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Fachbeiträge Die Häufigkeit von ligamentären karpalen Begleitverletzungen Ligamentäre karpale Begleitverletzungen kommen bei distalen Radiusfrakturen sehr häufig vor (3, 15 - 18). Eine Übersicht über die Verteilung der einzelnen Läsionen gibt die Tabelle 2. Die unterschiedlichen Häufungen der verschiedenen Verletzungsmuster erklären sich wahrscheinlich aus den verschieden zusammengesetzten Patientenkollektiven. Die für das praktische Vorgehen wichtige Frage, welche Radiusfrakturen karpale Begleitverletzungen mit therapierelevanter Instabilität aufweisen, lässt sich aus den vorliegenden Arbeiten nicht eindeutig klären. Deshalb haben wir von 12/96 bis 11/97 fortlaufend bei allen Patienten mit frischer distaler Radiusfraktur, die wegen der Fraktur operiert wurden, in gleicher Sitzung eine Handgelenksarthroskopie durchgeführt. Dazu gehörten alle Patienten mit Frakturen, bei denen das Röntgenbild bereits den Verdacht auf eine karpale ligamentäre Begleitverletzung nahe legte, mit extraartikulären oder instabilen Extensionsfrakturen, Flexionsfrakturen, auch intraartikuläre Frakturen mit Stufenbildung. Es zeigte sich, dass bei fast der Hälfte der Patienten schwerwiegende interkarpale Begleitverletzungen (Geissler III und IV, Palmer 1B und 1D mit DRUG-Instabilität, Fernandez IIIA mit DRUG-Instabilität) vorlagen (Tab. 3). Die Frakturen wurden nach der AO-Klassifikation eingeteilt. Je komplexer die Fraktur war, desto höher war der Anteil der therapierelevanten karpalen Begleitverletzungen (Abb. 7). Tabelle 3 Karpale ligamentäre Begleitverletzungen der eigenen Patienten 36 Typ III A Abb. 6: Arthroskopischer Befund eines linken Handgelenkes radiokarpal mit einer DRUG- Verletzung Typ Fernandez III A: Kombinierte Knochen-Weichteilverletzung mit intraartikulärer radioulnar verlaufender Fraktur des Radius, die in die Incisura ulnaris des Radius ausläuft und sich in einer kompletten quer verlaufenden Ruptur des Diskus triangularis fortsetzt (L=Lunatum) Die Analyse der therapierelevanten Begleitverletzungen in Abhängigkeit von Unfallmechanismus und Lebensalter ergab eine positive Korrelation mit dem Ausmaß der Gewalteinwirkung (Rasanztrauma) und mit der Höhe des Patientenalters. Intraartikuläre Frakturen sowie extraartikuläre Frakturen mit einer Dorsalkippung von mehr als 10° und mit einem Ulnarvorschub von mehr als 2 mm hatten vermehrt therapiebedürftige karpale Begleitverletzungen. Patienten unter 20 Jahren hatten auch bei ausgeprägter Dislokation keine Begleitverletzungen. In der Altersgruppe von 20 bis 50 Jahren traten therapiebedürftige Begleitverletzungen nur bei Rasanztraumen und intraartikulären Frakturen auf. Bei Patienten über 50 Jahren kam es oft schon beim ebenerdigen Sturz zu therapiebedürftigen Begleitverletzungen. Anzahl in Prozent Gesamtkollektiv 45 100 keine Begleitverletzung 14 31 Begleitverletzung ohne Instabilität 9 20 instabile Begleitverletzung 22 49 Die Therapie der karpalen Begleitverletzungen Die Therapie der karpalen Begleitverletzungen erfolgt in der gleichen Sitzung wie die Behandlung der Radiusfraktur. Skapholunäre und lunotriquetrale Bandrupturen werden je nach Ausmaß der Instabilität durch offene Bandrefixation mit und ohne Augmentation durch dorsale Kapsulodese (19) oder Brunelli- Technik (20) oder durch geschlossene, arthroskopisch kontrollierte Reposition und Kirschnerdrahtfixation stabilisiert. TFCC-Rupturen werden arthroskopisch oder offen refixiert. Bei den genannten Rekonstruktionen ist eine postoperative Ruhigstellung zwischen 8 und 12 Wochen erforderlich. Je nach individueller Situation wird lediglich ein Debridement durchgeführt. Interkarpale Arthrodesen kommen bei der Behandlung der chronischen karpalen Instabilität zur Anwendung, in der akuten Situation werden sie jedoch nicht eingesetzt. Die Abbildung 8 zeigt die Röntgenbilder einer intraartikulären Fraktur mit Fraktur des Processus styloideus ulnae. Arthroskopisch liegen Rupturen des skapholunären und des lunotriquetralen Bandes vor (Abb. 9 und 10), und zwar mit Instabilitäten Geissler III (Abb. 11 und 12),TFCC-Läsionen 1B (Abb. 13) und einer Abb. 7 Abb. 7: Instabile Begleitverletzung nach AO-Frakturtyp
Abb. 9: Arthroskopischer Befund radiokarpal der kompletten skapholunären Bandruptur mit in den Spalt eingeführten Tasthaken (S=Skaphoid, L=Lunatum) Abb. 8: Intraartikuläre Extensionsfraktur mit Unterbrechung der proximalen Gilulalinie skapholunär und Abbruch des Processus styloideus ulnae und pathologisch vergrößertem skapholunärem Winkel im Seitbild chronischen TFCC-Läsion zentral-radial. Bei genauerem Hinsehen, sprich Arthroskopie, erweist sich die einfache intraartikuläre distale Radiusfraktur als komplexe Verletzung der Handwurzel (Abb. 14). Die Therapie der karpalen Begleitverletzungen bestand hier in der arthroskopisch kontrollierten Reposition skapholunär und lunotriquetral mit Kirschnerdrahtfixation (Abb. 15). Die postoperative Ruhigstellung betrug 12 Wochen. Nach dieser Zeit wurden die Drähte entfernt, und die physiotherapeutische Nachbehandlung konnte beginnen. Abb. 10: Arthroskopischer Befund radiokarpal der kompletten lunotriquetralen Bandruptur (T=Triquetrum, L=Lunatum) Abb. 12: Arthroskopischer Befund mediokarpal bei lunotriquetraler Instabilität Geissler Grad III (T=Triquetrum, L=Lunatum) Das röntgenologische Ausheilungsergebnis nach 4 Jahren zeigt die karpalen Parameter im Normbereich (Abb. 16). Funktionell bestehen keinerlei Beeinträchtigungen. Zu Behandlungsergebnissen der karpalen Begleitverletzungen bei der distalen Radiusfraktur liegen in der Literatur bislang nur sehr wenige Daten vor. Von 8 mit perkutaner Kirschnerdrahtfixierung behandelten Patienten mit skapholunärer Instabilität Geissler III und IV wurden 7 im Durchschnitt 36 Monate nach der Erstversorgung nachuntersucht (21). Dabei fanden sich je nach angewandtem Score bei 60 bis 100% der Fälle Abb. 11: Arthroskopischer Befund mediokarpal bei skapholunärer Instabilität Geissler Grad III (S=Skaphoid, L=Lunatum) NEWS Abb. 13: Arthroskopischer Befund radiokarpal bei TFCC-Ruptur 1B (T=Triquetrum) exzellente Werte. Demgegenüber wiesen von 20 ausschließlich konservativ behandelten Patienten mit radiologisch diagnostizierter skapholunärer Instabilität nach einem Jahr nur 2 ein gutes Ergebnis auf. 14 Patienten hatten ein mäßiges und 4 ein schlechtes Ergebnis, wobei innerhalb des ersten Jahres bereits acht Patienten wegen der Instabilität operiert werden mussten (22). Von 40 Patienten mit radiologisch dokumentierter skapholunärer und lunotriquetraler Instabilität kam es ohne Behandlung bei 61% innerhalb eines Jahres zu einer Verminderung der karpalen Höhe als Zeichen der zunehmenden Instabilität (23). ➔ 37
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