos: Jürgen Drewes<br />
lässt er derzeit auf dem<br />
20 Hektar großen Gelände noch<br />
ein eigenes Düngemittelwerk<br />
bauen. Insgesamt investiert<br />
Nawaro in das bislang weltweit<br />
einzigartige Projekt über 100 Millionen<br />
Euro. Das Geld stammt je<br />
zur Hälfte aus Bankkrediten und<br />
einem Fonds, von dem die Beteiligten<br />
schon in absehbarer Zeit<br />
spürbare Gewinne erwarten.<br />
7<br />
Jürgen Drewes
68<br />
MEINE DÖRFER<br />
Schwein gehabt<br />
7500 Seelen: Ein Landwirt ist erster hauptamtlicher Bürgermeister in Dummerstorf<br />
„Mit uns ist es wohl aus“ verabschiedet<br />
sich Axel Wiechmann<br />
von seiner großen Liebe, die ihn<br />
nicht verstehen kann, und macht<br />
sich vom Acker.<br />
Das war Mitte August. Da war ihm<br />
bereits die neue Wunschkandidatin<br />
zugesprochen worden. Deutlich<br />
jünger, taufrisch, gerade ein paar<br />
Wochen alt.<br />
Axel Wiechmann war bis zum<br />
Sommer Landwirt. Jetzt ist er Bürgermeister.<br />
Der erste Hauptamtliche<br />
in der 650-jährigen Geschichte<br />
von Dummerstorf. Dafür ist er aus<br />
dem Schweinestall und vom liebgewordenenMähdrescherführerstand,<br />
auf den ungewohnten Chefsessel<br />
der Gemeinde, seiner neuen<br />
Liebe, gewechselt.<br />
Weil es in der Vergangenheit seitens<br />
der finanziell arg gebeutelten<br />
Hansestadt <strong>Rostock</strong> immer wieder<br />
Bemühungen gab, sich starke<br />
Gemeinden aus dem Umfeld, dem<br />
so genannten Speckgürtel, einzuverleiben,<br />
holten die Gemeinden<br />
östlich der Warnow im vergangenen<br />
Winter zum Gegenschlag aus.<br />
Während anderswo noch immer<br />
über das Für und Wider der angestrebten<br />
Kreisgebietsreform diskutiert<br />
wird, ließen sie aus dem bisherigen<br />
Amt Warnow Ost kurz<br />
entschlossen die selbstständige<br />
Gemeinde Dummerstorf werden.<br />
Kavelstorf, Kessin, Lieblingsh<strong>of</strong>,<br />
Prisannewitz und Damm sowie<br />
22 weitere Ortsteile. „Mit rund<br />
7500 Einwohnern sind wir jetzt<br />
groß und auch stark genug, um<br />
uns den <strong>Rostock</strong>er Okkupationsvorstellungen<br />
wirkungsvoll zu<br />
erwehren“, gibt Axel Wiechmann<br />
seinem Amtskollegen im <strong>Rostock</strong>er<br />
Rathaus ein unmissverständliches<br />
Zeichen.<br />
Folgt man der Dummerstorfer<br />
Geschichte, könnte dieser Geniestreich<br />
der Gemeinde womöglich<br />
zu neuem Ruhm verhelfen.<br />
Urkundlich erstmals als<br />
Domanstorp erwähnt, bedeutet<br />
das im wendischen Sprachgebrauch<br />
Ort der Domaner, also<br />
derer, die von Hause aus Ruhm<br />
haben. Dumm gelaufen ist in<br />
Dummerstorf ohnehin fast nie<br />
etwas.<br />
Über Generationen wurde das Gut<br />
von einem der einflussreichsten<br />
Mecklenburger Landadelsgeschlechter,<br />
der Familie von Prehn,<br />
geführt. Bis sie es 1905 an den<br />
Deutsch-Amerikaner Enrique Gildemeister<br />
veräußerte. Aktuell ist das<br />
Gut ein Dienstleistungszentrum für<br />
die Forschung und Lehre in Mecklenburg-Vorpommern.<br />
Und das in<br />
unmittelbarer Nachbarschaft zum<br />
weit über die Landesgrenzen hinaus<br />
bekannten Forschungsinstitut<br />
für die Biologie landwirtschaftlicher<br />
Nutztiere, FBN.<br />
Genau dort, wo auch Elfriede und<br />
Peter Wiechmann, die Eltern des<br />
gewählten Bürgermeisters, aktiv<br />
waren. Bevor sie sich im Zuge der<br />
Wende 1992 mit der Schweineversuchs-<br />
und Produktionsanlage<br />
des Forschungsinstituts im<br />
benachbarten Pankelow selbst-<br />
…Ja is denn scho Weihnachten?!?… Noch nicht, aber bald!!<br />
Wenn Sie sich, mit der Familie, Freunden oder den Kollegen im<br />
Restaurant CarLo615 verwöhnen lassen möchten, reservieren Sie<br />
bitte rechtzeitig einen Tisch!<br />
…Ganze Gans, ganz schön lecker…<br />
für 4 Personen, am Tisch tranchiert<br />
mit Rotkohl, Kart<strong>of</strong>feln, Klöße und Rosenkohl<br />
Inklusiv einer Flasche Rotwein 75,00 Euro (ab 11.11.09)<br />
Gänsehotline: 0381/ 77 88 0 99 / www.carlo615.de<br />
ständig machten. Da wurde dann<br />
auch Sohn Axel Landwirt.<br />
Gelernt hat er eigentlich Kfz-<br />
Mechaniker. Im Gründungsjahr der<br />
Peter Wiechmann & Söhne GbR<br />
kam, wie gerufen, der Meisterbrief<br />
dazu. Weil zur übernommenen<br />
Schweinezuchtanlage mit 800<br />
Sauen auch noch 400 Hektar Acker<br />
gehörten, war ein Mann für alle<br />
Fälle gefragt. Vor allem auch, um<br />
die nicht mehr ganz so neue Technik<br />
in Schwung zu halten. Und weil<br />
es für einen Mechaniker nichts<br />
Schöneres gibt, als sich nach<br />
erfolgreicher Reparatur selbst<br />
hinters Lenkrad zu schwingen,<br />
startete Axel Wiechmann fortan<br />
nicht nur Traktoren und Mähdrescher,<br />
sondern auch ein völlig<br />
neues Berufsleben. Verbunden mit<br />
einer entsprechenden Ausbildung<br />
in der Landwirtschaftsfachschule<br />
Güstrow-Bockhorst.<br />
Jetzt <strong>–</strong> 17 Jahre später <strong>–</strong> heißt es<br />
von allem Abschied zu nehmen,<br />
von den Schweinen, den Feldern<br />
und der Technik, wobei Mähdrescherfahren<br />
bis zuletzt die große<br />
Leidenschaft des neuen Bürgermeisters<br />
war.<br />
Wer künftig das Getreide vom Feld<br />
holt, Axel Wiechmann weiß es<br />
nicht so recht. Auf alle Fälle bekommen<br />
seine beiden Brüder im Familienunternehmen<br />
künftig noch<br />
etwas mehr zu tun, als es bislang<br />
ohnehin schon der Fall war. Ingo,<br />
der Chef über 550 Sauen, die<br />
wöchentlich 300 Ferkel auf die<br />
Welt bringen, oder Frank, der all die<br />
leckeren Sachen vom Schwein in<br />
der firmeneigenen Fleischerei verarbeitet<br />
und dort auch verkauft<br />
bzw. kreuz und quer übers Land zu<br />
den Kunden fährt.<br />
„Sie werden das schaffen, sie werden<br />
sich durchsetzen“, sagt der 43-<br />
Jährige, der sich selbst immer wieder<br />
durchgesetzt hat. Zuletzt in<br />
einer überaus schwierigen Wahlsituation.<br />
Da hatte er sich als Bürgermeisterkandidat<br />
der CDU, der er<br />
seit 1998 angehört, im ersten<br />
Wahlgang zwar deutlich gegen<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
Der Landwirt ist jetzt Bürgermeister. Foto: Jürgen Drewes<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
den parteilosen bisherigen Amtsleiter<br />
Ulrich Peter behauptet, doch<br />
zu einer absoluten Mehrheit hatte<br />
es nicht gereicht. Stunden vor der<br />
anstehenden Stichwahl schmiss<br />
der Herausforderer für alle überraschend<br />
einfach hin, sodass die<br />
Wahl abgesagt werden musste.<br />
Nach anhaltender Ratlosigkeit<br />
stand letztlich doch noch ein<br />
Gegenkandidat bereit und die<br />
Bürgermeisterwahl <strong>–</strong> und damit<br />
der Start der neuen Gemeinde <strong>–</strong><br />
konnte mit 14-tägiger Verzögerung<br />
endlich vollzogen werden.<br />
„Ende gut, alles gut“ bilanziert<br />
der Sieger und Vater von Tochter<br />
Pauline (15) und Sohn Franz Malte<br />
(10) sichtbar erleichtert, während<br />
er die anstehenden Aufgaben<br />
zum Start seiner vorerst siebenjährigen<br />
Amtszeit formuliert. Mit<br />
Blick auf die Kinder soll auf alle<br />
Fälle die Schule im Dorf bleiben.<br />
Und auch die Feuerwehr. Neue<br />
Straßen sollen her und das Radwegenetz<br />
bis <strong>Rostock</strong> ausgebaut<br />
werden, damit nicht nur Ehefrau<br />
Antje mit dem Fahrrad zum<br />
MEINE DÖRFER<br />
großen Einkaufsmarkt am Stadtrand<br />
radeln kann, wo sie als Werbungsfachfrau<br />
tätig ist. Bereits<br />
begonnen hat der Um- und Neubau<br />
der Dummerstorfer Sporthalle<br />
zu einem Sport- und Mehrzweckzentrum.<br />
Für rund 2,2<br />
Millionen Euro. „Wir sind finanziell<br />
gut aufgestellt. Das Geld können<br />
wir jetzt auch künftig ausschließlich<br />
für unsere Gemeinden<br />
und Ortsteile anlegen, ohne<br />
womöglich einen Kuckuck im<br />
Nest zu haben“, gibt Axel Wiechmann<br />
mit viel sagendem Blick aus<br />
seinem Bür<strong>of</strong>enster Richtung<br />
<strong>Rostock</strong> zu verstehen.<br />
Dummerstorf, ein Zusammenschluss<br />
mehrerer Gemeinden zu<br />
einem leistungsstarken Verbund,<br />
der wegweisend im Zuge der seit<br />
Jahren angestrebten Kreisgebietsreform<br />
sein könnte. Die neue Großgemeinde<br />
muss jetzt nur noch den<br />
Beweis dafür antreten, dass die<br />
förmliche Vereinigung auch eine<br />
von allen Einwohnern gelebte<br />
Gemeinschaft ist.<br />
Jürgen Drewes<br />
6<br />
69
70<br />
SENIOREN<br />
Senioren- und Pflegeheim „Strandperle“ in Graal-Müritz.<br />
Der sonnige Herbst des Lebens<br />
am Meer<br />
Die Ostsee haucht Wind durch den<br />
Küstenwald. Im großen Haus verbünden<br />
sich an diesem Tag eine<br />
nach Meer riechende Frische mit<br />
der wohligen Wärme des Spätsommers.<br />
Als Regina Chinow mehrere<br />
blitzsauber gepackte Kartons<br />
öffnet, zieht bereits um die<br />
Mittagszeit eine Konditor-Duftnote<br />
appetitanregend bis in die Nähe<br />
des luftigen Foyers. „Wir haben<br />
heute wieder eine schöne Geburtstagsfeier<br />
einer unserer Bewohnerinnen“,<br />
sagt die energievolle Ergo<strong>the</strong>rapeutin<br />
und ordnet schon mal<br />
die Backkunststücke, als gelte es<br />
die Festtafel gleich zu decken.<br />
Ein ganz normaler Wochentag im<br />
Senioren- und Pflegeheim „Strandperle“<br />
in der Parkstraße 19 des<br />
Seeheilbades Graal-Müritz. Betrieb<br />
auf den Fluren. Munteres Geklapper<br />
und Geschnatter dringt aus<br />
dem Speisesaal. Wer mit dem Mittagessen<br />
fertig ist, den zieht es in<br />
den gepflegten Hausgarten oder<br />
auf die Bänke vor dem großräumigen<br />
Eingang des Heimes an den<br />
ewig murmelnden Springbrunnen.<br />
Andere überdenken vermutlich<br />
noch, ob auch heute ein guter Tag<br />
für den Rhododendronpark ist, der<br />
auf Tuchfühlung, gleich hinter der<br />
„Strandperle“ beginnt und Graal-<br />
Müritz in Mecklenburg-Vorpommern<br />
berühmt gemacht hat. Es<br />
kann gut sein, das einige der Heimbewohner<br />
auch einen Strandspaziergang<br />
für den frühen Nachmittag<br />
planen. Die 300 Meter bis<br />
dahin können noch viele Senioren<br />
leicht unter die Füße nehmen und<br />
die Geburtstagsrunde verpasst<br />
man ja ohnehin nicht.<br />
Alles atmet Frieden und verstrahlt<br />
mit der Sonne Behaglichkeit.<br />
Zufriedenheit, und das nicht nur<br />
mit dem schönen Tag, geht auch<br />
von Joachim Boos (45) aus. Der<br />
diplomierte Betriebswirt ist der<br />
Geschäftsführer und Heimleiter der<br />
„Strandperle“. Damit hat der sehr<br />
freundliche und ausgeglichen wirkende<br />
Mann aus Baden-Württemberg<br />
auch den Rang, erster<br />
Ansprechpartner für die Bewohner<br />
und für die rund 80 Mitarbeiter zu<br />
sein, die gemeinsam mit ihm den<br />
Damen und Herren im Herbst ihres<br />
Lebens eine familiäre Atmosphäre<br />
schaffen - mit allen Annehmlichkeiten<br />
eines sehr modernen Seniorenund<br />
Pflegeheimes. Im Hause gibt es<br />
171 Plätze für Vollstationäre Pflege<br />
und zehn Plätze für Tagespflege.<br />
Die neuen Graal-Müritzer kommen<br />
aus dem Großraum <strong>Rostock</strong>, aber<br />
auch aus anderen Bundesländern.<br />
Die gute Kunde vom Haus hinter<br />
dem Küstenwald und vor den Toren<br />
der größten Stadt Mecklenburg-<br />
Vorpommerns hat sich <strong>of</strong>fenbar<br />
höchst angenehm in Deutschland<br />
herumgesprochen, denn mit Blick<br />
in die Unterlagen könnten gegenwärtige<br />
und leider auch ehemalige<br />
„Strandperle“-Bewohner aus fast<br />
allen Bundesländern genannt werden.<br />
Unvergessen ist immer noch<br />
eine Dame, die gemeinsam mit<br />
ihren Angehörigen, Mitbewohnern<br />
und Schutzbefohlenen im Heim<br />
ihren 104. Geburtstag feierte. Das<br />
Durchschnittsalter liegt um die<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
80 Lebensjahre. Einige Bewohner<br />
sind jünger, andere älter, ja, es gab<br />
auch schon Senioren, die ihr 60jähriges<br />
Jubiläum noch vor sich<br />
hatten. Der beträchtliche Stab,<br />
den Joachim Boos für „seine“<br />
Senioren leitet, hat den „klassischen<br />
Zuschnitt“ eines Teams,<br />
das für alte Menschen sorgt:<br />
Altenpfleger, die ein Examen<br />
abgelegt haben, Gesundheitsund<br />
Krankenpfleger, Pflegehelfer,<br />
Ergo<strong>the</strong>rapeuten, Köche und<br />
Küchenhilfen, Mitarbeiter für<br />
Hauswirtschaft, Betreuungskräfte,<br />
Verwaltungsmitarbeiter und<br />
was wäre so ein Haus ohne Techniker<br />
/ Hausmeister. Eine Großfamilie<br />
ist 24 Stunden am Tag und<br />
365 Tage im Jahr unablässig<br />
bemüht, den Heimbewohnern<br />
Nestwärme und Zuwendung zu<br />
geben, die sie einst in ihren eigenen<br />
Familien empfangen haben.<br />
Vor drei Jahren wurde in der<br />
Nachbarschaft noch ein zweites<br />
Haus eröffnet, für das Joachim<br />
Boos ebenfalls die Verantwortung<br />
als Geschäftsführer trägt: die<br />
Seniorenpflege „Seeperle“ mit<br />
95 Plätzen und 45 Mitarbeitern.<br />
Zum Abschluss unseres Besuches<br />
<strong>CARIBIC</strong> <strong>–</strong> <strong>the</strong> <strong>wave</strong> <strong>of</strong> <strong>relaxation</strong><br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
sprechen wir über das Freizeitund<br />
Kulturangebot in der „Strandperle“<br />
und staunen über die enorme<br />
Breite und Vielfarbigkeit dieser<br />
Offerten. Der Shantychor „De<br />
Klaashahns“ und die Sängerin<br />
Heide Steffen aus Warnemünde<br />
wurden mit Beifall überschüttet.<br />
Zu großen Shows waren Senioren<br />
in der <strong>Rostock</strong>er Stadthalle. Andere<br />
besuchten schon vor Jahren die<br />
IGA in <strong>Rostock</strong> und nun die Bundesgartenschau<br />
in Schwerin. Hundetrainer<br />
kamen mit ihren besten<br />
Freunden ins Heim. Es wird getöpfert,<br />
gebastelt und gemalt.<br />
SENIOREN<br />
Wir gehen nachdenklich aus dem<br />
Haus. Das Alter und die Zukunft<br />
eines jeden Menschen stehen<br />
nicht einmal in den Sternen, wie<br />
uns eine Redensart weismachen<br />
will. Beim letzten Blick zurück<br />
glitzert die „Strandperle“ in der<br />
Sonne und der Wind ist nun kein<br />
„Hauch“ mehr. Uns will scheinen,<br />
er erzählt von seiner Reise über<br />
das Meer und auch von guten<br />
Menschen.<br />
Horst Marx<br />
Weitere Informationen:<br />
www.spg.-strandperle.de<br />
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5<br />
71
72<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
74<br />
AUTO<br />
Porsche präsentiert den<br />
„Jetzt müsste man Probefahren“<br />
12. September, 14.30 Uhr, Reiterh<strong>of</strong><br />
Blohm bei Warnemünde. Das<br />
Publikum genießt die Präsentation<br />
der „Mecklenburger Meute“: 28<br />
wunderschöne Irish Foxhounds<br />
und ihre Huntsmen umkreisen den<br />
Panamera. Noch ist er verhüllt.<br />
Master Gabriel Rodenberg muss<br />
sich bei seiner kleinen Ansprache<br />
nicht anstrengen, um Parallelen<br />
zwischen seiner Meute und dem<br />
neuen Porsche zu finden: Exklusivität.<br />
Tradition. Zuverlässigkeit.<br />
Schnelligkeit. Aus dem Ritt heraus<br />
ergreifen zwei Reiter das schwarze<br />
Tuch - und da steht er: Fast zwei<br />
Meter breit, fast fünf Meter lang<br />
und dabei nicht einmal anderthalb<br />
Meter hoch. Die Proportionen<br />
eines Sportwagens, die Größe<br />
einer Limousine. Seit im April 2009<br />
der Panamera auf der Automesse<br />
in Shanghai erstmals der Öffentlichkeit<br />
präsentiert wurde, haben<br />
die Zeitschriften und Sendungen<br />
begeistert über das Auto berichtet.<br />
Aber es ist nur die halbe Wahrheit,<br />
etwas erzählt zu bekommen<br />
oder ein paar Bilder zu sehen.<br />
Heute steht der Panamera hier,<br />
zum Anfassen, zum Reinsetzen.<br />
Panamera<br />
Michael Reichwald, Geschäftsführer<br />
von Porsche <strong>Rostock</strong>, lädt die<br />
Besucher ein, die Reitbahn zu<br />
betreten und mit ihm auf das<br />
neue Mitglied der Porsche-Fami-<br />
Diese Formen kann man durchaus genießen. Fotos (2): FS<br />
lie anzustoßen. Doch die Spannung<br />
will sich nicht lösen. Die<br />
Gäste begutachten Frontpartie<br />
und Heck, nicken anerkennend,<br />
blicken durch die Scheiben.<br />
Einer jungen Frau wird es schließlich<br />
zu bunt. Sie drückt ihrem<br />
Mann den Champagner in die<br />
Hand, öffnet die Fahrertür und<br />
setzt sich rein. Eine halbe Minute<br />
später sind nicht nur die vier Türen<br />
des Panamera, sondern auch K<strong>of</strong>ferraum<br />
und Motorhaube geöffnet.<br />
Das Fachsimpeln über verfügbare<br />
Motorvarianten und<br />
Ausstattungen beginnt. Als die<br />
ersten Kinder über die Polster krabbeln<br />
und die Eltern Mühe haben,<br />
sie wieder aus dem Auto zu holen,<br />
kommt Heiterkeit auf. Draußen<br />
wartet ein rustikales Buffet, Livemusik<br />
von den „Coast Riders“, eine<br />
Kremser-Kutsche und etliche schöne<br />
Pferde, die auf dem Reitplatz<br />
zeigen, was sie können.<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
Platz für vier K<strong>of</strong>fer im neuen Porsche. Fotos (2): Porsche<br />
Draußen stehen neben Boxster,<br />
Cayman, 911er und Cayenne auch<br />
weitere Panamera-Modelle. Sie<br />
werden jetzt genauer untersucht<br />
und verglichen. Die Gespräche<br />
werden heiter. Einer nennt den<br />
Panamera das neue Bond-Car und<br />
erntet fragende Blicke: Agent 007<br />
seiner Majestät ist in keinem Film<br />
Porsche gefahren. Wieso sollte er<br />
jetzt damit anfangen? Ganz klar:<br />
Weil er das letzte Bond-Girl geheiratet<br />
hat und Nachwuchs unterwegs<br />
ist. Für James Bond, den Gatten<br />
und Vater, wäre dieser<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
„Familienporsche“ jetzt genau das<br />
Richtige...<br />
Anerkennung ernten das gelungene<br />
Cockpit, der gediegene<br />
Innenraum und das großzügige<br />
Raumgefühl, das der Panamera<br />
bietet <strong>–</strong> er fühlt sich innen viel<br />
geräumiger an, als er von außen<br />
vermuten lässt. „Ja, das passt“,<br />
sagt einer, der vor 27 Jahren seinen<br />
Porsche abgegeben hat:<br />
„Damals bin ich geflitzt. Heute<br />
fahre ich gern ruhig, sicher und<br />
schnell. Der Panamera wäre für<br />
mich ein Grund, zurückzukommen<br />
zu Porsche.“<br />
Schade nur, dass heute keine Probefahrten<br />
stattfinden. Drinsitzen,<br />
anschauen <strong>–</strong> das ist eben wieder<br />
nur die halbe Wahrheit. Wie klingt<br />
er? Wie fühlen sich die Innovationen<br />
des Panamera an: Eine Doppelkupplung<br />
mit einem automatischen<br />
Getriebe <strong>–</strong> spürt man das<br />
Schalten noch? Aktive Aerodynamik<br />
in Form eines Heckspoilers, der sich<br />
je nach Geschwindigkeit automatisch<br />
anpasst - sieht das nur gut<br />
aus? Das erste Start-Stop-System<br />
eines Automatik-Fahrzeuges <strong>–</strong> wie<br />
kommt man damit zurecht? Und<br />
diese Beschleunigung mit diesem<br />
AUTO<br />
großen Auto <strong>–</strong> 18,6 Sekunden<br />
braucht der Panamera S, dann ist er<br />
auf 200 kmh. Für die 100 braucht er<br />
<strong>–</strong> trotz seiner Masse von 1770 Kilo <strong>–</strong><br />
nur 5,6 Sekunden. 400 PS machen<br />
es möglich. Was für Zahlen, was für<br />
ein gestalterischer Wurf!<br />
Doch Gefühlsausbrüche passen<br />
nicht zu Porsche-Fahrern. Ihnen<br />
reicht eine anerkennend hochgezogene<br />
Augenbraue, ein Nicken.<br />
Oder Sätze, wie sie ein Rechtsanwalt<br />
an diesem Tag formulierte,<br />
während er mit durchaus glänzenden<br />
Augen über das Armaturenbrett<br />
des Panamera strich: „Mein<br />
Interesse ist geweckt. Jetzt müsste<br />
man Probefahren.“ F.S.<br />
Michael Reichwald, Geschäftsführer von Porsche <strong>Rostock</strong>, stellt den Panamera vor.<br />
75
76<br />
AUTO<br />
Nüchtern betrachtet ist es Luxus,<br />
in einem Citroen C5 Tourer Platz<br />
zu nehmen.<br />
Nur Präferenzen rechtfertigen die<br />
Einfuhr dieses Mittelklasse-Kombis,<br />
der sogar um preisbewusste<br />
Oberklassekunden wirbt.<br />
Für viele deutsche Kunden stützen<br />
sich diese Vorlieben für den C5 auf<br />
den erfahrbaren französischen<br />
Lebensstils. Der C5 Tourer vermittelt<br />
Avantgarde ohne Protz.<br />
Eigensinn und Mainstream kombinieren<br />
sich so galant, dass man<br />
fast sagen möchte: dieser Franzose<br />
ist deutscher geworden.<br />
Trotzdem nehmen Sie Platz in<br />
einem 1,860 x 4,829 Meter gros-<br />
sen Stück Frankreich.„Vive la vie -<br />
Genieße das Leben“! Dieses Auto<br />
trägt eine über Jahrzehnte<br />
währende Geschichte, auch<br />
wenn ihr nicht lückenlos entsprochen<br />
wurde. Immerhin,<br />
Citroen wird 90 Jahre alt.<br />
Auf den Traction Avant von 1934,<br />
jedem als unschlagbares Fluchtauto<br />
alter schwarz-weiß Krimis<br />
vor Augen, gründet sich das Autokonzept:<br />
Frontantrieb bis in die<br />
Oberklasse.<br />
Jeder Liebhaber hat für die Buchstaben<br />
CX, DS und SM ein schönes<br />
Bild vor Augen. Lassen sich Vorliebe<br />
und Gefühl auch als handfeste<br />
Argumente ausdrücken? Vernunft<br />
schaltet sich beim Preis ein. Der<br />
fällt für diese Klasse so moderat<br />
aus, dass man beim Kurven fahren<br />
auf das Surfbrett-Gefühl gerne<br />
verzichten mag.<br />
Im Preis ab Euro 22.400 Euro fährt<br />
er mittig bis vorn, technisch im<br />
Windschatten.<br />
Tatsächlich fährt den C5 Tourer wie<br />
im Windschatten, auch ohne Vordermann:<br />
die Aerodynamik, der<br />
Luftwiderstand und die Abrollgeräusche<br />
sind beispielhaft und<br />
erstes Plus für den C5. Das Fahren<br />
VIVE LA VIE Avant<br />
erlebt man mit hohem, der Marke<br />
eigenem Komfort, dank wahlweiser<br />
Stahlfederung oder Hydropneumatik.<br />
Der Federungskomfort<br />
ist schon das zweite Plus des C5.<br />
Das Testfahrzeug ist mit Hydractiv<br />
III+ unterwegs, dessen Vorbild im<br />
DS seit 1955 bekannt ist und in<br />
erster Version im XM 1989 vorge-<br />
Citroen C5 HDI 135 Tourer<br />
stellt wurde. Sensoren erfassen<br />
Eigenschaften wie Lenkradeinschlag<br />
und Lenkgeschwindigkeit<br />
und verhelfen der Hydractiv III+ zu<br />
völlig neuen Fahreigenschaften.<br />
Deren Charaktertyp ist alternativ<br />
wählbar; zwischen Sport für straff<br />
und sicher oder Normal für<br />
nochmaligen Komfortgewinn. Im<br />
C5 mit exklusiver Ausstattung verblüffen<br />
die Sitze durch neuartig<br />
strukturierte Verstellebenen.<br />
Motorische Niveaus reichen vom<br />
immer quer verbauten 1,8-Benziner<br />
mit 127 PS als Reihenvierzylinder<br />
und 2,0er mit 143 PS bis zu<br />
Selbstzündern mit dem 1,6 HDI Reihenvierzylinder-Turbodiesel<br />
mit<br />
110 PS, dem hier gefahrenen 2,0<br />
HDI mit 135 PS, 2,2 HDI mit 173 PS<br />
und 3,0 HDI V6 mit 240 PS.<br />
Um Hilflosigkeit zu vermeiden, gibt<br />
es Automatik nur für die stärkeren<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
Motorisierungen. Für den V6 wird<br />
sie zur Traktionsoptimierung<br />
zwangsverordnet. Sicher beste Wahl<br />
ist der C5 HDI 135. Er ist mit gleich<br />
lautender PS-Zahl stimmig, unaufdringlich<br />
und bringt Sie spätestens<br />
an der Tankstelle zum Lächeln.<br />
Frontantrieb und Crash-Norm fordern<br />
leider viel Gewicht und Über-<br />
hang vor der Vorderachse. Dafür<br />
fährt man nach NCAP-Test in<br />
einer Fünf-Sterne-Sicherheits-<br />
Unterkunft.<br />
Ein Parkscanner sagt auf Wunsch,<br />
wo Platz zum Stehen ist.<br />
Der Schwierigkeitsgrad beim Einparken<br />
wird angezeigt. Wenn der<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
AUTO<br />
Wagen steht, geht’s an das Beladen:<br />
drittes Plus für den C5 Tourer.<br />
Der K<strong>of</strong>ferraum ist nicht nur relativ<br />
üppig, sondern sehr flächig und<br />
gut zugänglich. Die Klappe öffnet<br />
und schließt programmierbar und<br />
das Heck kann per Knopfdruck auf<br />
ein neues Höhenniveau gehoben<br />
oder gesenkt werden.<br />
garde ohne Protz<br />
Alltagstaugliche Individualität,<br />
französisches Raumgefühl, deutsche<br />
Autotugenden und attraktive<br />
Kosten werden dem gelungenen<br />
Doppelwinkel vor allem neue<br />
Freunde bescheren.<br />
Peter-Paul Reinmuth<br />
p-p-r.com<br />
77
78<br />
SEITENSPRUNG<br />
Es ist das Paradies für Erholungssuchende<br />
und Genießer: Istrien<br />
das grüne Hinterland Kroatiens.<br />
Herrliche Adriabuchten und<br />
romantische Weinstraßen prägen<br />
das Gesicht der tropfenförmigen<br />
Halbinsel. Im Landesinneren<br />
grüßen Trüffelwälder,<br />
Olivenhaine und von Wehrmauern<br />
gekrönte Hügel.<br />
Charmant mit uralten Steinen<br />
ummantelt präsentiert sich auch<br />
das pittoreske Städtchen Novigrad.<br />
Im 16. Jahrhundert erbaut,<br />
trägt es als einer der wenigen<br />
Küstenorte heute noch stolz die<br />
zinnen bewehrten Mauern zu<br />
Schau. Seeseitig ist in die Stadtmauer<br />
eine gotische Stadtloggia<br />
eingebettet. Von hier aus eröffnet<br />
sich ein phantastischer Blick<br />
aufs Meer. Beim Bummel durch<br />
die schmalen Gassen, die durch<br />
Rundbögen und <strong>of</strong>fene Treppenhäuser<br />
bezaubern, fällt vor allem<br />
die Pfarrkirche des Heiligen Pelagius<br />
ins Auge. Sie wurde in der<br />
Mitte des 18. Jahrhundert im<br />
Ein Paradies auf Erden<br />
Perle an der Adria: Rovinj. In den verwinkelten Gässchen der Stadt tummelt sich buntes Markttreiben und eine quirlige Künstlerszene.<br />
Davorka Sajina führt das zehn<br />
Hektar große Landgut Orgrade.<br />
Die Trüffelschweine Gigi und Jaque<br />
leben bei Libero Sinkovic.<br />
Peter Poletti ist Winzer in der sechsten<br />
Generation.<br />
Stadtbummel in der Hafenstadt<br />
Rovinj. Die historische Innenstadt<br />
ist für Fahrzeuge gesperrt.<br />
Barockstil umgebaut und<br />
bewahrt im Inneren die Fragmente<br />
einer romanischen sowie<br />
die Fragmente einer altchristlichen<br />
Basilika.<br />
In dieser Region Kroatiens spiegeln<br />
sich historische Einflüsse<br />
der venezianischen Kultur wieder.<br />
So wurde beispielsweise der<br />
Turm der Pelagius-Kirche dem<br />
Campanile der venezianischen<br />
Markus-Kirche nachempfunden.<br />
Vis-a-vis zum Gotteshaus tummeln<br />
sich Cafés, Straßenmärkte<br />
und die modernste Marina des<br />
Landes. Hier, wo die Mirna in die<br />
Adria mündet, kann man sich<br />
dem süßen Nichtstun unter südlicher<br />
Sonne hingeben. Kein<br />
Wunder also, dass sich hier einige<br />
der besten Fischrestaurants des<br />
Landes befinden <strong>–</strong> <strong>of</strong>tmals mit<br />
Weinkellern und Sonnenterrassen<br />
ausstaffiert.<br />
Wer lieber durch hohe Berge von<br />
den Küstenwinden geschützt<br />
speisen möchte, sollte Dora und<br />
Libero Sinkovic einen Besuch<br />
abstatten. Sie führen in Momjan,<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
Malerische Schönheit: Motovun liegt 277 Meter über dem Meer.<br />
nur wenige Kilometer von Pula,<br />
der größten Stadt Istriens, entfernt,<br />
einen Agrotourismus-H<strong>of</strong>.<br />
Das Konzept ist denkbar<br />
einfach: Es wird nichts serviert,<br />
was nicht selbst angebaut,<br />
gezüchtet, produziert oder selbst<br />
hergestellt wird. Alle Produkte<br />
werden selbst erzeugt oder von<br />
landwirtschaftlichen Betrieben<br />
aus der unmittelbaren Umgebung<br />
bezogen.<br />
Und weil Dora und Libero echte<br />
Feinschmecker sind, haben sie<br />
sich Gigi und Jaque ins Haus<br />
geholt <strong>–</strong> zwei ehemalige Zirkusschweine,<br />
die hier mit einer zweiten<br />
Karriere als Trüffelschweine<br />
durchstarteten. Tief in den Wäldern<br />
Istriens sind weiße und<br />
schwarze Trüffel versteckt, die<br />
Kilopreise bis zu 5000 Euro erzielen.<br />
Das schwarze Gold führt die<br />
Speisekarte von mehreren hundert<br />
Trüffelrestaurants in der<br />
Region an.<br />
Auch Peter Poletti lebt von der<br />
roten, eisenhaltigen Erde<br />
Istriens. Er ist Winzer in der<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
sechsten Generation. Nur wenige<br />
Autominuten von Motovun<br />
entfernt, baut er Teran an. Der<br />
typische istrische Rotwein ist<br />
wild und erdig im Geschmack<br />
mit dem Duft dunkler Kirschen<br />
und Beeren.<br />
Doch Motovun ist nicht nur für<br />
Rotwein und Trüffel, sondern<br />
auch für seine Architektur<br />
berühmt. Das im 10. Jahrhundert<br />
entstandene Städtchen Motovun<br />
liegt auf einem Hügel. Der<br />
italienische Einfluss der lange<br />
Zeit unter venezianischer Herrschaft<br />
gestandenen 500-Seelen-<br />
Gemeinde ist auch hier deutlich<br />
in der Architektur bemerkbar.<br />
Mediterranes Flair, traditionelles<br />
Handwerk und kullinarische Vielfalt.<br />
Das Land inspiriert: Dante<br />
schrieb angesichts des azurblauen<br />
Meeres seine göttlichen<br />
Verse und George Bernhard<br />
Shaw beschrieb dieses Fleckchen<br />
der Erde als das, was es zweifelos<br />
ist: ein Paradies auf Erden.<br />
Susanne Walter<br />
Luxus pur im Herzen Istriens: Das Doppelhaus mit Pool und Weinkeller kostet<br />
5000 Euro pro Woche.<br />
Unterkunft<br />
Die Mittelmeerküste Kroatiens<br />
mit ihrem klaren Wasser und den<br />
Inseln und Buchten ist ein Paradies<br />
für Wassersportler und Sonnenanbeter.<br />
Auf einigen der über<br />
hundert winzigen, teils einsamen<br />
Inseln kann man liebevoll<br />
restaurierte Fischerhäuschen<br />
mieten und so in völliger Ruhe<br />
und Abgeschiedenheit abtauchen.<br />
Wer lieber inmitten der<br />
quirligen Künstlerszene übernachtet,<br />
entscheidet sich für<br />
eine Stadtvilla <strong>–</strong> wahlweise auch<br />
mit Bootsanlegesteg. Das Portfolio<br />
des Anbieters Novasol ist auf<br />
die individuellen Wünsche von<br />
Ferienhausurlaubern zugeschnitten.<br />
Weitere Informationen unter:<br />
www.novasol.de und<br />
www.kroatien.hr<br />
SEITENSPRUNG<br />
Warum Ivan Paris auch „Van Gogh<br />
Istriens“ genannt wird, sieht man<br />
seinen Ferienhäusern s<strong>of</strong>ort an: Er<br />
liebt die Bun<strong>the</strong>it und den Lavendel<br />
aus Südfrankreich. Ivan Paris ist<br />
einer der besten Innenausstatter<br />
Kroatiens und über die Landesgrenze<br />
hinaus bekannt. Seine<br />
Auftraggeber kommen aus ganz<br />
Europa.<br />
79
80<br />
TREFFPUNKT<br />
Gepflegte Gastlichkeit bestimmt auch die Gourmet Tage 2009. Foto: Archiv „<strong>delüx</strong>“ (2)<br />
Fest der Kochkunst<br />
Es klingt wie ein Appell. Inge<br />
Hagen-Heyde darf uneingeschränkt<br />
als eine Dame mit<br />
Lebensfreude und Optimismus<br />
bezeichnet werden. Doch plötzlich<br />
wird sie trotz des durchaus<br />
heiteren und auch appetitlichen<br />
Themas unserer Begegnung<br />
ernst und nachdenklich: „Wir<br />
müssen uns besser vermarkten.<br />
Mecklenburg-Vorpommern hat<br />
trotz der erfolgreichen Tourismusbilanzen<br />
Nachholbedarf im<br />
Marketing.Wir müssen mehr von<br />
uns hermachen <strong>–</strong> beispielsweise<br />
auch über die `Grüne Woche`<br />
hinaus<br />
national und international zeigen,<br />
dass wir hier sehr gut<br />
kochen können“. Damit ist die<br />
Stellvertreterin des Vorsitzende<br />
des Kühlungsborner Gourmet<br />
Verein (e.V.) gerade stark<br />
beschäftig. Es fällt jetzt so viel<br />
Arbeit an, dass Inge Hagen-<br />
Heyde eine Assistentin beschäftigen<br />
könnte und diese hätte nicht<br />
eine langweilige Stunde.<br />
Zu den Trumpfkarten des größten<br />
Ostseebades Deutschlands<br />
zählen schon seit Jahren auch die<br />
„Kühlungsborner Gourmet Tage“.<br />
Schon die 8. Auflage des Feinschmecker-Events<br />
wird gegenwärtig<br />
vorbereitet, und das führt<br />
bei Inge Hagen-Heyde zu einem<br />
Terminkalender, der jeden Firmenchef<br />
auszeichnen könnte.<br />
Vom 13. bis 21. November dieses<br />
Jahres sollen Gäste aus<br />
Nah und Fern erleben,<br />
genießen und in guter Erinnerung<br />
behalten, dass sich<br />
Köche, Gastronomen und<br />
die Organisatoren in Kühlungsborn<br />
bestens darauf<br />
verstehen, dem grauen<br />
November Farbe und<br />
Geschmacks zu verleihen.<br />
Damit das gelingt, haben 23<br />
namhafte Firmen ihre dankenswerte<br />
Unterstützung als Sponsoren<br />
der Gourmet Tage erklärt.<br />
Und diese renommierten Vier-<br />
Sterne Hotels des Ostseebades<br />
sind Gastgeber der 8. Gourmet<br />
Tage: Residenz Waldkrone, Aquamarin,<br />
Vier Jahreszeiten, Neptun<br />
und natürlich auch das Restaurant<br />
Herzoglicher Wartesaal im<br />
benachbarten Heiligendamm.<br />
Mit der enormen Auflage von<br />
10.000 Flyern wirbt der Kühlungsborner<br />
Gourmet Verein derzeit<br />
in der eigenen Stadt, in unserem<br />
Bundesland und durch eine<br />
groß angelegte Versandaktion<br />
auch in ganz Deutschland.<br />
„Natürlich hat die gute Tradition<br />
der Gourmet Tage schon einen<br />
erfreulichen Gästestamm gebildet,<br />
sagt Inge Hagen-Heyde und<br />
fügt nicht nur als Realistin, sondern<br />
auch als international<br />
erfahrene Hotelfachfrau hinzu:<br />
„Wir bekennen uns selbstverständlich<br />
gern zu unserem Marketingziel,<br />
Gäste mit den Offerten<br />
unserer Gourmet Tage zu<br />
einem Kurzurlaub nach Kühlungsborn<br />
zu bitten. Der November<br />
ist schließlich in der Hotelle-<br />
Cheforganisatorin der 8. Kühlungsborner Gourmet Tage und auch Unternehmerin:<br />
Inge Hagen-Heyde. Foto: Horst Marx<br />
rie und Gastronomie nicht<br />
gerade ein Monat, in dem unsere<br />
Häuser ausgebucht sind.“<br />
Ist eine kleine Kostprobe aus dem<br />
umfangreichen Programm der<br />
8. Kühlungsborner Gourmet Tage<br />
jetzt schon gefällig? Bekömmlich<br />
dürfte sie allemal sein. Es gibt<br />
natürlich wieder die Hopper-Tour<br />
durch alle fünf „Gourmet-Tempel“.<br />
Der Blick in die kulinarischen<br />
Extras dieser Fein-<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
schmecker-Exkursion dürfte<br />
schon jetzt Appetit machen:<br />
Crépinette von Flusskrebs und<br />
Forelle, oder Entenbrust aus dem<br />
Ofen mit Pastinaken-Ingwerpürree<br />
und geschmorten Schalotten…,<br />
als anregendes „Häppchen“<br />
möge das Zitat aus der Speisekar-<br />
te vorerst reichen. Blättern wir <strong>–</strong><br />
auch wieder nur kurz <strong>–</strong> im Fundus<br />
der besonderen Erlebnisse zu den<br />
Gourmet-Tagen. Die Themen-<br />
Abende sind erneut ein exzellentes<br />
Beispiel für die Ideenvielfalt<br />
von Inge Hagen-Heyde, Petra<br />
Müller, der Direktorin des Hotels<br />
Residenz Waldkrone, und anderer<br />
Verbündeter des Kühlungsborner<br />
Gourmet Vereins. „Kann denn<br />
Genießen Sünde sein“? Das Neptun-Hotel<br />
lädt zu einer Zeitreise<br />
durch den deutschen Film der<br />
20er und 30er Jahre ein. Oder:<br />
„Illusionen“ ist das Motto eines<br />
Abends im Hotel Vier Jahreszeiten,<br />
und versprochen werden<br />
„magische“ Stunden „voller fesselnder<br />
Momente“.<br />
Die Kühlungsborner Gourmet<br />
Tage sind, so sagen Gäste, die<br />
diese Veranstaltungsreihe über<br />
Jahre besucht haben, so attraktiv,<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
daß man sie glatt erfinden müsste,<br />
wenn es sie nicht schon gäbe.<br />
Inge Hagen-Heyde hat indes nicht<br />
nur die Fäden der Gesamtorganisation<br />
in der Hand, sondern die<br />
welterfahrene Dame betreibt<br />
auch noch ein eigenes kleines und<br />
sehr feines Unternehmen. „Men-<br />
So war´s 2008: Begrüßung der Gäste zu den Gourmet Tagen im Neptun Hotel<br />
durch Wolfgang Dierck, Andreas Pasternack und Christian Ahnsehl (v.l.).<br />
schen l(i)eben Manieren“, Image<br />
und Consulting. Mit Verlaub<br />
könnte man etwas handfester<br />
sagen, die sportliche Frau mit der<br />
erstaunlichen Kommunikationsbegabung<br />
wirkt als Dozentin für<br />
gutes Benehmen <strong>–</strong> sie ist „Knigge-<br />
Trainerin“. In Schulen, in Seminaren<br />
bei Unternehmen, für Kurse in<br />
Hotels und für Jedermann-Interessengruppen,<br />
wo mehr über stilgerechtes<br />
Auftreten vermittelt<br />
wird, als damals der Unterricht in<br />
der Tanzstunde zu bieten hatte.<br />
Dabei wollte sie doch nach einer<br />
langen Zeit als Direktorin von 4und<br />
5-Sterne-Hotels im Ausland<br />
und in Deutschland etwas kürzer<br />
treten. Kühlungsborn, die neue<br />
„mit dem Herzen entschiedene<br />
Wahlheimat“ scheint aber in<br />
jeder Hinsicht ein guter Ort für<br />
gute Ideen zu sein<br />
1<br />
Horst Marx<br />
8.<br />
13.11. - 21.11.2009<br />
DAS HOPPER-MENÜ<br />
BEEFTEA VOM TAFELSPITZ<br />
und Röllchen von Wurzelgemüse<br />
�<br />
CRÉPINETTE VON FLUSSKREBS UND FORELLE<br />
aus dem Hütter Wohld<br />
auf roh mariniertem Fenchelsalat<br />
�<br />
ENTENBRUST AUS DEM OFEN<br />
Pastinaken-Ingwerpürree und geschmorte Schalotten,<br />
gerührte Thymianpolenta<br />
�<br />
QUITTENSÜPPCHEN MIT TOPFENMOUSSE<br />
und marmorierte Eiscreme von weißer Schokolade<br />
HOTEL RESIDENZ WALDKRONE<br />
Tannenstraße 4<br />
Tel. 038293/400-0, Fax 038293/400-11<br />
waldkrone@t-online.de, www.waldkrone.de<br />
HOTEL AQUAMARIN<br />
Herrmannstraße 33<br />
Tel. 038293/402-0, Fax 038293/402-77<br />
reservierung@hotel-aquamarin.de<br />
www.hotel-aquamarin.de<br />
NEPTUN HOTEL<br />
Strandstraße 37<br />
Tel. 038293/63-0, Fax 038293/63-299<br />
info@neptun-hotel.de, www.neptun-hotel.de<br />
HOTEL IV JAHRESZEITEN<br />
Ostseeallee 10-12<br />
Tel. 038293/81-000, Fax 038293/81-081<br />
info@4jahreszeiten-hotels.de<br />
www.4jahreszeiten-hotels.de<br />
„HERZOGLICHER WARTESAAL“<br />
im Molli-Bahnh<strong>of</strong> zu Heiligdamm<br />
Tel. 038203/415-15, Fax 038203/415-14<br />
info.hdm@molli-bahn.de, www.molli-bahn.de
82<br />
TREFFPUNKT<br />
Hüte,<br />
Hengste,<br />
Hanseaten<br />
Es gehörte zu den gesellschaftlichen<br />
Höhepunkten des Sommers:<br />
Das Ostsee-Meeting in<br />
Bad Doberan. Beim viertägigen<br />
Event hieß es rund um die älteste<br />
Galopprennbahn Deutschlands<br />
wieder Fachsimpeln und<br />
natürlich Wetten. Neben Spitzenjockeys<br />
und Wettquoten<br />
stand vor allem das Who-is-Who<br />
aus Politik und Gesellschaft im<br />
Focus. Und die Hüte der Damen.<br />
Am Ladies Day wehte wieder ein<br />
Hauch von Ascot über den traditionsreichen<br />
Platz. Bei der Parade<br />
der exotischen Hüte wurde<br />
alles, was sich nicht als niet- und<br />
nagelfest erwies, zur Schau<br />
getragen. Der Kopfschmuck<br />
reichte von puristischer Eleganz<br />
bis hin zu kreativer Extravaganz.<br />
3<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
Zwei Tage lang hat Mama Tina Salow (2.v.l.) mit Gartenblumen und Basteldraht<br />
hantiert. Über die Kreationen freuten sich auch die Töchter Katrin, Luise und<br />
Anne-Marie (v.l.)<br />
Fortuna im Doppelpack: TV-Glücksfee<br />
Heike Maurer und Barbara Becker,<br />
Geschäftsführerin der Lottogesellschaft<br />
M-V.<br />
Elke Schuchan aus Bad Doberan<br />
bastelte eine schillernde „Zinfonie“.<br />
Für die aufwändige Puzzlearbeit gab’s<br />
in diesem Jahr keinen Preis.<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
Hut ab: Die Crew vom Grand Hotel Heiligendamm präsentierte sich im landesherrschaftlichen<br />
Stil des 19. Jahrhunderts.<br />
Andrea Heise<br />
schleppte eine<br />
Hochzeitstorte<br />
mit auf die<br />
Rennbahn. Für<br />
so viel süße<br />
Sünde gab`s<br />
von der Jury den<br />
neunten Platz.<br />
Fotos:<br />
Thomas Ulrich;<br />
www.ulrich-fotodesign.com<br />
Pferdefreunde unter sich: Sylvia<br />
Tkotsch und Peter Sähn, Vorsitzender<br />
des Doberaner Rennclubs.<br />
Mini-Jockeys am Führring.<br />
Für die kleinen Reiter gab es<br />
2009 erstmals das Bad<br />
Doberaner Ponyrennen.<br />
Katrin Lunow schmückte ihr<br />
Haupt mit den Plagegeistern<br />
des Sommers: Marienkäfer.<br />
Für die tierische<br />
Idee wurde sie von der Jury<br />
mit Platz 7 belohnt.<br />
TREFFPUNKT<br />
Zum ersten Mal dabei und schon den<br />
Hauptgewinn abgeräumt! Ergo<strong>the</strong>rapeutin<br />
Liane Bubolz hat ein Jahr lang<br />
an dem Nudel-Hut gearbeitet. Die<br />
Mühe hat sich gelohnt: Sie gewann<br />
den Hauptpreis, einen Reisegutschein<br />
im Wert von 2000 Euro.<br />
Von Kopf bis Fuß „Eine Oase der Entspannung“:<br />
Verena Preuß schaffte es<br />
aufs Siegertreppchen. Sie bekam beim<br />
Hutwettbewerb Bronze.<br />
Inge Kutz liest ihrer Enkeltochter<br />
am liebsten Pippi Langstrumpf vor.<br />
„Das sieht man doch“, sagt die<br />
Broderstorferin und grinst.<br />
83
84<br />
TREFFPUNKT<br />
Musikalisch-kulinarischer<br />
Glückwunsch und Beifall für den Solo-Hornisten Christoph Eß (Mitte) von Festspielintendant<br />
Matthias von Hülsen (li.) und Wemag-Vorstand Boris Schucht.<br />
Freude bei Christoph Eß, denn zum Konzert in Ulrichshusen waren seine Eltern<br />
Christine und Raimund Eß (li.) aus Tübingen angereist, genauso wie Christel und<br />
Hans Dieter Guthörle von der gleichnamigen privaten Christel-Guthörle-Stiftung<br />
aus Reutlingen (re.). „Ich war ziemlich angespannt,“ sagt Mutter Christine, von<br />
Beruf Gymnasiallehrerin. „Ich weiß, was passieren kann. Das Horn ist kein einfaches<br />
Instrument.“ Nachdem Christoph Eß als Dreijähriger „Peter und der Wolf“<br />
von Prok<strong>of</strong>jew hörte, wollte er Horn spielen. Es folgte die musikalische Früherziehung,<br />
zunächst mit dem Flötenspiel. Das machte ihm aber keinen Spaß. „In der<br />
Musikschule gab’s dann ein Kinderhorn, auf dem er s<strong>of</strong>ort Weihnachtslieder und<br />
später dann ‚Freude schöner Götterfunken’ vorspielte,“ erinnert sich Vater Raimund,<br />
der als Chirurg in Reutlingen arbeitet. „Christoph war in unserer Stiftung<br />
der erste Stipendiat. Wir fördern ihn seit sieben Jahren“, sagt Christel Guthörle.<br />
Christel und Hans Dieter Guthörle fördern insgesamt 15 hochbegabte Musiker.<br />
„Wir sind wie eine große Familie“.<br />
Ritterschlag<br />
„Ulrichshusen ist nicht nur musikalischer, sondern auch gesellschaftlicher<br />
Mittelpunkt der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern“, sagt<br />
der euphorisch gestimmte Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern,<br />
Erwin Sellering beim traditionellen Krebsessen Ende<br />
August. Seit vierzehn Jahren sind Schloss und Scheune, im eigentliche<br />
Sinne das ganze Dorf Ulrichshusen, Festspielort der „Musikalischen<br />
Landpartie“.„Festspielfreunde, die hier dabei sein dürfen, erhalten<br />
den kulinarischen Ritterschlag,“ so Sellering. Und die kamen<br />
zahlreich, 550 an der Zahl. „Konzert und Krebsessen <strong>–</strong> ein Dankeschön<br />
für Sponsoren, Förderer und Freunde der Festspiele Mecklenburg-<br />
Vorpommern, deren Konzerte zu 90 Prozent von privater Hand finanziert<br />
werden“, erklärt Festspielintendant Dr. Matthias von Hülsen.<br />
Barbara Schöneberger (Mitte) ist mit den Gastgebern des abendlichen Krebsessen,<br />
Alla und Hellmuth von Maltzahn, viele Jahre befreundet. Natürlich auch<br />
mit den Töchtern Marie und Sophie von Maltzahn.<br />
Wilhelm Wieben (li.), hier mit Birte und Heinrich Toepfer von der Alfred-Toepfer-<br />
Stiftung, liebt Ulrichshusen.„Seit sieben, acht Jahren ist dieser Ort fast ein Zuhause<br />
für mich. Eine traumhafte Umgebung, in der man Menschen trifft, die man<br />
kennt, die man mag, die man wieder sieht. Der musikalische Kunstgenuss und<br />
dann diese phantastischen Krebse. All das gehört eigentlich mit zu meinen<br />
schönsten Erlebnisses des Jahres,“ sagt der ehemalige ARD-Tagesschau-Sprecher.<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
Hatte es nicht weit bis Ulrichshusen: Mathias Stinnes (li.)<br />
Geschäftsführer der Stinnes Unternehmensgruppe, zu<br />
der auch die Burg Schlitz in Hohen Demzin gehört. Auf<br />
unserem Foto im Gespräch mit Heinrich Toepfer.<br />
Fotos: Monika Lawrenz (7), Angelika Heim (3), Regina Rösler<br />
Bevor die Gäste bei einbrechender Dunkelheit im<br />
romantischen Rund des Schlosses unter den<br />
mächtigen Eichen zum großen Krebsessen von<br />
den Gastgebern und Schlossbesitzern Alla und<br />
Helmuth von Maltzahn persönlich begrüßt<br />
werden, lauschen die Gäste einem gigantischen<br />
Konzert des Rundfunksinfonieorchesters Berlin<br />
unter Leitung von Rafael Frühbeck de Burgos.<br />
Herausragend das Hornkonzert Nr. 2 in S-Dur von<br />
Richard Strauss. Solist Christoph Eß. Der 25-Jährige<br />
erhielt bereits viele große Solistenpreise. In<br />
Ulrichshusen kam mit dem Wemag-Solistenpreis<br />
nun ein weiterer dazu.<br />
8<br />
Barbara Schöneberger genießt die Stimmung in Ulrichshusen.<br />
„Das Krebsessen in dieser abendlichen Stimmung,<br />
zuvor das großartige Konzert, einmalig.“<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
Freude über das Wiedersehen in Ulrichshusen bei Sylvia<br />
Bleßmann, Leiterin des ZDF-Landesstudios Mecklenburg-<br />
Vorpommern (li.), und ARD-Tagesschau-Sprecherin Susanne<br />
Daubner.„Wir kennen uns schon viele Jahre“, sagen die<br />
beiden Frauen lachend. „Schließlich waren wir mal<br />
Berufskolleginnen beim Rundfunk“.<br />
Pr<strong>of</strong>. Ernst Elitz (re.), bis März 2009 Intendant des Deutschlandfunk,<br />
gehört mit seiner Gattin seit vielen Jahren zu<br />
den Festspielgästen.„Wir wohnen jetzt in Berlin-Wilmersdorf.<br />
Da bin nun noch näher an Ulrichshusen und Mecklenburg-Vorpommern.“<br />
Seit seinem Intendanten-<br />
Abschied in Köln ist Pr<strong>of</strong>. Elitz zum Ehrenmitglied des<br />
Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin. „Aber ohne Auftrittsverpflichtung“,<br />
schmunzelt der 68-Jährige. Zudem arbeitet<br />
Elitz als Honorarpr<strong>of</strong>essor an der Freien Universität<br />
Berlin für das Fach Kultur- und Medienmanagement. „Ich<br />
habe nicht viel freie Zeit. Das beruhigt meine Frau Inge“.<br />
Freude an Stimmung und Genuss:<br />
Victor von Bothmer, Karin Hopfen, Christoph von Hurter<br />
und Marion Hoyermann.<br />
TREFFPUNKT<br />
Der Vorstandsvorsitzende der Hamburger<br />
ZEIT-Stiftung, Pr<strong>of</strong>. Dr. Michael<br />
Göring, in Begleitung von Ehefrau<br />
Monika. „Ulrichshusen ist immer ein<br />
großes Erlebnis.“<br />
Freude über den gelungenen Abend bei<br />
Peter Alexander Trettin, Vorsitzender der<br />
Geschäftsleitung der Mercedes-Benz Vertriebsorganisation<br />
Deutschland, und Silke<br />
Kuckes. Seit vielen Jahren gehört Mercedes-Benz<br />
zu den Hauptsponsoren der Festspiele<br />
Mecklenburg-Vorpommern.<br />
85
TREFFPUNKT<br />
Bald wieder Club<br />
der Intelligenz in <strong>Rostock</strong>?<br />
Ein Vorfrühlingsabend anno<br />
1967, Hermannstraße 19: Miles<br />
Davis’ unverwechselbare Trompetensound<br />
dringt durch Mauern<br />
hindurch bis auf die Straße.<br />
Zwei Studenten auf dem Weg zu<br />
ihrem Wohnheim bleiben stehen,<br />
hören zu. Kurz entschlossen<br />
folgen sie den Klängen ins Haus<br />
und mischen sich unter das<br />
Publikum, das sich hier versammelt<br />
hat, um den ganz Großen<br />
des Jazz zu lauschen.<br />
Z E I T W E C H S E L !<br />
Und taten das fortan jeden<br />
Monat, wenn ,,Willy“ Methling<br />
und ,,Uli“ Möller hier ihr Faible für<br />
diese Musikrichtung sozusagen<br />
öffentlich auslebten, indem sie<br />
entweder Platten auflegen <strong>–</strong> rar<br />
und kostbar, weil zumeist aus<br />
,,dem Westen“. Oder das Duo<br />
spielte seine mit viel Aufwand an<br />
Technik und Zeit eigenhändig<br />
mitgeschnittenen Tonbandaufnahmen<br />
von Radiosendungen ab.<br />
Möglich machte es der Kulturbund,<br />
der die Villa ab Mitte der<br />
50er- bis Mitte der 90er-Jahre<br />
nutzte: Anfangs wie vielerorten<br />
als ,,Klub der Intelligenz“ und<br />
später als Heinrich-Mann-Klub.<br />
Ersterer Name war den örtlichen<br />
Obergenossen für einen Arbeiter-und-Bauern-Staat<br />
wohl zu<br />
elitär. In den Klub wurde nicht<br />
nur zu besagten Jazz, sondern<br />
auch zu anderen Konzerten eingeladen.<br />
Künstler verschiedener<br />
Genres fanden hier Podium, Ausstellungsfläche<br />
oder Bühne. Es<br />
wurden natur- und gesellschaftswissenschaftliche<br />
Vorträge<br />
gehalten, Diskussions- oder<br />
Weinabende veranstaltet und<br />
jährlich ein geradezu legendärer<br />
Uni-Fasching gefeiert, in Zirkeln<br />
talkte man englisch und parlierte<br />
französisch. Die Bandbreite der<br />
Aktivitäten im Klub war über die<br />
Jahre enorm, das Niveau bewusst<br />
gehoben: Art and culture meet<br />
science. DDR-weit funktionierte<br />
der Kulturbund als Massenorganisation,<br />
in der Interessengruppen<br />
von A wie Altertumsforscher<br />
bis Z wie Zierfischfreunde und<br />
auch Nichtmitglieder wie Willy<br />
Methling und Uli Möller ihrer<br />
Passion nachgehen konnten. In<br />
der Regel sogar in einem zentralen<br />
kulturbundeigenem Gebäude,<br />
wie beispielsweise in der <strong>Rostock</strong>er<br />
Hermannstraße. Dort war<br />
Mitte der 90er-Jahre allerdings<br />
Schluss: Der Alteigentümer hat<br />
seine Immobilie zurück gefordert<br />
und sie auch bekommen.<br />
Gerda Strehlow, Leiterin des<br />
<strong>Rostock</strong>er Volkskulturinstitut.<br />
Foto: Angela Golz<br />
Nun möchte der nunmehrige<br />
Landesverband Mecklenburg<br />
und Vorpommern Kulturbund e.<br />
V. seine vielerorts verstreut arbeitenden<br />
Interessen- und Fachgruppen,<br />
Freundeskreise, Vereine<br />
oder Klubs in den Städten und<br />
großen ländlichen Gemeinden<br />
enger zusammen bringen. Das<br />
ist auch räumlich gemeint. ,,Ehemalige<br />
Mitglieder sollen wieder<br />
und weitere Interessierte neu an<br />
den Kulturbund herangeführt<br />
und Leuten auf gleicher intellektueller<br />
Schiene die Möglichkeit<br />
des Meinungsaustauschs vermittelt<br />
werden“, sagt Landesgeschäftsführerin<br />
und Schiene des<br />
<strong>Rostock</strong>er Volkskulturinstitus<br />
Gerda Strehlow. ,,Ab Ende September<br />
wollen wir in <strong>Rostock</strong><br />
gezielt auf die Suche nach geeigneten<br />
Räumlichkeiten gehen, die<br />
wir mieten können“, ergänzt Kulturbund-LandespräsidentWildfried<br />
Steinmüller. Am besten<br />
wäre eine zentral gelegene<br />
Immobilie. ,,Wir sind natürlich<br />
für andere Vorschläge <strong>of</strong>fen und<br />
h<strong>of</strong>fen auf private und vor allem<br />
auf kommunale Angebote, denn<br />
immerhin ist es erklärtes Ziel<br />
aller - im übrigen durchweg<br />
ehrenamtlich arbeitenden -Vereinsmitglieder,<br />
das kulturelle<br />
Leben in der Kommune mit zu<br />
tragen,“ so der bekannte Heimatforscher,<br />
Publizist und Wanderführer.<br />
In <strong>Rostock</strong> sind außer dem Volkskulturinstitut<br />
nebst dazu gehörender<br />
Theatertruppe <strong>Rostock</strong>er<br />
Vaganten, der Plattdeutschverein<br />
Klönsnack <strong>Rostock</strong>er 7, die<br />
<strong>Rostock</strong>er Plattspräker und die<br />
Interessengemeinschaft Bauund<br />
Kulturdenkmale Mitglieder<br />
des Kulturbundes.<br />
Weitere Kulturbund-Hochburgen<br />
sind Stralsund, Stralsund,<br />
Neustrelitz, Schwerin, Bad Doberan<br />
und Neubrandenburg. Gute<br />
Beispiele aus kleineren Städten<br />
und ländlichen Gemeinden: der<br />
Heinrich- Schliemann Klub in<br />
Neubukow, der Gelbensander<br />
Chor sowie der Kulturbund e.V. in<br />
Grimmen und Grevesmühlen.<br />
,,Doch es gibt leider auch ,weiße<br />
Flecken’, beispielsweise auf der<br />
Insel Rügen“, bedauert Wilfried<br />
Steinmüller. Besonders in solchen<br />
Gegenden sei es hilfreich,<br />
den dort wohnenden kulturell<br />
Interessierten diverser Couleur<br />
und vielleicht potenziellen Vereinsmitgliedern<br />
einen Anlaufpunkt<br />
zu bieten. Die gute Nachricht:<br />
In Güstrow gibt es bereits<br />
eine entsprechende Vereinbarung<br />
mit der Natur- und Umweltpark<br />
gGmbH.<br />
Willy Methling und Uli Möller<br />
sind in der <strong>Rostock</strong>er Jazz-Szene<br />
nach wie vor feste Größen. Und<br />
wenn der Kulturbund seinen<br />
Klub wieder hat, ist es durchaus<br />
möglich, dass die beiden Dj’s der<br />
ersten Stunde dort auflegen und<br />
der Sound von Miles Davis Trompete<br />
wie damals Leute von der<br />
Straße weg lockt.<br />
Angela Golz<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
Für die ganze Familie<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
TREFFPUNKT<br />
Golf ist kein einsamer Sport. Er ist durchaus etwas für die ganze Familie. Den Beweis trat die 8. Golph-Trophy der Dental Creativ Management GmbH (DCM) <strong>Rostock</strong><br />
an. 130 Spieler, Freunde, Partner der DCM reisten - häufig sogar mit Familie - aus ganz Deutschland an, um am alljährlichen Golfevent teilzunehmen, dass in diesem<br />
Jahr erneut auf dem Ostsee Golf Resort in Wittenbeck stattfand. Es erwartete die Aktiven der anspruchsvolle 18-Loch Meisterplatz „Eikh<strong>of</strong>“, der 9-Loch Kompaktplatz<br />
„Höstingen“ und ein umfangreiches Übungs- und Trainingsgelände.<br />
Zum ersten Mal trafen sich Ronald Wulff (Mitte), Aufsichtsrat Hamburger SV, und<br />
Stefan Beinlich (li). gemeinsam auf dem 18-Loch Meisterplatz des Ostsee Golf<br />
Resort in Wittenbeck <strong>–</strong> und das, obwohl Stefan Beinlich drei Jahre beim Hamburger<br />
SV Fußball spielte. Mit dabei Dr. Mehrdad Arjomand (re.), ebenfalls aus Hamburg.<br />
Ronald Wulff wird allerdings demnächst weniger zum Golfen kommen,<br />
denn für ihn beginnt die Saison der großen Segelregatten in Übersee.„Das Südatlantikrennen,<br />
die Antigua Reace-Week gehören unter anderem dazu. Dann geht<br />
es zurück über die Bermudas und die Azoren“, so Wulff, der über das Handicap 5,9<br />
verfügt. Nach den Segelregatten werde er sich dann wieder um den Fußball des<br />
HSV kümmern.<br />
Der Platz Eikh<strong>of</strong> steht für spektakuläre<br />
Topografie, raffiniert eingebettete<br />
Seen und Wasserläufe, Findlinge,<br />
Steinmauern und viele atemberaubende<br />
Ausblicke auf die Ostsee.<br />
2<br />
Fotos: Thomas Ulrich<br />
Der ehemalige Fußball-Pr<strong>of</strong>i Stefan<br />
Beinlich hat das Golfspiel seit einem<br />
guten Jahr für sich entdeckt. Sein Handicap<br />
17,6. „Golf ist die beste Sportart,<br />
um zu entspannen“, so seine Erfahrung.<br />
Und wie man sieht, Golf erhält<br />
die sportliche Figur.<br />
Dr. Werner Groll, Geschäftsführer der<br />
Dentsply Friadent Mannheim, eines der<br />
weltweit größten Dentalimplantatunternehmen.„Uns<br />
verbinden extrem gute<br />
Kundenbeziehungen mit der DCM in<br />
<strong>Rostock</strong>, wir arbeiten intensiv zusammen.“<br />
Für ihn sei der Golfsport eine<br />
äußerst gute Kommunikationsmöglichkeit<br />
mit den Kunden. „Es ist einfacher,<br />
auf dem Golfplatz auch schwierigere<br />
Probleme zu lösen. Hier ist der Kopf freier<br />
als im Besprechungszimmer“, so Dr.<br />
Groll, der es schafft ein, bis zwei Mal im<br />
Monat Golf zu spielen.<br />
Den Eishockeyschläger vertauschte Walter<br />
Kirchmaier schon vor einigen Jahren<br />
mit dem Golfschläger. Heute ist der<br />
gebürtige Bayer Golflehrer und Sportdirektor<br />
beim Frankfurter Golfclub Friedberg.<br />
„Ich habe zwölf Jahre erste Bundesliga<br />
Eishockey gespielt. Aber Golf<br />
habe ich schon von Klein auf gespielt.“<br />
Die Schlittschuhe hängen am berühmten<br />
Nagel. Voll des Lobes ist Walter<br />
Kirchmaier über den Golfplatz Wittenbeck.<br />
„Ein interessantes Design und viel<br />
Raffinesse im Gelände. Plätze dieser Art<br />
gibt es nicht viele in Deutschland.“<br />
Den Pokal für die weiteste Anreise gab es für Higashi Hiroyuki vom DCM-<br />
Geschäftsführer Milija Mitrovic. Higashi Hiroyuki kommt aus Tokio. Der Dentaltechniker<br />
ist seit Jahren mit Milija Mitrovic befreundet und folgte gern der<br />
Einladung nach <strong>Rostock</strong>. „Aber so einen wunderschönen Golfplatz, der so<br />
naturverbunden ist, den haben wir nicht“, lächelt Hiroyuki. Und setzt noch<br />
einen drauf. „Ich liebe Mecklenburg“.<br />
87
88<br />
TREFFPUNKT<br />
„Ich will mit<br />
meinen Hobbys<br />
Geld verdienen“<br />
So lautet das Lebensmotto von Frederic Dechavanne. Braun gebrannt,<br />
mit einem zufriedenen Lächeln steht der 39-Jährige auf der<br />
Golfanlage Warnemünde.<br />
Seit November ist er dort Head-<br />
Pro, also Leiter der Golfschule, in<br />
der es allerdings bisher nur einen<br />
einzigen Mitarbeiter gibt <strong>–</strong> nämlich<br />
Frederic Dechavanne.<br />
In der 6000-Seelen-Gemeinde<br />
Bouffemont, rund zehn Kilometer<br />
nördlich von Paris, wuchs der<br />
Franzose als kleinstes von drei<br />
Geschwisterkindern auf. Er studierte<br />
Marketing, verdingte sich<br />
danach als Reiseführer und<br />
begleitete vor allem Touristen<br />
aus Amerika und Kanada durch<br />
Europa. Anschließend bekam er<br />
einen Job als Animateur, Tennisund<br />
Ski-Lehrer beim Club Med,<br />
reiste von Griechenland über<br />
Frankreich nach Teneriffa... und<br />
blieb schließlich für ein Jahr auf<br />
Saint Martin in der Karibik. Dort<br />
war er unter anderem für die<br />
Gestaltung des Abendprogramms<br />
zuständig, buchte<br />
Bands und besann sich einer weiteren<br />
Leidenschaft, des Klavierspielens.<br />
„Ich wurde Barpianist<br />
und habe ein paar Jahre lang<br />
nichts anderes mehr gemacht“,<br />
erinnert er sich. Vor allem Jazz<br />
und Blues hatten es ihm angetan.<br />
Und er genoss es, Abend für<br />
Abend Menschen zu unterhalten<br />
und gute Laune zu verbreiten.<br />
Aus der Karibik zog es den Mann<br />
und seine Musik dann ins Wolfsburger<br />
Luxushotel Riz Carlton,<br />
von dort nach Norwegen, in die<br />
Schweiz, auf verschiedene Kreuzliner,<br />
ins InterContinental Dubai<br />
und schließlich ins Radisson SAS<br />
Schlosshotel Fleesensee.<br />
Das Golfspiel hat Frederic Dechavanne<br />
irgendwann während des<br />
Studiums gelernt, weil es an der<br />
Uni vergleichsweise preisgünstige<br />
Kurse gab. Doch lange Zeit<br />
blieb dieser Sport nur eine Rand-<br />
erscheinung in seiner Freizeitgestaltung.<br />
In Fleesensee, wo der<br />
Pianist abends an der Hotelbar in<br />
die Tasten griff, bot sich tagsüber<br />
reichlich Gelegenheit, mehr<br />
daraus zu machen. Der Franzose<br />
wäre nicht er selbst, wenn er<br />
diese nicht genutzt hätte. Drei<br />
Jahre lang absolvierte er die Ausbildung<br />
zum Diplom-Golflehrer.<br />
Dann bekam er die Chance, in<br />
Warnemünde sein eigener Chef<br />
zu werden.<br />
„Ganz locker durchschwingen...<br />
ja, genau so, wunderbar!“ Immer<br />
und immer wieder erklärt Frederic<br />
Dechavanne seinen Schülern<br />
die ersten Schläge. So mancher<br />
Ball kullert dabei zwar nur unbeholfen<br />
auf das satte Grün, doch<br />
der Trainer motiviert augenzwinkernd:<br />
„Hauptsache ist, schön<br />
aussehen, ob der Ball fliegt, ist<br />
egal.“ Von früh um 9 bis abends<br />
19 Uhr ist Dechavanne fast<br />
durchgängig auf dem Rasen.<br />
Nachdem die Golfanlage in Warnemünde<br />
erst im Juni eröffnet<br />
wurde, sind es bislang noch vorwiegend<br />
Einheimische, die bei<br />
ihm die Grundlagen des Spiels<br />
erlernen. Unter ihnen sind Ärzte<br />
oder Geschäftsleute, die nach der<br />
Arbeit einen entspannenden<br />
Ausgleich suchen, Rentner, die<br />
aktiv bleiben wollen, aber auch<br />
auffallend viele junge Leute.<br />
Immer mittwochs gibt es deshalb<br />
Übungsstunden speziell für<br />
Kinder ab 5 Jahren und für<br />
Jugendliche. Langfristiges Ziel<br />
allerdings ist es, zunehmend<br />
auch Urlauber auf den Platz zu<br />
holen. „Wir wollen künftig<br />
gemeinsam mit den Hotels Pakete<br />
anbieten“, erklärt Frederic<br />
Dechavanne. Und nicht zuletzt<br />
plant er für die hiesigen Mitglieder<br />
Reisen zu Plätzen auf der<br />
ganzen Welt. Die ersten Touren in<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
die Provence, nach Südspanien<br />
und in die Türkei sind bereits<br />
organisiert.<br />
Freizeit <strong>–</strong> für den Golf-Pro, den<br />
Mann, der als „Golf-Pr<strong>of</strong>essional“<br />
spielend sein Geld verdient, ist<br />
dieses Wort zurzeit ein Fremdwort.<br />
Gestresst fühlt er sich<br />
trotzdem nicht. Weil seine Frau<br />
Annett als Controllerin im Hotel<br />
Schloss Fleesensee arbeitet,<br />
haben sich die Dechavannes<br />
ganz in der Nähe, direkt am See<br />
niedergelassen. Dort zieht der<br />
Trainer nach Feierabend die<br />
Inline-Skater an oder setzt sich<br />
an sein Klavier. Denn ab und an<br />
ist er auch heute noch als Barpianist<br />
zu erleben. Lediglich was das<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
Reisen angeht, muss sich der<br />
Weltenbummler jetzt auf den<br />
Winter beschränken, auf die Zeit<br />
also, zu der nur hartgesottene<br />
Golfer in hiesigen Breitengraden<br />
zum Schläger greifen. Seine Ziele:<br />
Arizona, Florida, Kalifornien...<br />
Länder eben, wo man brauchbares<br />
Wetter zum Golfen findet.<br />
Denn das ist für Frederic Dechavanne<br />
nach wie vor ein Hobby<br />
geblieben, zu dem er allerdings<br />
selber während der Arbeit viel zu<br />
selten kommt.<br />
Golfmode<br />
„Jeans und T-Shirt auf dem Golfplatz?<br />
Das geht gar nicht!“ Für<br />
Frederic Dechavanne, der selbst<br />
Seniorenländerpokal ging nach Bayern<br />
Austragungsort für den diesjährigen<br />
Seniorenländerpokal war das<br />
Ostsee Golf Resort Wittenbeck.<br />
Über 100 Golfsenioren ganz<br />
Deutschland nahmen teil.<br />
„Kennzeichnend war das hohe<br />
Niveau mit spannenden Matches<br />
bis zum letzten Schlag und die<br />
absolute Fairness unter den einzelnen<br />
Teams“, sagt Rüdiger Born, Präsident<br />
des Golf-Verbandes Mecklenburg-Vorpommern<br />
e. V. Zur<br />
großen Freude aller Aktiven gab es<br />
beim Seniorenländerpokal das<br />
erste „Hole-In-One“ auf dem Golfplatz<br />
Wittenbeck. Neben den vielen<br />
sportlichen Herausforderungen<br />
wurde natürlich die zu jedem<br />
Turnier gehörende Player’s Night<br />
nicht ausgelassen. Sie fand unter<br />
großem Zuspruch im Grand Hotel<br />
Heiligendamm statt.<br />
bei sommerlichen 30 Grad noch<br />
in schwarzer Hose am Abschlag<br />
steht, gehört es zur Etikette, sich<br />
in Sachen Kleidung ein wenig<br />
Mühe zu geben. Zugleich räumt<br />
der Trainer ein: Die Zeiten, in<br />
denen fast ausschließlich Knickerbockerhosen<br />
und Karo-Pullunder<br />
getragen wurden, sind<br />
lange vorbei. „Weil heute viel<br />
mehr junge Leute spielen und<br />
sich der Sport ohnehin nicht<br />
mehr nur auf bestimmte Gesellschaftsschichten<br />
beschränkt, ist<br />
auch die Mode wilder geworden.“<br />
Heute gebe es mehr Farben,<br />
gewagtere Schnitte, einfach<br />
mehr Vielfalt.<br />
Katja Bülow<br />
Die Plätze zwei und drei belegten<br />
Nordrhein-Westfalen und Baden-<br />
Württemberg.<br />
***<br />
Die Seniorenmannschaft des GolfverbandesMecklenburg-Vorpommern<br />
wurde anlässlich des Seniorenländerpokals<br />
mit neuer<br />
Spielkleidung ausgestattet.<br />
TREFFPUNKT<br />
Golfanlage<br />
Warnemünde:<br />
Drei verschiedene 9-Loch-<br />
Golfplätze sind auf dem 130<br />
Hektar großen ehemaligen<br />
Acker zwischen Diedrichshagen<br />
und Elmenhorst entstanden.<br />
Sie können je nach Ausdauer<br />
und Erfahrung<br />
miteinander kombiniert werden.<br />
Dazu gibt es einen<br />
öffentlichen 6-Loch-Kurzplatz,<br />
auf dem sich jeder auch ohne<br />
Platzerlaubnis ausprobieren<br />
kann. Die Driving Range bietet<br />
68 Abschlagplätze, 8 davon<br />
sind überdacht. Gespielt werden<br />
kann das ganzes Jahr<br />
über.<br />
Player’s Night im Grand Hotel<br />
Heiligendamm Fotos: Golfverband MV<br />
Der Golfverband konnte dazu zwei<br />
starke Partner aus dem Bundesland<br />
als Sponsoren gewinnen. Mit dem<br />
Slogan „MV tut gut“ wurden die<br />
Spieler zum Partner der aktuellen<br />
Kampagne des Landesmarketings<br />
Rüdiger Born, Präsident des Golfverbandes<br />
Mecklenburg-Vorpommern,<br />
begrüßte Alexander Klose, Geschäftsführer<br />
des Deutschen Golf Verbandes,<br />
und Gerd Kohns, den Initiator des<br />
Seniorenländerpokals (v.l.n.r.).<br />
Mecklenburg-Vorpommern. Auch<br />
Dank des zweiten Sponsors, der<br />
Scandlines GmbH <strong>–</strong> eine der größten<br />
Fährreedereien Europas mit<br />
den Kernmärkten Deutschland,<br />
Siegermannschaft Bayern<br />
Sieger des Seniorenländerpokals<br />
war die Mannschaft aus Bayern.<br />
Dänemark und Schweden <strong>–</strong> konnten<br />
die Spieler mit neuen Poloshirts,<br />
Pullovern, Jacken und Hemden/Blusen<br />
eingekleidet werden. Mannschaft Mecklenburg-Vorpommern<br />
89
90<br />
TREFFPUNKT<br />
Fritz Wepper dreht in Heiligendamm<br />
„Mord in bester Gesellschaft“<br />
Die erste Klappe zu den Dreharbeiten fällt: Regisseur Hans Werner, Sophie Wepper,<br />
Fritz Wepper und Kameramann Gero Lasing (v.l.). Foto: Tivoli Film/Nicolas Maack<br />
Die Sonne sticht noch hochsommerlich,<br />
die Ostsee ist glatt<br />
wie ein Ententeich.<br />
Hinten, nahe dem Horizont, am<br />
äußersten Ende der Seebrücke<br />
Heiligendamms, wuseln Menschen.<br />
Was da aus der Ferne ausschaut<br />
wie ein Knäuel, klärt sich<br />
allmählich. Es wird ein Film<br />
gedreht. Für’s Fernsehen. Sein<br />
Titel „Mord in bester Gesellschaft“.<br />
In der Hauptrolle Fritz<br />
Wepper. In eine dicke Winterjacke<br />
gehüllt schreitet der bekannte<br />
Schauspieler eiligen Schrittes<br />
von der Seebrücke in Richtung<br />
Grand Hotel. Es ist Drehpause<br />
und damit auch schnell ein<br />
Wechsel der dicken Jacke. Dann<br />
findet sich Zeit für ein kurzes<br />
Interview mit <strong>Rostock</strong> „<strong>delüx</strong>“.<br />
Herr Wepper, die Liste Ihrer Filme,<br />
vor allem für’s Fernsehen, ist<br />
immens lang. Zeit zum Durchatmen,<br />
finden Sie die überhaupt<br />
noch?<br />
Doch, doch. Die Enge ergibt sich<br />
derzeit vor allem durch meine<br />
Serientätigkeit für „Um Himmels<br />
Willen“ und der Reihe<br />
„Mord in bester Gesellschaft“.<br />
Dann habe ich noch drei potenzielle<br />
Möglichkeiten, 90-Minüter<br />
zu drehen. Hinzu kommt ein<br />
Weihnachtsspezial. Eigentlich<br />
ist auch das nächste Jahr bereits<br />
so gut wie ausgebucht. Aber<br />
zwischen den Dreharbeiten<br />
finde ich schon Entspannung.<br />
Ein Tag auf dem Golfplatz, ein<br />
Tag am Fischwasser oder eine<br />
Woche Ozean-Regatta-Segeln,<br />
all das ist für mich absolute Entspannung.<br />
Bislang konnte ich<br />
meinen Akku immer wieder gut<br />
aufladen. Und manches ist ja<br />
auch sehr angenehm. Für das<br />
Weihnachtsspezial drehen wir<br />
zum Beispiel zehn Tage auf<br />
einem Kreuzfahrtschiff. Da will<br />
ich mich nicht beschweren.<br />
Und die Dreharbeiten in und um<br />
das Grand Hotel Heiligendamm<br />
vermitteln ja auch ein gewisses<br />
Urlaubsfeeling.<br />
Ja, das hier ist fantastisch. Ich<br />
bin stark von diesem wunderschönen<br />
Anwesen beeindruckt.<br />
Auch die Tatsache, dass wir<br />
direkt an der Ostsee wohnen. Ich<br />
hatte stets die Fenster von mei-<br />
nem Balkon geöffnet, um das<br />
Meeresrauschen zu hören. Dazu<br />
die Historie dieses Platzes und<br />
die Freundlichkeit der Mitarbeiter<br />
des Hauses, das ist schon<br />
wohltuend. Außerdem ist in<br />
Wittenbeck ein wunderschöner<br />
Golfplatz ganz nah.<br />
Wie <strong>of</strong>t schaffen Sie es, nach<br />
Mecklenburg-Vorpommern zu<br />
kommen?<br />
Nun, die Uhr kann ich nicht<br />
danach stellen. Ich glaube, ich<br />
war vor drei oder vier Jahren zur<br />
Hengstparade in Redefin.<br />
Sind Sie ein Pferdenarr?<br />
Nein, Narr ist nicht zutreffend.<br />
Ich bin ein Pferdefreund. Ich habe<br />
früh angefangen zu reiten, bin<br />
später zwölf Jahre Trabrennen als<br />
Amateur gefahren. Heute reitet<br />
die ganze Familie. Alle Töchter.<br />
Die Älteste Dressur, die Mittlere<br />
hat früher Military geritten und<br />
war dann Springreiterin. Selbst<br />
meine Enkel reiten schon im<br />
bayerischen Kader. Also, Pferde<br />
gehören bei uns einfach zur<br />
Familie.<br />
Sie haben Ihre Tochter Sophie am<br />
Set in Heiligendamm. Wie familiär<br />
ist der Umgang miteinander?<br />
In der Serie „Mord in bester<br />
Gesellschaft“ spielen wir auch<br />
Vater und Tochter. Das Wort Papi<br />
ist deshalb sehr vertraut. Aber<br />
wir sind trotzdem andere Figuren.<br />
Von daher gibt es schon eine<br />
Motivation, die unserem Handwerk,<br />
der Schauspielerei, entspricht.<br />
Erfreulich ist natürlich,<br />
dass wir während der Dreharbeiten<br />
am Abend zusammen sitzen<br />
können. In München führt<br />
Sophie ihr eigenes Leben. Da<br />
treffen wir uns meist nur zu<br />
familiären Anlässen.<br />
Die Serie „Um Himmels Willen“,<br />
in der Sie den Bürgermeister von<br />
Kaltental spielen, läuft seit sieben<br />
Jahren über viele Staffeln. Ist ein<br />
Ende in Sicht?<br />
Nein. Sechs Folgen drehen wir<br />
demnächst in Landshut, München<br />
und Umgebung. Dieses<br />
Kaltental ist übrigens Landshut.<br />
Das Autohaus steht in Murnau<br />
und mein Haus ist in München.<br />
Ins<strong>of</strong>ern ein Heimvorteil, denn<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
ei jenen Dreharbeiten bin ich<br />
wieder für zweieinhalb Monate<br />
zu Hause.<br />
Herr Wepper, Sie spielen erfolgreich<br />
in vielen Fernsehserien. Was<br />
ist das Besondere für Sie an diesen<br />
Serien? Nur das Geld verdienen?<br />
Ich weiß, ich stoße jetzt in dasselbe<br />
Horn wie ein amerikani-<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
scher Kollege, der sagt, also<br />
die Schauspielerei würd’ ich<br />
umsonst machen, aber ich werd’<br />
für’s Warten bezahlt.<br />
Das müssen Sie mir genauer<br />
erklären...<br />
Mit anderen Worten, mir macht<br />
mein Schauspielerberuf immer<br />
mehr Freude, je älter und erfah-<br />
Fritz Wepper beim Interview in Heiligendamm. Foto: Elias Winter<br />
rener ich werde. Will sagen, dass<br />
mich der Zuschauer als Schauspieler<br />
in meinen verschiedenen<br />
Rollen an- und ernstnimmt. Der<br />
Wöller wird nicht mit dem Harry<br />
aus „Derrick“ verglichen oder<br />
gar der Winter mit dem Wöller.<br />
Der Zuschauer anerkennt, dass<br />
es mir gelingt, meine Rollen<br />
glaubhaft und glaubwürdig darzustellen.<br />
Der Typ des Bürgermeister<br />
Wöller in „Um Himmels<br />
Willen“ ist sehr idiomatisch. Er<br />
hat eine Bildersprache. Ich empfinde<br />
mich in dieser Rolle als<br />
Komödiant. Das ist eine ganze<br />
andere Baustelle. Komiker gibt<br />
es genügend im deutschen<br />
Fernsehen.<br />
Und wie definieren Sie einen<br />
Komödianten?<br />
Komödie ist ein äußerst seriöser<br />
Job. Eine Situation, die komisch<br />
ist, muss man todernst bedienen.<br />
Nur dann funktioniert’s.<br />
Die Darstellungsmöglichkeit,<br />
hoppla, jetzt komm’ ich und bin<br />
komisch, ist nicht mein Ding.<br />
Gute Beispiele sind für mich<br />
Walter Matthau und Jack<br />
Lemmon. Von diesen Größen<br />
TREFFPUNKT<br />
gibt es nicht viele. Es gibt ehrlich<br />
gesagt auch nicht allzu viele<br />
Komödiantinnen, die man als<br />
Partner braucht. Commedia<br />
dell’arte ist ja das Lachen und<br />
Weinen, ja das Leben schlechthin.<br />
Und das zu interpretieren,<br />
entspricht meiner Schauspielkunst.<br />
Ich bin mir meiner handwerklichen<br />
Mittel und Möglichkeiten<br />
schon bewusst. Aber auf<br />
der anderen Seite ist es gut zu<br />
wissen, was man nicht kann.<br />
Was können Sie denn nicht?<br />
Hier ist nicht die Frage indiskret,<br />
sondern die Antwort, sagte<br />
Oscar Wilde.<br />
Herr Wepper, danke für das<br />
Interview.<br />
3<br />
Regina Rösler<br />
91
92<br />
GENUSS<br />
Verführung<br />
Was wissen Sie von französischer<br />
Küche? Die Portionen sind klein,<br />
die Speisekarte unverständlich<br />
und auf dem Teller landen öfter<br />
Tiere, die Sie im Garten mit der<br />
chemischen Keule bekämpfen<br />
würden? Sehen Sie! Sie haben<br />
keine Ahnung von französischer<br />
Küche. Es geht auch anders. Und<br />
um in den Genuss französischer<br />
Küche auf internationalem Spitzenniveau<br />
zu kommen, muss der<br />
Gourmet nicht den weiten Weg<br />
in die Schlemmertempel an der<br />
Rhône oder der Seine auf sich<br />
nehmen.<br />
In der Abgeschiedenheit Mecklenburgs<br />
etabliert sich gerade<br />
ein Restaurant, wie in Norddeutschland<br />
kaum ein zweites zu<br />
finden ist. Das Cheval Blanc in<br />
Wendorf. Unmittelbar am<br />
Schlosshotel Wendorf zwischen<br />
Crivitz und Bruel gelegen.<br />
Unscheinbar, ohne aufgesetzte<br />
Etikette, sondern Gastronomie<br />
auf allerhöchstem Niveau. Das<br />
Cheval Blanc könnte sich innerhalb<br />
kürzester Zeit zu einem<br />
Geheimtipp unter den Spitzenrestaurants<br />
in Norddeutschland<br />
entwickeln.<br />
auf Französisch<br />
Internationale Spitzenküche im Cheval Blanc<br />
Udo M. Chistée betreibt das<br />
Schlosshotel und das dazugehörige<br />
Restaurant Cheval Blanc. Der<br />
österreichische Hotel-Pr<strong>of</strong>i ist<br />
sich seiner Sache sicher. „Das<br />
Cheval Blanc ist eines der ersten<br />
Häuser in Mecklenburg.“ Garant<br />
dafür ist auch Küchenchef Reinhard<br />
Sommereder, den Chistée<br />
aus Österreich mitgebracht hat.<br />
Der Mann hat jahrelang in der<br />
Alpenrepublik auf Sterne-Niveau<br />
gekocht. Und das merkt der Gast<br />
im Cheval Blanc. Kein unnützes<br />
Brimborium lenkt vom Genuss<br />
am Essen und am Trinken ab.<br />
Das Restaurant Cheval Blanc am Schloss Wendorf. Foto: Hotel Schloss Wendorf<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
Chrepinette vom Charolais Rind Foto: Guido Werner Das Team des Cheval Blanc Foto: Christian Moeller<br />
Die Philosophie der Küche folgt<br />
keinem kurzlebigen Modetrends<br />
und orientiert sich doch an dem,<br />
was heute von internationaler<br />
Kochkunst erwartet wird.<br />
Nehmen wir nur die Essenz<br />
und Crèmesuppe von Steinpilzen<br />
mit Tatar vom Reh. Geschmack<br />
zu beschreiben endet <strong>of</strong>t in<br />
der inflationären Verwendung<br />
unpassender Adjektive. Atmosphäre<br />
darzustellen ist in diesem<br />
Fall passender. Steinpilze und<br />
Reh, das passt zu Wendorf. Niemand<br />
hat gezählt, wie viele<br />
Steinpilze in der unmittelbaren<br />
Umgebung des Anwesens im<br />
Wald wachsen und über den<br />
Bestand an Rehen kann auch nur<br />
spekuliert werden. Die Essenz<br />
und die Crèmesuppe schmecken<br />
nach Steinpilzen. Nur nach Steinpilzen.<br />
Beim Genuss hört der<br />
Feinschmecker nahezu das Laub<br />
unter seinen Schuhsohlen<br />
rascheln und die letzten Sonnenstrahlen<br />
des Herbstes durch das<br />
Blätterdach dringen. Das Tartar<br />
vom Reh verstärkt diesen Eindruck<br />
noch. Die Gelassenheit, die<br />
sonst nur im Wald zu spüren ist,<br />
macht sich mit einem Mal auf<br />
dem Gaumen breit. So erzählt<br />
praktisch jede Kreation von<br />
Küchenchef Sommereder eine<br />
Geschichte. Versetzt nicht nur<br />
den Geschmacksnerv des Gastes<br />
in einen Rausch, sondern entführt<br />
in andere Erlebniswelten.<br />
Jeder, der schon mal etwas gegessen<br />
hat, kennt Brot. Wir Deutschen<br />
kennen Brot besonders gut.<br />
Nirgends auf der Welt gibt es so<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
viel verschiedene Sorten Brot wie<br />
in Deutschland. Schwarzbrot ist<br />
unser Hauptgesprächs<strong>the</strong>ma,<br />
wenn wir uns ein paar Tage in<br />
einem südeuropäischen Land<br />
befinden und der häufigste<br />
Grund für Heimweh. Die Brotsorten,<br />
die im Cheval Blanc gereicht<br />
werden, stammen aus der eigenen<br />
Küche. Dunkles Brot, helles<br />
Brot, täglich Brot. Es ist frisch<br />
gebacken, es schmeckt wie eine<br />
ferne Erinnerung an die eigene<br />
Kindheit. Nur das dazu servierte<br />
Pesto lässt wieder die Sehnsucht<br />
nach dem Süden aufkommen.<br />
Die Sehnsucht nach Genuss wird<br />
aber spätestens mit dem Hauptgang<br />
gestillt. Denn die Chrepinette<br />
vom Charolais Rind mit<br />
Waldpilzen, Kart<strong>of</strong>felgebäck und<br />
Senfkohl haben es in sich. Charolais<br />
Rinder stammen ursprünglich<br />
aus „Département dievre“<br />
Frankreich, wo sie zur Fleischerzeugung<br />
und als Arbeitstiere<br />
gezüchtet wurden. Und letzteres<br />
führte dazu, dass bei der Zucht<br />
auf sehr muskulöse Tiere geachtet<br />
wurde. In Zeiten der mechanisierten<br />
Landwirtschaft haben<br />
Rinder als Arbeitstiere kaum<br />
noch Bedeutung. Geblieben ist<br />
die kräftige Statur des reinrassigen,<br />
weißen Charolais Rindes.<br />
Und das schmeckt man. Nun<br />
werden die wenigsten Gourmets<br />
schon einmal versucht haben,<br />
Gras zu essen und würden sicher<br />
auch keinen Gefallen daran finden.<br />
Dem Chrepinette vom Charolais<br />
Rind merkt man an, dass<br />
hier nur gesundes Gras an die<br />
Tiere verfüttert wurde.<br />
Befand sich der Gast bei der<br />
Vorspeise noch im Wald, tritt er<br />
nun auf eine duftende Wiese<br />
und atmet tief durch. Jede Pore<br />
des Körpers taucht ein in den<br />
Geruch von Sommerblumen und<br />
gemähtem Heu. Die Kreationen<br />
von Reinhard Sommereder sorgen<br />
für den vollendeten Genuss. Jede<br />
Beschreibung der Details würde<br />
der Kochkunst des Küchenchefs<br />
nicht gerecht werden.<br />
Widmen wir uns also für einen<br />
Moment dem Keller des Cheval<br />
Blanc. Auch dort herrscht eine<br />
klare Philosophie. Natürlich werden<br />
inzwischen rund um den<br />
Erdball Spitzenweine angebaut.<br />
Die Zeiten, in denen über argentinische,<br />
chilenische, südafrikanische<br />
oder australische Weine die<br />
Nasen gerümpft wurden sind<br />
vorbei. Aber machen wir uns<br />
nichts vor. Das Original ist immer<br />
besser als die Kopie. Und so versteht<br />
es sich von selbst, dass im<br />
Cheval Blanc Frankreich an erster<br />
Stelle steht. Udo M. Chistée ist es<br />
aber auch zu verdanken, dass<br />
Weine aus seiner Heimat Österreich<br />
im Portfolio der Weinkarte<br />
die Bedeutung haben, die ihnen<br />
im internationalen Vergleich<br />
schon längst zukommen sollte.<br />
Apropos internationaler Vergleich.<br />
Wer nicht in den Genuss<br />
kommt, im Schlosshotel zu übernachten,<br />
sollte zumindest über<br />
die Rückfahrt mit dem Auto<br />
durch den Wald nachdenken.<br />
Natürlich kann man im Cheval<br />
Blanc auch auf den Alkohol verzichten<br />
und Wasser trinken.<br />
GENUSS / ANZEIGE<br />
Wenn Sie sich dafür entscheiden,<br />
schauen Sie, bevor Sie bestellen<br />
erst einmal in die Wasserkarte.<br />
Ja, in die Wasserkarte! Denn Wasser<br />
ist nicht gleich Wasser. 17 verschiedene<br />
Sorten umfasst die<br />
Wasserkarte. Da wäre das Cloud<br />
Juice aus Bolivien, das nur aus<br />
Regenwasser besteht. Oder das<br />
Karoo aus Südafrika. Es wird<br />
direkt an der Quelle am Paardeberg<br />
abgefüllt. Fiji stammt, wie<br />
der Name schon sagt, von den<br />
Fiji-Inseln, 10 thousand BC<br />
stammt aus einem Gletscher der<br />
kanadischen Provinz British<br />
Columbia. Und natürlich darf<br />
auch das weltberühmte Bling<br />
H2O nicht fehlen.<br />
Man mag drüber lächeln, dass<br />
bei Wasser so gravierende<br />
Unterschiede gemacht werden.<br />
Aber mit einem Lächeln auf den<br />
Lippen, lässt sich auch besser<br />
genießen.<br />
Christian Moeller<br />
★ ★ ★ ★ ★<br />
SCHLOSSHOTEL<br />
W E N D O R F<br />
Restaurant Cheval Blanc<br />
Hauptstraße 9 · 19412 Wendorf<br />
Tel. +49 (0) 38486 33 66 - 11<br />
Fax +49 (0) 38486 33 66 - 10<br />
info@schlosshotelwendorf.com<br />
93
94<br />
LITERATUR<br />
Große Lebensgeschichte<br />
und große Zweifel<br />
„Jesus <strong>–</strong> Die<br />
Geschichte eines<br />
Menschen“<br />
Sicher, es gibt bereits unzählige<br />
Bücher über Jesus, und auch die<br />
Bibel ist nicht gerade arm an<br />
literarischen Auslegungen. Der<br />
international bekannte Regisseur<br />
Paul Verhoeven (Jahrgang<br />
1938), der zum Beispiel "Basic<br />
Instinct" in Szene gesetzt hat, ist<br />
nebenbei seit Jahren als Bibelforscher<br />
aktiv. Nun hat er sich an ein<br />
großes Thema gewagt <strong>–</strong> Jesus.<br />
Dabei sucht Paul Verhoeven nicht<br />
nach einem gottähnlichen<br />
Wesen, sondern nach dem echten<br />
Menschen, der den Namen<br />
Jesus trug. Das tut der Autor sehr<br />
kritisch und beleuchtet zu diesem<br />
Zweck auch den Alltag in der<br />
Stadt Nazareth. Paul Verhoeven<br />
will herausfinden, in welcher<br />
Weise zum Beispiel die katholische<br />
Kirche Details an der Jesus-<br />
Biografie geschönt hat, um ihn<br />
zu für ihre Zwecke erhöhen. Bei<br />
all dieser mühsamen Kleinarbeit<br />
geht Paul Verhoeven auf seine<br />
ganz spezielle Weise vor. Denn<br />
auch mit seinem präzisen Blick<br />
als Spielfilmregisseur will er den<br />
Lebenslauf sezieren, so soll die<br />
Geschichte Jesu neu geschrieben<br />
werden. Dem Leser blättert Paul<br />
Verhoeven einen enormen Faktenreichtum<br />
auf <strong>–</strong> so will er ein<br />
"Plädoyer für einen widerständigen<br />
Glauben" halten.<br />
Paul Verhoeven,<br />
"Jesus <strong>–</strong> Die Geschichte eines<br />
Menschen",<br />
Pendo Verlag 2009,<br />
320 Seiten, 19,95 Euro<br />
Liebenswürdigmerkwürdige<br />
Lebensgeschichte<br />
„Nürnberger<br />
Pakete“<br />
Elmar Faber (geboren 1934) ist als<br />
Verleger auch schriftstellerisch<br />
tätig. Der Band „Nürnberger<br />
Pakete“ versammelt zehn Kurzgeschichten,<br />
die wunderbar altmodisch<br />
aufgeschrieben sind.<br />
So wie in der Geschichte „Die<br />
Buckelapo<strong>the</strong>ke“: Da ist Elsa<br />
Maisel, die über ihren Urgroßvater<br />
nachsinnt, der einst als Zimmermann<br />
die Familie ernährte,<br />
aber auch einen zweiten Broterwerb<br />
hatte. Er entschlüsselte die<br />
Geheimnisse des Kräutermischens.<br />
So kam dieses Wissen<br />
über die Generationen auf die<br />
Urenkelin, die als Kräuter-Elsa<br />
nicht nur im Dorf bekannt<br />
wurde. Es sind Geschichten wie<br />
diese, die einen uralten Geist<br />
atmen, wenn Familienporträts<br />
über mehrere Generationen<br />
erzählt werden und alles dennoch<br />
in eine kurze Geschichte<br />
passt. So auch in der Titelstory <strong>–</strong><br />
„Nürnberger Pakete“ greift weit<br />
zurück in das frühe 20. Jahrhundert,<br />
als sich die Protagonistin<br />
Charlott nicht nur zwischen zwei<br />
Männern entscheiden muss. Es<br />
sind diese liebenswürdigmerkwürdigenLebensgeschichten,<br />
die den Adressaten einfangen,<br />
weil sie so detailreich und<br />
lebensnah aufgeschrieben sind.<br />
Und es ist der nostalgische Tonfall,<br />
der den Leser durch dieses<br />
Buch trägt.<br />
Elmar Faber,<br />
„Nürnberger Pakete“,<br />
Verlag Das Neue Berlin 2009,<br />
190 Seiten, 16,90 Euro<br />
Was denn nun:<br />
Kopf oder Bauch?<br />
„Wie wir<br />
entscheiden“<br />
Wie denn, noch ein Lebenshilfebuch?<br />
Jawohl! Der US-Amerikaner<br />
Jonah Lehrer (Jahrgang 1981)<br />
hat Theologie, Literatur und Neurowissenschaften<br />
studiert und<br />
ist sowas wie ein Allround-Genie.<br />
Schon heute gilt Jonah Lehrer als<br />
ein Wunderkind der amerikanischen<br />
Wissenschaftsliteratur. In<br />
seinem Buch "Wie wir entscheiden"<br />
geht es um eine der Grundfragen<br />
des menschlichen Alltags.<br />
Wie entscheiden wir <strong>–</strong> emotional<br />
oder rational?<br />
Das zu erklären ist keine leichte<br />
Aufgabe, aber Jonah Lehrer zeigt<br />
die komplizierten Vorgänge, die<br />
in unserem Gehirn ablaufen, einfach<br />
und nachvollziehbar auf:<br />
"Wenn unsere Gefühle außer<br />
Kontrolle geraten… wirkt dies bisweilen<br />
ebenso verheerend, wie<br />
wenn wir überhaupt keine<br />
Gefühle haben." Diese Augenblicke<br />
kennt wohl jeder von uns.<br />
der Autor zeigt die finsteren Seiten<br />
unserer Empfindungen auf,<br />
warum wir gegen jede Vernunft<br />
Kreditkarten überziehen, Beziehungen<br />
eingehen oder spielsüchtig<br />
werden. Jonah Lehrer<br />
erläutert das Zusammenspiel<br />
zwischen Kopf und Bauch leicht<br />
verständlich und bringt den<br />
Leser wichtigen Einsichten<br />
näher. Diese Lektüre ist unterhaltsam<br />
und erhellend.<br />
Jonah Lehrer,<br />
„Wie wir entscheiden“,<br />
Piper Verlag 2009,<br />
368 Seiten, 19,95 Euro<br />
Ehemalige kalte<br />
Krieger ganz<br />
entspannt<br />
„Putz- und<br />
Flickstunde“<br />
Dies ist ein besonderes Erinnerungsbuch:<br />
In "Putz- und Flickstunde"<br />
kommen zwei Autoren<br />
zu Wort, die einen prägenden Teil<br />
ihres Lebens in unterschiedlichen<br />
gesellschaftlichen Systemen verbracht<br />
haben, in der Bundesrepublik<br />
und in der DDR. Und nicht<br />
nur das, auch in zwei deutschen<br />
Armeen: Während Sten Nadolny<br />
(Jahrgang 1942) seine Erfahrungen<br />
als Bundeswehr-Rekrut<br />
abruft, berichtet Jens Sparschuh<br />
(Jahrgang 1955) aus seiner NVA-<br />
Zeit. Nadolny und Sparschuh präsentieren<br />
also ihre gar nicht so<br />
unterschiedlichen Erinnerungen.<br />
Vielleicht war die Zuspitzung<br />
unnötig, dass sie sich als militärische<br />
Gegner in einem möglichen<br />
Krieg der Systeme gegenüberstehen<br />
hätten können. Aber heute<br />
sitzen natürlich zwei Geister beieinander,<br />
die im Gegensatz zu<br />
den meisten ihrer Leidensgenossen<br />
das Erlebte gut reflektieren<br />
können. Und dann ist da noch<br />
etwas, das der Ost-West-<br />
Gesichtsschreibung richtig gut<br />
tut: Die beiden Autoren gehen<br />
die Sache mit Humor an. Auch<br />
der Leser kommt zu dem Schluss,<br />
dass sich diese beiden Armeen in<br />
den militärischen Gegebenheiten<br />
ziemlich ähnlich waren.<br />
Sten Nadolny & Jens Sparschuh,<br />
„Putz- und Flickstunde“,<br />
Piper Verlag 2009,<br />
208 Seiten, 16,95 Euro<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09
Karin Gustmann und Frank Schlößer pflegen eine rege Korrespondenz. Mit ihrem Kulturbrief will die<br />
Schweriner Journalistin ihren Kollegen aus <strong>Rostock</strong> in die Landeshauptstadt locken.<br />
Lieber Frank,<br />
ich h<strong>of</strong>fe, du hast den Sommer an<br />
der Küste gut überstanden. So<br />
langsam werden bei euch ja auch<br />
die Touristen weniger. Eine Erfahrung,<br />
die wir Schweriner in diesem<br />
Jahr auch machen. Dank der Buga<br />
wurde aus unserem Landeshauptdorf<br />
eine Landeshauptstadt mit<br />
vielen Besuchern und zu wenigen<br />
Parkplätzen <strong>–</strong> weil jeder Aut<strong>of</strong>ahrer<br />
meinte: Wenn ich komme,<br />
dann wird schon irgendwie zwanzig<br />
Meter vorm Eingang ein Platz<br />
frei sein. Manchmal hat’s<br />
geklappt, manchmal nicht. Dann<br />
machten die Herrschaften eine<br />
unfreiwillige Stadtrundfahrt <strong>–</strong> ist<br />
ja auch nicht verkehrt, denn<br />
Schwerin hatte ja auch außerhalb<br />
des Buga-Geländes so einiges zu<br />
bieten. Dass dir besonders der<br />
Bereich Grabgestaltung und<br />
Denkmal gefallen hat ist interessant<br />
<strong>–</strong> und lässt auf einen leicht<br />
morbiden Humor schließen. Ich<br />
mag den Platz dort oben auch,<br />
aber nur wegen der fantastischen<br />
Aussicht über den Faulen See.<br />
Ansonsten zieht es mich mehr zu<br />
irdisch-handfesten Dingen wie<br />
Foto: G&G (2)<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09<br />
den Küchengarten <strong>–</strong> was bei einer<br />
so begeisterten Amateur-Köchin<br />
wie mir wohl auch nicht anders zu<br />
erwarten ist.<br />
Ob alle Buga-Blütenträume reiften,<br />
ob es auch finanziell ein gutes<br />
Ende nimmt, das wird man erst<br />
nach Abschluss der Bilanzen so<br />
zum Ende des Jahres wissen. Die<br />
Gäste auf jeden Fall waren begeistert<br />
von der Blumenschau mitten<br />
in der Stadt <strong>–</strong> und die Schweriner<br />
waren und sind es sowieso. Am<br />
liebsten würden sie alles so behalten,<br />
wie es jetzt ist <strong>–</strong> aber woher<br />
das Geld nehmen? Berlins Regierender<br />
hat ja für seine Stadt den<br />
Slogan „arm, aber sexy“ ausgegeben,<br />
für meine pekuniär chronisch<br />
klamme Heimatstadt will mir da<br />
nicht so recht was einfallen.<br />
Vielleicht ginge ja: „pleite, aber<br />
chic“? Würde irgendwie passen zu<br />
einer ehemaligen Residenz- und<br />
wieder Beamtenstadt.<br />
Weißt du übrigens was das Wichtigste<br />
an Schwerin ist? Das „r“ <strong>–</strong><br />
sonst hieße es ja Schwein. (Entschuldige,<br />
uralter Witz aus Schulzeiten,<br />
aber die ideale Überleitung<br />
zum nächsten Thema.) Schwerin<br />
hat gerade mal Schwein oder<br />
genauer Schweine im Plural. Im<br />
Schleswig-Holstein-Haus kann<br />
man sie bis zum 11. Oktober<br />
anschauen: „Die Tiefe der ländlichen<br />
Räume“ ist der Titel der Ausstellung,<br />
die Arbeiten von Wolf-<br />
Rüdiger Marunde zeigt. Seine<br />
Cartoons sind aufwendig und akribisch<br />
genau gestaltet, <strong>of</strong>t in Aquarell-<br />
oder Öltechnik, die Figuren, ob<br />
nun Schweine, anderes Getier<br />
oder Menschen hinreißend karikiert<br />
und seine Texte sind einfach<br />
wunderbar treffend frech.<br />
Ein bisschen frech-ironisch ist der<br />
Titel des Programms, das Schauspieldirektor<br />
Peter Dehler gemeinsam<br />
mit Markus Wünsch inszeniert.<br />
„Lob des Kapitalismus“ ist<br />
das Stück, das aus vielen kleinen<br />
Teilen besteht und passender<br />
Weise im Gebäude der ehemaligen<br />
Staatsbank in Schwerin<br />
gespielt wird. Als Zuschauer kann<br />
man sich nicht gemütlich hinsetzen<br />
und sich bespaßen lassen,<br />
aktiv mittun ist angesagt <strong>–</strong> dafür<br />
gibt es dann auch eine leckere<br />
Hartz IV-Suppe. Ich bin mächtig<br />
GRÜSSE AUS SCHWERIN<br />
gespannt auf das Projekt, der Ort<br />
ist auf jeden Fall schon mal abenteuerlich.<br />
Das Riesenhaus gleicht<br />
im Inneren einem Mittelding zwischen<br />
Ruine und Baustelle. Bei<br />
jedem Eigentümer- und Nutzungskonzeptwechsel<br />
ist irgendwas<br />
verschwunden, so dass es<br />
jetzt weder Decken noch Fußböden<br />
gibt <strong>–</strong> von Wandvertäfelungen<br />
und Intarsien ganz zu schweigen.<br />
Aus unseren ehemaligen Betrieben<br />
der ehemaligen DDR ist eben<br />
selbst heute noch was rauszuholen.<br />
Zum Abschluss des „Lob des<br />
Kapitalismus“-Spektakels wird am<br />
9. November im Großen Haus<br />
Markus Wünsch der Held sein aus<br />
Thomas Brussigs Roman „Helden<br />
wie wir“. Die absolute Garantie<br />
dafür, dass zumindest im Theater<br />
dieser bedeutungsschwere Tag<br />
unserer jüngeren Geschichte ohne<br />
allzu viel Pathos über die Bühne<br />
geht. Die Leute werden das<br />
machen, was sie meiner Beobachtung<br />
nach im Alltag viel zu wenig<br />
tun: Lachen.<br />
Tschüß bis zum nächsten Brief<br />
95
96<br />
KUNST<br />
Alexander Dettmar in Szczecin<br />
Kunst kann Brücken bauen: Brücken in andere<br />
Zeiten, zu anderen Menschen und Völkern,<br />
Brücken der Verständigung und der Begegnung.<br />
Deshalb gehört Kunst ganz selbstverständlich<br />
zur derzeitigen 6. Präsentation des<br />
Landes Mecklenburg-Vorpommern in der<br />
Wojewodschaft Westpommern, die unter dem<br />
Motto: „Aus Nachbarn werden Freunde” steht.<br />
Seit 1998 haben beide Regionen über 400 Projekte<br />
durchgeführt. Das sind 400 große und<br />
kleine Brücken, die Grenzen überwinden und<br />
Menschen zusammenbringen.<br />
Auch die Bilder Alexander Dettmars gehören<br />
dazu. Seine Stadtansichten von Stettin, Stralsund<br />
und Greifswald, seine Darstellung der<br />
Küstenlandschaft beiderseits der Odermündung,<br />
der ehrwürdigen Stadtkirchen<br />
Westpommerns fangen gemeinsamen Stolz<br />
und eigenen Reiz ein. Seine Sicht und sein<br />
malerischer Ausdruck zeugen von alter<br />
und neuer Verbindung der pommerschen<br />
Kulturlandschaft.<br />
„Von Greifswald nach Stettin“ ist im Schloss<br />
der Pommerschen Herzöge in Szczezin bis zum<br />
31. Oktobert zu sehen. Es ist eine Schau mit<br />
Ölbildern wie „Greifswald“ oder „Szczecin“.<br />
Der in Freibug lebende Alexander Dettmar<br />
hatte bereits im Norden durch seine Arbeiten<br />
auf den Spuren der Backsteingotik, über<br />
Güstrow und zerstörte Synagogen große Aufmerksamkeit<br />
erzielt. Der Träger des Ernst Barlach<br />
Preises gilt als einer der bedeutendsten<br />
Freiluftmaler Deutschlands. Seine Manier, vor<br />
Ort, an Ort und Stelle die unmittelbare Nähe<br />
zum Objekt seiner „malenden Begierde“ zu<br />
suchen, scheint ihm die Kraft zu geben, die<br />
Carl Malchin in Schwaan<br />
Zu Übertreibungen ist <strong>of</strong>t nicht geraten. Dass<br />
aber Carl Malchin der bedeutendste Mecklenburger<br />
Maler des 19. Jahrhundert ist, das<br />
ist unbestritten. Bilder dieses Mannes und<br />
einige seines bislang weniger bekannten<br />
Sohnes Friedrich Malchin hängen derzeit in<br />
der Schwaaner Kunstmühle.<br />
Es sind zumeist Ölgemälde, die bisher kaum<br />
in Öffentlichkeit waren, sie kommen aus privater<br />
Hand, von Nachfahren des einstigen<br />
Meisters. Im Schwaaner Kunsthaus in der<br />
Mühlenstraße 12 sind sie bis zum 18. Oktober<br />
zusammengefasst. Für Kunstkenner <strong>–</strong> so<br />
heißt es <strong>–</strong> seien sie eine unheimlich spannende<br />
Geschichte. Zwei beeindruckende Winterbilder,<br />
die Carl Malchin schon in jungen<br />
Malerjahren auf Leinwand gebracht hatte,<br />
sind Raritäten und beweisen schon da große<br />
Meisterschaft.<br />
Museumsleiter Heiko Brunner musste nicht<br />
hinterher laufen, um diese Sammlung auf Zeit<br />
zusammen zubekommen. „Die Verwandten<br />
hatten sich bei uns gemeldet, und die Bilder<br />
angeboten“, sagt der Schwaaner, der darin<br />
Anerkennung für die Erbepflege sieht, die sein<br />
Haus seit Jahren den alten „Landschaftern“<br />
angedeihen lässt.<br />
Sehr <strong>of</strong>t und sehr gern beruft man sich auf<br />
bedeutende Namen, Orte tun das, Malschulen<br />
oder Künstlerkolonien. Das schmückt, das kann<br />
auch von Vorteil sein. Die Warnowstadt hat<br />
Anspruch darauf, das zu tun. Carl Malchin war<br />
niemals Mitglied der von Pr<strong>of</strong>. Franz Bunke vor<br />
über 100 Jahren initiierten und geprägten<br />
Schwaaner Künstlerkolonie, schon wegen des<br />
Alters. Er hat in der Warnowstadt aber sechs<br />
Jahre gelebt. Hier lernte er den Beruf eines<br />
Landvermessers, hier traf er Maler wie Eduard<br />
Edvard Munch in Ordrupgaard<br />
Mit mehr als 100 Gemälden, grafischen<br />
Arbeiten und Fotografien zeigt das Museum<br />
Ordrupgaard die weit gehenden Einflüsse<br />
der dänischen Kunst- und Literaturszene auf<br />
Edvard Munchs (1863<strong>–</strong>1944) Schaffen zwischen<br />
1890 und 1910, das zu bedeutenden<br />
Teilen in und um Kopenhagen statt fand.<br />
Der international berühmte Erneuerer<br />
Munch hielt sich vor allem im ersten Jahrzehnt<br />
des 20. Jahrhunderts in Kopenhagen<br />
auf <strong>–</strong> die dänische Metropole war für den<br />
Norweger eine Brücke nach Europa. Gleichzeitig<br />
pflegte Munch engen Kontakt zum<br />
dänischen Künstlerkreis um „Den frie udstilling“<br />
(Die unabhängige Ausstellung) mit<br />
bekannten Künstlern wie J.F. Willumsen,<br />
Johan Rohde oder Paul Gauguins dänischer<br />
Frau Mette. Durch diese lernte das norwegische<br />
Ausnahmetalent auch die französische<br />
Szene und die Kunst Paul Gaugins kennen.<br />
Diese Einflüsse prägten Munchs Werke<br />
ebenso wie Ideen des dänischen Dichters<br />
und Übersetzers Emanuel Goldstein (1862<strong>–</strong><br />
1921), die maßgeblich Munchs impressionistischen<br />
und symbolistischen Stil prägten.<br />
Darüber hinaus präsentiert die Ausstellung<br />
„Edvard Munch und Dänemark“ Hauptwerke<br />
wie „Nacht in Saint Cloud“, „Das kranke<br />
Kind“, „Der Kuss“ und „Melancholie“. Die<br />
mehr als 100 Munch-Werke, die noch bis einschließlich<br />
3. Januar in Dänemark zu sehen<br />
sind, sind Leihgaben des Munch-Museums<br />
und des Nationalmuseums aus Oslo sowie<br />
des Bergen Kunstmuseums. Hinzu kommen<br />
zahlreiche Werke aus Privatsammlungen, die<br />
bislang nicht öffentlich zu sehen waren.<br />
„Edvard Munch und Dänemark“ im Kunstmuseum<br />
Ordrupgaard ist Dienstag bis Sonn-<br />
Alexander Dettmar, Lange Brücke in Szczecin, 2009.<br />
Foto: Privat<br />
Gefühls- und Farbdeutlichkeit zu vermitteln,<br />
die fast alle seine Arbeiten durchziehen. Die<br />
Ausstellung „Von Greifswald nach Stettin“ ist<br />
im Schloss der Pommerschen Herzöge Stettin<br />
dienstags bis sonntags von 9 bis 17 Uhr<br />
geöffnet.<br />
Winterbild von Carl Malchin, gemalt 1903.<br />
Privatbesitz<br />
Ehrke und Otto Dörr, hier betrieb er erste<br />
Naturstudien und nahm Anlauf zu einer<br />
bedeutenden Künstlerlaufbahn.<br />
Am 4. Oktober wird die Schwaaner Kunstwissenschaftlerin<br />
Lisa Jürß in der Kunstmühle eine<br />
Führung durch die Kabinettausstellung<br />
machen, dort am 14. Oktober auch einen Vortrag<br />
über Leben und Werk Carl Malchins halten.<br />
Kontakt: Kunstmühle Schwaan,<br />
Telefon 03844 <strong>–</strong> 891793.<br />
Edvard Munch,<br />
Der Kuss,<br />
1896/97,<br />
Öl auf Holz.<br />
Foto: Archiv „<strong>delüx</strong>“<br />
tag geöffnet. Zur Ausstellung erscheint ein<br />
mehrsprachiger Katalog, u.a. in englischer<br />
Sprache.<br />
Weitere Informationen: Ordrupgaard,<br />
Vilvordevej 110, DK-2920 Charlottenlund,<br />
Tel. 0045-3964 1183, www.ordrupgaard.dk.<br />
ROSTOCK <strong>delüx</strong> 03/09