Fachbeiträge - und Fußchirurgie
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<strong>Fachbeiträge</strong><br />
Ellenbogenendoprothetik –<br />
Indikationen <strong>und</strong> Kontraindikationen<br />
von Sven Lichtenberg <strong>und</strong> Peter Habermeyer<br />
Die Standardindikation für den Einsatz der Ellenbogenendoprothese war <strong>und</strong> ist der<br />
Ersatz des rheumatisch destruierten Gelenks. Für den schmerzgeplagten Patienten<br />
bringt dieses Verfahren eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität mit sich.<br />
Durch technische Verbesserungen in den letzten fünfzehn Jahren ließ sich der Kreis<br />
der Indikationen erweitern, so dass heute bei einer Vielzahl von Erkrankungen gute<br />
Ergebnisse erzielt werden können.<br />
Die ersten prothetischen Designs zum Ersatz<br />
des Ellenbogens bestanden in Hemiprothesen<br />
des distalen Humerus (Barr <strong>und</strong> Eaton, 1965)<br />
(2) oder der proximalen Ulna, wie die 1971 von<br />
Peterson <strong>und</strong> Janes (13) beschriebene Ausführung.<br />
Als Werkstoff verwendete man zunächst<br />
Vitallium. Auch andere Materialien<br />
wie Nylon, Acryl oder vulkanisierter Gummi<br />
kamen zur Anwendung.<br />
Die erste Ellenbogentotalprothese wurde<br />
1972 von Dee (5) unter Verwendung von Knochenzement<br />
implantiert. Diese frühen Prothesenmodelle<br />
stellten starr gekoppelte Systeme<br />
(„constrained prosthesis“) dar, die mit einer<br />
hohen Lockerungsrate behaftet waren. Diese<br />
Modelle kommen heute nicht mehr zum Einsatz.<br />
Die nächste Entwicklung ging dahin, die starre<br />
Verbindung der humeralen <strong>und</strong> der ulnaren<br />
Komponente soweit zu entkoppeln, dass die<br />
auftretenden Translations- <strong>und</strong> Rotationskräfte<br />
abgeschwächt wurden, mit dem Ziel,<br />
ein frühzeitiges Auslockern der Komponenten<br />
zu verhindern. Diese Prothesentypen werden<br />
als teilgekoppelt oder „semiconstrained“ beschrieben.<br />
Die Idee der frühen Modelle aufgreifend standen<br />
parallel zu den o.g. Designs auch reine<br />
Oberflächenersatzmodelle zur Verfügung. Da<br />
sie keine direkte Verbindung zwischen ulnarer<br />
<strong>und</strong> humeraler Komponente besitzen,<br />
werden sie als ungekoppelt oder „nonconstrained“<br />
bezeichnet (4).<br />
42<br />
Indikationen<br />
Die Indikationen zum totalendoprothetischen<br />
Gelenkersatz des Ellenbogens sind:<br />
1. Rheumatoide Arthritis<br />
2. posttraumatische Arthrose<br />
3. Osteoarthrose<br />
4. akute, nicht rekonstruierbare distale<br />
Humerustrümmerfraktur<br />
Rheumatoide Arthritis<br />
Die Auswahl der operativen Methode beim<br />
Befall des Ellenbogengelenks im Rahmen der<br />
rheumatoiden Arthritis (RA) ist abhängig vom<br />
Stadium. Die radiologischen Stadien I <strong>und</strong> II<br />
(erhaltener Gelenkspalt) bedürfen neben der<br />
medikamentösen Basistherapie beim Auftreten<br />
von Schmerzen <strong>und</strong> Bewegungseinschränkungen<br />
einer Synovektomie, die heute<br />
in der Regel arthroskopisch ausgeführt werden<br />
kann.<br />
Bei besonders ausgeprägtem Befall des radiohumeralen<br />
Gelenkanteils muss auch eine<br />
Radiusköpfchenresektion erwogen werden.<br />
Hierbei gilt es jedoch abzuwägen, inwieweit<br />
das Fehlen des Radiusköpfchens, das zuvor als<br />
sek<strong>und</strong>ärer Valgusstabilisator wirkte, bei Fortschreiten<br />
der rheumatoiden Erkrankung einer<br />
Valgusinstabilität Vorschub leistet.<br />
In der Regel sollte das Radiusköpfchen erhalten<br />
bleiben.<br />
Im radiologischen Stadium III (Aufhebung des<br />
Gelenkspalts) oder Stadium IV (erhebliche<br />
resorptive Arthropathie) besteht letztlich die<br />
Indikation zum prothetischen Gelenkersatz.<br />
Da die Gr<strong>und</strong>erkrankung auch zu Veränderungen<br />
der Gelenkkapsel <strong>und</strong> der Kollateralbänder<br />
führt, die dann neben dem Gelenkverbrauch<br />
auch eine Instabilität bedingen,<br />
ist für das Gros der Rheumapatienten eine<br />
„Semiconstrained“-Prothese zu empfehlen.<br />
Dieser Prothesentyp bewirkt die sofortige<br />
Stabilität des Gelenks <strong>und</strong> dadurch bedingt<br />
auch eine Verkürzung der Rehabilitationsdauer.<br />
Ferner ermöglicht dieser Prothesentyp<br />
bei schwacher Knochensubstanz oder gar bei<br />
Knochendefekten eine bessere Stabilität <strong>und</strong><br />
Verankerung der Implantate. Somit empfehlen<br />
wir die teilverkoppelte Ellenbogenprothese<br />
bei Patienten mit RA im Stadium III <strong>und</strong><br />
IV, bei vorliegender Osteoporose, Knochendefiziten,<br />
der Arthritis mutilans <strong>und</strong> bei jungen<br />
Rheumatikern (< 40 Jahre) mit hohem<br />
funktionellem Anspruch.<br />
Als Ausnahme hierzu muss der juvenile Rheumatiker<br />
mit zerstörtem Gelenk in der 2. oder<br />
3. Lebensdekade angesehen werden. Trotz des<br />
hohen Funktionsanspruchs sollte bei diesen<br />
Patienten primär eine Oberflächenprothese<br />
gewählt werden, da sich die Revisionsoperation<br />
höchstwahrscheinlich nicht vermeiden<br />
lässt. Bei der Primärimplantation einer ungekoppelten<br />
Prothese wird weniger Knochen<br />
reseziert <strong>und</strong> die Kollateralbänder werden<br />
geschont. Dies ist dann beim Revisionseingriff<br />
mit Wechsel auf eine teilgekoppelte<br />
Prothese von Vorteil.